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Verantwortlicher Redakteur: I. G Hartmann. .V 302. Dieses Blatt ersrt'eint mit Ausnahme des SsnntagS täglich Abends und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Freitag, den 21. November. Preis für das Vierteljahr 1'^ Thaler. InsertlonS-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile l Rcugroschen. I8S1 Amtlicher Theil. Gencralverordnuiig des Ministeriums des Innern, die Einsendung der vorschriftmäßigen Freiexemplare der in Dachsen erscheinenden Zeitschriften an das Ministerium des Innern betreffend. Das Ministerium des Innern hat wiederholt die Be merkung zu machen gehabt, daß die an dasselbe nach H. 20 des Gesetzes, die Angelegenheiten der Presse betreffend, vom 14 März dieses Jahres zu bewirkende Einreichung eines Exemplare- eines jeden Stücks, Hefts oder Blatts von je der im Königreiche Sachsen erscheinenden Zeitschrift nicht mit der erforderlichen Pünktlichkeit und Vollständigkeit er folgt. Bei Einleitung des wegen derartiger Contraventio- nen in H. 25 deS nurgedachten Gesetzes vorgeschriebenen Strafverfahrens ist aber von den Contravenicnten zu Recht fertigung ihreö Verhaltens mehrfach die Behauptung, daß ihrerseits die Abgabe des an daS Ministerium einzureichen- den Pflichtexemplares zur Post richtig erfolgt sei, aufgestellt worden, deren Grund oder Ungrund jedoch, da bei den Postanstalten ein besonderer Eintrag der unter Kreuzband gehenden Sendungen nicht statkfindet, öfters nicht genügend zu ermitteln gewesen, so daß denn auch auf derartige Ent schuldigungen zu Gunsten der Denunciaten nicht immer eine entscheidende Rücksicht hat genommen werden können. Zu Beseitigung dieser Unregelmäßigkeiten und um den zu Einsendung des Pflichtexemplars an das Ministerium des Innern verbundenen Personen den Nachweis rechtzeitiger Einreichung möglichst zu erleichtern, hat nun das Ministe rium des Innern die Einführung von Quittungs büchern nach dem unter (-) ersichtlichen Schema beschlos sen. Dieselben sind von denen, die derselben sich zu bedie nen gesonnen sind, nachdem sie auf der Außenseite des Buchs den Namen der Zeitschrift, für welche es dienen soll, in der ersten Columne der in dem Buche enthalte nen Blätter aber Jahr, Monat und Tag der erscheinen den Nummer der Zeitschrift, in der zweiten die Nummer selbst und in der dritten den Namen der Zeitschrift be merkt haben, bei der jedesmaligen Abgabe einer zur Bestel lung an das Ministerium des Innern bestimmten Nummer an die Postanstalt der letztern vorzulegen, worauf dann diese nach erfolgter Vergleichung der verabfolgten Nummer mit den auf der Außenseite, sowie in der ersten, zweiten und dritten Eolumne des Quittungsbuches enthal tenen Angaben des Einsenders, in der vierten, von dem Einsender zu diesem Bchufc frei zu lassenden Eolumne durch Aufdrückung ihres Stempels die rechtzeitige Einrei chung des Pflichtexemplars beglaubigen wird. Indem die Herausgeber von Zeitschriften oder wer sonst nach H. 20 des Gesetzes vom 14. Marz d. I. zur Einrei chung eines Pflichtexemplars von Zeitschriften an das Mi nisterium des Innern verbunden ist, hiervon mit dem Be merken in Kenntniß gesetzt werden, daß die neue Einrich tung mit dem 1. Januar 1852 ins Leben treten soll, bleibt den gedachten Personen, jedoch mit Ausschluß der Heraus geber von in Dresden herauskommenden Zeitschriften, bei denen die in Rede stehende Einrichtung nicht nöthig er scheint, da sie Behufs der Abgabe ihrer Pflichtexemplare an das Ministerium des Innern der Versendung derselben durch die Postanftalt sich zu bedienen nicht gcnöthigt sind, überlassen, mit so viel Quittungsbüchern, als von ihnen Zeitschriften herausgegebcn und durch die Poft an das Mi nisterium des Innern versendet werden, durch ihre kompe tente Polizeibehörde, bei welcher dergleichen Quitlungsbü- cher zu diesem Behufc vom 1. Detember d. I. an unenl- geldlich in Empfang genomme« werden können, sich Verse- hen zu lassen und derselben in der vorstehend angegebenen Weise sich zu bedienen. Dresden, den 18. November 1851. Ministerium des Innern. v. Friesen. 