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— 4S2 — Tochter, in welchem sehr viel von Anstand, Sitte nnd gutem Ruf vorkam, dessen AuSgang aber mit einer Liebkosung Louisen S endete und ihr die Erlaubniß ein, brachte, an ihren geliebten Rudolph zu schreiben und denselben im Namen ihrer Aellern zum Besuch nach Görltst einzuladen. „Dieser Einladung Folge zu leisten", Io schloß hier Rudolph, zu seinem Reisegefährten sich wendend, „verdanke ich daS Vergnügen, mit Ihnen in so freund, liche Beziehung zu kommen." „Seltsam", entgcgnere der Andere, welcher auf« merksam zugehört. „Wir treffen uns hier, fahren zu, sammen nach Görlitz, nur mit dem Unterschiede, daß Sie direkt zur Braur, ich aber vorerst dringender Ge schäftsangelegenheiten wegen nach Görlitz und dann nach Zittau zurück fahre, wo unweit dieser Stadt der Vater meiner Braur Besitzer eines Landgutes ist. Sie heißen Rudolph mit Zhrem Vornamen, ich auch; Sie wollen bald he stachen, ich auch; stellung als Beamter.,. u>,d/ ich. ZM,müch-.alS Kauf mann etabliren, nachbLkst" ich' WW Ähre für ein Frankfurter HauS in kapiM-oMtH'MNdckToppch-He. macht habe; die Einwilligung^>sr,EllLrn,-lvsee«Oiräute haben wir auch, — nun kommt'-, Mrz» ^der weitern Arhnlichkeit unserer Verhältnisse LvMN, ivgch ^rauf an, ob unsere Bräute einander, z. B. hinsichtlich ihres Temperaments u. s. w., gleich sind;-chenstMis»Mde", setzte er lachend hinzu, indem er M ,eine frische Ci garre anbrannte, „wir scheinen nicht so weit ausein ander zu gehen." > - ... Der Beamte lächelte über diese Bemerkung, ob« gleich sie nicht ganz richtig war; denn während dieser durch seine an die Schreibstube gefesselte Thätigkeit jene- leichte „Vrrlegenwerdrn" Lebemännern gegenüber nicht verbergen konnte und zu der sanguinisch-melan« cholischen Race gehörte, war bei dem Reisediener jenes 8»voir-1aire nicht zu verkennen, welches alle Die sich leicht aneignen, die auf dem Markt deS Lebens unter allen Schichten deö Volks so verschieden sich bewegen müssen, während der Letztere selbst unbedingt zu der sanguinisch-cholerischen Race Lezählt werden konnte.— „Meine Louise", bemerkte der Beamte — „Halt!" rief der Kaufmann, „hier beginnen schon die Abweichungen — meine Brau? heißt Auguste. — Also weiter." „Meine Louise", wiederholte de< Erstere, „ist leb haft, ja man könnte sagen heftig, und scheint starke Neigung zur Eifersucht zu haben, aber", setzte er vcr- theidigungSweise hinzu, „seelengut und bis auf die geringste Kleinigkeit für mich besorgt." — - „Hm", murmelte der Andere, „daS paßt wieder nicht. Meine Auguste ist die Ruhe und Gelassenheit selbst, sie liebt mich innig, aber sie gleicht einer Geß, naschen Idylle, trägt ihr Glück, ihr Leid und ihre Freude schweigend in sich, und klagt kaum, wenn sie M gekränkt fühlt; dies war nämlich schon, ein Mal der Hall, als, wclß der Himmel welche Spürnase, ihr rapportirt hatte, daß ich in Dresden, wo ich mich einige Zeit in Geschäften aufgehqsten, mit einer kleinen Kammerkatze, in intimem Umgang stehe. — Es war »Mts an der ganzen Sache — nämlich es war wohl etwas daran, aber nur ein Scherz; Sie wissen, wie da- bei jungen Leuten ja oft passirt, so eine Liebelei eu prmsäot." Dekr,Andere wußte aber von so etwas gar nichts und erschrak im Geiste, wenn er sich so das Unglück dachte, sein« Louise erführe je