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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. M 305 1851 Diese« Blatt erscheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich Abends und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Preis für da« Vierteljahr 1^ Thaler. MLltlvlM. 2v. Rovemvek. Insertion«-Gebühren für den Raum , einer gespaltenen Zeile l Neugroschrn. Amtlicher Theil. Dresden, 21. November. Se. Königl. Majestät ha ben den Oberleutnant und Adjutant bei der Brigade rei tender Artillerie Eppendorf zum aggregirten Hauptmann, unter Enthebung der Adjutantenfunction, den Oberleutnant Oertel zum Adjutanten derselben Brigade und den Leut nant Fellmer vom Fußartillerieregimente zum aggregirten Oberleutnant zu ernennen geruht. TageSgeschichte. Leipzig, 24. November. Im 3. Handel« - und Fa brikwahlbezirke wurde bei der heute hierselbst stattgefunde nen Landtagswahl Herr Gustav Anton Ta sch zu Glauchau zum Abgeordneten und Herr Raimund Här tel in Leipzig zu dessen Stellvertreter erwählt. Wien. Der „Lloyd" giedt den hiesigen großen Han delshäusern sehr bittere Lehren, indem er die alte (Geburt«-) Aristokratie mit der neuen (Geld-) Aristokratie vergleicht. Die Geburtsaristokratie sei zur Zeit der Bedrängniß her- betgeeilt, um auf den Schlachtfeldern ruhmvoll im Dienste de« Staat.« zu fallen. Oft hätten die Sprossen alter Fa milien Hab' und Gut den Verwüstungen der Insurgenten überlassen, um sich dort zu stellen, wo der Ruf der Ehre ihnen den Platz anwies. Mit gleicher Bürgertugend habe in den Zeiten der festländischen Kriege der große Handel England« die Pitt'sche Politik unterstützt und ungeheure Subsidien zur Bekämpfung de« Todfeinde« auf da« Festland geschickt. Der österreichische Handelsstand habe sich zwar an dem Anlehen betheiligt, aber er glaube immer schon am Ende seiner Pflicht zu sein, wenn er die Geldbedrängnisse nicht verschlimmere; daß er für eine Besserung thätig sein müsse, falle ihm nicht bei. ES fehle den Bankiers vor Allem das richtige point ck'lronneur, so daß sie bei ihrem Geschäftsbetriebe sich gar nicht um daS allgemeine Wohl kümmerten. Verona, 16. November. Heute Nachmittag um L2 Uhr langte der Großfürst Konstantin von Rußland nebst Adjutanten und Dienerschaft mit einem besondern Zug in Verona an, begab sich sogleich auf Besuch zu Feldmarschall Graf Radetzky und war schon um halb 3 Uhr wieder auf der Rückreise nach Venedig begriffen. Eine Stunde später ging der Feldmarschall sammt Gefolge und mittelst Separattrain zum Gegenbesuch nach Venedig ab. Berlin, 24. November. (N. Pr. Z.) Se. Majestät der König trafen heute früh A9 Uhr von Potsdam hier ein und begaben Allerhöchstsich nach Bellevue, um dem daselbst versammelten Ministerrathe beizuwohnen. Se. Majestät kehrten um 2 Uhr nach Potsdam zurück. — Se. Majestät der König werden morgen (Dienstag) gegen Mittag mittelst eines Extrazuges Allerhöchstsich nach Hannover begeben, um der Beerdigung des hochseligen Königs Ernst August von Hannover beizuwohnen, welche am Mittwoch stattsindet. Se. Majestät werden dem Vernehmen nach von verschiedenen höhern Offizieren der Garnison von Berlin und Potsdam begleitet werden, welchen Allerhöchstste dasselbe allergnädigst gestattet haben. — (N. Pr. Z.) Es bereiten sich Petitionen vor, welche eine Lheilung der Provinz Preußen in Ost- und Westpreußen anstreben. Dem letztgenannten Landestheile wünschen die Petenten den Regierungsbezirk Bromberg zu geschlagen. — (C. B.) Die preußische Regierung beabsichtigt, bei Gelegenheit deS im Anfang des nächsten Jahres hier statt findenden ZollvereinScongresseS darauf hinzuwirken, daß, gleichwie eS im Jahre 1842 geschehen, allgemeine und den thatsächlichen Verhältnissen der Industrie entsprechende Grundsätze und Bestimmungen über das Patentwesen und die Privilegien in Betreff neuer Erfindungen festgestellt werden und zur Geltung kommen. Bisher war es keinem Erfinder möglich, ein Patent für die gejammten