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»erden war. Auf ren Trümmern dieser Barrikade unier Blut und Seichen wehte die schwarz-roth-golvene Kahne. Man lud 5 Leichen auf Tragbahren, alle hatten die Wunden vorn, sie waren bloßgelegr. Von den Fenstern warf man Blumen, man schmückte die wvten Volks- j Helden damit, hob die Bahren auf und zog daarhaupt, unter Anstim- mung eines Choral-, vor das erste Portal des Schlosses. Der König und die Königin mußten auf dem Balkon erscheinen. Der König trat an die Barriere und wollte sprechen. „Mütze herunter! Achtung vor den Helden der Freiheit!" donnerte man mit erhobenen Waffen , ihm zu. Er nahm die Mütze ab und sprach einige unverständliche Gorte, die Königin ward ohnmächtig. Das Volk erschien mir in diesem unvergeßlichen Moment unendlich erhaben, edel und großmü- rhig, die Krone unendlich klein und zerbrechlich. Vor der einen Leiche stand ein ecwa fünfzigjähriger Blousenm rnn, seine Kleider waren zer rissen und blutig, sein ernstes, schöne- Gesicht vom Pulverdampf ge schwärzt. Er stand auf seine Klinte gelehnt und weinte still, mit starrem Blick auf die Leiche eines jungen Arbeiters schauend. Es war sein Sohn. Als die Leichen wieder ausgenommen wurden und dieser Mann mit zitternder Stimme den Choral mitfang, fing ich bitterlich an zu weinen. Wehe euch Fürsten, wenn ihr nochmals versuchen solltet, die Freiheit zu vergiften! Die Volksjustiz würde euch bis auf den letzten Gprößling vernichten. 1., mort sans pkrsse! Daß cs in einem Staate, der eben erst die Polizei- und Militärketten zerrissen hat, nicht an Solchen fehlt, die dem paradereitenden konstituzionellen König zudringlich die Hände küssen, ist natürlich; man Hal aber auch Vielen davon auf frischer That die tiefste Verachtung sehr tatsächlich bewie sen, wie mir Augenzeugen versicherten. UebrigenS haben sich bereits solide politische demokratische Club- gebildet, in denen sehr bedeutende Talente, z. B. ein Herr v. Brandt (ein kleiner, blutjunger Mirabeau) ! glänzend hervortreten. Er besitzt das bedeutendste Rednertalent, das mir bis jetzt vorgekommen, und ist bis auf die Knochen demokra tisch. Die politische Intelligenz ist übrigens in Berlin bewunderungs würdig emporqeschossen; an eine Reakzion ist nicht zu denken. Das eigentliche Volk begreift seine Aufgabe und seine Kraft sehr gut, und außerdem läßt der allgemeine Zustand Europa'- keine Reakzion aufkommen. Das Schiff der Freiheit segelt mit gutem Winde! — i Mit den Russen ist es nicht so schlimm. Erstens sind im Innern sehr ernsthafte Unruhen auSgebrochen, zweitens wird wahrscheinlich die moskowitische Adelspartei gegen die Petersburger Politik losbrechen, drittens geht ein dunkles Gerücht, daß rer Zaar seit Wochen schwer krank, mente captu«, sei und wirb vielleicht bald gar nicht mehr sein und vierten- stehen im Königreich Polen kaum 50,000 Mann. G Zn Berlin wagen eS jetzt viele Prediger nicht, bei dem kirch lichen Gebet für das königliche Hau- res Prinzen von Preußen zu er wähnen; sie sollen ihn getrost weglassen und überhaupt alle Sonder gebete. Wir stehen alle Gottes Fügungen gleich gewärtig; Thrä- nen und Schmerzen der Hinterbliebenen find bei der Tagelöhnerfamilie so bitter und schwer, als im Königshaus, und wenn wir etliche unter unS der besondern Fürsorge des Himmels empfehlen möchten, so find es die hervorragenden Geister der Nazion im Staate, in der Poesie, in der Kuxist und Wissenschaft: auS ihnen quillt Leben und Größe und innerster edler Gewinn des Volkes. * Liszt ist von Weimar plötzlich in eigenen dringenden Ange legenheiten (?) nach Petersburg gereift. UnS scheint rin höherer Auftrag dabei im Spiele ; soll er vielleicht dem Kaiser, von Rußland die Marseillaise mit Dariazionen « l'Allemagne vorspielen? I - ! »_'L - . - — — Verantwortliche Redakztoa Kart Biedermann. Eingesendetes. Schlußerklärung in der Adorfer Sache. Der vormalige Bürgermeister Todt allhier hat sich in Nr. 87 und 88 de- Dresdner Tageblattes gegen die Stadtverordneten gerecht fertigt. In der Hauptsache ist die Rechtfertigung lahm, denn wäh rend er die von unS angegebenen Thatsachen alle zugestehen muß, schiebt er die Schuld theil- auf den Registrator, theil- auf die Stadt verordneten selbst und theil» und hauptsächlich auf mich, den