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Ar. 46. 17 Juni 1853. ?s Sqftratk widm «it 8 Pf. fide btt Zeile berechn,1 M und ü» «Lo, «Mdtti»«» angeuvm««n. Ei» unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Sandmann. Freitag. Erscheint MMeißerih-Zeitung. vEt.lSRgr. Verantwortlicher Redakteur: Carl Zehne in Dippoldtswal-^ WWPWSMWSMWM Run hat unsere Regier«»» Mar immer einige Gesetze herauSgegeben, um dem UÄel möglichst avzuhelfm. Allein das ist wie mit einen» alten Haus» Man bes sert es mit aller Msthe und Sorgfalt a«S; ^- -a und dort macht man recht pveckmäßtge Reparaturm,--- aber dir Grundmauern trugen nichts, sie find geborsten ufld haben Riffe; sie könnm das HauS nicht mehr tragen. Unsere Regierung steht das auch «in, und schon seit vielen vielen Jahren ist emstg daran gear beitet worden, ein vollständiges, neues. Gesetzbuch und zwar in deutscher Sprache herauszuaeben. >DaS ist denn jetzt geschehen und den Kammer-Deputationen ist eS vorgelegt worden. Die werden eS Prüfen und werden gewiß die Regierung in ihrem Unterneh- i unterstützen. Dann haben wir ein Gesetzbuch. Darin stehen nun die gesetzlichen Vorschrift«: > nach denen die Richter und wir Alle uns richte» sollen. Da braucht man nicht in so und so viel Büchern, Gesetzen und alten Geschichten herumzustöbern. Das ist Alles gerade auf unsere jetzigen Verhältnisse be rechnet, wie eS sür uns (nicht für die Römer) paßt, — da ist Alles deutsch geschrieben, da kann Jeder sich Rath erholen und in dem Gesetze lesen. Der Bürger und der Bauersmann wird, wenn er «einen Prozeß hat, besser sich in der Sache unterrichten kön nen als jetzt. Die Richter haben dann auch ein klares Gesetz vor sich. Da werden nicht so oft verschiedene Uttel kommen, wie jetzt, und die Richter nicht ge zwungen sein, solche alte Gesetze, die gar nicht recht paffen wollen, auf unsere Sachen anzuwenden» Ja warum sind denn manche Leute dagegen^ — Das läßt sich wohl erklärm. Da giebt es be queme Leute, die wollen nicht das Neue wieder lernen, — da giebt eS Leute, die denken, daß sie ihre Ein nahme verlieren, — da giebt eS Leute, die Alles ra deln, weil sie eS nicht gemacht haben, und so weiter. Manche denken wieder, daß eS jetzt nicht an der Zeit sei, und wollen warten, was andere Länder machen werden. Bei dem Warten kommt nichts heraus. Da wartet Einer nur auf den Andern und es wird zu, letzt nichts! Vielleicht haben die geehrten Leser auch gehört, daß ein berühmter Professor in Leipzig Vieles gegen das Gesetz einzuwenden gehabt hat.. Aus Yen berufen sich jetzt Manche und stecken sich hinter isch, wenn sie das Gesetz tadeln. Jetzt paßt es De« und Jenem, sich auf einen Professor zu berufen, während er früher von keinen Professor etwas wissen wollt« und sehr verächtlich von „ProfefforenweiSheit" sprach» So ändern sich die Zeiten oder vielmehr die Leute! Der Professor in Leipzig ist ein sehr tüchtiger Jurist; — das ist gewiß. Aber er ist kein Sachse, kennt das sächsische Recht nicht genau, kennt unsere Verhältnisse Die sächsischen Justizreformen. («ll« der „SLchs. Dorf,eltung>) Die neuen Gesetzentwürfe, welche den ständischen Deputationen vorgelrgt sind und noch vorgetegt werben sollen, erregen immer mehr Aufmerksamkeit, finden aber auch da und dort Widerspruch. Derjenige, wel cher nicht Zeit oder Lust oder Gelegenheit hat, sich näher um die Sache zu bekümmern, wird da auch zweifelhaft- und weiß nicht, was er glauben soll. Daher meine ich, daß es den verehrten Lesern lieb sein wirb, wenn ich ihnen so recht einfach auSeinan- dersetze, wie sich die Sache verhält und was man von den Widersprüchen zu denken hat. Eine gute Rechtspflege im Lande, das ist ein gar men köstliches Ding. Das wissen wir Alle! Aber die giebt Dar eS nicht ohne gute Gesetze. Haben wir die jetzt ? — Zum Theil ja, zum Theil nicht! — Sprechen wir zuerst von den Gesetzen bei den sogenannten bürger lichen Streitigkeiten, also von den Gesetzen, welche der Richter anwenden soll, wenn er einen Proceß zu ent- scheiden hat. Wo steht dieses Gesetz? Das weiß wohl Jeder: die stehen zum großen Theil im römischen, im päpstlichen und theilweise im altdeutschen Rechte. Die römischen und päpstlichen Gesetze sind lateinisch, zum 3Heil auch griechisch geschrieben. Die altdeutschen Gesetze sind zum Theil in einer sür uns schwer ver ständlichen Sprache geschrieben. Alle diese Gesetze waren für die Zeit, wo sie erschienen, sehr paffend, und die Männer, welche sie verfaßt haben, verstanden ihre Sache. Allein die Welt schreitet überall fort. Früher da gab «ö nur einzelne Claffen in der bürger lichen Gesellschaft, die da gebildet waren. Jetzt ist das ganz anders geworden! Handel Gewerbe, Land- wirthschaft; — das ist doch Alles ganz anders jetzt, als zu den Zeiten der alten Römer, der Päpste und des deutschen Reichs. DaS paßt ja nicht Alles mehb! — Und dennoch gelten jene Gesetze immer noch! —. Eie sind in fremder Sprache geschrieben. Man kann tu das Gesetz hineinsehen, aber wer nicht Lateinisch kann, der versteht es nicht. Ja, auch wer Lateinisch kann; der versteht es noch nicht. Da hat Einer die Meinung, daß das eine Wort das und das bedeute, — da hat ein Anderer wieder eine andere, — ein Dritter noch eine andere Meinung. Dann kommt wieder Jemand und sagt: „Ja, bas ist Alles ganz schon, was Ihr da sagt; aber ich habe ein anderes Gesetz aufgefunden, was bas erstere aufhebt." Nun streiten sie sich, welche Meinung die richtigste ist. Da her kommt eS, daß die Juristen selbst so oft nicht einig sind, waS Recht ist. Die Gesetze sind nicht deutlich und klar und nicht in gehöriger Ordnung.