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Crfchcint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal? ten. Preis pro Quart IVNgr. Weißerih-Ieitung Inserate werden mit . S Pf. für die Zeil« berechnet ch u. in allen Gr« peditionen an, grnoiumen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Woran fehlt es unserer Zeit? Man rühmt, und baö nicht ohne Grund, unsere Zeit und nennt sie eine Zeit des Fortschrittes. Leistet sie doch Große- und Schönes auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft, und darum wagen wir hier auch beziehendlich hie gerechten Anpreisungen nicht in den Hintergrund zu stellen und zu verdächtigen. — Allein wie sieht eS denn mit der eigentlichen wahren Lebensweisheit aus? fragen wir uns, die Hand aus'S Herz legend. Leider nur zu traurig, und wird noch von Tage zu Tage trauriger; denn die Gottesfurcht, die nach dem AuSspruche eines in Erfahrung ergrau« ten Mannes aller Weisheit Anfang ist, wird heut zu Tage immer seltener und ist höchstens nur hin und wieder in der Hütte anzutreffen. Wo ist die Mutter, die ihren Abendsegen lieft und die ihrem Liebling bei'm Einschläfern ein Gebetlein lehrt? Wo ist der Bater, der mit entblößtem Haupte seine Morgenan dacht verrichtet und bei Tische durch: Komm' Herr Jesu sei unser Gast! den Sohn Gottes zu Tische la det? Wo sind die Eltern, die dem Willen des Stif ters gemäß das Abendmahl feiern und sich schon da heim auf daS Liebesmahl würdig vorbereiten und zu dem Ende aus Schmollens Andachtsbuch eine Buß betrachtung lisen? Wo sind die Lehr- und Diensther ren, die durch strenge Sabbathheiligung ein gutes Bei spiel geben, ihre Lehrlinge einführen in die Vorhöfe deS Herrn und mit ihnen kommen vor seine Altäre? — Die Gottesfurcht läßt sich nicht einstudiren, wie eine Rede, sie muß frühzeitig eingeimpft werden, und daS geschieht durch Beispiel, daS mächtiger einwirkt, als alles Lehren und Ermahnen, und wenn man gleich . mit Engelzungen redet. Unsere Gotteshäuser werden trotz der zunehmen den Seelenzahl immer leerer, wenn auch selbst die kernigsten und herzlichsten Kanzelvorträge abgehalten werden, dagegen werden die Vergnügungsorte besuch ter, wo sich Alt und Jung im sinnlichen Taumel herumtummelt, wenn man oft auch gleich für den an dern Tag keinen Bissen Brod daheim weiß. Man gefällt sich im schmuzigen Alltagskleide, bleibt, wenn daS Wetter nur einigermaßen unfreundlich ist, lieber daheim, kleidet sich jedoch schmuck und reinlich an, wenn He Stunde zum Vergnügen schlägt, und scheut da ofr^nicht die weitesten Wege, mag eS immer drau ßen toben und stürmen. Wenn man von Oben herab den Krebsschaden durch Einschärsung der Verordnung, die Sabbalhhei- ligung betreffend, zu heilen eifrigst bemüht ist, so wird Solches gewiß von jedem Gutgesinnten mit Dank ent gegengenommen werden. Jedermann sollte aber auch in seiner nächsten Umgebung emsig beflissen sein, dar auf hin zu wirken, daß diesem wohlthätigen Gesetze seine volle Geltung verschafft und dadurch der gesun kenen Religiosität aufgeholfen werde. ... Ob eS recht ist, daß man jetzt in dieser höchst bedenklichen, aber auch heiligen Zeit, wo Vielen die Noth auf die Stirn geschrieben ist und wo man doch ausreichende Veranlassung hätte, sich unter da-K,reuz des größten Menschenfreundes zu stellen, so wieder holt Musik hält, sei dem vernünftigen Nachdenken über lassen. Ein größeres Vergnügen müßte eS, meine ich, aber doch machen, wenn man von dem vielen Gelbe, womit man seinen Sinnen kitzelt, verschämte, wür dige Armuth unterstützte, die mit Noth und häus lichem Elend daheim verzweifelnd ringt. — Doch Vie Barmherzigkeit keimt und trägt nur Früchte in dem Herzen des Menschenfreundes und läßt sich nicht be fehlen. Der Gefühllose, Unbarmherzige, kennt sie mcht, darum aber auch nicht die Seligkeit, daö Entzücken, womit sie hier und dort lohnt. — Durchaus aber ists nicht recht, wenn dieses lei dige, wiederholte Musikhalten auf Unkosten der un schuldigen Jugend geschieht, die, anstatt ihre paar Pfennige in die Sparkasse zu tragen, sie verjubelt, sich Laster angewöhnt und im Trabe dem Verderben entgegeneilt uyd früher oder später den Seinen oder der Commun zur Last fäll». Will man der überhandnehmenden VergnügungS- und Verschwendungssucht und der daraus entstehenden gänzlichen Demoralisirung Einhalt thun, so überwache man von Seiten des Elternhauses und der Lehr- und Dienstherren die Jugend mehr, suche sie zu röfvrmi- ren, halte sie zur Gottesfurcht an und suche sie eher von der leidigen Vergnügungssucht ab- als hinzu lenken. Dazu beitragen dürfte aber sicher, wenn den immerwährenden Tanzvergnügungen namentlich in der Jetztzeit eln Damm gesetzt wird. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 27. März. - „Gesang und Liebe in chönem Verein, sie erhalten dem Leben den Jugendschcin." Diese Worte las man vor wenigen Wochen als Inschrift einer Verzierung bei der Stif tungsfeier der hiesigen Gesellschaft „Liederkranz." Daß aber dieser Gesangverein nicht allein durch Gesang in abgeschlossenem Kreise seinxn Mitgliedern juaenbfrlsche Abende bereiten will, sondern auch dem größeren Pu blikum bereitwillig seine Spende bringt, daß zeigt uns die Aufführung ain gestrigen Abende, von der die Zu hörer gewiß ohne Ausnahme recht von Herzen jugend lich froh nach Hause kehrten. Der Liederkranz brachte