6 Schema eines Luiltungsbuches. ! Jahr, Monat und Tag des Erscheinen der Nr. Nr. ter Zeitschrift. Name der Zeitschrift. Ouittungo- stempel. 1852. Januar 5. >. Leipziger lageblatt und Anzeiger. Tagr-geschichte. — Dresden, 10. November. Am 17. d. M. ist Se. König!. Hoheit der Kurfürst von Hessen unter dem Namen eines Grafen von Schaumburg auf seiner Reise nach Wien hier durchpassict; ein ihn betroffenes leichtes ! Unwohlsein war die Veranlassung, daß er hier einen Tag verweilte; er behielt jedoch das strengste Inkognito und reiste am 18. d. M. wieder ab. , , > 0 Dresden, 19. November. In Bezug auf die Um gestaltung unser« Militär-SanitätswesenS sind wir in der Lage Folgendes berichten zu können. Die dermalen in der sächsischen Armee bestehende Ein- : richtung, nach welcher die Militärärzte bei den einzelnen Regimentern und Parteien einrangirt sind (das Regimen- > tirlsein), hat den wesentlichen Nachtheil, daß es im Felde bei den Ambulancen und Spitalern nicht selten an tüchti gen und erfahrenen Aerztrn fehlt. Denn nach der jetzigen Einrichtung sind die Aerzte au die verschiedenen Truppen körper gebunden, müssen mit Hictzn alle Märsche und Dis- ! locationen mitmachen, wobei sich ihnen selten Gelegenheit bietet, wesentlichere und ausgedehntere Dienste zu leisten, als Nolhverbände zu machen und die Kranken in die Hospi täler zu dirigircn. Weitere Nachtheile stellen sich in Bezug auf die jetzige Organisation der Ambulancen heraus. Hier Hal sich zu vörderst die Einrichtung nicht dcwährt, daß das bei den Ambulancen nölhige Personal erst mit Eintritt der Mobil machung der Armee angestellt wird, indem diesem Perso nal, namentlich dem so wichtigen Zweige der Krankenwär ter, sodann gewöhnlich die zur Dienstleistung im Felde er forderliche Bildung abqeht. Ein anderer Uebelstand ist cs, daß bei den jetzigen Einrichtungen die Wahl der Lccalitä- , i ten der Ambulancen, indem letztere dem Kampfplätze stets sehr nahe sein müssen, sehr beschränkt ist und daher den Kranken und Verwundeten gegen Wittcrungseinflüsse oft mals nur ein sehr geringer, oder wohl gar kein Schutz ge währt wird, größere Operationen aber meist in freiem Felde vorgenommen werden müssen, auch bei einer plötzlichen nach theiligen Wendung des Gefechts die Gefahr, in Feindes- ! Hände zu fallen, sehcxnahe liegt. Hierzu kommt noch, daß bei der bestehenden Einrichtung den Kranken und Verwun deten nicht immer mit der erforderlichen Schnelligkeit Hilfe geleistet werden kann, auch wohl das Entfernen gesunder Leute vom Schlachtfelde unter dem Vorgeben, Blessirten Hilfe geleistet zu haben, begünstigt wird. Zur Beseitigung dieser Mängel sind daher auf Vortrag des Kriegsministeriums die betreffenden Vorschläge Aller höchst genehmigt worden L) daß vom 1. Januar 1852 an dis sämmtliche ärzt liche Personal der Armee vom Etat der einzelnen Truppen- abtheilungen gebracht und dagegen in ein besonderes Sa it itätsrorps vereinigt werde, und von lehterm aus die einzelnen Individuen schon im Frieden dorthin commandirt werden, wo ihre Gegenwart gerade am nöthigsten ist, sowie 2< daß zu gleicher Zeit für den Dienst bei den Ambu lancen und Keldhospitälern eine SanitätScompagnie formirt und soweit wie nur möglich bereits im Frieden für den Zweck im Fekde ausgebildet werde. DaS Sanitätscorps wird demnach aus sämmtlichcn Ober- und Unterärzten der Armee bestehen. Der General stabsarzt ist der Direktor desselben und bildet mit den ihm bcigegebcnen Oberärzten und einem Unterärzte die Sani- tätsdtrection. Von dem