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dercS Bett war mehr in dem Hause, außer dem, worin ihr Vater schlief, und so nahm sie zärtlich den Seinen Körper ihres Lieblings heraus uud wollte ihn eben herunter tragen, aber die Mutter öffnete ihre Augen, und da sie sah, was geschehe» sollte, so ries sie; „Ich bin nicht werth, sie zu berühren, ich bin zu schlecht; ich habe- zu Euch gebrochen, wir. ich e- nie hätte thun sollen; aber ich glaube, IHv seid gut; darf nicht mein eignes Kind ein kleines Weilchen in meinen Armen liegen?" Ihre Stimme bildete jetzt einen solchen Contrast zu ihrer früheren vor ihrer Ohnmacht, daß Susan st« kaum wieder erkannte, fie war so unaussprechlich sanft, so unwiderstehlich demfihtig, die GesichtSzüge hatten ebenfalls ihren heftigen Ausdruck verloren, und waren so gelassen und ruhig, wie die eines Tod len Susan konnte nicht sprechen, aber sie trug das Kind hin zu ihr und legte eS in ihre Arme. Dann, als sie auf sie sah, kam eS förmlich über sie und sie kniete nieder und rief laut: „Ach, mein Gott, mein Gott, habe Mittleiv mit ihr, vergieb ihr und tröste sie!" Aber die Mutter fuhr fort zu lächeln und das kleine Gesicht zu streicheln, indem sie zärtliche Worte flüsterte, als ob sie noch lebend wäre. Susan furch, tete, baß die arme Frau ihren Verstand verliere, aber sie betete fort und immer fort, indem immer die Thrä- nen ihren Augen entströmten. Der Doctor kam mit dem Trank. Die Mutter nahm ihn willenlos. Der Doctor saß bei ihr und' sie schlief bald ein. Dann stand er leis« auf und winkte Susan zur Thüre und sagte da zu ihr: „Ihr müßt sehen, ihr den kleinen Leichnam aus den Armen zu nehmen, sie wird nicht aufwachen. Diese Mediein wird sie viele Stunden schlafen machen, ich werde noch vor neun Uhr einmal wiederkomen, eS ist jetzt Tag geworden, bis dahin guten Morgen." Susan ließ ihn hinaus und schloß die Thür hin ter ihm, und dann, nachdem sie sanft bas lobte Kind aus den Armen seiner Mutter gezogen, konnte sie sich nicht halten, ihrem Schmerz über den Verlust ihres Lieblings freien Lauf zu lassen. Sie versuchte aus dem kleinen frommen Gesichtchen zu lernen, welches nun so stumm und blaß vor ihr lag. Sie sagte sich, daß sie nie (möge ihr Schicksal auch werden, wie eö wolle) dieses liebe kleine Wesen vergessen werde. Dann erinnert« sie sich, was zu thun sei; sie sah, daß Alles ft» Hause in Ordnung war, der Vater lag noch im festen Schlaf am Fuße der Treppe, trotz allen Lärms Vieser Nacht. Sie verließ das HauS und ging durch die stillen Straßen, die, obgleich eS Heller Tag war, doch noch wie auSgestorbrn waren, fie verfolgte ihren Weg dahin, wo die Leighs wohnten. MrS. Leigh, Vie an ihren ländlichen Gewohnheiten festhielt, öffnete «den bi« Fensterladen. Susan nahm sie bei dem Arm und führte sie ohne zu sprechen, in die Hausflur; hier kniete sie niever vor der erstaunten MrS. Leigh Md begann zu weinen wie sie eS nie aethan; aber die schreckliche Nacht war über ihre Kräfte gegangen, and sie, die bisher so Vieles ruhig abgemacht, hatte mm, da sie ihr Herz ausschütten konnte, nicht die Macht zu sprechen. „Meine arme Liebe, was hat Dein Herz so ver wundet, daß Du zu unser Einer kommst und weinst? Sage »S mir, nein, weine Dich aus, armes Mädchen, wenn Du jetzt Nicht sprechen kannst, es wird Dir das Dein Herz erleichtern .und Du kannst^ nachher sagen." „Nanny ist tobt!" sagte Susan, „ich verließ sie, um nach dem Vater zu sehen, und sie fiel die Treppe hinunter und athmrte nicht wieder. Ach, das ist mein Kummers aber ich habe mehr zu sagen, ihre Mutter ist gekommen — ist in unsrem Haus! Kommt nutz seht, ob's Eure Lizzie ist."' / MrS. Leigh konnte Ntchs sptechen, aber sie ging mit Susan in größter Me zurück »ach rvntt-sweet. Viertes Capitel. Als sie baS HauS in OroUn - Street betraten, stemmte sich die Thur und ivollte nicht stak ttr ihren Angeln gehen, Susan fah dahinter, um die Ursache zu entdecken, und bemerkte Än kleines Päckchen, augen scheinlich Geld, was in ein Stück alte Aestuu- ringe, wickelt war. Sie bückte sich nnd HB eS auf mch stHs betrübt zu MrS. 'Leigh: - - , „Seht, das hat die Mutter »orig« Nacht für das Kind gebracht." Aber MrS. Leigh antwortete nicht; so nahe de» Entscheidung, ob sie ihr Kind sehen wird oder nicht, konnte sie durch Nichts aufgetzaltev werden, sonder» sie eilte vorwärts mit zitternde» Schritten und einem ängstlich schlagenden Herzen. Sie betrat das finstere und stille Schlafzimmer. Sie beachtete den «einen Leichnam, bei dem Susan stille stand, nicht ^sondern, sie ging gerade auf das Pett zu, zog den Vorhang zuruck und sah Lizzie, — aber nicht die frühere fröh liche, strahlende Lizzie, diese hier war vop bep Zejt alt geworden, ihre Schönheit war vorüber, tief« Linien der Sorge oder, ach, wol gar deS Mangels (wie die Mutter pachte), waren den Wangen aufgedrückt, die so rund, glatt und sanft waren, qiS sie bas letzt« Mal der Mutter Auge entzückten. Selbst im Schlaf« war Schmerz und Verzweiflung auf ihr Gesicht geschrieben, was bei Tage der vorherrschende Ausdruck ihe- Ge sichts war; selbst im Schlafe hatte sie verlernt zu lä cheln. Aber alle diese Zeichen, daß sie Sünde und Sorgen getragen, machten nur, daß die Mutter sie noch mehr liebte. Sie sah auf sie Mit gierigen Augen, gleichsam, um ihrer langen Sehnsucht zu genügen; dann bückte sie sich und küßte die blasse, magere Hand, die aus dem Bett tag. (Schluß folgt.) Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde, vom IO. bis 17. Juni 18-3 Geboren wurde dem Handarbeiter Joh. Gkob. Kramer allh. eine Tochter; dem-Hrn. Weißgerber meister und Vorsitzenden des Stadtverordueten-Eoll»- giumö Karl Gustav Müller ein Sohn; dem Haus besitzer Gottlob Friedrich Rad«stock in Oberhäslich eine Tochter; dem Sckuhmachermeister Gustav Le- berechtHochgemuth BH. eine Tochter; dem Bücher meister Heinrich August Tigert allh. «i» Sohn. Hierüber ein uneheliches Kind. Getraut wurde Zuv. Karl Gottlob Wätzel, Mühlenbsitzer allh/ und Jgfr. Christiane Juliane Ull rich aus Gaustritz. Am 4. Sonntag nach Trinit. Früh-Csmmunion: Herr Super, v. Zobel. VormittagS-Predtgt: Herr ?. Henrici aus Bärenstein. Nachmittagö-Predigt. Herr Diac. Mühlberg.