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(Zweite Ausgabe: aiisgegebeii am 6. December AbcndS 6 Uhr.) Dresdner Journal. Verantwortlicher Redacteur: I. G Hartmann. .N 31S Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme des Sonntag- täglich in 1 Bogen und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Tonntag, den 7. December. Preis sür das Vierteljahr Thaler. Insertions-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile ! Neugroschen. 1851. H H Die dermalige Lage der Verhältnisse in Frankreich giebt uns Veranlassung, beim Dresdner Journal bis auf Weiteres eine zweimalige Ausgabe, die erste um 12 Uhr, die zweite Abends 6 Uhr, (Sonntags blos Mittags 12 Uhr) eintreten zu lassen. In Dresden wird das Blatt den Abonnenten stets nach Erscheinen, ohne Preiszuschlag, wie bisher frei ins Haus gesandt. Extrablätter, deren Erscheinen durch Placate anqezeigt und deren Inhalt in der zunächst erscheinenden regelmäßigen Ausgabe deS Blattes ausgenommen wird, werden nicht besonders versandt, sondern sind in der Expedition (Am See Nr. 35) abzuholen. Für die auswärtigen Abonnenten findet täglich zweimalige Postversendung statt. Dresden, den 6. December 1851. Die Redaktion des Dresdner Jonrnals. Amtlicher Theil. Dresden, 2. December. Se. König!. Majestät haben den Supernumerarregierungsrath bei der Kreisdirection zu Dresden Carl Gustav von Oppen zum AmlShaupt- mann für die vierte Amtshauptmannschaft des Dresdner Kreisdirectionsbezilks zu ernennen geruht. Tagesgeschichte. s Dresden, 0. Dec. Heute Mittag 1 Uhr fand die feier liche Eröffnung des zum 1. December einberufcnen or dentlichen Landtags durch Se. Majestät den König im Sitzungssaale der II. Kammer statt. Die Stände versammelten sich gegen halb 1 Uhr und nahmen in dem festlich decorirtcn Saale ihre Plätze ein. Die Sitzordnung war in Form eines Halbkreises in der Art bestimmt, daß das Direktorium und die Mitglieder der I- Kammer zur Rechten des auf einer mit Sammet bezogenen Estrade ausgestellten Thronsessels, das Direktorium und die Mitglieder der II. Kammer zur Linken ihre Plätze hatten. Die Staatsminister Or. Zschinsky, v. Beust, Raben horst, v. Friesen und Behr traten kurz vor 1 Uhr in den Saal und stellten sich zur Rechten des Thrones auf. Die Tribünen waren sehr zahlreich besetzt. Auf der für das diplomatische Corps reservirten Galerie waren u. A. die Gesandten Rußlands, Englands, Oesterreichs, Frankreichs, Preußens und Baierns nebst einem zahlreichen Gcsandt- schaftspersonale zu bemerken. Die Auffahrt Sr. Majestät des Königs erfolgte Punkt 1 Uhr vom königlichen Schlosse aus durch die untere Schloß gasse, das Gcorgenthor, die AugustuSstraße, über den Neu markt, durch die Moritzstraße nach dem Landhause; unge achtet des ungünstigen Wetters hatten sich überall zahl- i reiche Gruppen der Einwohnerschaft ausgestellt, von welchen Se. Majestät unter Anderen am Eingänge des Landhaus gäßchens mit dreimaligem Hoch begrüßt wurde. Der kö nigliche Galawagen wurde von einem Detachement des Gardereiterregiments escortirt. Die im Hofe des Landhau ses aufgestellte Ehrenwache (von der Leibinfanteriebrigade mit der Fahne) erwies, während das Musikchor den Parade marsch spielte, Sr. Majestät dem Könige die üblichen mi litärischen HonneurS. Die von den Kammern abgcordneten Deputationen, de nen sich im Landhause Ihre König!. Hoheiten die Prinzen Albert rnd Georg anschlossen, empfingen Se. Majestät an der Treppe des Landhauses, und