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soll. Man hat daran gezweifelt, daß die Strahlen mächtig genug sein werben, um so weit zu reichen. Die gestrigen Versuche haben alle Zweifel darüber gehoben. Mit einem mäßigen Apparate hat man vom Montmarte aus alle Monumente von Paris lichthell beleuchtet. Der Thurm deö anderthalb Wilhelmine» (Fortsetzung.) . Nur nach einem langen Kampfe hatte sich Franz zu diesem schrecklichen Liebeöbeweise entschlossen; mit seinen Racheplänen beschäftigt, konnte er den Gedanken ertragen, ihn ihr gegeben zu haben. Aber diese Rache beschäftigte unaufhörlich seine Seele; sie stand vor ihm, .er sprach mit ihr, er breitete den Arm auS, um sie* zu erfassen. Aller Augenblicke fachte er seine ver löschende Lampe an, um von Neuem die Batterie seiner Pistole zu untersuchen oder nochmals seine Mes serklinge zu schleifen. Denn eS war wohl unmög lich, nach so viel Unglück und Schande zu leben; er konnte die entehrte und sterbende Wilhelmine nicht mehr lieben, und doch konnte er auch die unglückliche Jungfrau nicht hassen, die nur auS Unverstand ge fehlt hatte. Und der Tag, den dieser höllische Donncrschlag getrübt, war so schön angebrochen! Er gedachte noch am Morgen daran, wie zwei Monate zuvor, als er eben alle die Gespenster der Eifersucht niederkämpfte, Wilhelmine wie eine anmuthige Erscheinung mit ihrem reizenden Lockenkopfe, zugleich bleich von den Vergnügungen des AbcndS und von der Hoffnung deS zukünftigen GlückeS mit einem sanften Roth über haucht, ihm erschienen war; eine Art Lethargie be mächtigte sich seiner, er saß kraft, und regungSloS da und doch waren seine Augen nicht geschlossen, da war es ihm auf einmal, als öffne sich seine Thür und Wilhelmine schleppe sich als geisterhaftes Ge- sperrst mit zerrissenen Lippen, aufgeschwollenen Augen und mit von Peitschenhieben zerfleischten Wangen wie eine schreckliche Parodie ihrer frischen und anmuthigen Gestalt ihm entgegen. „Franz, Franz!" sprach sie mit erloschener Stimme. Franz rührte sich nicht. „Franz ft' wiederholte sie, „ich bin eö! komm und halte mich, sonst sinke ich um." „Traum oder Wirklichkeit!" rief Franz, „wenn Du es bist, Wilhelmine, so komm an mein Herz." Er trat thr entgegen, und er umfaßte in der That einen im Umsinken begriffenen Körper; aber eine Stimme rief ihm zu:—Rühre mich nicht an... Jede Berührung reißt mir eine Wunde auf. Es war kein Traum mehr: Franz fühlte dies an seinen Haaren, die sich ihm auf seinem Kopfe zu Berge sträubten. Er hob Wil Helminen auf, die er auf einen Armstuhl niederlegte. „Franz," sprach sie, „höre mich: ich habe selbst mein Verderben verschuldet; ich begriff nicht, daß Alles, was Ehrgeiz erweckt, Reich,hum und die ganze Welt, nichts ist gegen die Liebe eines ehrlichen ManneS. Gott hat grausam meine Unerfahrenheit bestraft; doch kann ich noch ruhig sterben, wenn ich mit dem Ge danken sterbe, daß ich Dich nicht mit in mein Ver derben ziehe. Franz, Du hast eine Mutter; wenn die Rache bisweilen eine Pflicht ist, so gehen ihr Stunden entfernten Et.-DentS erschien bei dunklem Himmel wie vom hellsten Mondenschein erleuchtet. Mit einem größer» Apparate hat man selbst das sieben Stunden weit entfernte Schloß von St.-Ger- main erleuchtet. doch wieder andere Pflichten vor; ich muß sterben, Du aber darfst rS nicht." „Wie kannst Du verlangen, daß ich lebe, wenn Du stirbst? und dann, wie kannst Du wähnen, daß man diese schreckliche Verletzung alles Edlen und Hei- ligen auf der Welt, der Unschuld und Scham einer Jungfrau,,und noch dazu eines Mädchens, das man . liebt, so ungestraft hingehen lassen kann?" „Gott ist noch da, um meine Rache zu führen." „Seit gestern habe ich den Glauben an Gott verloren... Nein, laß mich, Wilhelmine; siehst Du, dieser Mann muß mir diesen Frevel mit seinem Tobe bezahlen." „Ach! ist nicht sein Tod auch der Deinige?" „Ohne Zweifel; aber ich werde ruhiger sein... ich werbe freier alhmen, und sollte eS auch bei mei. nem letzten Seufzer sein." „Nein, nein, Franz, das geht nicht!... und dann weißt Du ja auch nicht, ob Dir eS gelingt? Du kannst fehlen, Du kannst ihn nur leicht verwun den, und dann wirst Du ihm nicht entgehen!... und alle die Schmerzen., die Du ihm bereitet haben wirst, wird er Deiner Mutter »ufügen, der er ihren Sohn rauben wird... Ach! ftinen Zorn mehr, der Dir so theuer zu stehen käme, Franz; solche Rache ist böse, die die Unsrigen zuletzt büßen müssen. Franz, es darf nicht sein, versprich mi?S, liefere mir diese Waf fen auö, die ich dort sehe, gieb mir sie... ich will sie, ich will sie/< „Dann gieb mir Dein Gift," erwiederte Franz. „Mein Gift... wie sollte ich dann sterben... Du willst also, daß ich ohne Ehre lebe?" „Und Du, daß ich ohne Rache lebe?" „O mein Gott, was soll ich lhun," murmelte Wilhelmine.... Und ihr Antlitz in ihre Hände bergend, vergoß sie heiße Thränen. „Ach! wenn ich xher auf Dich gehört hätte," fuhr sie schluchzend fort. „Mir den Vorwurf machen zu müssen, daß ich hätte glücklich sein können; daß ich einen Augenblick diese Männer, diese Frauen, die mir geschmeichelt und sich bann um mein Schaffst sammelten, wobei Schadenfreude auS ihren Augen lachte, mit Dir in die Wagschale legen konnte! Daß ich nicht auf Dein Geheiß Viesen Prinzen fortschickle, der mich in'S Verderben brachte und mich nicht ein mal rächen kann!... Stolz auf meine Schönheir, die wenige Stunden zerstört haben, glaubte ich, Du müßtest Dich in meinem Besitze glücklich schätzen. Ach! ich fühle eö, Franz, ick habe nicht mehr das Recht, Dir zu sagen, ich liebe Dich, aber Du hast das Recht, mich von Dir zu stoßen und mich zu verachten, mich, die ich Dir nur bann erst, nachdem ich so tief ge sunken'bin, die Hand reiche.... Und doch, Franz, wenn jemals ein Weib geliebt hat, ohngeachtet, der Launen eines Kinbeö, ohngeachtet ihrer Verirrungen auS Unerfahrenheit, so bin ich eS... ich, die ich heiße Thränen der bittersten Neue hier zu Deinen Füßen weine; ich, die, um Dir , meine Liebe zu beweisen, noch einmal diese schauderhafte Marter erdulden würbe, von der ich bewundere, daß ich sie überlebt habe...