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daher nicht leicht wäre, leuchtet wohl ein; allein wäre man auf ein Verminderung in der Zahl derselben be dacht, so meine ich, dürften die weniger abzuyalten- den Märkte sich in ihrer Bedeutung hebe» und ohne Verminderung als' ein Fortschritt zum Besseren an erkannt werden. Auch der am 3. d. M. zu Lauen stein bei ziemlich guter Witterung abgehaltene Oster- markt ließ mehr erst in den späten Stunden einen , etwas lebhaften Verkehr spüren; allein, obwochl auch einzelne Verkäufer mit den Ergebnissen des Marktes so leidlich zufrieden gewesen sein sollen, so kann man doch im Allgemeinen die Resultate als ungünstig be zeichnen. Wenn man hierzu die Befürchtung vor Kriegsunruhen und den weit und breit herrschenden Mangel an Armuth nimmt, so darf man sich über vergleichen Resultate gar nicht wundern. Berlin, 2. April. Der Krieg zwischen den West mächten und Rußland bat nun begonnen. Das Ende dieses Kriegs vermag freilich Niemand zu bestimmen, aber so viel kann vorauögefagt werden, daß der Friede, wenn er erlangt wird, eine Neugestaltung des politi schen Systems von Europa mit sich bringen wird. Der wirkliche Gegenstand des Kriegs muß wohl ver standen werden: es ist die Herstellung deS Gleichge wichtes der Macht in Europa durch die Demüthig- ung Rußlands; es ist ein Krieg für die Vertheidig- ung der Freiheiten Europas, für. den Schutz des Schwachen gegen die Unterdrückung des Starken. In einem solchen Kriege wird das deutsche Volk früher oder später den Theil ergreifen müssen, der ihm ge hört. Die Sache der Westmächte ist die der euro päischen Unabhängigkeit, und in einer solchen Sache kann der Umstand nicht übersehen werden, daß Deutsch land zu lange in den Fesseln Rußlands gehalten wor den ist. Wenn das deutsche Volk seine eigenen In teressen begreift, so muß es einsehen, daß eine so gün stige Gelegenheit zur Beförderung dieser Interessen nicht wiederkehren dürfte, und es muß kräftig und einig auftreten, damit die konstitutionellen Freiheiten bei dem künftigen Friedensschlüsse auf einen sichern und dauernden Grund gebaut werden. Wir hören oft von der Aengstlichkeit in der kaufmännischen Welt, von der Besorgniß, daß die baltischen Provinzen durch eine englische Blockade ruinirt werden würden, und Sehnliches. Aber wir glauben, daß die sittliche Kraft und Einsicht des deutschen Volkes auf höherm Grunde beruht. Die Absichten Rußlands sind in den kürzlich veröffentlichten „geheimen Aktenstücken" offengelegt worden, und in den nicht minder authentischen Vor schlägen, welche eS Frankreich gemacht hat, geht Ruß land von der Basis deö Friedens von Tilsit auS; d. h. Rußland war willens, einen großen Theil von Deutschland der Herrschaft Frankreichs zu überliefern. Gewiß, die Zeit ist für Deutschland gekommen, ein zusehen, wo seine wahren Freunde sind und wo eS gerechten Grund hat, sich auf diese im Namen seines eigenen Friedens und seiner Sicherheit zu berufen. Kurz, ein deutsch-englisch-französischeS Bündniß ist der einzige Weg zur Wiederherstellung des Friedens auf einer Basis, auf welcher das deutsche Volk endlich sicher derjenigen Segnungen einer wahren konstitutio nellen Regierung sich erfreuen wird, die, so lange rus sischer Einfluß wirkte, bisher nur ein kurzer Traum war. — Berlin, 2. April. Wenn etwas im Stande war, die tiefe Abneigung der hiesigen Bevölkerung gegen Rußland noch zu steigern, so ist eS die jetzt