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360 Aus Vesterrejchisch-Schlefien, 28. Juli. Die neue Nation« lau leihe bildet jetzt in allen gesell schaftlichen Kreisen das Tagesgespräch. Auf unser Kronland entfällt eine Quote von etwas mehr als 4 Mill. Kl., welche ziemlich respektable Summe zur Stunde gewiß schon aufgebracht sein dürfte. — Von Frieden spricht jetzt kein Mensch mehr, seit auch die Reserve zu ihren Regimentern einberufen wurde; auch verlautet eS, daß die Festung Olmütz nächstens nicht bloS in completten VertheidigungSzustand gesetzt wird, sondern auch ihre Approvisionirung auf eine Zeitdauer von drei bis vier Monaten veranstaltet wurde. An den deiachirten FortS auf der nordöstlichen Seite der Festung, unweit der galizischen und troppauer .Stxaße, wirb rastlos gearbeitet und sollen dieselben ihrer Vollendung ziemlich nahe sein. Württemberg- Husaren marschiren in einigen Tagen vorläufig nach Biala an der galizischen Grenze ab. Spanien. Madrid, 23. Juli. Die Wendung, welche die Dinge seit zwei bis drei Tagen genommen, hat unsere Lage bedenklicher gemacht, als sie es am 17. Juli wär. Rasende erklären sich, durch die Leh ren deS CocialiömuS aufgeregt, mit dem Sturze beS EabiNerö und dem Siege der Naticnalsache nicht zu frieden; sie möchten uns in alle Ausschweifungen ei ner wahnsinnigen Demagogie stürzen. Neben Hand lungen, welche das Volk von Madrid ehren, wurden und werden noch von ruchlosen Menschen arge Bru talitäten verübt. Alle rechtlichen und besonnenen Männer wünschen daher die schnell« Rückkehr O'Don- nell'S und Dulce'ö. Espartero hat zahlreiche Anhän- ger, aber auch Gegner von früher her. Als Militär wird er sehr geachtet, seine Tüchtigkeit als Staats mann aber nicht so allgemein eingeräumt. Seine Ver waltung kann nur Erfolg haben, wenn er die sofor tige Mitwirkung der talentvollen und energischen Männer erlangt, von denen, obgleich sie sich zu min der vorgeschrittenen Ansichten bekennen, die jetzige Er hebung auögegangen ist. Die provisorische Regierung schreitet zur Errichtung der Nationalgarde, wobei sie gewiß die in O'Donnell'ö Programm bezeichneten so liden Grundlagen festhalten will; es dürfte aber schwer sein, von derselben die Massen von Gesindel fern zu halten, welche jetzt die Barrikaden inne haben und entschlossen scheinen, die Waffen nicht abzugeben, welche man ihnen am ersten Tage deö Aufstandes anver- lraute. Es haben sich Gruppen unter dem Befehle deS Stierkämpfers Pucheta als Revolutionsgericht nieder gelassen. Jedes Individuum, das im Verdacht steht, zur geheimen Polizei des Grasen San-Luis gehört zu haben, wird ohne Urtel erschossen, was schon dem Chef derselben und einer Anzahl seiner Leute wider fahren ist. Ein Adjutant, von der Junta beauftragt, diesen Ercessen zu steuern, wurde beschimpft und be droht. Die auf mehren Barrikaden wehende rothc Fahne ist übrigens auf Befehl der Lunta durch die Ralionalfahne ersetzt worden; auch hat dieselbe schon einige Führer und Mitglieder deS „großen revolutio nären Clubs" verhaften lassen. — 4 Uhr. Man kündet die Ankunft O'Donnell'S zu Aranjuez an; der Bau der Barrikaden wird inzwischen aufs eifrigste fortgesetzt. — 24. Juli. Die Zweifel am guten Einverneh men ESpartero'S und O'Donnell'S sind völlig beseitigt. Beide müssen sich gestern Abend zu Atcala de HenarrS getroffen haben. Man