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Wagen nahe, alS der Kutscher der Fremden einen Blonsenmann bemerkte, der eine Pistole hervorzog und den Hahn spannte; in kleinen Gruppen zerstreut standen andere BlouseNinänner herum und beobachteten die Haltung des Einett, scheinbar Erwählten. Aber usster dem wüthenden Schrei „Mörder! zu Hülfe! Mörder!" stürzte sich der Kutscher auf den Blouse- mann, sie rangen einen Moment, sanken Beide zu Boden und im zweiten Momente war der Blouftmann von einer wuthbrüllenden Menge umgeben und ergrif fen. Mit Noth entrissen ihn herbcieilende Polizei agenten und schleppten ihn rasch mit sich fort Der kaiserliche Wagen fuhr in Galopp durch die erstaunte überraschte Menge, Ludwig Napoleon grüßte leicht mit dem Hute und zu gleicher Zeit verschwanden auch Der schwarze Sklave. Siehe, wie herrlich der rasche Segel über vaö tiefblaue Meer bahingleitel, bas wnch und biegsam sich um seine Seilen schmieg«, während der frische Wind die Segel schwill«. Heil der köstlichen Ladung, Vie so sicher auf den Wellen sich schaukel«; ja, in der Thal köstlich, denn sie enthüll Menschenleben und Menschenglück, lebende Seelen mil Schmerzen und Freu den, mi« gelödleien Hoffnungen und qualvollen Ah. nungcn; Herzen von Herzen gelrennl, Hände, ge waltsam liebenden Händen entrissen, Augen, die nie mehr bas Liebste auf Erden schauen sollen, verhöhnte Thränen und verspottete Seufzer, kurz, — cS ist ein Sklavenschiff, welches Du erblickst. Dort in der Ferne, wo noch einige Palmen ihre Häupier erheben, ist die Küste, wo Menschen eö gewagt, um unsterbliche Serien zu handeln, waS Wunder dann, wenn ei nige schwvze Köpfe über den Schiffsranv nach der Richtung hinstarren, in welcher das Schiff sich entfernt. Ein Neger stehl auf dem Verdeck, er ist so glück lich, zu Denen zu gehören, die in diesem Augenblicke ihr Leiben durch den lehren Blick auf die Küste des Vaterlandes vermehren dürfen. Düstere Qual brütet auf seiner Stirn und in seinem Auge; war eS nicht gestern/alS er mit seiner Braut an der Hand sich seiner Hütte näherte, baß der feinbliche Slamm über die fröhliche Schaar dir HochzrilSgäste hcreinbrach und die Unbewaffneten mit sich forlschlepple? Da wurde er mit einigen Anbern verkauft, um die La dung dieses Schiffes zu vervollständigen; er wurde verkauft, die starken, kräftigen Glieder, die gewölbte Brust, die jungen Jahre waren es, die man kaufte, nicht das blutende Herz, nicht vaS heiße Weh seiner Seele, — man dachte nicht einmal daran, daß eine solche in der schwarzen Haut wohnen könne. Aber die Braut wurde nicht verkauft, sie blieb zurück. Und das Schiff gleitet vorwärts, eS wird Abend, die Küste verschwindet und die Sterne rauchen auf; waS hilft es, daß Du hinausstarrst, schwarzer Mann, als wolltest Du über die vielen Meilen Hinschauen und mit Deinen BlkckeN den dunkeln Schleier der Nacht durchdringen; höre auf die Stimme Deiner weißen Brüder, welche Dir, befiehlt, ihnen die kühle Nachtluft zu überlassen, und Dich in den heißen ver- pestcten Raum dcS Zwischendeckes zu verbergen — ge- horche ihnen, Du kannst doch nicht sehen, wie Deine Brant verzweiflungsvoll die Hände ring«, nicht hören, wie sie zärtlich Dich bei Namen ruft! Dort ist dir fremde Küste, das Land der Sklave. die vereinzelten Gruppen der Blousemänner; vielleicht nur zufällig anwesend, vielleicht auch nicht. Auf bent. Schauplatze veS beabsichtigten Attentats endete ftW der Act. Nachträglich erfahren wir, daß der Kütschtr nach St.