Zollvcr- einsstaaten zu erhalten, vielmehr mußte ein solches bei jeder einzelnen Regierung nachgesuchl werden, und letztere gingen bei Beurlheilung der Patentfähigkeit eine« Gegenstandes von so verschiedenen Ansichten a»s, daß öfters in einem Staate ein Patent versagt wurtzt, welches ein anderer ge währte. Dem „Fr. I." wird auS Magdeburg, 19. November, geschrieben: Unsere Festung ersten Ranges wird vollständig desarmirt. Schon ist ein Theil der Pallisaden ausgehoben und entfernt, und mit Wegräumen des Restes derselben ist man eifrig beschäftigt. Auch die Blockhäuser erhalten eine Fliedensbedachung, statt des frühern gegen die Bomben sichernden Erdaufwurss, und breite Gräben werden sie vor jeder muthwilligen Beschädigung wie vor dem Diebstähle an ihren Holzwänden sichern. — Die Barbiere der Provinz Sachsen haben vorgestern hier einen großen, wohl von 70 Individuen dieser GewerbSclasse besuchten Congreß ge halten und auf demselben eine Petition an die Kammern zu richten beschlossen, worin sie darauf antragen, eS möge ihnen nach dem beschlossenen Aussterben der bestehenden Wundärzte im preußischen Staate die schon früher hier und da von ihnen geübte Bcfugniß vollständig verliehen werden, Operationen der niedern Chirurgie zu verrichten. Sie erbieten sich, eine geeignete Prüfung zu bestehen, um ! in die nach dem neuen Medicinalgesehe zu bildende Classe von Chirurgen (Heilgehilfen) ausgenommen zu werden. Insterburg, 16. November. Die „Preuß. Z." berichtet: ! Gestern ist daS Schwurgericht hierorts beendet, nachdem es ' drei Wochen lang ununterbrochen thätig gewesen ist. Wie verlautet, hat ein großer Theil dir Geschwornen, bevor sie in ihre Heimath reisten, eine Petition an das Ministerium erlassen, worin sie um Abschaffung des neuen Instituts der Schwurgerichte bitten. Berleburg, 16. November. (N. P. Z.) Am 12. d. M. starb auf seinem Stammschlosse zu Berleburg in Westfalen , Se. Durchlaucht der Fürst Friesrich Albrecht Ludwig Fer- ' dinand zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, k. Ge neralmajor und Ritter de« -schwaxzen Adlerordens, seit dem 8. April 1837 Senior des fürstlichen und gräflichen Ge- sammlhauses Sayn-Wittgenstein. München, 21. November. (O.P.A.Z.) Heute Morgen hat Se. Majestät der König die Ernennung des Regierungs präsidenten Freiherrn v. Schrenk zum Bundestags gesandten unterzeichnet, und wie ich höre, wird sich der ! neue Herr Gesandte alsbald auf seinen Posten nach Frank- ! furt begeben. Aus Hannover, 23. November, wird dec „N. Pc. Z." geschrieben: Die Farbe des neuen Ministeriums ist mehr ständisch-conservaliv als des Ministeriums Münchhausen. — Die von dem Ministerium Münchhausen eingegangene Zolleinigung mit Preußen wird von dem neuen Ministerium stricte durchgeführt werden. — Im „Hamb. C." heißt es über denselben Gegenstand folgendermaßen: „Nach dem politischen Charakter der Männer, aus denen das neue Mi nisterium bestehen soll, zu urtheilen, hätten wir von diesem Ministerium durchaus keinen andern Weg in Hinsicht unserer innern Politik zu erwarten, als verfassungsmäßige und legale Schritte, aber größere Energie in der Entwickelung der gesetzmäßigen Regierungsmacht. Namentlich ist Herr v. Schele als ein Mann bekannt, der Recht und Gesetz achtet; dabei ist er ein ausgezeichneter Geschäftsmann und hat Erfahrung im staatsmännischen Fache, ohne welche das Staatsschiff nach Außen hin gar nicht fortkommt. Herr Bacmeiflec gehört zu den wenigen Männern unseres Lan des, die in Kenntnissen, geistiger Begabtheit, Geschäftskunde excelliren; er besitzt außerdem die großc Tugend der Prin- cipmäßigkcit neben der Milde in der Praxis. Herr Wind, horst ist ein fester Charakter und kenntnißvoller Mann, welcher sich im Jahre 1848 durch seine konservative Rich tung und durch seinen Muth in der zweiten Kammer selbst die Achtung der linken Seite erwarb. Herr Borries besitzt eine sehr große Kenntniß der innern Verhältnisse des Lan des. Herr v. Brandts ist einer