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Ausgegeben am S. December Mittags 12 Uhr Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: Z. G. Hartmann. V 314 Diese- Blatt erscheint mit Ausnahme des Sonntag« täglich Abends und Ist , ötll 6. durch alle Postanstalten zu beziehen. * Preis für da- Bierteljahr 1^ Thaler. JnsrrtionS-Gebühren für den Raum girier gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1851 Tage-geschichte. " Parts, 2. December. (Auflösung derNational- versammlung. Berufung ans Volk.) Folgende Proklamationen bedecken seit heute Morgen die Straßen von Paris: I. Im Namen des französischen Volkes. Der Präsident der Republik decretirt: Artikel I. Die Nationalversammlung ist aufgelöst. Artikel II. Das allgemeine Stimmrecht ist wieder herge- stellt. DaS Gesetz vom 31. Mai ist abgeschafft. Artikel III. DaS französische Volk ist vom 14. bis 21. d. M. in seine Wahlcomitien berufen. Artikel IV. Der Belagerungszustand ist im Umfange des ersten Militärbezirks decretirt. Artikel V. Der Staalsrath ist aufgelöst. Gegeben im Palast deS Elnsee National am 2. Decem- ber 1851. Louis Napoleon Bonaparte. Der Minister deS Innern: de Morny. II. Berufung ans Volk. Franzosen! Die gegenwärtige Lage kann nicht län ger dauern. Jeder Tag, der verstreicht, verschlimmert die Gefahren des Landes. Die Versammlung, die die festeste Stühe der Ordnung sein sollte, ist ein Heerd von Complot- ten geworden. Der Patriotismus von 300 ihrer Mitglie der hat ihre verderblichen Bestrebungen nicht aufhalten können. Anstatt im allgemeinen Interesse Gesetze zu machen, schmiedet sie Waffen zum Bürgerkrieg. Sie tastet die Ge walt an, die ich direkt vom Volke habe, sie ermuthigt alle bösen Leidenschaften, sie gefährdet die Ruhe Frankreichs. Ich habe sie aufgelöst und mache das ganze Volk zum Rich ter zwischen ihr und mir. Die Verfassung ist, wie Ihr wißt, in der Absicht gemacht worden, die Gewalten, die Ihr mir übertragen wolltet, im voraus zu schwachen. Sech- Millionen Stimmen waren eine eklatante Protestation ge gen sie und gleichwohl habe ich sie treu beobachtet. Die Herausforderungen, die Verleumdungen, die Beschimpfungen haben mich voll Ruhe gefunden. Aber heute, wo der Grund vertrag von denen selbst, die ihn ohne Unterlaß anrufen, nicht mehr respectirt wird, und wo die Menschen, die schon zwei Monarchien zu Grunde gerichtet haben, mir die Hände binden wollen, um die Republik zu stürzen, ist es meine Pflicht, ihre treulosen Plane zu vereiteln, die Republik auf recht zu erhalten und das Land zu retten, indem ich den einzigen Souverän anrufe, den ich in Frankreich anerkenne: das Volk! Ich erlasse daher eine aufrichtige Berufung an die gestimmte Nation und sage Euch: Wenn Ihr diesen un glücklichen Zustand, der uns entwürdigt und unsere Zukunft gefährdet, fortdauern lassen wollt, so wählet einen Andern an meiner Statt; denn ich will nicht mehr eine Gewalt, die ohnmächtig ist, das Gute zu thun, mich verantwortlich macht für Handlungen, die ich nicht verhindern kann, und mich ans Steuerruder anschmiedet, wenn ich das Schiff auf den Abgrund zueilen sehe. Wenn Ihr im Gegcntheil Vertrauen in mich habt, so gebt mir die Mittel, die große Sendung zu vollbringen, die Ihr mir übertragen habt. Diese Sendung besteht darin, die Epoche der Revolution durch Befriedigung dec gerechten Bedürfnisse deS Volks und durch Beschützung derselben gegen die Umsturzleiden- schaften zu beschließen. Sie besteht besonders darin, Ein richtungen zu schaffen, die die Menschen überdauern und endlich Grundlagen bilden, auf die man etwas Haltba res bauen kann. Ueberzeugt, daß die Wandelbarkeit der Regierung und das Uebergewicht einer einzigen Versamm lung permanente Ursachen von Unruhe und Zwietracht sind, unterwerfe ich Eurer Zustimmung die folgenden Grundlagen einer Verfassung, die die Kammern später ausführen werden: 1) Ein verantwortliches Staatsoberhaupt, auf 10 Jahre ernannt. 