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78 komme«. Die Wittwe Berndt, Wäscherin, wohnt mit der von ihrem Ehemann getrennt lebenden Schna bel zusammen im ersten Stock der sogenannten Brezel. Die Berndt ist ausgegangen, und empfiehlt ihre drei Linder der Aufsicht ihrer Stubengenossin, der genann ten Schnabel; diese aber verwahrlost ihre beibm eige nen» wie di« fremden Kinder, geht ihrem Vergnügen nach und schließt die Kinder ein. Haben nun die Linder mit dem Lichte gespielt, oder ist durch sonst welche Vernachlässigung FeuerSgefahr entstanden, ge nug, die Stube, in welcher sich die Unglücklichen be fanden, ist ausgebrannt, und drei Kinder, von denen das jüngste drei Vierteljahr alt, sind erstickt und das älteste, «in Kind von 8 Jahren, ist an Brandwunden umgekommen. Ein drittes Kind der Berndl, welches in der Stubenkammer geschlafen hat, ist dem entsetz lichen Tode glücklich entgangen. — Na» dem so eben erschienenen Plane zur 44. könial. sächs. LandeSlvtterie, deren Ziehungen im Monat Juni dieses Jahres hier beginnen, ist bei der selben abermals eine Erweiterung und Vergrößerung eingetreten, da die Zahl der Loose künftig 40,000 betragen wird. Rücksichtlich des Verhältnisses der Gewinne und Nieten ist eine Veränderung nicht ein getreten, da auch dann die eine Hälfte Gewinne und die andere Nieten sind. Hingegen ist in der Größe und Anzahl der Gewinne in den verschiedenen Elasten mehrfache Veränderung vorgenommen worden. Meißen. Die „Meißn. Bl." berichten einen Unglücksfall, der sich am 10. im Dorfe Cölln ereig net hat. Der Brunnenbauer Fränzel und Maurer Voigt sind dort in einem bereits auögegrabenm Brunnen, mit dessen Ausmauerung sie eben begonnen hatten, von dem oben einstürzenden Erdreich verschüt tet worden, und bei dem Abgang des betreffenden Berichts war es den angestrengtesten Bemühungen noch nicht gelungen, dieselben herauszugraben. (Nach einer andern Nachricht wäre Hoffnung zur Rettung der Verunglückten vorhanden gewesen.) Leiber ergeben die nähern Umstände, baß großer Leichtsinn von Sei te« des Brunnenbauers Fränzel die Schuld an dem Unfälle ist. Das durchgrabene Erdreich besteht näm lich meist aus Triebsand und trotzdem, daß dasselbe keine Haltbarkeit bieten konnte, hatte Fränzel vielleicht 6 Ellen hoch die Verschaalung herauögenvmmen und sogar mehrseitige Warnungen unbeachtet gelassen,. Die überraschende Kaiserheirath. Der neük Kaiser Frankreichs, der nur erst seit einigen Wochen von den ausländischen Höfen als Kaiser anerkannt worden ist, hat sich nun auch an geschickt, die Freuden des heiligen Ehestandes zu kosten und dem mit Klugheit erlangten Throne Erben zu geben. Daß der ^jährige Manu an die Begrün dung seines eigenen Glückes geht, kann ihm wohl Niemand verdenken; es wird nun Zeit für ihn, sich Erben zu sichern, denn „der Herbst kommt 'ran, man merkt eS kaum." Eine andre Frage ist die, ob er wirklich Thronerben bedürfen, oder ob ihm eine an dere Familie die Sorge abnehmen wird, den sranzö- sischen Königs- oder Kaiserthron zu besitzen. Der neue Kaiser Frankreichs hat mit seiner Hei- rath sehr überrascht; er hat die Börsenmänner so erschreckt, daß die Renten I '/-r pCt. heruntergegangen sind; er Hal die Herren Diplomaten überrascht und warum? Weil er keine Prinzessin aus