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vertröstet worden bis in sein vierzigstes Jahr, das er nun bald antreten sollte. Einen Candidaten der Theologie von vierzig Jahren kann auf dieser Erde wohl kaum am wohlsten zu Muthe sein, zumal wenn er noch eine arme Mut ter und einen kranken Bruder zu ernähren hat und sein Einkommen auf mühsames Stundengeben be schränkt ist. Bei dem armen EliaS war dieß der Fall. Von früh bis späten Abend sah man ihn im dürftigen Frack b.e Gassen und- Gäßchen des Stäbchens Krautberg auf- und ablaufen, aus einer Familie in die andere; hier im Latem, dort im Piano, dort in irgend einer andern Elementarwissenschaft Un terricht ertheilend. Kam er dann spät des Abends als gehetztes Reh todtmüde nach Hause so hatte er doch nie vergessen, als guter Sohn und Bruder sei nem Mütterchen ein Weißbrödchen oder zur Fa stenzeit ein paar Bretzeln mitzubringen, wonrit er bei den gnügsamen Seinen große Freude anrichtete. Dann streckte er sich behaglich auf das hartgepolsterte Sopha und schlürfte sein Glas Dünnbier mit einer Behag lichkeit, als. wär' eS eben Rebensaft. Der Zufriedene braucht,so wellig uM glücklich zu sein ; aber oft mußte der ArmeAüch auf das Wenige verzichten. M svär bdreikS das siebenundzwanzigste Mal, daß MsithäaS um ein vor Kurzem erledigte» dürftiges Pfarrstellchen im hohen Gebirge angehalten hatte. Er mußte zu diesen Zweck allemal persönlich nach der Residenz, und dem Oberconsistorial-Präsi denten seine Aufwartung machen. Großblumige Hoffnungen in der Brust und von schönsten Träumen umgaukelt, machte sich unser Kan didat auf den Weg. „Mütterchen," hatte er beim Abschiede geschworen, „wenn ich die Stelle bekomme, sollst Du den Himmel auf Erden haben." Er beschrieb ihr dann die Ein richtung seiner kleinen Wirthschaft, wie sie ihr eigenes Stübchen bekommen sollte nach dem Garten hinaus, und-Me Sonn- und Festtage müsse sie ihr Brätchen haben, anders thrre er eS tzar nicht. Der Mensch ist so glücklich in seinen TräUÄ'en! „Wer Gott vertraut, hat Wohl gebaut," erwie- derre die fromme Alte auf das begeisterte Gemälde, das der gute Sohn vor ihr auSbrrirete. „Gehe mit Gott, mein Sohn, nur seine Wege führen zum Heile." Bald darauf sahen wir bett Candidaten ruhig die Straße dahin schreiten. Der junge Morgenwind spielte in den Zweigen, die Sonne lachte so golden über dem grünen Walde, die Vöglein mustcirtenj und EliaS war ganz gottvergnugt. Eine frohe Ahnung sagte ihm, das er dießmal den so oft zurück- gelegtek Wcg nicht vergebens mache. War nicht morM^ln vierzigster Geburtstag? Gewiß hatte eS der liebe Gott in seiner Weisheit und Güte so ein gerichtet, daß sein jahrlattg gehegter Wunsch an seinem Geburtstag in Erfüllung gehen sollte. Ein himmli scheres Angebinde konnte sich der Gute auch nicht „Lher der Mensch rsilk Gott lenkt; das ist seif Eckigkeit so gewesen und wird in Ewigkeit so bleiben" AlS WMtHgas mach zweitägigem Tage- mqpschr WvhlbehaWnHeb» Mbevconfistorlal-Präsiden- teü anlangte, weM MiNiULüdeSbotschaft, daß die Stelle bereit- vWeickftt.IDer glückliche Bräutigam der Nichte des Superintendenten, in dessen Ephorie die vacattte Pfarrei gehört, hatte sie erhalten. Dahin waren nun zum siebenundzwanzigsten