etwas der Art von ihm, und bemerkte, verlegen nach der Uhr sehend: „Nu, da käm ich bei meiner Braut gar böse anl"— j „Bah!" lachte der Reisediener, „die Eache-Mrt« zu einer zärtlichen Ausgleichung-, und zwar istsKWs- bad, wo sie mit ihrem Vater sich während der Saison einige Wöchxn aufhielt; denn von dort aus haste ich einen mit dem Schmerz bitterer Täuschung überfüflten Brief erhalten, und obgleich sie mich dort daS erste Mal fast mit Thränen in den Augen empfing, als man ihr so gewaltig den Kopf verdreht hatte, so ver- gingen doch keine zehn Minuten und sie war von mei ner Unschuld auf dast Zuverlässigste überzeugt, wie dies am deutlichsten ein Schreiben documentirte, welches sie mir kaqm>!«iystKtunde nach meiner Abreise geschrieben haben, mußte^penn der Brief kam mit mir zu gleicher Zeit- in Dresden, wo tch, wie gesagt, damals verweilte, an. — ES ist daher daS Einzige, was ich wünschte, daß, si^ eiwaSr lebhafter wäre — indeß ist eS auch gut so.ss,- >6 Eist,gellender Pfiff verkündete dle Annäherung des BahnzugeS; die beiden Liebhaber warfen ihre BurnuS um und verließen die Restaurarion, um in einem CoupS ungestört bjs Görljtz, ihre Angelegenheiten sich gegen seitig miltheileud^ fortzuplaubern, und als dort der Zug anhielt und sich Beide trennten, gaben sie sich beim Scheiden daS Versprechen, einander in Görlitz im „Preußischen Hofe" zu treffen, da der Beamte auf 14 Tage Urlaub genommen hatte, und der Kaufmann bis zu seinem Etablissement noch volle sechs Wochen freie Zeit vor sich hatte. Der Kaufmann hatte sich entfern», um in dem bezeichneten Gasthofe zu übernachten, während Rudolph — fo wollen wir den Andern nennen — noch sinnend in der Halle deS Bahnhofgebäudes stand und über legte, ob eS wohl schicklich sei, so spät — denn der Bahnzug kommt, Nachmittags um 5 Uhr von Dres den abgehend, gegen LV Uhr erst nach Görlitz — noch in daS HauS seiner Louise zu treten, oder besser, in einem Gasthofe, gleich dem Kaufmann, zu bleiben, und früh deS andern TagS, nach sorgfältig geordneter Toilette, sich zu präsentsten, als zwei Frauengestallen auf- ibn zuschrilten, MV ist in freudiger Ucberraschung ist eitler derselbeü seine' Louise erkannte, die er, daS Dunkel der Umgebung benutzend, zärtlich in seine Arme schloßt, dann, von ihren Bitten bestürmt, den Plan, im Gasthose zu bleiben, aufgab, und am Arme der Geliebten, daö Dienstmädchen als Sauve-Garbe fol gend, bgö HaM seiner Schwieger-Eltern mit etwas zagendem ^Her)en zum ersten Male betrat. — Ucbergehest wir die unvermeidlichen Förmlichkei ten, welchen sich Rudolph bei dieser ersten Vorstellung im Hause der künftigen Schwiegereltern unterwerfen mußte, von dchen der Vater LouifenS nicht ein Haar breit abwich, und trotzdem, daß eS schon Abends Iv Uhr war, sich in so vielen zeitraubenden Wiederho lungen der gewöhnlichen Höflichkeitsphrasen erschöpfte, als ob noch fünf bis sechs StunM Zeit zum Schla- fengchen übrig wären. Louisen, welche vor Freude über die Ankunft ihres Geliebten und vot Ungeduld über die Langweiligkeit brr BegrÜßunMreiien ihren Vater zti wiederholten MaltN itst Sprechen unterbrochen hatte, gelang es, mit Hilf? der MUter, die den Bräu tigam zum Sitzen nöthtgte, die Versicherungen der Freude und HochchchmuA der Ehre deS gegenseitigen „Sich-KennenlernenS" u. s. w. in'S Stocken zu drin-