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Dienstag. 19 7. Mar) 1854. Erscheint Znsewte Dienstags WM S M «etden mit L'L^MN6^P1tz'^^UNA.k'LÄ Ult. Preis pro , s* pediitonrn aü« Quatt. lONgt. genommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Lan-tnann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Iehne in Dip^oldiSwalbt. Tagesgeschichte. * Von der böhmischen Grenze, 5. März. Ist es doch, als wenn wir im Himmel waten, seitdem sich der StutM gelegt hat und wieder einmal die Sonne freundlich strahlt! Freier athmet der Arme; kann er doch in seinem luftigen Kleide hinauS in den Wald und sich ein Bündchen Brennholz holen. Die war, men Strahlen der Sonne, die unfern Schneemassen tüchtig zusetzen, verkünden ihm ja auf'S Neue die Liebe des himmlischen Vaterö. Wider Erwarten sind Lerche und Staar schon von ihrer Wanderung zurückgekehrt und trillern ihr Liedlein zum Preise des Höchsten und stimmen die sorgenvolle Brust zur Freude und Wonne. Vielleicht kommt einmal ein baldiger Lenz zur Ent schädigung für die anhaltende rauhe Winterzeit! Möchte sich nur auch der politische Himmel erhellen; allein an demselben ziehen schwere Gewitter sich von Tag« zu Tage mehr zusammen. Der Verkehr im Böhmer- Lande geht sehr flau, da die Banknoten täglich mehr sinken. Daher zeigte sich auch weit weniger Leben und Lustbarkeit zum Fasching, als sonst. Die Kriegs, rüstungen sind auch hier im Gange; diesen zu Folge sind Recrutirungen ausgeschrieben, Beurlaubte werden einberufen und sogar Reservisten sollen bedeutet wor den sein, sich erforderlichen Falls in Bereitschaft zu halten. Berlin, 3. März. ÄS wird von verläßlicher Seite bestätigt, daß Preußen und Oesterreich sich bis jetzt den Westmächten gegenüber noch nicht verpflichtet haben und vielmehr gesonnen sind, ihre Neutralität so lange, als es unter den veränderlichen Verhältnissen irgend möglich ist, aufrecht zu erhalten. Der gewisse Zwang, welcher in der Aufforderung der Westmächte lag, hat weder Oesterreich noch Preußen zu einem Anschluß an das Bündniß jener bewegen können. Es dürfte allerdings im Laufe der weitern Entwickelung der Dinge auch für die deutschen Groß mächte die Nothwendigkeit eintreien, ihre neutrale Stel lung aufzugeben; indessen ist dies, wie gesagt, bis jetzt nicht geschehen, da eben zwingende Eventualitäten nicht in naher Aussicht stehen. Deshalb denkt man auch hier in höhern Kreisen vorläufig nicht an eine Mobilmachung, selbst nicht an die Aufstellung eines TheileS der Armee. Wien, I. März. Heute eingetroffene Privatbe- richte aus Bukarest erwähnen neuer Affairen, welche zwischen den Russen und Türken vorgefallen sein sollen, die aber noch der Bestätigung bedürfen. So soll bei dem Dorfe Citabe abermals ein mörderisches Treffen stattgcfundcn haben, wobei die Russen im Nachtheil geblieben und nur dadurch einer Niederlage entgan gen sind, daß die Türken keine Cavateri, zu ihrer Verfolgung hatten. — Ein rnsflscheS Bulletin wär in den letzten Tagen in Bukarest erschienen, welches den gelungenen Angriff beS Generals Schilber bei Rö- daman auf die türkische Donauflötille ausführlicher bespricht, sonst aber wenig Neues enthält. Privett- berichte versichern, daß die Türken bei diesem Kampfe 6000 Kanonenschüsse von der rechte« Donäufeite üllf die russische Batterie abgefeuert haben, die ihrerseits mit 4000 Wurfgeschossen die Flotille förmlich über schüttete. — Aus Rußland sollen gegenwärtig KO,Wo Mann Infanterie Und 12,WO MänN Dragoner UNb schwere Cavalerie auf dem Marsche Nach der Wala chei begriffen sein, nach deren Eintreffen der Donütt- übergang unternommen werden dürfte — Die Allgemeine Zeitung theilt folgendes aus „guter Quelle" kommende Schreiben äuS Wien Mit - „Wie schwer es dem immer mehr Bewunderung er weckenden Kaiser geworden ist, die wärmsten Nei gungen seines Herzens der Pflicht Und bem gebiete rischen Interesse zum Opfer zu bringen, können Sie sich vorstellen. Man hat lange mit dem Gedanken gekämpft, man hat sich Mit der Hoffnung geschmei chelt, strenge Neutralität aufrecht halten zu können. Viele glauben noch daran. Aber der Zweifel greift immer weiter Platz. Seit die Russen direct und in direkt alle christlichen Stämme in der Türkei theils zum Aufstand und unter Waffen, theils wenigstens in gährende Bewegung gebracht haben und unsere sechs Millionen Illyrier der adriarischen Küste und bis weit die Donau herauf sehr drohen, diese Bewe gung zu der ihrigen zu machen, während nur zu viele Ungarn über Nacht Russen geworden sind, ist die Nothwendigkeit gegeben, unsere Truppen zwischen die Russen und die durch Milosch Obrenowiksch und Andere in Serbien, Albanien und Bosnien aufge regten Serben und RajahS zu schieben. Werden wir unter diesen Umständen, und wenn der Krieg an allen Orken entbrennt, noch neutral bleiben können? Ich persönlich sage: Wolle Gott! Aber man verhehlt sich nicht, daß in Petersburg und Moskau die allrussische Politik mit dem Endziel Konstantinopel als Grcündo- genitur nicht todt war, sondern nur schlief, nur zu schlafen schien. Kaiser Nikolaus hatte die bei ddr Mentschikow'schen Mission begangenen Uebereilungrn augenblicklich gefühlt und würde, scheint es, gern zu rückgegangen sein. Zwei Gewalten hinderten ihn daran. Erstens die Engländer, welche kaum den be gangenen Fehler erkannt hatten, als sie der russischen Diplomatie auf den Leib sprangen und, Lord Redkliffe war dazu eben der rechte Mann, die Beute sich nicht mehr entschlüpfen ließen. In Rußland aber war noch eine stärkere Gewalt aus einmal lebendig geworben,