Advokat Becker, indem er sagt, die Beschwerde sei gar nicht von den Stadtver ordneten , sondern blv« von mir au-gegangen, weil ich nach seiner Stelle gejagt habe. Daß ich auf die Stadtverordneten nicht influirt, beweist die Beilage, und daß ich, wenn ich Die« nicht gethan, auch nicht nach seiner Stelle gejagt, folgt von selbst. UebrigenS sind auch die Beweise für diese Behauptung sehr unglücklich. Denn eine Klat scherei de- Expedienten beweist Nicht«, ja in den Worten, „er nimmt un« die Praxi«, also wollen wir ihn los sein," liegt gar kein Beweis der Frage. UebrigenS nennt mich Todt selbst »in radikales Mitglied. Also konnte ich gar nicht darauf rechnen, an seine Stelle zu treten, denn damals wäre ich unter keinen Umständen bestätigt worden, wenn ich je gewählt worden wäre, was aber immer schon viel voraussetzt und an sich unwahrscheinlich ist. Den Vorwurf, al« sei ich ein Stellen jäger, weil ich früher mit Florencourt bekannt war und meinen Onkel von seiner Stelle gejagt habe, berühre ich nicht, denn er ist nicht wahr. Alle Welt weiß hierherum, daß mein Onkel gleich beim Beginn der Bewegung von 1831 freiwillig seine Stelle nieoerlegte, und daß später auf meine Veranlassung Todt als Bürgermeister hierher kam. Auch hat Todt gewiß an dieses Märchen nicht ernstlich geglaubt, eS ist ihm aber aus Rache gegen mich darum zu thun, mich von der hier bevorstehenden Wahl und namentlich vom Vorschlag dazu oder vom Anhalten darum auszuschließen. Es soll mir gehen, wie es ihm in Chemnitz ging. Das ist die Hauptsache, und zwar hauptsächlich darum, weil Todt einen Befreundeten und keinen Feind zum Nach folger haben will, indem ein Feind wahrscheinlich nicht über seine Akten kommen soll. Auch ich könnte, wie Todt, ein ganzes Buch voll schrei ben, und das Resultat würde nicht für Todt'S Liberalität ausfallen, oder ihm wenigstens Veranlassung zu zwei Buch Antwort geben ; doch unterlasse ich es theils aus Achtung gegen da- Publikum, tkeil« aus Achtung gegen Todt'S jetzige Stellung und theil« endlich aus Ach tung gegen mich selbst. Die Zukunft wird lehren, wer Recht hat. Wilhelm Becker. Erklärung. Wir erklären hiermit öffentlich, daß die Bekanntmachung in Nr. 53 des Dresdener Tageblattes uns nicht eingeflüstert, sondern von uns aus freiem, eigenem Antriebe inserirt worden ist. AlS wir den Artikel in der Staatsbürgerzeitung lasen , beschlossen einige von uns privatim, sich dagegen auszusprechen und diesen traurigen ano nymen Entstellungen einmal ein Ende zu machen. Deshalb ersuch ten wir in Uebereinstimmung mit d,r Mehrheit unserer Kollegen den Adv. Wilhelm Becker, eine öffentliche Erklärung für uns zu fertigen. Dies geschah, allein der erste Entwurf Becker'S schien unS zu leiden schaftlich und wurde nicht angenommen. Darauf entstand der zweite, in Nr. 53 des Dresdner Tageblattes abgedruckte Aufsatz. Er wurde in gewöhnlicher Sitzung vorgetragen, nach einigen Abänderungen und Modifikazionen angenommen und von den Anwesenden ein stimmig unterzeichnet, woraus zur Genüge hervorgehen wird, daß das Ganze unser selbstständiges freies und eigenthümliches Werk ist. Adorf, am 2. März 1848. Die Stadtverordneten daselbst. (Folgen die Unterschriften.) Eine Stimme aus dem Gebirge. Hier und in der Umgegend ist Noth an allen Enden, Arbeit und Verdienst fehlt ganz. Tausende von Händen ruhen müßig im Schooße, Tausende von Seelen kämpfen hier mit Hunger und Kummer. Wir bitten nicht um Almosen, nicht um Geschenke, wir wollen unS dies Geld gern durch Arbeit verdienen, wir bitten blos um Abnahme unserer Fabrikate, welche hier im Gebirge durchaus keinen Abgang mehr finden wollen. Die Handlungen weisen Alles zurück. Hat der Staat, haben die Kommunen keine Arbeit für die Mangel leidenden? Hat man keine Eisenbahn, keineChaussee mehr zu bauen? Giebt eS keine Flüsse zu reinigen, keine Fläche mehr urbar zu machen? Wir bitten nicht um Geschenke, nur um Arbeit und trockenes Brot, daß wir der Hungerpeft nicht anheimfallen, sie ist im Anzuge, ja schon in der Nachbarschaft. Hilfe thut Noth, aber bald, bald! — Könnte das Volk in einer Schrift nicht über die Vortheile der Maschinen aufgeklärt werden? Annaberg, den 30. März 1848. Ein Arbeiter im Namen Tausender in Annaberg, Scheibenberg, Elterlein, Gelenau und mehrern Orten.