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L70 bene Spalte zu legen, was natürlich ebenfalls nicht geschah. DaS klingt recht romantisch und doch ist eS wahr. Der angebliche Hauptmann dürft, nicht weit zu suchen sein, jedenfalls ist eS derselbe, welcher die m diesen Tagen berichtete Verbrüderung junger Leute -U Diebstählen anführte und welcher eifrig die Ro mane und Räubergeschichten von Rinaldo Rinaldini, SchinderhanneS rc. gelesen haben soll. — 2. April. Heute Morgen gegen 8 Uhr erhing sich der Privatgelehrte Wolf Hirschel von hier, 63 Jahr alt, in seiner Schlaskammer, kleine Frauengasse Nr. 11. Lebensüberdruß leitete ihn zum Selbstmord. ES ist übrigens ein seltener Fall, daß ein Israelit zum Selbstmord greift. Leipzig, 3. April. Es sind abermals in den letzten Tagen deS März eine große Anzahl AuS- Wanderer mit den Abends 10 Uhr von hier abge henden Nacht- und Ertrapersonenzügen über Bremen, und nur ein kleiner Theil über Hamburg nach Ame rika abgereist. Die Zahl derselben beläuft sich auf 880 Köpfe incl. 131 Kinder, der größte Theil dieser Auswanderer waren Lanbwirthschafter, und nur ein geringer Theil dem Gewerbesiande angehörig, und hatten ihren bisherigen Aufenthalt in Münchenberger Landgerichtsbezirk in Baiern. Politische Weltfchau. Breslau, I. April. So eben trifft hier die Nach richt ein, baß auf dem weitberühnuen Zobtenberg ein Unglück sich ereignet habe, dessen Umfang sich freilich noch nicht vollständig übersehen läßt. ES war kurz nach Mittag, als die Bewohner des Berges ein un geheures Krachen vernahmen. Mehrere Minuten lang war der Berg in dichten Staub gehüllt. Als eS wie- der hell wurde, erkannte man die Ursache. Ein gro ßer Theil der Spitze bes Zobten sammt der noch im Bau begriffenen Kapelle war verschwunden und in den Abgrund gestürzt. Noch weiß man nicht, ob Menschen dabei verunglückt sind. Naumburg. Am 30. März hat hier eine Haupt. Versammlung deS Gustav-Adolf-VereinS statt gefunden, wobei den Hauptvorirag vr. Großmann d. j. hielt und sich über die vielfältigen Bedrückungen aussprach, welche die Protestanten in katholischen Län- bern zu erdulben haben, und die er aus eigener An schauung kennen gelernt. Wien, 31. März. DaS auS Holstein zurückge kehrte ArmeecvrpS ist bereits vollständig auf dm Frie- VenSstand gesetzt worden. — DaS k. k. österreichische Offiziercorps Hai vor dem Abmarsche aus Rastatt eine Sammlung veranstaltet und der dortigen Armensuppen« anstatt einen Betrag von 240 Fl. übergeben. Paris. Wie bereits in vor. Nummer mitgetheilt wurde, fand am 29. März die Eröffnung der großen StaatSkörper statt. Der Präsident der Republik, in der Uniform eines Divisionsgenerals, geschmückt mit dem Orden der Ehrenlegion und der von ihm gegrün deten Militärmebaille, verlas eine Rede, deren Schluß wir hier mittheilen. „Und nun, meine Herren, will ich Ihnen in dem Augen blicke, wo Sie sich in Patriotismus mit meinen Arbeiten ver binden, freimülhig mein künftige», Verhalten auScinandersetzen. Indem man mich die Anstalten und die Erinnerungen deS Kat- serthumS wieder Herstellen sah, hat man oft wiederholt, daß ich bas Kaiserreich selbst wieder Herstellen wolle. Wen« mich dieser Gedanke fortwährend beschäftigt hätte, so wäre diese Um bildung schon seit lange geschehen, den« weder die Mittel, noch die Gelegenheiten, haben mir hierzn gemangelt. So im Jahre 1848, da 6 Mill. Stimme« mich der Constituante zum Trotz ernannten, wußte ich sehr wohl, daß dlr bloße Weigerung, mich der Constituante zu fügen, mir einen Thron geben konnte. Aber eineErhöhung, die nothwendiger Weise große Unordnungen nach sich ziehen mußte, lockte mich nicht. Am IS. Juni 184S wat e» mir gleichfalls leicht, die Form der Regierung zu