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jum Vergnügen auf dem Markte gegenwärtig; denn die Stadt war davon wie an Jahrmärkten gefüllt; auch waren so viel Schlitten in der Stadt, daß sie in Gasthöfen und auf Plätzen am Markt nicht Raum hatten, sondern in allen Straßen an die Häuser ge lehnt Herumlagen. Dieser großen Belebtheit ungeach tet fand aber doch nicht die mindeste öffentliche Stö rung oder ein Unfall Statt. Pirna, 27. März. Ein merkwürdiger Flucht versuch hat sich gestern hier zugetragen. Der wegen lebensgefährlicher Bedrohungen seiner hier lebenden Ehefrau im Gefängniß verwahrte Ziegeldecker Herr mann sollte nämlich ins Verhör geführt werden. Un, terwegS entsprang er aber dem GerichtSdiencr und flüchtete sich auf den Thurm in des Wächters Woh nung. Diesem erzählte er, baß er arrelirt werden solle, weil er ein wenig zu viel Branntwein getrun ken, und deshalb sei er auögewicheil. Nachdem aber die unterdeß zu Hause angekommene Tochter des Thurmwärters letzterm mitgctheilt, daß man Seiten der Polizei-den Flüchtling suche, kündigt der Wächter dem Ziegeldecker Herrmann das Asyl und heißt ihn fortgehen. Der Flüchtling geht auch die Treppe herab bis unter den Glockenboden, schlägt hier ein Fenster ein, um sich aufs Kirchendach zu schwingen. Der Wächter hört dieses Geräusch, begiebl sich auch sofort herunter und kommt gerade in dem Augen blicke an der Stelle an, als Herrmann mit kein Aus rufe: „Adieu Partie" sich zum Fenster hinausbegiebt und erst vom Thurme, dann aber über das mehr als 40 Ellen hohe siirchendach herabstürzt. Glücklicher weise fällt Herrmann auf einen großen Schneehaufen, so daß er mit einigen Beschädigungen der Hände wegkommt, auch sofort aufsteht und entfliehen will, von der anwesenden Polizeimannschaft aber festge- nommen und ins Gefängniß geführt wird. Der Ort, wo diese Luftfahrt unternommen worden ist, wird vom Publikum sehr besucht, und wundert man sich, daß der Emsprungene so ohne weitere Verletzungen davon kommen konnte. Dresden, 29. März. Aus sicherer Quelle wird uns die Mitiheilung, daß die Frage wegen Conccs- sionirung einer Aktiengesellschaft für den Bau einer Eisenbahn durch den Plauen'schen Grund bis Tha- rand und nach den Kohlenwcrken in dasiger Gegend, auf dem Abschlüsse steht, so daß schon in den nächsten Tagen die Einladung zur Actienzeichnung Seiten deS zu diesem Behufe zusammengetretencn Comites zu er warten sein würde. Sind oie in Aussicht gestellten Concessionsbcdingungm günstig, so ist nicht zu zwei feln, daß die Bctheiligüng eine sehr rege sein und das für die betreffenden Kohlcnwcrksbesitzcr höchst wichtige Unternehmen zu Stande kommen werde. (Dr. I.) Dresden, 27. März. Am Charfreitage kam auch hier ein Mordversuch vor. Als nämlich der Auf seher Funke im Stadtarmenhause Morgens 9 Uhr aus seinem Zimmer auf den Gang trat, wurde er von dem auf der Lauer gestandenen Strafversorgten 3. Classe Carl Nitzcl von hier überfallen; mit der rechten Hand führte derselbe mit einem Messer einen mächtigen Stoß nach FunkcS Brust, während er ihn mit der andern Hand an der Schulter packte. Funke parirte jedoch glücklich den Stoß, rang mit dem Mör der und schrie-nach Hilfe, worauf Ritzel