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* Bon der Löhmischen Grenze, den 15. April. Ein sonderbarer Kontrast l Vor Kurzem war' angeneh mes Frühlingswetter, das Erscheinen der Knospen an Gesträuchen, daS längst ersehnte Gezwitscher der Sän ger auf Fluren und in Wäldern — und jetzt sind die Fenster wieder blumig, wie im großen Horn, und un ablässig peitscht der rauhe BoreaS den Schnee in die Fenster und draußen hört man, wie inmitten des Win ters, Peitschengeknall und lustiges Schellengeläute. So weit das Auge reicht, sind die Fluren weiß, und wie auSgestorben ist wieder die ganze Natur! Lerchen lassen sich ruhig vor den Hauöthüren faiigen, Andere findet man erstarrt auf dem erstarrten Boden. So öde und traurig, wie hier, ist eS auch daheim in der Hütte veS Armen, dessen niedergeschlagene Blicke nur Pie Hoffnung auf den Lenz aufzuheitern vermag. Fehlt eS doch da an Holz, Brod, ja an Allem, was zur Leibes Nahrung und Nothdurft gehört, — dazu werden noch die Masern, sowie die Blattern hin und wieder sichtbar und vergrößern somit die Noth man ches ohnedem geängstigten Familienvaters. — DaS Alltagsgespräch hier, wie drinnen tm Lande und vor nehmlich in Teplitz, macht der vor Kurzem in der Weiß.-Ztg. schon angeregte, von dem Bischof Hille zu Leitmeritz an den Dechant und Consistorialrath zu Teplitz ergangene Hirtenbrief, in welchem Diejenigen einer schweren Versündigung berüchtigt und mit Ab laß belegt worden, die sich bei bewußter Schlitten fuhre von Teplitz aus nach Altenberg betheiligt haben. Unter Anderm heißt eS in diesem Hirtenbriefe: „Eine Schlittenfahrt, an und für sich betrachtet, ist freilich nicht anstößig und rügenSwerth. Es kommt aber hier, wie bei vielen andern Dingen und Handlungen, sehr viel darauf an, zu welcher Zeit und unter wel chen Umständen solche stattfinden, und von welchen Umständen sie begleitet werden, und gerade dadurch dieses angebliche Vergnügen einen sündhaften und darum vor Gott strafbaren Charakter erhält re. Weil die gedachte Schlittenfahrt zur Fastenzeit und an dem Tage nach Sachsen unternommen wurde, an welchem eine öffentliche Bittandacht für die wun derbare Erhaltung deS Kaisers Joseph gehalten wurde, an,der aber die bei dem Vergnügen Betheiligten, frommen und lobenSwerthen Gebrauche gemäß, vor her herzlichen Antheil genommen hatten, und daß sie «US wahrem Patriotismus, das bezeugte ja der freu dige Enthusiasmus für den jungen, geliebten Monar chen, die Volkshymne gespielt und gesungen hatten, wodurch erst, wie eS weiter heißt, diesem Frevel die Krone aufgesetzt worden wäre, wird dort diese Hand lung frevelhaft und, sündhaft, beklagenS- werth und verabscheuungöwürdig genannt. ES läßt sich leicht denken, daß dieser Brief schon im Allgemeinen nicht eben willkommen geheißen, von den Betheiligten jedoch mit dem größten und gerechtesten Unwillen begrüßt werden konnte, auch ist dieses für Sachsen eben kein Kompliment. Die Teplitzer, sowie alle Bewohner von Badeorten, kommen in der Regel um den Großtheil deS Frühlings und um den gan zen Sommer, und Viele müssen öfters, bet erfreuli cher Badesachen, um ein paar Gulden zu gewinnen, «och ihre Wohnung hetaeben und in einer entlegenen Piere Wohnung aufschlagen, die kaum wohnlich zu nennen ist. Was Wunder, wenn sie sich im Winter Mii-l durch eine Schlittenfahrt ein Vergnügen ma- chyr. Billig