2) Minister, die von der Exekutivgewalt allein abhangen. 3) Ein aus den ausgezeichnetsten Männern gebildeter StaakSrath, die Gesetze entwerfend und sie vor dem legislativen Körper diScutirend. 4) Ein legislativer Körper, die Gesetze discutirend und votirend, durchs allgemeine Stimmrecht, aber ohne listenweises Scrutinium, das die Wahlen fälscht, er nannt. 5) Eine zweite Versammlung, aus allen Nolabilitäten deS Landes gebildet, als schiedsrichterliche Gewalt, die den Grundvertrag und die öffentlichen Freiheiten schützt. Dieses System, zu Anfang deS Jahrhunderts durch den ersten Consul geschaffen, hat schon Frankreich Ruhe und Wohlfahrt gegeben und würde sic ihm nochmals sichern. Dies ist meine tiefe Ueberzeugung. Wenn Ihr sie theilt, so erklärt eS durch Eure Zustimmung. Wenn Ihr im Gc- genthcil eine kraftlose, monarchische oder republikanische, Re gierung vorzieht, die irgend welcher Vergangenheit oder chimärischen Zukunft entnommen ist, so antwortet negativ. Zum ersten Male also seit 1804 werdet Ihr in voller Sach- kenntniß, wohl wissend für waS und für wen? votiren. Wenn ich die Majorität Eurer Stimmen nicht erhalte, dann werde ich das Zusammentreten einer neuen Versamm lung veranlassen und ihr das Mandat, das ich von Euch erhalten habe, zustellen. Wenn Ihr aber glaubt, daß die Sache, deren Symbol mein Name ist, d. h. Frankreich, durch die Revolution von 1789 regenerirt und durch den Kaiser organisirt, noch immer die Eure ist, so sprecht eS aus, indem Ihr die Gewalten anerkennt, die ich von Euch verlange. Dann werden Frankreich und Europa vor der Anarchie gerettet sein, die Hindernisse werden sich ebnen, Nebenbuhlerschaft wird verschwunden sein; denn alle werden im Volksbeschlufi das Dekret der Verfassung achten. Gegeben im Palast deS Elysce, am 2. December 1851. Louis Napoleon Bonaparte. IN. Proklamation des Polizeipräfekten an die Einwohner von Paris. Der Präsident der Republik will durch eine muthige Initiative die Machinationen der Parteien vernichten und der Angst des Landes ein Ende machen. ES ist im Namen des Volkes, in seinem Interesse und für die Erhaltung der Republik, daß sich das Ereigniß zugetragen hat, es ist > dem Uctheil deS Volkes, welchem Louis Bonaparte sein Auftreten, die Größe der Handlung vorlegt. Alles läßt leicht begreifen, mit welcher imposanten und feierlichen Ruhe sich die freie Ausführung der Volkssouveränetät kund thun muß. Heute, wie gestern, muß die Ordnung unsere Fahne sein; mögen alle guten Bürger, von der Liebe deS Vaterlandes beseelt, wie ich, mir ihre Unterstützung mit einer unwiderstehlichen Entschlossenheit zukommen lassen. Einwohner von Paris! habt Vertrauen in den, welchem 6 Millionen Stimmen die höchste Magistratur deö Landes gegeben haben, wenn er daS ganze Volk beruft, um seinen Willen auszudrücken; die Aufrührer allein könnten sich diesem entgegenstellen wollen. Jever Versuch, die Ruhe zu stören, wird daher schnell und mit aller Kraft unter drückt werden. Paris, den 2. December 1851. Der Po- lizeipräfect de MaupaS. IV. Proklamation des Präsidenten der Republik au die Armee. Soldaten! Seid stolz auf Eure Sendung; Ihr werdet daS Vaterland retten, denn ich rechne auf Euch, nicht um die Gesetze zu verletzen, sondern um das erste Gesetz auf recht zu erhalten, die Nationalsouveränität, deren legitimer Repräsentant ich bin. — Seil langer Zeit leidet Ihr, wie ich, wegen der Euch sich entgegenstellenden