festgenommen wurde. Er sagte auS, daß er den Mord nur deshalb habe auöführen wollen, um aus dem Armenhause zu kommen und hat er schon früher mehrmals mit Feueranlegen gedroht. Ritzel ist 41 Jahr alt und ein bereits 39 Mal wegen Diebstahls, Trunkenheit und lüderlichen Herumtreibens bestraftes Subject. Dresden. Die BetriebSübersichl der sächsi schen Staatseisenbahnen im Jahre 1852 weist Folgendes nach: Auf der Bahn zwischen Leipzig, Hof und Zwickau wurden befördert 473,336 Personen für 327,214 Thlr., und 6,733,463 Ctr. Güter für 881,660 Thlr. Auf der Strecke zwischen Chemnitz und Riesa 116,484 Personen für 45,783 Thlr. und 1,182,666 Ctr. Güter für 72,013 Thlr. Auf der Strecke zwi schen Dresden und Bodenbach 372,962 Personen für 133,078 Thlr. und 901,509 Ctr. Güter für 128,835 Thlr. Auf der Strecke zwischen Dresden und Gör litz 485,087 Personen für 234,645Thlr. und 2,471,068 Ctr. Güter für 295,497 Thlr. Auf allen vier Bah nen wurden demnach in Summa befördert 1,447,869 Personen für 740,721 Thlr. und 11,288,707 Ctr. Güter für 1,377,952 Thlr. Der Totalertrag. war also 2,118,673 Thlr., 528,267 Thlr. mehr als im Jahre 1851. — Die sächsischen StaatStelegra- phen beförderten im Jahre 1852 im Ganzen 28,822 Depeschen mit 734,804 Worten, 11,594 Depeschen mit 235,312 Worten mehr als im Jahre vorher. Aufgegebcn wurden in Sachsen 2639, cingingen 3018 und durchgingen 23,165 Depeschen. Von den 28,822 Depeschen waren 25,646 Privatdepeschen, 2497 Staats- depeschen, 508 Telegraphenvienstdepeschen, 73 Eisen- bahndienstdcpeschen und 98 Polizeidepeschen. Mittweida. Zur Ergänzung des Berichts vom 20. d. M. wegen VeS angeblich getödteten Polizei wächters W. (Nr. 24) ist hinzuzufügen, daß bei der Section sich nicht die geringste Verletzung vorgefunden hat und daher wohl angenommen werden muß, daß W. in Folge großer Anstrengung und Alteration vom Schlage getroffen worden ist. Glauchau, 26. März. Diesen Morgen wurde an der Glauchau-Lichtcnsteiner Straße in der Nähe deS ForsthauseS, ungefähr Stunde von hier, im Holze von einigen Arbeitsleuten ein junger, anständig gekleideter Mann, um Hilfe rufend schwer verwundet aufgefunden. Derselbe hatte zwei Schüsse in den Unterleib erhalten und gab an, daß er mörderisch an gefallen, hierbei seiner Reisetasche mit 641 Thalern beraubt und ins Holz geschleppt worden sei. AuS seinen Papieren ergab sich, daß er für ein Chemnitzer Handelshaus reiste, S. heißt und auö Hubertusburg gebürtig ist. Weitere Aussagen desselben, z. B. daß er bereits 30 Stunden in diesem Zustande an jener — am vorigen Tage von vielen Leuten passirten — Stelle gelegen habe und der Umstand, daß man von der Straße aus nach dem Holze nur die Spur eines Mannes wahrgenommen, führten zu dem Verdacht, daß S. nicht die Wahrheit sage und die deshalb von der Gensdarmerie angestellten Recherchen ließen bald au der Richtigkeit dieser Annahme nicht mehr zwei feln. Auf Vorhalten der gegen seine Aussagen,spre chenden Thatsachen gestand auch S. sodann, daß er die That (wahrscheinlich in der Absicht, sich das Leben zu nehmen) an sich selbst verübt habe und der Beweg grund hierzu in der Verschleuderung von ihm attver- rrauten fremden Geldes, der oben gedachten 641 Thlr.,