unserer ausgezeichnetsten Militärs, der vor 1848 eine lange Zeit Zurücksetzungen erfuhr, aber, in den dösen Jahren 1848 und 1849 durch Muth, Charakter und militärische Führung so hell hervor strahlte, daß er hervorgezogen werden mußte. DaS gegen wärtige Ministerium bestand aus guten, redlichen Männern. Indessen die Zeit war in Disharmonie mit ihnen getreten und that an sie Forderungen, denen sie wegen ihrer decla- rirten Gesinnungen nicht entsprechen konnten. Sie selbst sollen das gefühlt und deshalb ihre Entlassung gegeben haben." Dieselbe Quelle will noch wissen, daß das Finanz ministerium dem bisherigen Obersinanzrath Bar zugedacht sei. Baden, 20. November. (Schw. M.) Eine Einrichtung, welche von Großherzog Karl Friedrich angeordnet, später in Abgang gekommen war, ist neuerdings wieder in Uebung gekommen. Es bereisen nämlich Negierungscommis- sarc das Land und ziehen über die Handhabung der Justiz und der Polizei, über die Bewirthschaftung der Gemeinden, über das Schulwesen, über das Benehmen der Angestellten Erkundigungen ein, hören die Wünsche und Beschwerden von Stadl und Land und referiren solche höhern Orts. AuS Böhltngen (in Württemberg) wird dem „Schw.M." unterm 19. November geschrieben: Die Auswanderung in unserer Gegend dauerte bis jetzt immer noch fort, und trotz der schon vorgerückten Jahreszeit verließen oft ganze Züge von Auswanderungslustigen die alle Heimath, um sich jen seits des Oceans eine neue zu suchen. Der größte Theil dieser Auswanderer sind kräftige junge Leute, denen cs bei uns so viel als unmöglich ist, sich eine eigene Existenz — eine sorgenfreie ohnehin nicht — zu gründen. Manche wurden noch von den betreffenden Gemeinden unterstützt, und die Zahl der Fortziehcnben würde noch beträchtlich zu nehmen, wenn die Gemeindebehörden bei der Unterstützung weniger das Bedenken tragen dürften, es möchten Manche nach ihren enttäuschten Hoffnungen wieder zurückkehren und der Gemeinde dann unfehlbar zur Last fallen. — Dagegen liest man in demselben Blatte aus Mannheim, 19. No vember : Dieser Tage kam eine Anzahl Auswanderer aus New-Uork zurück, weil ihnen dort die Einwanderung wegen körperlicher Schwäche und Gebrechen nicht gestattet wurde. Der Rücktransport geschah, wie eS heisst, auf Kosten der Capitane, welche diesen Leuten seiner Zeit die Einschiffung erlaubten. Dieser Umstand möge als abmahnender Wink allen jenen Auswanderungslustigen dienen, welche schon vor gerückten Alters oder schwächlichen Körpers und nicht hin länglich mit Geldmitteln versehen sind. .Kassel, 18. November. Die „Kass. Z." bringt in ihrem amtlichen Theile eine Reihe von Ernennungen für den neu eingesetzten Disciplinargerichtshof erster und zweiter Instanz. In der zweiten Instanz wird der Minister Hasscnpflug präsidiren. Die „D. V." schreibt aus .Kassel: An die Reise des Kurfürsten nach Wien knüpfen sich um so mehr einige Hoffnungen für die baldige Regulirung unserer Verfas sungsfrage, als man sich allerhöchsten Orts noch Tags vorher dazu entschlossen hat, ein Mitglied des Ministeriums der kurfürstlichen Begleitung beizugesellen. Es ist dieses Hoftheater. Montag, 24. November. Die Entführung aus dem Kcrail. Oper in drei Acten von Mozart. Dir Wiederholung dieser reizenden Oper Mozarl'S, deren Be ziehung zu deS Meisters eigener LiebeS- und HeirathSgeschichte schon früher erwähnt wurde, war zwar mit musikalischer Sorg falt vorbereitet, zeigte aber besonders in den weiblichen Partien völlig ungenügende Ausführungen. Die beste und lobenSwürdigste Leistung war die deS Herrn dal le Aste als „Oömin", obwohl dem Naturell deS Sängers die groteske Komik dieser köstlichen Buffofigur fern liegt, welche Mozart mit so unvergleichlicher Laune gezeichnet hat. Fräulein Bürv'S für den graziösen Coloraturgesang ge nügendes Organ vermag die Last deS BravourgesangeS der „Constanze" durchaus nicht zu tragen; höchst bedeutende und z. B. in der ersten Arie ganz durchgehende Schwankungen der Intonation