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Dienstag. Ne: 24 23. März 1852. «rfchetnr . ZWtaw - Dienstag» »ich. nxrdiri mS W Weißeritz-Zeitung. W Quart. lOlNAi^ ' angenommen. . EL» unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landman». Nedactiou, Druck urü) Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. » » ! Was thut Noch in unserer Leit? Nom Gebirge. ES wird schon einige Wochen her sein, so las ich vom Pastor Frenz el in Maren, der immer recht gemächliche Aufsätze liefert, im Pirnaer Wochenblatte ein Gedichtchen, in welchem der Verfasser erzählt, wie ein Bauer in einem Dorfe (irre ich nicht, so war eS Gräfenhayn), in der dortigen Schenke, den zahlreich anwesenden Bauern den Borschlag gemacht, jeden Abend ein Töpfchen weniger zu trinken und den Betrag davon dem dasigen alten, emeritirten Schulmeister, für den bei seiner geringen Besoldung eine trübe Zukunft in Aussicht gewesen, zukommen zu lassen. Auch hatte, was das erfreuliche Ende von diesem schönen Liede war, der Borschlag allgemeinen Anklang gefunden, und dem betagten Lehrer war auf diese Weise sein, außerdem kümmerliches Dasein gesichert und ver schönert worben. Es ist und bleibt dieses ein gar schöner Zug, der in Beziehung auf die gegenwärtige Zeit Nachahmung verdient und wenn er solche fände, manchen Seufzer lindern könnte. Niemand wird gewiß in Abrede stellen, daß die Jetztzeit schon für den Mittelstand eine fühlbare und für die Hütte sogar ein höchst drückender ist. Wenn nun auch selbst Gort ein Jahr giebt, wie es 1847 war, so ist doch bis zur Erlösung noch lange; die Noth greift aber wie ein eiterndes Geschwüre von Tage zu Tage weiter um sich, und zieht unter em pfindlichem Drucke, daS nach Rettung seufzende Herz wie eine Schnürbrust immer mehr zusammen. Auf fallend jedoch genug, so entstehen während dieser Ge witterschwüle immer neue VergnüaungSvereine, Cas- sino's, die Thee- und KaffeevisitenMehmen kein Ende und sind selbst jetzt auf den Dörfern recht Mode ge worden, und zu keiner Zeit ist so viel gespielt, getanzt nnd gejubelt worden, als gerade jetzt tu dieser trau rigen Finanz- und Hungerperiode. DaS bestätigen ausreichend alle öffentlichen Blät ter, die da wimmeln von Anzeigen und Einladungen zu Bällen, MaSkeraten und Schmaußeroien jeglicher Art. ES ist wahr, Wirthe, Brauer, Fleischer, Bäcker, Conditoren und Musikanten wollen auch leben, und ein« Hand wäscht ja die andere, allein man über treibe nur den LuiuS nicht, gebe den Armen dadurch kein Aergerniß und laufe dadurch bei übermäßigem Aufwand selbst der Verarmung in die Arme. OrtSobrigkeiten sollten daher gerade jetzt in dieser bedenklichen Zeit mit aller nur möglichen Strenge über daS Gesetz, Tanzbelustigungen u. s. w. betr., wachen- Freilich mußten da die größern Städte den kleinern, sowie de« Dörfern mit gutem Beistsitle voran- geh«n. Man sinnt auf Mittet, der von Tag« zu Tag« mehr überhandnehmenden Entsittlichung Einhalt zu thun, und dadurch würde «S mit geschehen «nd auf der andern Seite die Gelegenheit genommen, unnützen Aufwand zu machen, da, wo man mit dem dazu erforderlichen Gelbe Segen schaffen könnte. Ist denn das recht und christlich, daß, während Lausende (ich meine nänilich die Arbeit- und Brodlof«n «nd verschärmte Arme) am Hungertuche nagen, di« Reichen, auf die doch in diesen bedenklichen Tagen di«'Atmen vom Himmel mit gewiesen find, sich in allen mrr er- sinnlichen Vergnügungen wiegen N — Von allen Seiten stürmt man jetzt die Regie rungen mit Bitten an, und unser väterlich gesinntes Regiment thut Alles und schafft Hülfe, wo eS nur die Kräfte gestatten. Woher am Ende die Mittel hernehmen? Dieses ist eine Lebensfrage und schwer zu lösen. Giebt der Mann, wie früher schon ein Minister in der Kammer bei der Cteuerverweigerung bemerkte, der Hausfrau kein Geld, so kann dieselbe den Haushalt nicht bestreiten: So auch hier bei der Staatsregierung. Werden jedoch, wie eS nicht anders geschehen kann und in diesem Jahre wieder der Fall ist, erhöhte Steuern auferlegt, so schreit all« Welt und die am meisten, die bei Mitteln sind, und Ver gnügungen aller Art sich theuer zu erkaufen, kein Geld scheuen. Allein auch bei der nothwendigen An lage von erhöheten Steuern, kann die Regierung in einer so vielbeweaten Zeit, wie die jetzige ist, un möglich durchgreifend Hülfe verschaffen. — ES ist daher Sache jedes einzelnen Bemittelten in seiner nächsten Umgebupg, in welcher er dürftige Arme hun gern steht, zu speisen. — Referent erlaubt sich daher einen Vorschlag zur Güte. Welcher ist dieser? wird man fragen. ES ist der des Bauern in der Gräfen- havner Schenke: Jeder trinke ein Töpfchen Bier weniger, d. h. schränke sich in feinem häus lichen Aufwande etwas ein und vertheile daS, auf diese Wesse Gewonnene, an würdige OktSarme. Obrigkeiten, Armenvorstände, Geistliche, Lehrer, Aerzte u. a. m. haben in der Regel mehr als Andere Gelegenheit, sich mit den Familienverhältniffen bekannt zu machen, und daher auch verschämte Arme, die im Stillen seufzen, kennen zu lernen. An diese wende man sich, im Fall man nicht genau orientirt ist, wenn das Schärflein, das man zur Abhilfe d«r Noth dar reicht, auf einen guten Bod«n fallen soll. — Jeder trinke ein Töpfchen weniger! d. h. er entsage mit an dern Bemittelten einmal einem Vergnügen und unter- stütze von dem, was er dafür auszügeben dachte, eine arme würdige Familie, die ihm von den obengenann-