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unser Alias, denn hier gab'S'Erd-und Heidelbeeren in Masse. Er zog den Rest seiner Mittagsmahlzeit aus der Tasche, welcher aus einem Stück schwarzem Brod bestand, baa^rte sich unter den hohen Bäumen und begann uMr den Abendliedern der Waldvögel zu vespetn. Immer länger wurden die Abendschatten, immer liescr dunkelte der Wald. Elias schritt die einsame Haide dahin, die Richtung seiner Heimath nach. Obschon er sich vor Räubern weiter nicht zu fürchten bütte, Wtt'hätte sich auch wollen an ihm bereichern, so war er doch nicht ohne Bangen für feinen Kattun Und das gekaufte Halstuch, welche beide Gegenstände für ihn Klktnovieü von unschätzbarem Welche waren. Doch auf Gott vertrauend wandelte er weiter. Allmälig ward eS aber immer finstrer und un- serm EltaS, um nicht in der Irre umherzulaufen, blieb nichts übrig, als Halt zu machen und unter einem alten Nußbaume auf weichem Moose sein Nacht quartier aufzuschlagen. Von dem beschwerlichen Tagemarsche ziemlich er müdet, siel Elias bald in einen gesunden festen Schlaf. Liebliche Traumbilder umgaukelten den Ent schlummerten. Er halte lange nicht so süß geträumt wie dieses Mal. > Seine Mutter erschien heiter lä chelnd im prächtigen Sonntagsstaate, auch seinen Bru der erschaute er so froh und lebenslustig, wie er ihn nie im Leben gesehen. Plötzlich aber tönte in die rosige Traumwelt ein gellender Ton aus der irdischen Welt. Ein langge- halteneS Pfeifen scholl durch den Wald. Elias fuhr erschreckt aus dem Schlafe empor. Bereits graule per Morgen. Nachdem EliaS vollkommen munter geworden war, vernahm er durch die stille Morgenluft die Schritte von mehren Personen und das ergreifende Wehklagen einer Frauenstimme. Aengstlich barg sich der Candidat hinter dichtes Gesträuch und erwartete klopfenden Herzens und mit zurückgehaltenem Äthern der Dinge, die da kommen sollten. Die Schritte kamen immer näher, bas Wehkla gen ward immer vernehmbarer und mit emporgesträub- ren Haaren bemerkte EliaS durch eine kleine Oeff- nung in dem Gesträuch, wie zwei wilv aussehende Männer ein händeringendes junges Frauenzimmer, baS vergebens bat und flehte, an einem Baum banden. Kaum war dich geschehen und die Gefangene" dermaßen mit Stricken befestigt, daß sie sich nicht rühren konnte, und ihr Mund mit einem Tuche ver bunden, um das Hilfeschreien zu verhindern, als sich die Männer wieder eilcndö entfernten, so daß von ihren Schritten bald nichts mehr zu vernehmen war. Vergebens mühte sich die Gefesselte, ihrer Ban den ledig zu werden, wobei sie ihren schrecklichen Zu stand nur durch leiseö Wimmern zu verrathen ver mochte. EliaS in seinem Versteck schaute dieser erschüt- t^niden Scene eine geraume Zeil zu. Noch immer wußte er nicht, ob er wache, oder träume. Ein solch außerordbtttliches Abentheuer war dem frievsamen Can- bidaten der Theologie in seiner PrariS noch nicht vorgekozumen. Alle Räubergeschichten, die er in seiner Jugend mit großer Begier gelesen, sie aber später für Fabeln erkannt hatte, traten wieder vor seine aufge regte Phantasie. Stand vielleicht über den Sternen geschrieben, daß er der Ritter und Netter dieser Ge noveva werden sollte? Er lauschte lange und gerieth in einen großen Streit mit sich. Sollte er in sei»«» Versteck auSharren und den Verlauf der Schaurrthat ruhig mit abwarteN, denn die finstern Gesellen hatte» eS unfehlbar auf das Leben des jungen Frauenzim mers abgesehen; oder sollte er sich so leise als möglich aus dem Staube machen und den gefährlichen Schau platz verlassen; oder sollte er endlich wie ein Reck« der Vorwelt hervorstürzen und mit Gefahr seines Le bens die hilflose Gefangene befreien? 7 Er wählte lange, bis endlich daS herzzereifiende Gewimmer der jungen Dame sein Innerstes erschüt terte undj seinen Muth stählte. Er .lauschte noch eine geraume Zeit, ob die Räuber nicht etwa wieder nahten, dann kroch er in seiner Nakingjacke hinter dem Gesträuch hervor , ergriff sein Taschenmesser, durch schnitt die Banden, womit die Gesängen« gefesselt war, band ihr das Tuch ab, welches ihr den Mund verdeckte und ergriff mit ihr eie Flucht. EliaS konnte sich in der Folge selbst nicht genug wundern, wie er mit einem Male zu so großer Geistesgegenwart und Heldenmuih gelangt sei. Die Befreite folgte auch ihrem Retter ohne Zö gern und bald hatten Vic beiden das Ende deS Wal des erreicht. Von hier war das Städtchen Kraut- berg, der Wohnort des Candidaten, keine zwei Stun den mehr entfernt. - " Jetzt erst, nachdem die Flüchtlinge sich' nicht ver folgt sahen und in einiger Entfernung ein Dorf er blickten, athmcten sie etwas freier und EliaS gewann Muße, seine befreite Prinzessin etwas genauer in Au genschein zu nehmen. ES war ein wunderschönes Mädchen von ungefähr achtzehn Jahren in nobelster Rrisekleioung. Von ihr aber erfuhr Elias unge fähr Folgendes: Sie sei die Tochter eines Landedel- inannS, der mehre Güler in der Umgegend besitze und habe wollen mit ihrer Gesellschafterin nach der Resi denz fahren, woselbst sich ihre Aellcrn bereits seit ei nigen Tagen befänden, um daselbst einem Familien feste beizuwohnen. Drei Räuber hätten sich ihrer mit ten im Walde, durch welchen die Straße fühti, be mächtigt, den Kutscher vom Bocke gestürzt und sie und die Gesellschafterin tiefer in's Gebüsch geschleppt, war- scheinlich, um sie daselbst zu ermorden. Da-'haös der Himmel ihr in der Person des Candivaten'ieÜlen'Ret- ter gesandt. er. p« Elias gerieth nun in nicht geringe Verlegenheit, was er mit dem verlassenen Fräulein beginnen solle. Er hatte sich in einem ähnlichen Falle noch nie befun den, und je weiter sich die Beiden von dem Orte der Gefahr entfernten, desto größre Schüchternheit bemäch tigte sich des Candidaten, in welchem seine alte Blö digkeit, dem schönen Geschlechte gegenüber, erwachte. Während er noch mit sich berathschlagte, ob er daS Fräulein im wohllöblichen Amte oder bei der städtischen Polizeibehörde zur weitrer Verfügung ab liefern sollte, blieb er plötzlich wie vom Donner ge rührt stehen. Aengstlich blickte die Gekettete, welche den Namen Angelika führte, zu ihm auf und wurde auf's Tiefste bewegt, als sie die Hellen Thrä- nen über die Wangen des Candidakm «rollens jfah. Der Arme, er hatte bei seinem hochherzigen-RettuWsts- werke sein Päckchen Kattun und auch das Tüchlein für den Bruder verloren, welche- sorgfältig/in das Zeug eingeschlagen war. Dahin waren nun mit ' einem Male die schweren Opfer, welche er der kind lichen und brüderlichen Liebe gebracht hatte. Berge. benS war der stattliche Frack für daS dürftige Nan-