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Ueberwundenen: endlich also war er in Begriff,'die- seS kostbare Hemd zu erfassen, diesen so lang ersehnten, vis dahin so vcrgebllich verfolgten Gegenstand !.... Plötzlich stieß er einen Angstschrei auS, ein Ausdruck unaussprechlichen Erstaunens malte sich auf seinem Ge sichte, seine Hände sanken machtlos zur Seite zurück ... O Jammer! o Verzweiflung! der Schäfer, der glückliche Mensch, das Glück—hatte kein Hemd!!! Der unglückliche Vezier blieb unbeweglich auf derselben Stelle, die Augen starr und fest auf die ent blößte Brust deS Schafhirteü gerichtet, während die. fer, ohne Fähigkeit und auch ohne Willen diese Scene zu begreifen, so viel wie möglich seine Kleider wieder m Ordnung brachte und mit halber Stimme zwischen den Zähnen murmelte: „Sagt ich'S Euch doch, daß Ihr mein Hemd nicht bekommen würdet!" Nach einer langen Pause zog der Vezier ein Goldstück aus seiner Börse, gab eö dem Schäfer in die Hand, uud sagte ihm mit einer vor.Thränen zit ternden Stimme: „ Ich bitte Euch um Verzeihung, mein Freund, wegen der Gewaltthat, die ich an Euch verübt habe. Für dieses hier kauft Euch einen andern Kittel, da ich den Eurigen zerrissen habe. Lebt wohl, gedenket des armen Veziers und seid ferner glücklich!" Der Schäfer nahm das Goldstück mit derselben , Einfalt, welche er bei der Verweigerung der ganzen Börfe an den Tag gelegt hatte, und der Vezier ent fernte sich langen Schrittes mit gesenktem Haupte. Ihm folgte mit eben so schlimmer Laune sein Gefährte. DaS war also das Ende aller der vielen Mühen und Arbeiten. Nach so vielen fruchtlosen Nachforschungen hatten sie endlich einen glücklichen Menschen getroffen, einen einzigen, und dieser Mensch hatte kein Hemd! Welch schrecklicher Hohn deS Schicksals! oder vielmehr: Welch aufallender Wink der Vorsehung! Dieser letzte Schlag brach vollends den Muth deS VezierS. Nach diesem blieb ihm nichts weiter zu suchen übrig, nichts mehr zu hoffen, als die Gnade des Khalifen, auf welche er freilich wenig rechnen konnte. Und doch, was sollte auS seinen Kindern werden, die als Geißeln in den Händen deö Despo ten geblieben waren, wenn er nicht pünctlich zu der von seinem Herrn bestimmten Zeit wieder eintraf? — Nachdem er lange Zeit nachgedacht hatte, schlug er endlich einen Ausweg ein, von dem er die Aus gleichung hoffte: er kaufte ein ganz neues Hemd, das noch Niemand getragen hatte. „Ist eS nicht das Hemd eines Glücklichen (sagte er zu sich), so ist's doch auch nicht das eines Unglücklichen, und das ist schon viel!" Dann schiffte er sich nach den Orient ein, traf Hne Unfall in Bagdad ein, und an dem nämlichen Tage, an welchem bas vom Khalifen ihm bewilligte Jahr zu Ende ging, stellte er sich seinem Herrn und bot ihm den kostbaren Gegenstand dar, der ihm so viel Nachforschungen gekostet hatte, und dessen wahren Ursprung er sich wohl hütete, ihm kund zu machen. Der Khalif bekleidete sich auf der Stelle damit. „In 24 Stunden (sagte er zum Vezier) werde-ich wissen, ob der Derwisch und Du mich getäuscht habt, und Ihr werdet, der Eine wie der Andere, Eure Strafe oder Eure Belohnung empfangen." Den andern Tag stand der Khalif mit üblerer Laune , auf, denn je. Das