vernimmt, daß bedeutende Streitkräfte von mehren Punkten her auf Madrid zie hen und daß O'Donnell'S Ankunft blos auf seinen Wunsch verzögert ward, zugleich mit seinen Soldaten einzuziehen. Die in voriger Nacht erfolgten Verhaf tungen beruhigen hinsichtlich neuer Ruhestörungen, Die Errichtung der Nationalgarde wird «häng betrie ben und das Blutvergießen hat aufgehörk. Hoffent lich wird die Anwesenheit der Soldaten O'Dvnnell't zur Herstellung der Ordnung und zur Vereitelung de> strafbaren Umtriebe genügen, welche uns seit vorgesten in Unruhe erhielten. Authentische Belege und bedeu- tende Geldsummen, die man bei den auf Befehl de» Junta verhafteten Personen fand, stellten außer Zwei- fel, daß viel Gold verwendet wurde, um die ärgsten Ausschweifungen hervorzurufen. Eben jetzt sprengen noch die bezahlten Agenten der rothen Revolution aus, Espartcro weigere sich entschieden, nach Madrid zu kommen, bevor Vie Königin abgedankt habe. Ich kam« versichern, daß vor wenigen Minuten zwei Adjutan ten ESpartero'S hier eingctroffen sind. Den Chefs sämmtlicher Barrikaden ist angezeigt worden, daß der Befehl zur Erschießung aller Jener ergangen ist, welche den Ruf: ES lebe Republik! oder ähnliche Rufe aus- stoßen. Die Adjutanten ESpartero'S sind im Palast. Personen aus der Unlgebung Isabellas versichern, daß sie ganz geneigt sei, unsere nationalen Freiheiten zu gewährleisten; sie setzen aber hinzu, daß die Königin- Mutter ganz entgegengesetzter Gesinnung sei. — Privatliche Nachrichten aus Saragossa »heilen mit, daß Cspartero, welcher am 20. Juli in dieser Stadt cintraf, von dem 40 Stunden weit von Saragossa entfernten Logrono durch eine Anzahl Trup pen, welche das. Land besetzt hielten, hindurch kam, aber nicht im geringsten auf Schwierigkeit stieß, obschon der Zweck seiner Reise allgemein bekannt war. Als er Logrono verließ, war er bloö von zwei bis drei Personen begleitet; unterwegs aber schloß sich Jeder, der ein Pferd oder einen Wagen zur Verfügung hatte, an ihn an, so daß er beim Einzuge in Saragossa rin Gefolge von etwa 40,000 Personen zu Pferde oder zu Wagen bei sich hatte. Die Zahl der von allen Seiten herbeigeströmten Volksscharen, die den „Erret ter" bei seiner Ankunft in Saragossa begrüßen wollten, soll sich auf nicht weniger als 400,000 belaufen ha ben. In den Straßen, durch welche er kam, waren die Balcone und Fenster mit Sammet- und Seidenstoffen und mit Fahnen in den Nationalfarben geschmückt. Elegant gekleidete Damen warfen ibm Blumenkränze und Gedichte zu. ESpartero, in einen einfachen Ci- vilrock gekleidet, saß in einem offenen Wagen und grüßte mit seinem Tuche, mit dem er zuweilen auch Thränen der Rührung abtrocknete, daS Volk, welches fortwährend Jubelrufe anstimmend die Straßen an füllte. — Der „Moniteur" meldet aus Bayonne vom 30. Juli, baß die Königin Isabella eine Proclama- tion erlassen habe, durch welche die Zusammenberu fung der Cortes «»gekündigt wird. Die Miliz Hal mit der Infanterie die Wache deS Palastes besetzt. ESpartero ist am 29. Juli in Madrid eingctroffen. Türkei. Von dcr Donau.. Rach den neuesten Berichten vom Kriegsschauplatz an der Donau vom 24. Juli standen beide Armeen bei Giurgewo in ihren Positionen. — In allen Mittheilungen über die Bewegungen der Russen in den Fürstenthümern herrscht noch immer die alte Unklarheit. Märsche von Bu-