ändern. Ich. wollte eS nicht. Wenn endlich am S. Dec. persönliche Rücksichten bei mir den Ausschlag über dir hohen Interessen de« Landes hätten geben können, hätte ich gleich zu Anfang einen glänzenden Titel vom Volke verlangen können und das selbe hätte mir ihn nicht verweigert. Ich habe mich mit dem» Titel begnügt, den ich hatte. Wenn ich nun Beispiele auS dem Consulate und dem Kaiserreiche nehme, so finde ich hier na mentlich Spuren der Nationalität und der Größe. Heute wie ehemals entschlossen. Alle- für Frankreich, nichts für mich zu thun, würde ich eine Veränderung in dem gegenwärtigen Zu stand der Dinge nur dann auuehmen, wenn ich dazu durch eine evidente Nothwendigkrit gezwungen werden würde. Woher könnte diese äußerste Nothwendigkeit kommen? Einzig und al lein von dem Benehmen der Parteien. Wenn sie sich beruhi gen, wird nichts verändert werden; wenn sie aber durch ihre Wühlereien sich bemühen sollten, die Grundlagen meiner Re gierung zu untergraben; wenn sie in ihrer Verblendung die Legitimität einer volkSthümlichen Wahl leugnen wollten, wenn sie endlich durch ihre Angriffe die Zukunft in Frage stellen soll ten: dann, aber nur dann, könnte es vernünftig sein, im Na men der Ruhe Frankreich« vom Volke einen neuen Titel zu verlangen, welcher auf unwiderrufbare Weise auf meinem Haupte dir Macht befestigen würde, mit welcher es mich um geben hat. Aber beschäftigen wir uns nicht zum Voraus mit Schwierigkeiten, welche ohne Zweifel keine Wahrscheinlichkeit für sich haben. Bewahren wir die Republik, sie bedroht Nie manden und kann Jedermann beruhigen. Unter ihrem Bauner will ich von neuem eine Aera des Vergessens und des Verge bens einweihe», und ich rufe ohne Unterschied Jene auf, die redlich mit mir an dem allgemeinen Besten arbeiten wollen. Die Vorsehung, welche bisher sichtbar meine Anstrengungen gesegnet hat, wird mein Werk nicht unvollendet lassen wollen, sie wird uns Alle mit ihren Eingebungen beseelen und uns die Weisheit und Stärke geben, die nothwendig sind, um eine Ord nung der Dinge zu befestigen, welche das Glück unsre» Vater landes und die Ruhe Europa'» sichern werden. Hierauf erfolgte die Vereidigung der Senatoren und Deputirten durch den Staatsminister Casablanca. Die Deputirten Cavaignac, Carnot und Henon ver weigerten den Eid, welcher Schritt von der Regierung als Demission angesehen wurde. Herr de Casabianca erklärte hierauf die Kammern füd eröffnet. Der Aberglaube widerstreitet noch immer durch seine Zähigkeit allen Versuchen für seine Ausrottung; so berichtet man auS Graubündtcn: Alle Gemeinden längs der Splügen-Route haben gegen die Führung deS Telegraphen durch ihr Gebiet nicht» eingewendet, mit Ausnahme der Gemeinde KatziS. Alle Auf klärungen deS GroßratheS blieben fruchtlos; der Eine meinte, er. könne sich nicht durch die Depeschen den Acker zerstampfen lassen, die seiner Ansicht nach neben dem Drahte expedirt werden; der Zweite glaubte, man würde ihm von den Telcgraphenstangen auf seine Kirschbäume klettern; der Dritte sagte, eS sei doch sehr bedenklich, Dinge durch die Luft zu senden und die ganze Sache sehe einer Hexerei überaus ähnlich. In Altona hat ein Elternpaar dem eigenen, dreijäh rigen Kinde eine Art Maulkorb, aus Draht gestochten, angelegt, angeblich um ihm bei der herrschenden Theucrung das Essen ab zugewöhnen. Der Fall ist bei den Gerichten anhängig. InPariS hat man ein eilfjährigeS Mädchen vcrhäftet, welches mit förmlicher Mordsucht behaftet ist. . Sie hat bereit» ihren Vater, ihre Mutter, ihre kleine Schwester und mehre Ge spielinnen nmzubrlngen gesucht, um, wie sie erklärte, deren Blut zu trinken. Man hat sie nach der Polizei-Präfectur gebracht «nd wird sie ärztlicher Untersuchung übergeben.