Hindernisse, welche daS Gute hindern, welches ich machen wollte, und die Demonstrationen Eurer Sympathien zu meinen Gun sten. Diese Hindernisse sind hinweggcräumt. Die Ver sammlung hat versucht, meine Gewalt anzutasten, welche ich von der ganzen Nation empfangen habe; sie hat auf gehört, zu existiren. Ich mache einen loyalen Appell an das Volk und die Armee, und ich sage ihr: gebt mir ent weder die Mittel Euer Wohl zu sichern oder wählt einen Andern an meiner Stelle. Im Jahre 1830, wie 1848, hat man Euch als Besiegte behandelt. Nachdem man Eure heroische Enthaltsamkeit beschimpft, hat man Eure Wünsche und Eure Sympathien nicht befragt, und doch seid Ihr die Elite der Nation. Heute, in diesem feierlichen Augenblicke, will ich, daß die Armee ihre Stimme hören läßt. Stimmt daher frei, wie Bürger; aber als Soldaten vergeßt nicht, daß der passive Gehorsam gegen die Befehle des Chefs der Re gierung die strenge Pflicht dec Armee ist, von dem General an bis auf den Soldaten. Es ist an mir, verantwortlich für meine Handlungen vor dem Volke und der Nachwelt, Maßregeln zu nehmen, welche mir äußerst nölhig für das öffentliche Wohl scheinen. Was Euch betrifft, bleibt un verändert in den Regeln der DiSciplin und der Ehre. Helft durch Eure imposante Haltung dem Lande seinen Willen in Ruhe und Ueberlegung kund thun. Seid bereit, jeden Ver such gegen die freie Ausübung der Volkssouveränität zu unterdrücken. Soldaten, ich spreche Euch nicht von den Erinnerungen, welche mein Namen bervorruft. Sie sind in Eure Herzen geschrieben. Wir sind vereinigt durch un auflösliche Bänder. Eure Geschichte ist die meinige. Es giedt zwischen uns in der Vergangenheit Gemeinschaft oeS Ruhmes und des Unglücks. Es wird in der Zukunft Ge meinschaft der Gefühle und der Entschlossenheit für die Ruhe und Größe Frankreichs geben. Gegeben im Palais des Elysee den 2. December 1851. L. N. Bonaparte. * Paris, 2. December, Abends 5 Uhr. Die ernsten Ereignisse nöthigen unS, unS heute nur auf die Erzäh lung derselben zu beschränken. Gestern war großer und zahlreicher Empfang im Elnsee. Man war bis 2 Uhr dort. Niemand ahnte den bevor stehenden Staatsstreich. Louis Bonaparte sah sehr heiter aus. Die 52,000 Stimmen, die der Ordnungscanbioat Devinck erhalten, scheint die Ursache gewesen zu sein, warum man so schnell vorwärts gegangen ist. Um halb 3 Uhr wurden die Minister nach dem Elysee be- schieden und dann sofort der Befehl rrtheilt, die Proclama- Wissenschaft. Es kann für die deutschen Gelehrten nicht ohne Imerefle sein zu wissen, daß die bisherigen Schwierigkeiten der Benutzung der Vatikanischen Bibliothek zu Rom, welche allen wissenschaftlichen Forschungen stets hemmend ent- gegenstanden, jetzt durch rin päpstliches hlotuproprio so sehr gemehrt sind, daß einstweilen von einer derartigen Benutzung der Schätze dieser Bibliothek abzusehen ist. Anßer der Wieder herstellung früherer päpstlicher Vorschriften in ihrer ganzen Strenge sind noch vielfache neue Bestimmungen hinzugesügt; z. B. dre Bibliothekare dürfen die Inventarien und Kataloge ohne speciefle päpstliche Erlaubniß Niemandem zur Einsicht ge statten; ihrem persönlichen Ermessen bleibt eS überlassen, dem Fremden die Benutznng der gedruckten Bücher zu erlauben oder zu verweigern; die Beaufsichtiget: der Handschriften dürfen den Fremdrn keine Kopien von EodiccS und Manuskripten überlassen, keine Notizen und Auszüge für dieselben machen; Niemand darf Handschriften copiren oder auch nur für Einzelheiten ohne be sondere päpstliche Erlaubniß, die erst durch Begutachtung deS CardinalbibltothekarS erlangt wird, zu Rath« ziehen; jede-Er- gebniß solcher Arbeit muß vor dem Verlassen der Bibliothek