Male die schönsten Hoffnungen und süßen Träume. Dahin war das Stübchen nut der Aussicht nach dem Garten, daS Brätchen an Sonn- und Feiertagen Nicht sich selbst bedauerte der arme Candida«, aber sein Mütterchen, die ja mit ihm leiden und darbmr mußte in ihren alten Tagen. ' > DaS war ein recht trüber Geburtstag für unfern Elias. Er zählte seine paar Groschen, sie reichten kaum zur Rückreise. Eine kleine Summe, Hie « schon seit langen Jahren in der Hauptstadt- außenstehen hatte und die er dießmal einzutretben sich die gewisse Hoffnung gemacht hatte, konnte er aus demeistsitch^Ü Grunde nicht erhalten, weil sein Schuldner - pöreitS . seit längerer Zeit verdorben und gestorben.' »West- war ein neuer harter Schlag für den Armen. Richt. tt!> für seinen Nutzen hatte er das Sümmchen zu vm-koss wenden gehofft. Aber sein Mütterchen brauchterrrechtyq-.! nothwendig ein neues kattunenes Sonnlagöllridchich. ? Indem zeitherigen war sie nun bereit» seitfünfzsh» - ZahrfN gelaufen. ES war ganz verwaschen und'ver schossen, so daß es für die Kirch« wirklich nickt Mhr? gehen wollte. Auch der Eiukwüf eines hübschen Hals tuchs für den Bruder war stkn stiller Plan gewesen. Nun war durch den Tod des insolventen Schuld ners auch diese Hoffnung zu Wasser geworden. EliaS war so menschenfreundlichen Herzens,j. daß er dem Verstorbenen nicht zürnte, sondern-ihn-che- dauerte. , „Der arme Mann," dachte er bei sich, „er.ist gewiß noch unglücklicher gewesen als Du,! er ist in Kummer und Elend gestorben. Möge «ö ihm dafür dort oben recht wohl ergehen." .. Während unser vierzigjähriger Kandidat also vol ler Milde und Barmherzigkeit richtete über einen Un glücklichen, saß er, ganz ermüdet von dem Hexum rennen in der weitläufigen Hauptstadt, und gebeug ten Hauptes bei einem halben Glase Braunbier in einer dem Thore zunächstgelegenen armseligen Schenk- wirthschaft. . . vr-. Er rechnete hin und her, ob eS denn keine Mög lichkeit sei, von den wenigen Groschen EtwaS^zu er übrigen, um seiner armen Mutter eine Freude zu machen. Es war ihm recht schmerzlich, mit unter gegangenen Hoffnungen und leeren Händen zugleich nach Hause zurückzukehren. Aber Elias mochte calculiren und reduciren, so viel er wollte, seine Baürschaft reichte, wie gesagt, kaum, die Heimath zu erreichen. Sie wat zwei gute Tagereisen entfernt und schon war eS hoher Nach mittag, also mußte er nothwendig unterwegs zwei Mal über Nacht bleiben. Es wäre mit feiner Hasse nicht so ganz schlecht bestellt gewesen, aber ein neues, völlig ungeahntes Mißgeschick hatte sie erschöpft. Er mußte nämlich, um nur als Kandidat beim Präsi denten angemeldet zn werden, zum Besten einer wohl tätigen Sammlung acht Groschen guk Geld erlegen, eine Abgabe, die früher nie bestanden und von wel cher er kein Sterbenswörtchen gewußt hatte. So ver blieben ihm nur noch ein Zwanzigkreuzer, ein preu ßischer Silbergroschen und zwei Vierpfenniger, also in Summe mit Agio sieben Groschon gut Geld. „Wenn hu K K Minep. Bkrech. nun« fort, MM WlL MsttagSchatzzMten heut» UAd morgen vWchr^tMo.M>Ülstch* Soch Mcht unterbreit» Himmhl- dw Nach» Neiben; wie leicht konnte ein LandgenSd'arm erscheinen, und als Vagabondbehan- delt.Lu werden, würde einen ehrsamen Kandidaten