-Cloud beschieven wurde, um seine Belohnung in Empfang zu nehmen. Dem Marschall Vatllant vorgestelkt, fragte ihn dieser, welche Bitte er dem Kai ser varzutragen wünsche. Der Kutscher verlangte, dem Dienstperfonale des Kaisers angehbrett' zu dürfen. Wir wissen nicht, welche Gründe den Hosmarschall bestimmten, diese Bitte nicht zu gewähren; genug, er fertigte den „Lebensretter" mit 1200 Fr. ab und fügte die Crlaubniß bei, daß der Kutscher'sich'wieder melden könne, wenn er Geld nöthig habe.'- " rei, zu Ende ist'S mit Deiner Freiheit, nun bist'Du Sklave! ' Aber wie kommt es, baß eS grüne Bäume Und üppige Blumen irr diesem Lande beS Fluches giebt? hier müßte es Nichts geben, VaS an die Tage der Freiheit erinnerte! " ' Zwar arbeite« er fleißig im Felde und in' der Mühle, aher seine Gedanken sind nicht bei der Ao- bei«; bald funkelt daS wilde Auge wie feurige Blitze, bald furch« sich die Stirn tiefsinnig und grübelnd; die Brust hebt sich in starken Athemzügen, um den in ihr aufsteigenden Seufzer zu zermalmen. Mit stn» stern Blicken belrachlet er die andern Sklaven, die in ihren, eigenihümllchen Leichtsinn scherzen und lachen, und AbenbS, wenn sie beim Schall det Trommeln unb Tambourinen zum Tanze sich versammeln; zieh« er sich schweigend in seine Hütte zurück. Hier auf seinem einsamen Lager ruht wohl der Körper müßig aus; aber die Seele — wie arbeitet sie nicht in ih rer verborgenen Werkstatt! Mit Bitterkeit wägt er jeden Gran seines Unglücks, Alles, waö er in ei nem kurzen Nu verloren, nur durch die Grausam keit seiner Mitmenschen verloren hat. Er legt die Hand auf'S Herz, um dessen heftige Schläge zu zäh len, er drück« sie an Vie Stirn, um zu fühlen, baß Leben und Gedanken sich darin regen, er bedeckt seine Augen dami«, um sie, von Thränen benetzt, wieder wegzunehmen, und er flüstert mit gedämpfter Summe vor sich hin in das Dunkel der Nacht: — „O Gott! habe ich denn nicht auch eine menschliche Seele mit Gefühlen, Gedanken und Thränen, und doch bin ich verkauft, wie das Fell deS gelödteten Thieres um — ach, ich weiß selbst nick«, um welchen geringen Preis'. Meine Braut! meine Freiheit! meine Heimath! und nun ein elender, geknechteter Verbannter!" — Und er starrt in den grünen Wald hinaus; seine kräftigen Glieder heben sich wie zum Sprunge; aber er hält inne, besinnt sich und sinkt seufzend auf sein Lager zurück. Doch die Zeit vergeht; ein Tag, immer sonniger, goldiger, fruchtbarer und blumengeschmückter folgt dem andern; die Thäler füllen sich mit Grün, mit Blu men und Beeren; die Bäume schwellen von dichtem Laube, unb wenn der Wald vom tropischen Monden licht beschienen wird, erschein« er wie eine schwarze, unförmliche Masse. Da kann der Sklave nicht länger widerstehen; wie ein lustiger Schatten gleitet er in der Stille ver Nacht aus der Hütte und in den ver. bergenden WalbeSschatten hinein, der leichte, geschmei dige Fuß trägt ihn blitzesschnell auf unbekannten Pfa den dahin; beim Anbruch des Tages verbirgt er sich