dem Kustoden zur Controle vorgelegt werden ; endlich ist dir Biblio thek nur an etwa neunzig Tagen täglich drei Stunden geöffnet und an allen übrigen Tagen die Benutzung absolut untersagt. Die Golddistricte Australiens. Der zuerst entdeckte Golddiflrict liegt westwärts von Bathurst 113 englische Meilen von Sidney. Dir dortigen DiggingS, dir Feuilleton. man Ophir-DiggingS nennt, befinden sich genau 35 englische Meilen nordwestlich von Bathurst am Summerhillfluß. Die Nachbarschaft weit umher ist eine wilde dürre Gegend, wo man kaum ein Gräschen und hier und da nur einen Baum sieht, von Bergen ringS umschlossen. DaS Klima ist weit rauher als in Sidney, und im Winter friert und schneit eS, indessen ist eö bedeutend milder in dem australischen als in dem kalifornischen Ophir. Jetzt haben die neuentdecktrn DiggingS im Bathurst- districte zu Turon und am Hunter-River die Aufregung ver mehrt und die Menschheit völlig toll gemacht. Diese neuen Fundgruben sind sehr ergiebig. Zwei Goldgräber halten in zwei Tagen im FriedrichSihale für 150 Pfd. St. Gold erobert. Man findet viele Stücke von 14 Unzen Gewicht und unermeßlich viel steckt in großen Quarzadern, wie in Kalifornien. Die durch die Post wöchentlich verführte Goldmasse beträgt bereits durch schnittlich 10,000 Psv. St. an Werth. Der famoseste kentner GoldeS, wohl daS größte Stück, waS die Welt je gesehen hat, ist jetzt nach England unterwegs, consignirt an Matheson sc Komp. Unglücklicherweise brach der ursprüngliche Eigenthümer und Finder es mit Gewalt durch, um eS von dem Quarz zu trennen. Gegenwärtig find die Märkte in Sidney mit Maaren und Sachen aller Art angefüllt. La Niemand daran denkt, sich mit Vorräthen von irgend welchem Artikel zu belasten, sondern vielmehr sich zur Abreise nach den Goldminen zu rüsten. * In Prag eristirt rin sehr beachtenswerther Verein, welcher der czechischen Literatur eine bedeutende Thätigkeit und pekuniäre Stütze zuwendet. Der Verein der Illstice ce»k» besitzt fast aus allen klaffen -er Bevölkerung Mitglieder, namentlich auch unter den höchsten LandeSbeamtrn und den Angehörigen der angesehensten Familien; die Zahl derselben beträgt 3000. Sein Vermögen ist rirca 60,000 Thaler und seine Jahreseinnahme durchschnittlich 12,000 bis 14,000 Gulden. Die Einnahmen werden zur Hälfte auf Herausgabe czech,scher Bücher verausgabt, zur Hälfte aber zum Kapital geschlagen. Im letzten Vierteljahre wurden von den Mitgliedern 2400 Gulden K.-M. zur VereinS- caffe gezahlt. * Mnsikliebhaber wird die Notiz amusiren, daß Herr v. Heeringen au- New-Bork sich gemüßigt gesehen hat, ein neues Notensystem zu construiren, das sich hanpisächlich aus den Wegfall aller Versetzungszeichen bei der Notation gründet. Der Erfinder hat nämlich z. B. die Notenschrift für'S Pianoforle dahin verändert, daß alle weißen Tasten mit leeren Notenköpfen, alle schwarzen mit gefüllten Köpfen bezeichnet werden, so daß hier durch nicht mehr wie bisher auch die Dauer der Noten angezeigt wird. Die Herzählung der weitern Einzelheiten würde hier zu weit führen. Herr v. Heeringen hat in Berlin im Tonkünstler- verrin sein System mitg,theilt, dessen Einführung ihm wahr scheinlich in einem musikalisch uncultivirten Lande, wie z. B. Amerika oder Australien, am leichtesten werden dürfte. G Georg Liebig (Sohn) in Darmstadt hat «inen billigen Gasapparat erfunden, mittelst dessen man kohlensaurer GaS und durch Verbindung desselben mit mineralischen Stoffen die verschiedensten Mineralwässer rasch Herstellen kann. Don vr. Werber in Freiburg wird diese Erfindung der ärztlichen Be achtung als zur allgemeinen Verbreitung zu diätischen und medicinischen Zwecken dringend empfohlen.