Sanitätscorps aus werden vom Generalstabsärzte nach Bedarf und mit Genehmigung des Kneqsministeriums die Oberärzte zur Dienstleistung zu den Divisionen, Brigaden, Regimentern, Bataillonen und als Dirigenten und Assistenzärzte in die Garnison- und Feld hospitäler, sowie zu den Ambulancen, dagegen die Unter ärzte zu den Compagnien, Schwadronen, Batterien, in die Hospitäler rc. commandirt, und erhaltn je nach ihrer Ver wendung die Oberärzte die Titel: DivisionS-, Bugade-, Re gimentsstabs-, Bataillonsärzte rc., die Unterärzte dagegen die Titel: Compagnie-, Schmadrons-, Batterie- und Hos- pitalärzte. Der Dirigent des Dresdner Garnisonshospitals führt den Titel Garnisonstabsarzt. Die Mannschaft der SanitätScompagnie erhält im Allgemeinen die Bestimmung, die Verwundeten auf dem Schlachtfelde aufzusuchen, denselben in Ermangelung eines Arztes die erste Hilfe zu leisten, sie auf den Verbandplatz zu bringen, daselbst dem Arzte bei den vorkommenden chirur gischen Verrichtungen behilflich zu sein und die Verwunde ten nach den ärztlichen Anordnungen so lange, bis dioselden in ein Hospital gebracht werden können, zu pflegen. Ein Tdeil der Sanitätssoldaten wird den FeldboSpitälern als Krankenwärter zugotHeilt. Die Sanitälscompagnie besteht nach Zahl der Ambu lancen aus 4 ältern Subalternofsizieren, 4 Sergeanten (von jeder Infanteriedivision 2), 15 Corporalen (von jeder Jnfanteriebrigade .1), 4 Signalisier; (von jeder Infanteriedivision 2), 220 Soldaten (von jedem Bataillon 11 Mann), 247 Mann in Summa. — Die für dieselbe erforderlichen Individuen aller Grade werden im Frieden designirl und bei dem jährlichen Zusammentritte dec Compagnie, oder bei einer Mobilmachung der Armee zur Dienstleistung zu er sterer commandirt. Bei den zu designirendcn Unter offizieren und Soldaten wird vorausgesetzt, daß sie sowohl im Exerciren als im Schießen mit dem Gewehre bereits vollständig ausgebildet sind; die nothwendigen Eigenschaften Aller aber sind — wie in den von dem Kciegsministcrium erlassenen Bestimmungen ausdrücklich bemerkt ist — „Em pfänglichkeit für die Leiden der Kameraden und ein ruhiger, fester und dabei gutmülhiger Charakter." Schon erlittene Strafen wegen Diebstahl, Subordinationsvergchen und un ordentlichem Lebenswandel machen zur Aufnahme in die Sanitätscompagnie unfähig. Zur theoretischen und prak tischen Ausbildung für ihre specielle Bestimmung wird die Compagnie alljährlich auf 4 Wochen in Dresden vereinigt; die obere Leitung dieser Ausbildung übernimmt der Ge neralstabsarzt. Sämmtliche Mitglieder der Compagnie blei ben im Frieden wie im Kriege auf dem Etat ihrer bis- l « e » r r i - ) ) « t Das moderne Litcratenthum von Niehl. (Schluß.) Der Ehrgeiz als asicinigeS Moiiv der Geistesarbeit erzeugt aber auch jenen aniicipirien Sybaritismuö im bürgerlichen Leben, der eine» großen Theil unserer Tagesschriftsteller kennzeichnet. Die Prahlerei mit vornehmem Wesen, mit glanzender Haus einrichtung, mit goldenen Ketten und Champagner haben sie den französischen Schriftstellern glücklich abgezuckt, da sie ihnen doch ren Erwerb der hohen überrheinischeu Honorare noch nicht haben abgucken können. Uno wo kiese Bornehmihuerei nicht in nnturn ausgesührl werden kann,, da sucht sie sich wenigstens überall in der Schreibart vorzudrängen. Es läßt sich kaum eine größere Selbstironir denken, als wie sie in jenem hochgeborenen Sinke steckt, der namentlich in den Zeiten deS jungen Drulschland bei deuischcn Feuilletonisten und Belletristen Mode war. Prüft man diese Schreibart, die möglichst mit SalonauSdrückcn um sich wirft, dir Anschauungen der vornehmen Well als die natürlichen an- geftainmten deS Autors affeciirt und die verzwickte verschämte Redeweise der sogenannten feiffcn Gesellschaft alS etwas Neues, Geniales unv Frische- in unser LchrifUhum