einem Fürsten hause, sondern ein einfaches adeliges Fräulein ge- heiralhet und sie und ihre künftigen Kinder für „le gitim", d. i. für ebenbürtig, erklärt hat. Die Kaiser- heirath ist darum überraschend gekommen, we.il Na- poleon eine VerlobungSrcde vor dem Senat gehalten hat, worin die größten Unhöflichkeiten gegen alle Höfe liegen. Er hat in dieser Rebe sich und seine Dynastie, Vie auf der französischen „Nation ruhe", als Gegen satz gegen die Höfe der europäischen Fürsten ausge stellt und die Freundschaft mit diesen durch jene Her ausforderung gebrochen. Er Hal dadurch zugleich Frankreich eine ifolme Stellung und seiner Politik eine neue Richtung gegeben. Das Ausland traut Frankreich jetzt nicht recht und man fürchtet, er könne vereinst Vie Grenzen Frankreichs mit seinen Hecrmassen eben so unerwartet überschreiten, und dabei auch vor geben, er sei von der Vorsehung „ inspirirt" wor den, wie er mit dem 8. Decbr. 1851 und mit seiner .Helrath überrascht hat. DaS wlrd zur Folge haben, baß die stehenden Heere, welche den Staaten enorme Summen kosten, m fortwährender Kriegsbereitschaft gehalten werden. Ueberrascht hat der französische Kaiser mit seiner Heirath. Wenn ein Prinz von fürstlichem Geblüt bestimmt ist, eine Prinzessin von demselben Geblüt zu heiralhen, so wirb diese Ange legenheit lange vorgesponnen und ausgesonnen und politische Rücksichten genommen und Berechnungen getroffen. Die Diplomaten haben dabei vollauf Ar beit, bie Geheimnißlräger haben vollauf zu thun, die „gutunterrichteten Quellen" der Tageblätter und Re gierungsjournale sind im Fluß; die Höfe „ziehen in Erwägung", bie Kabinette nehmen ernste Notiz und selbst bie Börsenmänner überdenken die Folgen. Mit einem Worte, bie hohe und höhere Welt ist voll von Betrachtungen und Erwägungen und Vergleichungen, und bie Hofluft wird bei solchen Gelegenheiten mir lebendigem Strömungen, als sonst, vurchzittert. So ist es guter Ton und hergebrachte Sitte. Und dieser Kaiser Louis Napoleon geht ohne Diplomatie, ohne Geheimnißverkündiger, ohne außer ordentliche Missionen, ohne gut unterrichtete Quellen, ohne die Höfe, ohne bie Kabinette, mir nichts, dir nichts daran, zu Heimchen, und nimmt dadurch der diplomatischen Welt «men schönen Stoff zu Erwä gungen sür mindestens 3 Jahre. Wer sieht nicht ein, baß ein solches Verfahren eine Sünde ist gegen bie gute Sitte und bas alther gebrachte Herkommen? Aber zu dieser mehr komischen als bedenklichen Ueberraschung, die uns nicht viel böses Blut macht, kommen noch eine zweüe und dritte. Vor Allem ist auch das französische Volk über- rascht worden. Nun ist eS allerdings wahr, daß die ses wankelmüthige Volk pikante Ueberraschungen liebt; auch ist sicher, daß die nächsten-Wochen so viel Feste und Bälle und Schauspiele und Feuerwerke rc. rc. zu Ehren der Kaiserheivath bringen werden, daß die „große Nation" in Paris nicht böse sein wird, wenn ihre Schaulust in so reichem Maße befriedigt wird. Allein Ueberraschungen haben das Eigenthümliche, daß sie eben nur so lange bauern, als sie neu sind; sie for dern aber, nachdem sie den Zauber der Neuheit vor- loren haben, auch die leichtsinnigsten Naturen zu ern sten Prüfungen auf. Der französischen Kaiserin wird eS nicht an Schmeichlern und Anhängern fehlen, die sich an ih-