Volltext Seite (XML)
Weißeritz-Zeit H, Redaction, Drück und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. M 73 Aus dem Baterlande. Dresden, II. Sept. Heute Morgen gegen halb 7 Uhr wurde hier die Kindesmörderin Rehn durch daS Schwert öffentlich enthauptet. Die Deliquen- tin, welche die vorige Nacht im Neustädter Nachhause untergebracht worden war, wurde auf ihrem letzten Gange von dem Herrn DiaconuS Steinert begleitet und bestieg, wie eS schien, physisch sehr erschöpft, bas Schaffst. Die Erecution wurde von dem hiesigen Scharfrichter vollzogen; leider stand demselben hierbei sein bisheriges Glück (eS war seine 27. Hinrichtung) nicht zur Seite, indem der erste Streich, obwohl ab solut tödtlich, das Haupt nicht völlig vom Halse nahm. Auf dem Richtplatz waren zwei Bataillone Infanterie und eine Schwadron Kavallerie aufgestellt. Das trotz der frühen Morgenstunde sehr zahlreich anwesende Pub licum verhielt sich angemeffen und vollständig ruhig. — DaS Stadtgericht zu Dresden veröffentlicht im Dresdner Journal nachstehende Darstellung der wider die Mörderin anhängig gewesenen Untersuchung: Johanne Christiane Henriette Rehn, am 2. Feb ruar 1822 zu Markersbach bei Pirna geboren, evan gelisch-lutherischen Glaubens, ist die Tochter eines Zim mermannes, welcher bereits seit einer Reihe von Jah ren verstorben ist. Ihre Mutter lebt noch, ist ander weit verheirathet und Heimbergin zu Markersbach. Die Rehn hat zwar, da sie frühzeitig in Dienste trat, die Schule nicht ganz regelmäßig besucht, jedoch sich die gewöhnlichen Schulkenntnisse erworben und namentlich auch den nöthigen Religionsunterricht erhalten. Nach der Entlassung auS der Schule hat sie auf Bauer gütern gedient und ist einmal wegen Diebstahls mit Gefängniß bestraft, übrigens dreimal außerehelich ent bunden worden. Ihr ältestes Kind, ein Knabe von 10 Jahren, wird von ihrer Mutter erzogen; ihr zwei tes Kind ist im Jahre 1847, zwei Jahre alt, gestor ben und ihr drittes am 25. Dccember 1849 geborncS und Amalie Auguste Müller getauftes Kind war in Dresden einer Pflegerin übergeben worden, nachdem die Rehn in hiesiger Stadt einen Dienst als Amme gefunden hatte. Diesen Dienst mußte sie jedoch wegen DiebstahlSverdachtS am 1. Mai d. I. verlassen. Der fernere Verdacht, daß dieselbe Lin ihrer Dienstherrschaft gehöriges Kleidungsstück mit Vitriolöl begossen habe, führte am 8. Mai d. I. die polizeiliche Arretur der Rehn, welche sich inmittelst in eine Parterrewohnung des Hauses Nr. 1 im Elbgäßchen chigemiechet hatte, Herhel und wurde dieselbe am nämlichen Tage an daS Stadtgericht zur Untersuchung abgegeben. — Bereits am dritten Tage ihrer Gefangenschaft (am II. Mai) legte die Rehn auf die Frage, wo sich ihr hier in die 14. Septbr. 1852. p 'g Pf/ für die " berechnet Elünd K, alle» r" » ' angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger rmd Landmann. Ziehe gegebenes Kind"btfinde- dak MständniOkb, sie sei, da sie sich vergeblich einen neuen Dienst bemüht, wegen ihrer und ihres Kindes Existenz von Verzweif lung erfaßt worden und zu dem Entschlüsse gelangt, sich und dem Kinde das Leben zu nehmen. Demgemäß habe sie am 4. Mai ihr Kind der Pflegerin unter dem Vorgeben, der Vater wolle es zu sich nehmen, abver« langt und am selbigen Tage Abends gegen 7lUhr in der Gegend der unter dem Namen „AntonS^ bekann ten Besitzung, lebend, jedoch schlafend in den Elbftrom geworfen und dessen Untersinken mit angesehen, sei je doch an der Ausführung ihres Vorhabens, sich selbst in die Elbe zu stürzen, durch daS Herannahen zweier Männer behindert worden. Nach einer unter Zuziehung der Rehn vorgenom- menen Besichtigung deS OrieS, von welchem sie daS Kind in den Strom geworfen haben wollte, stellten sich jedoch so wesentliche Bedenken gegen die Wahrheit ihrer Angaben heraus, daß sie schon am nächsten Tage ihre Aussage änderte und nunmehr gestand, daß sie am 4. Mat d. I. Abends 8 Uhr ihr Kind Amalie Auguste Müller- in der Absicht, eS zu tödten, lebend — denn daS Kind habe fortwährend sich bewegt, je doch nicht geschrieen — kopfüber durch die Brille deS in dem Hofe des Hauses Nr. I am Elbgäßchen be findlichen Abtrittes in die Grube gestürzt habe. DaS Gericht begab sich sofort in daS gedachte Haus, ließ die Cloakgrube öffnen und fand sich in dieser 4 Ellen tiefen und eine halbe Elle hoch mit Koth und Jauche gefüllten Grube der vollständig angekleidete Leichnam eines Kindes vor, welchen die Rehn sofort als den ihrer gemordeten Tochter anerkannte. Nach der hier auf erfolgten Section sprachen sich die GerichtSärzte dahin auS, daß daS Kind einen gewaltsamen Tod durch Stick- und Schlagfluß erlitten habe und daß dieser Stick, und Schlagfluß durch die Düngerjauche verursacht worden sei, in welcher man den Leichnam aufgefunden, nnd bemerkten dabei, daß aus der Tiefe, bis zu welcher die Ertränkungsflüssigkeit in die Lun gen ringeschlürft gewesen, sowie aus der bedeutenden Menge dieses Stoffes, welchen man im Magen vor gefunden, mit Bestimmtheit sich erkennen lasse, daß daö Kind in der Grube wiederholte Anstrengungen zum Athmen gemacht und viele Male geschluckt haben müsse, mithin das Leben desselben nur langsam erloschen fein könne. / " ' Ueber die Beweggründe und die Ausführung deö Verbrechens hat die auch des ihr von ihrer fruheru Dienstherrschaft angeschuldigten Diebstahls gestänvige Rehn im weitern Verlaufe der Untersuchung sich nun wie folgt ausgelassen! „Zu Weihnachten vorigen JahreS lernte ich den Dienstag. Erscheint - Dienstich« «nb ' *** Freitag». Zu beziehen durch allePostanstal- ten. Preis pro Ouart.IVNgr.