beim Eintritte in den Saal wurden Allcrhöckstdieselben durch ein von dem Präsi denten der I. Kammer ausgebrachtes und von den sämmt- lichen Anwesenden drei Mal auf das Lebhafteste wiederhol tes „Hoch" empfangen. Nachdem Se. Majestät ^auf dem Thronsessel, neben dem rechts Se. Königl. Hoheit Prinz Albert, links Se. Königl. Hoheit Prinz Georg standen, Platz genommen hatten, verlasen Allerhöchstdieselben bedeck ten Hauptes die folgende Rede: „Meine Herren Stände!" „Mit Freude sehe Ich Sie heute, nach Verfluß eines kurzen Zeitraums, wieder um Mich versammelt! Die inneren Verhältnisse des Königreichs, wie seine Beziehungen nach Außen, haben seit dem letzten Landtage keine wesentlichen Veränderungen erlitten. Die Ruhe und Ordnung im Lande ist nirgends, auch nur vorübergehend, gestört worden, und wenn auch zahlreiche Beweise vorlie gen, daß die Feinde leder bestehenden Ordnung fortwährend > thätig sind, so ist cs ihnen doch nirgends gelungen, einen Erfolg zu erzielen. Der Ausfall der Ernte ist leider in einem großen Theile des Landes unter der Erwartung geblieben und dadurch eine Steigerung der Preise verursacht worden. Noch aber ist kein eigentlicher Mangel eingetreten, und wenn die sächsische Industrie, die im vergangenen Sommer ein so glänzendes Zeugniß abgelegt hat von der hohen Stufe der Ausbildung, auf der sie sich befindet, der Bevölkerung Be schäftigung und Verdienst gewährt, so ist ein wirklicher Nothstand nicht zu befürchten, zumal die in neuerer Zeit so wesentlich vermehrten und verbesserten Verkehrsmittel unS den Ueberfluß anderer Länder näher gerückt haben. Mit Befriedigung dürfen wir auf unsere finanziellen Verhältnisse blicken. So hoch auch die lausenden Ausgaben des Staats gestiegen sind, so wurden sie doch durch die Einnahmen gedeckt, die es überdies gestatteten, einen nam haften Erlaß an den öffentlichen Abgaben zu gewähren. Das Budget wird Ihnen, Meine Herren Stände, nebst einigen andern finanziellen Vorlagen, sofort mitgetheilt werden ; seine Berathung wird die hauptsächlichste Aufgabe dieses Landtags bilden. Die bedauerliche Spaltung, welche eine längere Zeit hindurch einem gemeinsamen Berathen und Handeln der deutschen Bundesregierungen hindernd entgegengetreken war, hat mit deren allseitiger Wiedervereinigung in dem durch die Bundesverfassung eingesetzten Organe ihr Ende gefun den. Je mehr die Spuren jener vergangenen Zerwürfnisse schwinden, desto mehr, so hoffe Ich zuversichtlich, wird auch die Bundesversammlung, deren Thäligkeit sich zunächst der Wiederherstellung geordneter Zustände im Bunde und der Ausgleichung mancher in den letzten Jahren entstandenen Verwickelungen zuwenden mußte, den ihr durch die Bundes acte gestellten und ihr bereits zugewiesencn höheren Auf gaben zu genügen wissen. Der deutsche Zollverein, dessen segensreiche Wirkungen während seines achtzehnjährigen Bestehens Ich jederzeit in ihrer vollen Bedeutung erkannt habe und dessen Erhaltung und Erweiterung unausgesetzt Gegenstand Meiner ernstesten Wünsche und Bestrebungen gewesen ist, Hal infolge der neuerdings geschehenen Kündigung desselben eine Erschütte rung erlitten, die Ich beklage. Wie es aber Meine feste Ueberzeugung ist, daß diese heilsame Schöpfung selbst, ebenso wie ihre bisherige ungestörte Entwickelung, auf einer billi gen und vorurtheilsfreien Erkenntniß g e g en sei ti g er An sprüche und Bedürfnisse beruhte, so bin Ich auch darüber nicht in Zweifel, daß jene