nach der Höhe bekundeten dies genugsam. Auch ist die Ausführung der Rouladen und Coloratnren im schneller» Tempo noch sehr unsicher und wird oft undeutlich und verwirrt. — Fräulein Bredo ist seit der frühern Aufführung dieser Oper in der Sicherheit ihrer Tonbildung nicht vorgerückt; die Unrein heit derselben ist nicht erträglicher geworden. So anerkennenS- werth da« Bemühen eines keck und richtig gesprochenen Dialogs ist, so bleibt roch dabei eine forcirte Heftigkeit der Betonung zu vermeiden, die über Natürlichkeit und Geschmack hinauSgeht und zur Karrikatur wird. — Herr Hi mm er hat sich in dem Studium der schönen Arie ebenfalls noch wenig gefördert und unter Anderm ist die frühere Bemerkung eineS zu matten, un- deutlichen und gepreßten PianocoloriiS zu wiederholen. — Am Feuilleton. befriedigendsten nach Herrn dalle Aste repräsentirte Herr Rudolph seinen Pedrillo. C. B a n ck. Literatur. Ein neuer historischer Roman von Friedrich v. Uechtritz möchte zu den beachtenSwerthern Werken dieser Gattung gehören. ES ist eine Geschichte aus der Reformations zeit, „Albrecht Holm" betitelt (Berlin, Alex. Dnncker). Da aber nur der erste Band bis jetzt vorlieg», der Verfasser die Be deutung seines Buches vor Allem in dem, waS den Roman zu einer poetischen Schöpfung macht gefunden zu sehen wünscht und sich namentlich gegen eine voreilige Beurlheilung seines Stand punktes in Auffassung und Darstellung der kirchlichen Gegensätze jever Zeit verwahrt, so wird nicht bloS die Kritik, sondern auch die Theilnahme deS Publikums sich erst an die Beendigung deS Ganzen anknüpfrn können. — 3m Interesse der Angelegenheit deutscher Auswanderung wird mit künftigem Jahre in Bremen eine Deutsche Aus- wandererzeitung unter Redaktion Hrn. vr. H. v. Lrngerke erscheinen. Ohne für die Auswanderung Propaganda zu machen, soll sie alles für die Kennrnist und Beachtung der Auswanderer Ersprießliche besprechen, gewissenhafte Schilderungen und Berichte aus allen transatlantischen Gegenden bringen und dir Wirksamkeit philantropischer Vereine zur Unterstützung der Auswanderer zu befördern suchen. — Jugend sehr ist en. „Gutenberg und seine Er findung"; — „Seppel, oder der Synagogenbrand zu München"; — unterhaltende und belehrende Jugend- «nv Volksschriften von Gustav Ni «ritz. „Der Tirolerkampf für ihr Vaterland unter Andreas Hofer", neu bearbeitet und erweitert von G. A. Winter. „Die Pilgerreise nach dem heiligen Lande" von l)c. Fr. Schwed. „Blüthen und Früchte aus dem Garten des Lebens". Sänimilich im Verlage von Im. Tr. Möller in Leipzig*). Da aus der llnterhaltungsliteratur Jugendschristen verhält- nißmäßig immer noch den meisten Absatz finden, so ist erklärlich, daß gerade dieser Zweig der Schriftstellere! sehr üppig wuchert; aber es würde ein umfangreiches Sündenregister geben, wollte man z. B. die Masse der Jugendschrifien nach ihren Fehlern rubriciren. Abgesehen von der oft mangelnden Erfinvungsgabe, Charakteristik und lebensfrischen Gestaltung stört in derartigen, besonders von Frauen hcrrührcnden Erzählungen nicht selten ein ungeschicktes und allzu häufiges Moralisiren, wodurch die be absichtigte Wirkung verloren geht, oder sie gewähren höchstens eine müßige, seichte Romanunlerhaltiiiig ohne Gewinn für Geist und Herz. G. Nie ritz kennt als erfahrener Lehrer und Erzieher die KindeSseele genau und hat die gerügten Fehler immer glücklich vermieden; außerdem besitzt derselbe eine große Kenniniß des Volkes, namentlich der niedern Schichten, weiß lebensvoll und fesselnd zu erzählen und versteht durch kernigen Volkshumor daS Ganze zu würzen, während feine Bilder stets einen sittlich religiösen Hintergrund haben. Die vorerwähnten Schriften stammen auS seiner besten Periode, und eS ist den wiederholt nölhig gewordenen Auflagen gegenüber kaum nöihig, noch ein Wort der Empfehlung beizufügen. Gleiche« Lob läßt sich über den „Tiroler Kampf", kessen Bearbeltcr, Herr G. A. Winter, *) Dresden, Arnold'sche Buchhandlung.