wieder ein geschmuggelt Hai, dann sollte man meinen, unsere Literaten seien allgeiammt auf Pargnetböden großgewachsen und müßten stolpern, wenn sie einen Fuß auf die grobgehobelten Dielen in eine» Bürger- odr, Lauein Stube setzten, lind koch ist der Ver fasser in der Regel wohl ein ganz armer Schelm gewesen, rem eS sauer genug geworden ist, die leben-warmen Anschauungen, die Feuilleton. derben naturwüchsigen Ausdrücke der GesellschaflSschich», in welcher er groß geworden, wieder abzustudiren und die fremden vornehmen Phrasen dafür eiuzutauschen. Das ist eben der Fluch der ganzen modernen Schriftstellere!, daß sie — im Geiste dcs vierten Standes — die GesellschaftSschicht zu verleugnen sucht, in welcher sie von Alters her ihre Wurzeln getrieben hat. Vom literaturgeschichilichen Standpunkte hat man diesen Gedanke» langst dahin formulirt, daß unsere neuere National literatur ausschließlich eine Literatur der Gebildeten, nicht deö ganzen Volkes geworden sei. ES gilt aber auch die Wahrheit dieses Satzes vom socialen Standpunkte anS anzuerkenne». Früher war eS die Gclchrlenaristokratie, welche sich wissenschaftlich Md gesellschaftlich von ihrem nGmlichen Boden, dem Bürger- ihume, abzulösen suchte, jetzt ist es daS Gelehrtenproletariai. So finden wir auch bei den musikalischen Genossen des vierten Standes die Schreibart der sogenannten Saloumusik ausgebildet, in welcher gleichsam der ehrenfeste und volksmäßige Sivl der alten Meister zum Baron übergeschnappt ist, da doch die Schöpfer desselben keineswegs Barone geworren, sondern durchschnittlich aus rem dritten und vierten Stande hervorgrgAngen sind. Die Versöhnung deS Schrimhums mit dcm Volksthume kann keines wegs auf literaiischcm Wege (etwa durch die jetzt wieder in Mode kommende Koketterie mit volksihümlichen Redewendungen) ge stiftet werden, sondern nur auf socialem. Wenn der gelehrte Aristokrat oder Proletarier erst wieder einmal auf richtiger Hin gabe an daS Leben deS BürqcrihumS sich erfrischt und gekräftigt ha«, dann wird sich auch seine Schreibart verjüngen und kräftigen. 3n der Rede und Anschauung des Bauern ist die geschichtliche Ueberlieferung der derben Naturkraft unserer Sprache gegeben, in der Rede deö Bürgermanns die reiche breite Mannichfaltigkeit ihrer srühlingükräftigen Entsaltung, in der abstractcn, nivellirten und conveniioncll ausgebügelten Redeweise der Bildungs aristokratie die greisenhafte Abgelebtheit. I)r. Marlin Luther, der giößte deutsche Volköschriftsteller, war auch ein Literat, unv zwar nicht etwa ein populärer Verwässeret, sondern ein ganzer Ge lehrter, der anS den Tiefen reS Geistes heraus der Wissenschaft neue Bahnen gebrochen, und doch hat er'S in seiner Schreibart nie verleugnet, daß er des Bergmanns von Eisleben Sohn war; seine ganze Schriftstellere! beweist, daß er seinen socialen Boden im Bi'irgerthume sich zu wahren wußte, unk er ward ein wahr haft volköthümlicher Schriftsteller, weil er steiS neue Kraft und Fülle deS Gedankens und Ausdrucks aus der bürgerlichen Lebens sphäre zog, in welcher er einmal durch Geburt und Erziehung mit allen Mächten seiner Existenz festgewachsen war. DaS Literateiuhum Hal aber nicht blos zur Gesellschaft, souvern auch zum Staate eine eigenlhümliche abnorme Stellung eingenommen. Die Vermengung unv Verwechselung der politischen mit der socialen Opposition, welche einen Grundzug aller revolutionären Bewegungen der neuesten Zeit bilde», hat in dem literarischen Proletariat ihre natürlichsten und eifrigsten Apostel gefunden, und namentlich wußte dasselbe zur entscheidenden Stunde oft genug dem Arbeiterproletariat die Identität der politischen Umwälzung mit der gesellschaftlichen begreiflich zu machen und letztere- solchergestalt zum Kampfe gegen die historische Staatsordnung zu entflammen, welche dem-