Erschütterung eine vorübergehende sein und daß das augenblicklich gelockerte Band sich schnell wieder und für die Dauer knüpfen werde. Mil Vertrauen habe Ich daher die beruhigenden Erklärungen entgegenge nommen und erwiedert, mit denen die königlich preußische Regierung die an die übrigen ZollvcreinSregierungen er lassene Einladung zu neuen Verhandlungen begleitet hat. Zu besonderer Genugthuung hat cs Mir gereicht, zu ver nehmen, daß die königlich preußische Regierung bei dieser Neugestaltung des Zollvereins eine dereinstige allgemeine Zoll- und Handelseinigung sämmklicher deutschen Staaten als Endziel der gemeinsamen Bestrebungen betrachtet. Des halb habe Ich auch mit gleicher Befriedigung diejenigen Schritte begrüßt, welche die kaiserlich österreichische Re gierung zur Förderung dieser Absichten unternommen hat, zumal durch geeignete Sicherstellung jener der Zukunft vor behaltenen Einigung, an welche sich die schönsten Hoffnun gen für Deutschlands Macht und Wohlfahrt knüpfen, die Wiederbefestigung und Erweiterung des Zollvereins zum Heile der Gesammtheit gewiß um so leichter herbeigeführt werden wird. Ucber die Vorlagen, die Meine Regierung dem Land tage zu machen gedenkt, wird Ihnen sofort das Weitere mitgetheilt werden. So beginnen Sie denn, Meine Herren Stände, Ihre wichtigen Arbeiten! Möge der Allmächtige seinen Segen dazu geben, daß sie zum wahren Wohle des Vaterlandes gereichen!" Der Thronrede schloß sich folgender Vortrag des Staats ministers l)r. Zschinsky an: „Unter den Segnungen der wiederhergestcllten Ordnung und Gesetzlichkeit hat auch der trotz aller politischen Stürme unerschüttert gebliebene Staatscredit hiesiger Lande neue Kräftigung erhalten. Mit Hilfe der jüngsthin im Betrage von 15 Millionen eröffneten 4^procentigen Staatsanleihe wurde nicht nur eine gegen Verpfändung von Staats effecten aufgenommene Schuld von 875,000 Thalern gänzlich zurückgczahlt, sondern auch der Betrag der über haupt bis zur Höhe von 9,291 ÜW Thalern bestandenen Handdarlehne dergestalt abgewickc't, daß davon ungefähr r«,100,000 Thaler bereits in die neue Staatsanleihe über- Hoftheater. Freitag, 5. December. Emilia Oalotti. Trauer spiel in fünf Acten von Lessing. Die Aufführung dieses Werkes ist mit vielem Danke an- zuerkennen. Der deutsche Geist muß immer wieder mit Staunen und Bewunderung zu diesem Canon echter strengster Klassicität zurückblicken. ES war daher nicht erfreulich von unserm Publicum, dem Theater an diesem Abende einen so schwachen Besuch zu schenken. Die Darstellung ist in ihrer Trefflichkeit schon ost beleuchtet worden, sowie auch in ihren Mängeln, die in der Talent begrenzung der einzelnen Persönlichkeiten und ihrer Intention ihren Grund haben. ES bleibt nur noch zu bemerken, daß neben die glänzende Ausführung deS Herrn Emil Devlient als Appiani durchaus auch eine edle, durch Grazie und fürstliche Liebenswürdigkeit einnehmende Erscheinung deS Prinzen gestellt werden muß, um die leise austauchende verhängnißvolle Beziehung der Emilia zu ihm denkbar werden zu lassen. So würde denn in dieser Partie mit einigem Portheile für Herrn Liebe Herr Heese einzusetzen sein, vorausgesetzt, daß dieser Künstler diese leidenschaftlich, Partie nicht durch Trainiren und Dehnen schwächt und daS Tempo deS Ensembles auSeinanderreißt. Für tragische Mütter, wie die Claudia, haben wir leider keine Künstlerin vorzuschlagen und müssen hier bei einer gequälten Schablonenvertretung bleiben, wobei