möchte nian ihnen daS Vergnügen wohl gönne«. ' Da aber in der Regel, selbst in dem här testen Winter, der Schnee in Böhmen vicht weit geht, so bleibt ihnen nichts übrig, wenn sie anders für ihr Geld ein Vergnügen haben wollen, als in daS be nachbarte Sachsen zu fahren. DaS ist aber doch wohl keine Sünde!! ES ist dieses vielmehr ein Act der Dankbarkeit, den sie auSüben, da von den Grenz orten, und insbesondere von Altenberg, während der Sommerszeit verhältnißmäßig viel Geld nach Böh men und insbesondere nach Teplitz getragen wird. ES ist doch auch keine, Sünde, wenn sie mit den Grenznachbarn, wohin sie doch zunächst gewiesen sind, einmal freundlich verkehren; noch weniger ein Ver gehen, wenn sie bei ihrem gehabten Vergnügen, bist welchem sämmtliche Böhmen und Sachsen die schönste Haltung bewiesen, des allbeliebten Herrschers gedach ten, und unter freudigem Enthusiasmus für den ju gendlichen Joseph mit herzlicher Acclamation der an wesenden Sachsen die Nationalhymne absangen und darauf in das Vaterlandslied: Den König segne Gott rc. ganz beifällig einstimmten. Leben doch beide geliebte Fürsten, sowie das ganze HauS Habsburg und Wet- tin, so in gemächlicher Eintracht, daß eS nur eine Lust ist, dieses nachbarliche trauliche Vernehmen zu lesen! Wird denn dadurch dem Frevel die Krone aufgefetzt, wenn die Unterthanen, dem schönen Beispiele ihrer Regenten folgend, einmal sreundfchaftlich mit einander verkehren, und in ihrer Freude anstimmen: Gott er halte unfern Kaiser! und: Den König segne Gott!f — Schließlich wird noch bemerkt, um einer Entstel lung zu begegnen, daß die fraglichen Schlittengäste nicht, wie ihnen Schuld gegeben, biS Mitternacht musicirt und getanzt haben, sondern schon gegen Ä Uhr die Grenze passtrt sind. Dresden, 13. April. In der gestrigen Abend stunde hörte man in einem Hause der Bautzner Straße den heftigen Knall einer Erplosion, welche glücklicher weise mit einem besondern Unglück nicht verbunden war. Das Dienstmädchen hatte die kupferne Wärm flasche gefüllt, diese aber verfchlossen und in die heiße Kochmaschine, sie selbst sich aber mit ihrem Liebhaber in das Nebenstübchen gesetzt. DaS heiße Wasser ent wickelte Dämpfe, die Wärmflasche kann diese nicht znsammenhalten, sie erplodirt und zertrümmert den Ofesr und mehrere Gegenstände und die Fenster der Küchenstube. Die Wärmflasche selbst war von der Gewalt bis auf das entfernteste Fenster geschleudert worden. Hätte sich das Dienstmädchen in der Stubr befunden, so wäre leicht das Unglück noch größer geworden. , Dresden, 15. April. Die Actienzeichnung für daS DreSden-Tharander Eisenbahnunternehmen hat ein sehr günstiges Resultat gewährt. ES sind gezeich net worden in Dresden 12445 Stück Actien, in Leip zig 6026 Stück, in Bautzen 1622 Glück, in Freiberg 451 Stück und in Tharand 102 Stück, zusammen also 20,646 Actien, ungerecht jedoch der den ComitS- mitgliedern vorbehaltenen 2200 Stück Actien. Da der Bedarf inmittelst nur 14,800 Stück ist, so stellt sich ein U eberschuß von circa 6000 Actien heraus, der durch Repartition (ungefähr im Verhältniß vop 2 zu 3) auszugleichen fein wird. " — 10. April. Die bevorstehende Vermählung unseres präsumtiven Thronerben, des Prinzen Albert, mit der Prinzessin Karolina von Wasa wird keinen- fallS vor Ende Juni, wahrscheinlich Anfang Jult stattfinden. — DeS baldigsten wirb die Herzogs«