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Diese« Blatt erscheint täglich Adrads un» ist snrch alle Post, anstatt«» dr«Z». »nd Auslände- zu beziehen. Dresdner Journal, Preis für da» Vierteljahr IN Thlr. Znsertionsgedüh- ren für den Rau» einer gespaltene» ZeUe I, Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Wählt! Wählt! — Kirche und Staat. — Tagesgeschichte: Dresden: DaterlandSverein. Kieritzsch: deutscher Verein. Ber lin. Posen. Köln. RrnSdburg. Frankfurt. München. Wien. Botzen. Triest. Paris. London. — Feuilleton. — Städtisches. — Ti «gesendeter. — OrtSkalrnder. — Lngekommeae Reisende. — Anzeigen. Wählt! Wählt! F 8 eipzig, 20. April. Die Wahlen zu dem konftituiren- den deutschen Parlament stehen vor der Thür, die Wahlen zu der Versammlung, welche über die ganze Zukunft Deutschlands ent scheiden soll. Auch wir nehmen thätigen Antheil an dieser Ent scheidung , indem wir unsere Vertreter wählen, und es liegt in unserer Hand, solche Männer zu wählen, die uns wirklich vertreten. Wehe über uns, wenn wir die unermeßliche Wich tigkeit dieser Wahlhandlung nicht erkennen wollten; wehe über den deutschen Mann, der sich nicht daran betheiligt. Unsere Nachkommen werden über uns richten, und sie werden Den ver- urtheilen, der jetzt, wo das Vaterland in Gefahr ist, träge die Hände in den Schooß legt und nicht mit handelt, um das Va terland za retten. Darum auf, ihr Eigennützigen, ihr Faulen, ihr Halben, wachet auf, die Nacht ist vergangen und der Lag ist da, der Tag der Freiheit ist angebrochen, haltet die Freiheit fest, daß sie nicht in ewige Unfreiheit umschlage. Es ist Verrath am Vaterland, jetzt nicht mit zu handeln, nicht mit aller Kraft sich zu bethciligen an der nächstliegenden, wich tigsten Aufgabe, an den Wahlen zum Parlament. Wie sollen wir uns betheiligen? Wen sollen wir wählen? Wir sollen uns einigen über die Grundsätze, nach denen das Par lament über Deutschlands Zukunft entscheiden soll, und sollen uns einigen über die Wahl solcher Männer, von denen wir wissen, daß sie diese Grundsätze verfechten werden und daß sie überall die Herstellung eines einigen freien, starken Deutsch lands höher stellen, als ihre individuellen Ansichten und Wünsche, und daß sie daher die Letztem gern unterordnen und opfern, wenn das Wohl deS Ganzen es erheischt. Und welches sind diese Grundsätze? Sie sind zumeist schon ausgesprochen in den Be schlüssen der vorberathenden Frankfurter Versammlung. Die deutsche Bundesverfassung muß auf dem Prinzip der Volkssouveränetät errichtet werden, denn darin liegt nach allen Seiten eine ausreichende und die alleinige Garantie für die innere Freiheit des Ganzen und der einzelnen Staaten und für die Stärke nach außen. Eine solche Einrichtung der Bundes. Verfassung wollen wir, aber wir wollen keine solche, wodurch allen einzelnen Staaten eine bestimmte Staatsferm aufgedrungen würde. Deshalb wollen wir nicht Proklamirung der Republik für ganz Deutschland, weil dadurch die Freiheit der einzelnen Staaten in Bezug auf ihre Verfaffungsform beschränkt und die Einigkeit zwischen den verschiedenen Volksstämmen gefährdet würde. Welche Staatsform die einzelnen Staaten sich wählen wollen, muß denselben überlassen bleiben — wollten die süddeut schen Staaten sich republikanisiren, so müßte es ihnen freistehen, wollen die norddeutschen die demokratische Monarchie — und wir hier in Sachsen wollen sie allerdings, — so muß es ihnen ebenfalls freistehen. Nur der Grundsatz der Volkssouveränetät ist überall festzuhalten; die letzte entscheidende Stimme in allen öffentlichen Angelegenheiten muß dem Volke zustehen. Denn wir wollen die Freiheit für Alle bis zum lehren Arbeiter herab, wir wollen frei sein nach allen Seiten hin, frei von dem Druck des reakzionaren Despotismus und frei von dem Druck des Ter rorismus, der den Namen der Freiheit mißbraucht und schändet. Dies ist der erste, heiligste Grundsatz, nach dem wir unsere Vertreter zu wählen haben; daß wir so wählen, dazu kann Jeder beitragen und Jeder hat die Pflicht, dazu mitwirken. Die Nach welt wird über uns richten, ob wir fähig und ob wir würdig waren, das langersehnte Ziel uns selbst zu erkämpfen, ein einiges, freies Deutschland! die Freiheit für Alle! Kirche und Staat. Einsender dieses hat die in Nr. 91 des Leipziger Tageblatts abgedruckte Zuschrift an die Abgeordneten des deut schen Volkes zu Frankfurt a. M., die religiösen Verhält nisse betreffend, mitunterzeichnet, da diese Zuschrift in den darin ausgesprochenen Grundansichten und Wünschen vollkommen mit seiner Ueberzeugung übereinstimmt. Nur gegen einen der darin enthaltenen Sätze und die daraus abzuleitenden Folgerungen fühlt er sich gedrungen hiermit Ver wahrung einzulegen. Es heißt nämlich darin unter Anderm wörtlich so: „die Kirche erziehe dem Staate sittliche Bürger, der Staat schütze und stütze die Kirche, und übe das Recht der Nichtbestätigung und Verbietung (votum oegstivum), wenn einzelne kirchliche Ein richtungen und Gebote oder ganze kirchliche Gemeinschaften dem Staatszwecke zuwider sein sollten." Wir würden auch mit diesem Satze der Adresse vollständig einverstanden sein, wenn es darin statt: „dem Staatszwecke" hieße: „den Staatsgesetzen", und wenn die Worte: „und Ver-