unS die Ableitung deS Worte» „Vertretung" von „vertreten" nur zu unangenehm klar wird. Bei Fräulein Genast welche die Rolle der Emilia spielte, ergiebt sich die hoffnungsvolle Bemerkung, daß die junge Schau- Feuilleton. spielerin in großen, bedeutenden Rollen verhältnißmaßtg viel mehr leistet, als in kleinen, bedeutungslosen. Dieses sichere Zeugniß von Talent und innerm poetischen Streben, welches sich schon früher in Kabale und Liebe und im Cromwell bekundete, trat auch in der Emilia gerade wieder in den schwierigem Stellen hervor und mag die Regie und die Künstlerin, wo eS möglich ist, zur Ueberzabe und Repräsentation größerer Rollen hiuführcn. Nur eine solche praktische Schule kann eine volle eigene Ent wickelung und eine entsprechende Stellvertretung sür Frau Bayer- Bürck zur Folge haben. Eine daraus fließende giößere Er- muihigung und Sicherheit wird dann die hier und da zu engen und peinlichen Linien deS Spiels erweitern und durch einen freier« Schwung mehr Tiefe und Kraft der Illusion erscheinen lassen. Die Wirkungen des Organ» gehen mit einem solchen Fortschritte Hand in Hand. O. Alex. Banck. Der schwedische Dichter Bellmann*). Wir machten in der schönen JohanniSuacht noch einen Gang zur Büste Bellmann'S im Thiergarten bei Stockholm. Eine Rundung junger hübsch gewachsener Bäume umkreist den kolossalen Kopf, der auf einem hohen Piedestal steht. Der Bild hauer Byström hat ihn als antiken BacchnS modellirt und ihm den Rebenkranz inS volle Haar geflochten. DaS Bild ist schön und daS Denkmal würdig deS Dichters und seiner Verehrer. Karl Michael Bellmann ist in Stockholm am 24. Februar *) Auszugsweise aus „HLyringar" von A. Pancrittu«. Dresden, Arnold'sche Buchhandlung. 1741 geboren und am 12. Februar 1796 gestorben. Er war durch und durch Stockholmer, und seine Liever gehören zu der schönen Stadt, wie die Brandung zur Küste, wie daS Flattern der Schmetterlinge zur Sommerflur. Er halte in Upsala studirt und kannte wie alle gebildeten Schweden die neuern Sprachen. Er bekam eine Stellung bei der Bank, die er, als mit seiner innersten Natur unvereinbar, aufgebcn mußte. Gustav III. gab ihm den Titel eines Hofsecretärö und einen Gehalt von 3000 Thalern Kupfermünze, wofür er einige Geschäfte bei der königlichen Zahleulotterie übernehmen sollte. Er überließ alle Geschäfte und die Hälfte deS Gehalts einem Andern und war mit dem Reste, d. h. ungefähr 500 Thalern (preußisch) ganz zufrieden. Bellmann vermählte sich 1770 mit Louise Grönlund, die ihm drei Sühne gebar. Seine poetische Vorliebe sür muntere Ge sellschaft entfremdete ihn der Familie nicht. Er war nichts weniger als ein Wüstling; er führte ein Leben voll Heiterkeit und frischen Genusses, Irdisches kümmerte ihn wenig, erhalte ein nothdürsiige» Auskommen und hat nie nach Mehrerin gestrebt. Ein munterer SchmauS, rin Bachanal war ihm LebenSelement. Die Gesellschaft, in der er sich mitunter bewegte, war freilich bunt zusammen gewürfelt, und seine Lieder verklären den Bierwirth zum Silen, die Kellnerin zur Priesterin im paphischen Tempel. In seinem ganz poetischen Gemüihe spiegelten sich Alltagsgestalten ver lieblicht und vergeistigt ab. Er erinnert mit seiner Umgebung mitunter an den ShukeSpeare'schen Prinzen Heinrich; nur kannte Heinrich die Erbärmlichkeit seiner Genossen, Bellmann schaute sie an, wie er sie besang. Prinz Heinrich vertreibt sich ungeduldig, weil er von wichtigen Geschäften fern gehalten wurde, dir Zeit so