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Nr. 5. Weißerih-Zeitung. Dienstag. Erscheint Dienstags und - Freitags. Zu beziehen durch allePostanstal- ten. Preis pro Quart.! ONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. 18. Januar 1853. Inserate werden mit 8 Pf. für die Zelle berechnet und in allen Expeditionen angenommen. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. X Borna, 15. Januar. Wohl der Stadt Dip poldiswalde und deren Umgegend, daß sie so glücklich sind, vom Militär bis daher befreit zu sein. Ruhig und zufrieden kann der Bürger oder Dorfbewohner nach des Tages Arbeit und Mühen bei einem Topf- chen Biere sich erholen, und hat nicht die Gefahr zu befürchten, als Unschuldiger und Friedliebender in Gesellschaft bei seinem Krügel nächtlich überfallen zu werden, wie der traurige Fall am 9. Januar in Zedtlitz bei Borna sich ereignete. — Es war nämlich am 6. Jan., als von Seiten des in Borna in Garnison liegenden Militärs (3. Cavallerieregi- ment) in dem Gasthofe zu Zedtlitz Ursache zu Händeln und Uneinigkeit gesucht wurde, um dadurch das Hierselbst Statt findende Tanzvergnügen zu stören, wobei allerdings das weniger zahlreiche Militär die Oberhand nicht gewann. Eine schauderhafte Rache sollte aber genommen werden, und dies geschah am vergangenen Sonntage, den 9. Januar. Zahlreich waren im Gasthofe die Biergäste, an der Zahj 69, ver- sammelt, nicht ahnend der Dinge, die da kommen sollten. Es mochte ohngcfähr kurz nach 9 Uhr sein, als zuerst 6 Mann Militär in die Gaststube traten, fürchterliche Flüche und Redensarten auöstießen, und im nächsten Augenblicke schon gegen 40 Mann Mi litär durch die Stuben- und Küchenthüre Rache schnau bend einfielen, die ruhigen und wehrlosen Gäste über fielen, die Stühle ihnen entzogen und zerbrachen, die Tische umstürzten und demolirten, mit vollen und leeren Bierflaschen und Krügeln um sich herum war fen, nicht achtend, baß dadurch ein großer Schaden angerichtet wurde, ja baß es selbst Menschenleben kosten könnte. Es blieb den anwesenden Gästen nichts weiter übrig, wenn nicht erschlagen werden zu wollen, in ein Nebenzimmer zu flüchten, und von da durch die Fenster 6—8 Ellen herab sich zu stürzen, um das Freie zu erreichen. Natürlich sind bei diesem schau derhaften nächtlichen Ueberfalle wehrloser unschuldiger Dorfbewohner mehrere leichtere und schwerere Ver wundungen vorgekommen. Letzteres betrifft namentlich den hiesigen, schon älteren Ziegelmeister, welcher sich in seiner Angst ^durch die Küche zu flüchten gedachte, dort aber von Soldaten gepackt und niedergeworfen wurde. Außer den bedeutenden Kopfwunden, welche ihm mit den Sporen beigebracht wurden, sah er seine Kleidung gänzlich zerrissen. Wie man hört, liegt er noch hart darnieder. Ja selbst der friedliche Wan- derer wurde auf offener Straße angefallen und ge- mißhandelt. Die Nachricht dieser Schreckenöscene ver breitete sich schnell bis nach Borna, worauf auch sogleich der Gerichtshalter mit dem Adjutanten er schien, welch Letzterer einer merkwürdig lächelnden Miene sich nicht enthalten konnte, waS von den An wesenden mit großem Mißvergnügen bemerkt wurde. Die Untersuchung ist eingeleitct, und möchte die Königl. Hohe Regierung, die solche Schandthaten gewiß übel vermerken wird, derartigen Militärausbrüchen kräftig entgegen treten. Dies ist der sehnlichste Wunsch vie ler getreuer Unterthanen. ch* Umgegend Lauenstein. Es ist leider eine eben so bekannte als verbreitete Unsitte, daß man an öffentlichen Tanzvergnügungcn, die wahrlich nicht immer als Schule ver Sittlichkeit betrachtet werden- können, Kindern die Betheiligung an denselben ge stattet. Ja es giebt Eltern, die die Zeit nicht zu er warten vermögen, bis das. liebe Töchterlein oder Söhnlein auf dem Tanzboderi erscheinen darf und die darum auf die gewissenloseste Weise ihre Kinder dahin führen und Diejenigen, die sie darüber zurecht wei sen, wohl gar mit schnöden Worten zu behandeln sich erlauben wollten. Manche gingen von der Ansicht aus, daß bis Abends 10 Uhr den Schulkindern der Zutritt auf dem Tanzboden gesetzlich gestattet sei. An einigen Orten hiesiger Gegend ist die gerügte Unsitte bereits abgestellt und man hat damit den Be weis geliefert, daß durchzudringen ist, wenn ernstlich zur Ausrottung Hand angelegt wird. So hat z. B. der Stadlrath zu Neugeising eine schwarze Tafel, an welcher daö Verbot, Schulkinder an Tanzver gnügungen beiwohnen zu lassen, angebracht ist, auf dem Tanzboden ihres Gasthofes aufhängen kaffen. Daß von einer gesetzlichen Bestimmung,. die Schul, lindern bis Abends 10 Uhr den Zutritt auf Hem Tanzboden gestattete, nicht die Rede sein kann/ist selbstverständlich, weil es der gesunden Vernunft wi dersprechen würde. Im Gegentheil heißt es im 139. 8- unserer Armenordnung von 1840 ausdrücklich: „Schulkindern und Lehrlingen ist die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzvergnügungen nicht zu gestat ten, sondern sind selbige sofort zurückzuweisen." — Die §8. 135, 140 deö Gesetzes gehören auch noch hierher, da in denselben Vas Aufliegen von Kin dern und Lehrlingen in Schankwirthschaften, ohne Begleitung erwachsener Personen, verboten ist. — Wenn nun das von Hohenthalsche Patrimonialgericht zu Lauenstein die so eben genannten 88. unterm 7. Januar 1853 abermals eingeschärft, die OrtSgerichten zur Aufsicht aufgefordert und die UebertretungSfälle mit 5—20 Thlr. zur Armenkasse zu ahnden, ange- drohet hat, so wird jeder Verständige im Geiste dank bar dem Erlasser der Einschärfung die Hand drücken.