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Dienstag. Ur 55. 15. Inti 1851. Erscheint Inserate Dienstags und . werden mit ZZ Weißerrh-Iertung. W Quart.ioNgr. > angenymme«. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Sandmann. Redaction, Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Scheiben-, Bogel- u. Pfirrgstfchießerr. Wenn die launenhaften Tage des April und Mai Abschied genommen und der Juni seine milden Tage bringt, so sucht der fröhliche Knabe seine Waffen her vor. Er schnitzt und gießt Bolzen, legt die Armbrust auf die Schulter, wirft sich soldatisch in die Brust und schreitet festen Schrittes und kühnen Blickes irgend einem freien Platze zu, wo eben ein Schulkamerad ein Vogelschießen giebt. Kehrt er am Abend mit Krone, Scepter oder Reichsapfel oder einer andern Trophäe zurück, so überlegt er, wie und wo er zum künftigen Sonntag seiner Thatenlust ein neues Feld eröffnet. Aehnliches bemerken wir bei Erwachsenen. Mit derselben Begierde, die den Waidmann durch Wald und Feld einem Haasen oder Fuchse nachtreibt, gehen sie stundenweit dem auf einer Stange befestigten Holz vogel nach, um ihn zu demoliren, und Freude strahlt aus des Königs Blicken, wenn er sich als den wacker sten und besten Schützen begrüßt steht. In vielen Städten giebt es im ganzen Jahre kaum ein größeres Fest, als das Vogelschießen. Welches mag nun wohl sein Ursprung sein? — Zweierlei Meinungen sind darüber. Nach der ersten Meinung müssen wir die Entstehung im grauen Alter- thume suchen, bei den Heiden. Diese stellten zur Ehre' der Göttin Maja in der Frühlingszeit, allerlei Fest lichkeiten an. Prächtige Kampfspiele wurden gehalten, und unter dem jungen Grün der Bäume ward getanzt und» gejubelt. Als das Licht des Christenthumö dir Thorheiten des Götzendienstes beleuchtete, so wurde der Maja keine Verehrung mehr gezollt; der Ernst und die Andacht entschwanden bald, doch Scherz und Lust blieb; die frohen Feste und Wettkämpfe ließ man sich nicht nehmen. Kaum war die Natur im Früh ling erwacht, so sehnte man sich nach den Freuden, ohne die vorher kein Frühling begangen wurde. Die Kampfspiele mußten also, gut oder übel, vor der Hand Warnungstafel. ' In einem Aufsätze in Nr. 53, auS der Umgegend von Tharand eingereicht, wird im zweiten Theile des-, selben eine- Vorfalls Erwähnung gethan, der zwar, waS zu bedauern ist, einen verderblichen AuSgang ge nommen, aber, waS auch leicht geschehen durfte, noch weit betrübender ausfallen konnte, wenn er ein Men schenleben gekostet hätte. ; Konnten nicht der fragliche Dienstbote und der auf dem Wagen befindliche Arzt beim Herabsprtngeu jämmerlich ihren Tod finden? Konniep nicht zufällig Kinder, wie sie leider nur zu oft ganz ohne Aussicht beibehalten werden, nur mit dem Unterschied, daß sie eine andere Bedeutung erhielten. Die mächtigen Römer hatten den Christen immer kindlich nachgestanden; da nun die Römer einen Adler n ihrem Wappen führten, so wurde ein solcher von )en Christen auf ein Bret gemalt und mit allen Jn- ignien der Herrschaft: Krone, Reichsapfel und Dcep- er, versehen. Nach diesem Adler wurde im Stech kampfe entweder mit Bogen und Pfeil, oder mit Lan zen geschossen oder geworfen. Dahin gehören auch die sogenannten Mannsschießen, indem man einen Türken abbildet und darauf schießt, als wenn man einen Feind vor sich hätte. Das Vogelschießen kommt zuerst als Volksfest im Jahre 1286 in Schweidnitz (Provinz Schlesien) vor, wo es von dem Herzog Bo- gislaus angeordnet ward. Hier kamen Armbrüste in Gebrauch; später Feuergewehre, und dieß gab Veran lassung zu den Schützengesellschaften, die man noch jetzt in vielen Städten findet Da man dieses Schießen als Uebung betrachtete, so machte man Kreise, über welche Grenzlinie der Schuß nicht hinausgehen durfte; der Mittelpunkt deS Kreises war der Meisterschuß. Diese Uebung gab Ver anlassung zu den Scheibenschießen, Eine andere Erklärung ist folgende. Die heilige Schrift erzählt von dem Herabkommen deS heil. Gei stes, gleich einer Taube. Die Maler haben daher die Taube als Sinnbild dieses Geistes gewählt, wie man noch immer hier und da abgebildet steht. Da. man sich den Feind des heil. Geistes unter dem Bilde eines Raubvogels vorstellte, so wurde derselbe als Ziel angenommen, nach welchem geschossen ward, und diese Schießen mit dem heiligen Pfingstfest verbunden, da her auch die sogenannten Pfingstschießen ihren Ursprung haben mögen. Vielleicht sind wir im Stande, nächstens eine Umschau auf den verschiedenen Volksfesten in unserm Weißeritzkreis zu geben. 4 sch auf offenem Wege spielen, dabei überfahren und durch veS Hufes Tritte zermalmt werden? Pfrrdebesitzer möch ten daher, durch diesen Vorfall gewarnt, wohl in'« Auge fassen, wem sie die muthigen Rosse in die Hände geben könne»; Diejenigen aber, welche die Zügel geschickt zu handhaben wähnen, sich nicht leichtsinnig oder wohl gar betrunken aus den Bock setzen, da, wie die Ersah- rung gelehrt, Pferd«, trotz deS Zaumes und Gebisses, ost dulchgegangen und Verderben bereitet haben — Möchte« aber auch Eltern, dem vornehmen und be mittelten Stand angehörig, sich diesen Vorfall Hintes das Ohr schreiben, daß sie nicht die Lieblinge ihre- Herzens leichtsinnigen Kindermädchen auvertrauen,