Hemd, das zu eng für ihn war, hatte kein« andere Wirkung gehabt, als daß eS ihn während der ganzen Nacht am Schlafen hin derte, Vor Wuth außer sich, befahl er, sofort den Vezier vor ihn zu führen. Jedoch dieser hatte wohl vorhergesehen, wie sein Herr den andern Morgen ge launt sein würde, und hatte sich deshalb Abends vor her mit seinen Kindern davon gemacht. WaS den Derwisch betrifft, so hatte der Khalif ihn während des ganzen Jahres in seiner Einöde so genau bewa- chen lassen, daß er nicht hatte entkommen können. Da er sehr zweifelte, daß der Verzier daS fragliche Hemde finden, oder wenn er es fände, daß eS sehr wirksam gegen die Krankheit Ali'S sein würde, so begann er, sich ernstlich zu beunruhigen, und mit Schrecken sah er den unseligen Zeitpunkt herannahen, als er daS Glück hatte, acht Tage vor der Ankunft deS VezierS zu sterben. So hatte denn der Khalif nicht einmal daS trau rige Vergnügen, sich an den Beiden zu rächen, die seiner gespottet hatten, und warb unzufriedener, trau riger und unglücklicher, denn je, bis er selbst nach einiger Zeit, im Jahre 908, in die Gruft sank. Mittheilungen über die Verhandlungen der Stadtverordnete« in Dippoldiswalde. 8. Sitzung am 3. März 1854. Gegenwärtig die Stadtverordneten: Müller, Vorsitzen der, Marbach, Ochernäl, Jehne, Herklotz, Cuno, Nacke, Mauckisch, ingleichen Ersatzmann Böhmer. Zuvörderst wurde mitgetheilt, daß zu den commiffarischen Verhandlungen wegen Einführung eine: Bauordnung allhier der 14. März dieses Jahres, und zum BerichtS-Abgangs-Ter- minc in der wegen der Gcbahrung mit den Communteichen ob waltenden Differenz der 10. vz. IN«, angesetzt worden sei. In Beziehung ans lctztgedachte Angelegenheit beschloß man, eine besondere Vorstellung einzuretchen. Nach dem hierauf erfolgten Vortrage deS Raths-Sitzungs« Protokolls vom 23. Februar dieses Jahres vermochte man 1. anlangend die Anschaffung eines eisernen CassenschrankeL für die Stadtcassenverwaltung, von dem hierüber früher gefaßten Be schlüsse »och zur Zeit nicht abzugehen, da über die etwaige Ver legung der Stadtcasscn-Expedition in das NathhauS, wobei zu gleich für Herstellung cincö gehörig sichern CassengewölbcS Sorge getragen werden könnte, definitive Entschließung noch nicht ge faßt ist, dahingegen trat man 2. dem Beschlüsse deS Stadtrathcs wegen Einklagung zweicrPacht« gelderreste und Erthetlung deS dicSfallsigen Actoriumö unter dem Ersuchen, den einen fraglicher Pächte unter den obwalten den Umständen und wegen der Unansässigkeit des Pachtinhabcrs wiederum aufzuheben, sowie 3. dem Beschlüsse, dem Gesuche um Ablösung des ErbzinseS von von einem der Stadtgrabengärten zu willfahren, bei, wobei man zugleich zur Erwägung anheimgab, ob nicht auch die Ablösung der Erbzinscn von den übrigen in Rede stehenden Gärten räth« lich erscheinen möchte. Was aber 4. die beantragte käufliche Ueberlassung eines unterhalb des Nie- derthoreS gelegenen Stadtgrabentheils betrifft, so fand man Be denken, dem hierunter vom Stadtrathe gefaßten Beschlüsse für jetzt die Zustimmung zu ertheilen, da bet den früheren Ver handlungen über die Veräußerung dieser Commumäume die Entschließung von der Einführung der Bauordnung abhängig gemacht worden ist. ' .