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rem Glücke sonnen; aber der Spanierin wird eS auch nicht an Neidern fehlen, und wären eS auch nur die Damen, die doch ganz gewiß Dieses oder Jenes an der zu so hohen Ehren gekommenen Aus länderin in den Salons werden zu tadeln finden. Es kann auch dem Nationalstolze der großen Nation nicht schmeicheln, daß der Kaiser, wenn er nun ein mal nicht „ebenbürtig" heirathen will, keine Fran zösin hat Gnade finden lassen. Louis Napoleon fühlt das selbst, und darum redet er den Franzosen ein, eS sei eigentlich ein großer Vorzug, daß seine Braut eine „Fremde" ist, weil sie keine Familie in Frankreich habe, die er dann.„v ersorgen" müsse, wen die Erkorne Französin sei. Allein eS ist denn doch ein schlechter Trost für ein Volk, daß man ihm sagt, man müsse der Vetter- und Schwägerschaft der Gro ßen Aemter, Einkünfte und Würden geben, und eS kann Niemanden beruhigen, daß' die Erkiesene eine Fremde ist, da bekanntlich Spanien nicht so außer der Welt liegt, und da die Vetter- und Schwäger schaft der Kaiserin eine kleine Uebersiedelung nach Frankreich nicht scheuen wird, wenn man dadurch in den vollen Sonnenschein des hohen Vetters und Schwa gers kommt, der eine große Fähigkeit gezeigt hat, Duyende von neuen Würben unb hohen Stellen durch einen Wink zu schaffen. Wenn nun am Ende diese lieben Vettern doch versorgt werden, so soll eS uns wundern, wenn die Franzosen nicht sagen: es wäre doch besser, wenn er eine Französin geheirathel hätte, dann brauchten wir nicht fremde, sondern nur ein heimische Parvenüs (Emporkömmlinge) zu versorgen. ES wird bei den Franzosen viel darauf ankom men, wie sich die neue Kaiserin zur großen Nation stellen wird, ob sie Spanierin ober Französin wird sein wollen, ob sie eS verstehen wird, bas Volk durch Neuheiten zu überraschen. Es ist aber noch eine andre Art von Ueber- raschung, die Ludwig Napoleon jetzt bereitet hat. ES Die Brautschail. Launige Erzählung von Ferdinand Stolle. (Fortsetzung.) „„Item,"" fuhr mein gestrenger Herr Vater fort/ „ ,,giebt eS einen I'erminum im menschlichen Leben, wo dieser in der göttlichen und menschlichen Ordnung der Dinge begründete Spruch zur Pflicht wird." " „Eine höchst weise Einrichtung, gestand ich zu." „„ Item der Herr Sohn,"" sprach der Papa weiter, „„diesen Derminum passirt, ist es an der Zeil, mit Ernst an justas nuptias zu denken, zu deutsch, sich ein Weib zu nehmen. Für Brod ist gesorgt, er soll binnen Jahr und Tag in meinem Namen baS Rittergut Burgstädt administriren."" „Ich laß im dritten Himmel, noch nie war mir daS staubige Actenzimmer in solcher Verklärung er schienen. Mein Herr Papa saß vor mir wie ein Hei liger der Vorwelt, mit einem Heiligenschein um baS Haupt. DaS Herz trat mir aus die Zunge und sch wollte eben daS Bekenntniß meiner Liebe ablegen und daS Bild meiner Emilie in poetischen glühenden Far ben dem gütigen Vater vorführen, als dieser in stren gem Tone folgendermaßen sorrfuhr: „„Darum muß ich mir daö zu Nicht« führende Scharwenzeln unter dem Frauenvolke höchlichst verbit, t«N. Nichts ist für einen jungen Mann, der einen, liegt in dieser Heirath auch eine kleine Ueberraschung für Spanien. > Spanien ist das Land, dessen Volk sich 1812 auf, geopfert hat für seinen König, als eS mit äußerster Anstrengung die Heere Napoleons aus jenem Lande vertrieb; Spanien wurde aber auch zum Dank für seine patriotischen Kämpfe auf unerhörte Weife be drückt. Spanien hat sich in Revolutionen, Eontre- revolutionen und Bürgerkriegen Jahre lang im Blute gewälzt, bis es endlich Ruhe zu finden schien in ei ner constitutionellen Verfassung, die noch vor 4 Jah ren fest genug war, den Revolutionssturm in Europa zu überdauern. Aber dasselbe Spanien, dem die Freiheit und dir Ruhe zu gönnen gewesen wäre, eS ist augenblicklich nicht wenig zerwühlt von einer „Staatsretter-Epoche." Gleich der großen „Staatsrettung" an der Sein« ist auch Spanien auf dem besten Wege zur „SraatS- rettung," die nur Unheil für das vielgeprüfte Land im Gefolge haben kann. Und gerade in diesem Augenblicke, wo die An hänglichkeit der Spanier an ihre Regierung nicht eben im Wachsen begriffen ist, besteigt eine Spanierin aus edelm Geschlechte den benachbarten französischen Kaiserthron. Und was verschafft dem Fräulein von Montijo die Ehre, bei den Franzosen so eifrig em pfohlen zu werden? Ludwig Napoleon sagt eS in sei ner Rede: seine Braut sei die Tochter eines spani schen Herzogs, der treu für Napoleon gefochten. Welch' ein herrlicher Wink des Schicksals! Wekche schöne Aussicht für Spanien, daö schon einmal unter Napoleons Herrschaft gestanden hat. Hb wohl die französischen Adler auch Lust verspüren mögen, sich die heimathlichen Gefilde der Kaiserin in der Nähe zu besehen?^ X ernsten Berufe nachstrebt, schädlicher, als solche Alle- weltcourmacherei. Sie kostet Zeit, compromiltirt den Mann und führt zu Nichts. Ich habe daher, waS besagte nuptias anbelangt, dem Herrn Sohne alle Mühwaltung erspart unb für eine annehmliche Par tie Sorge getragen. Man hat weiter Nichts zu thun, als sich der Jungfer Braut vorzustellen."" „Mir ward eS grün und blau vor den Augen; ich bekam Ohrenbrausen unb Schwindel." „Aber gestrenger Herr Vater" — stotterte ich." „„Nichts da,"" fiel dieser nicht ohne Heftigkeit ein, „„der Rappe steht schon im Stalle und Morgen geht'S auf die Brautfahrt nach Linberuhal. Uebrigens »erhoff' ich, der Herr Sohn wird mit meinem Ge. schmacke zufrieden sein. Die erwählt« Jungfer Braut ist die Tochter meines UniversitälSfreundeS Wolbrech, und so zu sagen ein Engel. Die Sache ist bereits in Richtigkeit gebracht."" „So zu sagen ein Engel. DaS war leicht gesagt; ich mochte auf diese Engelschaft keine Häuser bauen; denn gestand ich meinem Herrn Vater auch alle mög liche Kenntniß und Umsicht in Betreff der Wahl sei ner alten, aschgrauen juristischen Rechtölehren zu, nim mermehr im Gebiete der Frauen- und Mäbchenwelt." „Aber," entgegnete ich von Neuem, „wenn mich nun dieser sogenannte Engel nicht mag?" „„Possen,"" sprach ärgerlich der Papa, „„die Tochter meines Freundes ist ein verständiges, folgst,-