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«r. »4. Weißeritz-Zeitung. Redaction, Druck und Verlag-von Carl Zehne in Dippoldiswalde. 19. Sextbr. 1851 ' JnftrM werden mit 8Pf. str «e Leite ierechnet und in allen Expeditionen' angenommen. Freitag. Erscheint Dienstag» und Freitag». Zu beziehen durch allePostanstal- ten. Preis pro Ouart.lONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. s——SS—MS———sss— darüber entwickelt haben, übergehen, die Erscheinung auf natürlichem Wege zu deuten. — Das verhältntßmäßig kleine Lager der Nicht« Mt nämlich in solche, die bei den be treffenden Personen einen körperlich und geistig krank haften Zustand annehmen, und in solche, die baS Ganze für eine absichtliche Täuschung derselben an sehen, wobei jedoch Diejenigen, welche als die Schau spieler agiren, mehr als die Werkzeuge, denn als die eigentlichen Urheber derselben betrachtet werden. In dem wir nun erklären, daß die unparteiische Beob achtung einer beträchtlichen Anzahl sogenannter Som- nambülen einer Gegend unö zu der Ueberzeuguna geführt hat, daß der mehrberegte fragliche Zustand bei der.Mehrzahl der betreffenden Individuen ur sprünglich ein körperlich und geistig krankhafter sei, derselbe jedoch ans verschiedenen Gründen zu abstcht- licher Täuschung benutzt und dadurch so entstellt werde, daß bei den Einzelnen Wahrheit und Trug ost schwer von einander zu scheiden ist, wollen wir in Folgendem den Versuch machen, die von unö ge wonnene Ansicht der Sache durch Gründe zu stützest. — Für krankhaft also wurde der Zustand angesehen, weil bei der Mehrzahl der betreffenden Individuen nachzuweisen war, daß sie ein, sei eS durch Krank heiten besonders krampfhafter Art, Veitstanz, Fall sucht, hysterische Krämpfe, häufige Anfälle von Ohn mächten, oder auch durch ausschweifende Lebensweise, Gemüthsbewegungen u. s. w., geschwächtes ober doch reizbares Nervensystem hatten; dieses schien also eine Anlage zu dieser eigenthümlichen Krankheit abzugeben, während die eigentliche Entwickelung derselben dadurch bedingt war, daß die dazu geneigten Subjecte der geistigen Ansteckung sich aussetzten, d. h. daß dieselben einen sogenannten Somnambulen zur Zeit seine- An falls sahen oder hörten; welche Annahme dadurch keineswegs an Wahrscheinlichkeit verliert, daß zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit öfters längere Zeit verging. Denn eS leuchtet von selbst ein, daß eine derartige Ansteckung eine andere ist, als etwa bei rein körperlichen, z. B. fieberhaften Krankheiten, wie der Blattern und dergl., und daß die Anlage dazu viel.seltner ist, wie dies schon mit der Ansteckung von Krämpfen aller Art der Fall, die, wie bekannt, auch durch den bloßen Anblick davon Befallener von einem Individuum auf'S andere über tragen worden, waS sich öfters auch erst längere Zeit nach der erfolgten Ansteckung zeigt. Für die Annahme einer Krankheit spricht ferner ihr bei Allen so ziemlich gleicher Verlauf, sowohl im Ganzen, sich durch all- mälige Entwicklung und Steigerung der Erscheinungen auösprechend, als in ihren einzelnen Anfällen, deren lieber Somnambulismus. Wenn in Gemäßheit höheren Auftrags vom Lrzt- gläubigen zer! lichen Standpunkte auS einige Morte der Belehrung " über eine seit Jahresfrist in der Gegend von Ol bernhau und Sayda auffallend häufige Erschei nung veröffentlicht werden sollen, welche man allge mein, obgleich fälschlich, mit dem Namen „Somnam bulismus" bezeichnen hört, so kann man wohl bei den Lesern dieses Blattes diese Erscheinung selbst als hinreichend bekannt vorauSsetzen, und mithin sogleich zur Besprechung ihres Wesens übergehen. Ein solch Aufsehen erregendes Phänomen, wie das vorliegende, konnte unmöglich verfehlen, auch bei dem nichtärztlichen Publikum der Gegenstand eifriger Untersuchung und mannichfacher Deutung zu sein; im Ganzen genommen zerfallen jedoch die über dessen Wesen herrschenden Ansichten in drei gänzlich von einander abweichende. — Daß Personen beiderlei Geschlechts, die, zwischen dem 9, und.59. Lebensjahre stehend, und sämmtlich der arbeitenden Masse ange hörend, nur die niedrigste Schulbildung genossen ha ben, ohne irgend welche Vorbereitung von außen, fast urplötzlich als geistliche Redner von scheinbar nicht geringer Begabung auftraten, war und ist noch zur Stunde dem der Zahl nach größten Theil der Bewohner obengenannter Gegend — meist aus Land bebauern, Holzdrechslerft und anderen Fabrikarbeitern bestehend — nicht anders, als durch Annahme einer unmittelbaren Erleuchtung und Begabung von Gottes Geist erklärlich, ähnlich der, wie sie in der Apostel geschichte von den ersten Verkündern der christlichen Lehre erzählt wird. Zu dieser Ansicht ward das Pu blikum theils au« dem oben angeführten Grunde, theils aber auch dadurch verleitet, weil die betreffenden Personen selbst diese Erklärung als die einzig wahre aufstellten und auf s Hartnäckigste verfochten, auch ihr Publikum darnach kurzweg in ein gläubiges und ein ungläubiges theilten. Es kann hier mcht der Ort sein, weder vom theologischen Standpunkt auS, darauf hinzuweisen, wie wenig Wahrscheinlichkeit an sich eine derartige Erweckung so zahlreicher, auf so eigenthümliche Weise und nur so kurze Zeit thätiger -Propheten für sich habe, noch auch alle sonstigen, bei einigem Nachdenken sich fast von selbst ergebenden Beweise aufzuführen, aus denen unzweifelhaft hervor geht, daß die von dem größten Theil des Publikums vertretene Ansicht nicht die richtige sein könne; ver suchen wir vielmehr, indem wir zu den beiden ande ren Erklärungsweisen, die sich im Laufe der Zeit und in Folge längerer Beobachtung hei nicht Wenigen