an den Tag getretene Thatsache, daß der Kaiser von Rußland dem Kaiser der Franzosen für die Erlaubniß, freie Hand itt der Türkei zu haben, faete Hand in Deutsch land und namentlich in den brutschen Rheinprovinzen angeboten hat. Dieser Vorschlag steht mit dem be kannten Plane von 1829 in enger Verbindung. Auch damals sollte Frankreich das westliche Preußen, Ruß land die Türkei haben., Die Aeußerungen des fran zösischen Cabinets in der Note deS Ministers der aus wärtigen Angelegenheiten an die Vertreter Frankreichs bei den Höfen deS Deutschen Bundes vom 7. Jan. 1854 erhalten, auf welchen bedeutungsvollen Umstand von namhafter Seite aufmerksam gemacht wird, durch die oben bezeichnete Thatsache jetzt erst ihre Erklärung und ihr Verständniß. In jener, französischen Note heißt es nämlich: „Wären unsere Absichten weniger aufrichtig, wären sie vom Verlangen nach Eroberun gen beseelt, so hätte die Negierung des Kaisers an dere Verbündete finden und anderswo eine Entschä digung für Dasjenige erhalten können, waö sie im Orient preisgegeben hätte. In diesem Falle hätte ich die Besorgniß Deutschlands begreiflich gefunden, das unter dem Drucke einer Allianz, in welcher dergleichen ehrgeizige Projekte um so leichter sich hätten verwirk lichen können, als sie in keinem Widerspruche mit ein ander gewesen sein würden, um die Freiheit feiner Bewegung gekommen wäre." DaS Verfahren Ruß lands gegen Preußen liegt nun klar und offen vor. Sehr treffend schildert das heutige Preußische Wochen blatt dieses Verfahren durch folgende wenige Worte: „1829 und 1853 russische Theilungöplane gegen Preu ßen und die Türkei; 1850 unprovocirte Einmischung Rußlands in die deutschen Streitigkeiten gegen Preu ßen, Drohung mit Krieg, Aufforderung an England, eine Flotte an die preußischen Küsten zu schicken; tödt- liche und tödtende Kränkungen gegen den damaligen Ministerpräsidenten Preußens, Grafen v. Brandenburg; 1848 russische Aufforderung an Schweden, Preußen den Krieg zu erklären, eine preußische Armee inSchleS- wig anzugreifen; 1848, 1849 und 1850 wiederholte Drohung Rußlands, Ostpreußen pfandweise, wie jetzt die Moldau und Walachei, zu besetzen." Der Um schwung der Meinung, welcher in hiesigen bisher der russischen Auffassung mehr zugewendeten Kreisen in der jüngsten Zeit stattgefunden hat, ist namentlich un ter den jüngern Offizieren der hiesigen Truppentheile deutlich wahrzunehmen. Die Stellung der russen freundlichen Partei wird hier mit jedem Tage eine unhaltbarere, so daß sie binnen Kurzem vollständig vereinzelt dastehen dürfte. Der Kriegsminister Gene- ral v. Bonin hat eS durch Zahlen klar daraethan, daß ein Anschluß Preußens an Rußland eine Unmög lichkeit sei. Das Kriegsministerium hatte nämlich sehr tüchtige preußische Offiziere mit der Erforschung der wirklichen Stärke der europäischen Heere beauftragt, deren Angaben, die, beiläufig gesagt, mit den Berich ten, welche in dieser Beziehung österreichische Offiziere an ihre Regierung gemacht haben, genau übereinfiim- men, den Schluß ziehen lassen, daß Rußland durch die vereinigten türkisch-englisch-französischen Streitkräfte so in Anspruch genommen werden wird, daß eS einem deutschen Staate, der sich ihm anschließen würde, höch stens 40,000 Mann zur Hülfeleistung schicken könnte. Die Angaben der ausgesenveten preußischen Offiziere liefern auch den Beweis, daß die russische Streitmacht nicht eine solche ist, wie von den Russen angegeben.