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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redactenr: I. G. Hartmann. c V 388 I8S1 Dies«-Blatt erscheint mit Ausnahme Preis für das Vierteljahr l'^ Thaler. des Sonntags täglich Abends und ist Insertion»-Gebübren für den Rau», durch alle Postanstalteo zu beziehen. einer gespaltenen Zeile I Neugroschen. Tagesgeschichte. 0 Dresden, 15. November. Die „Freimüthige Sachsen zeitung" widmet in ihrer heutigen Nummer der unlängst erfolgten Ernennung des Staatsministers a. D. Herrn v. Zeschau zum Minister des königl. HauseS einen Artikel, mit dessen Schlußworten wir vollständig übercinstimmcn. Auch wir theilen die Uebcrzeugung, daß der dem Staais- mintster v. Zeschau zu Theil gewordene neue Beweis hohen Vertrauens bei der dankbaren Anerkennung, welche das Land den ausgezeichneten Verdiensten dieses Staatsmannes selbst in bewegten Zeiten zu zollen nicht aufgehört hat,bei der kohenAch- tung, welche ihm selbst seine politischen Gegner nie versagt ha ben, in engern und weitern Kreisen die unzweideutigste Theil- nahme und Sympathie finden werde. ES hat aber die „Frei- müthige Sachsenzeitung" an diese sehr gerechtfertigte Kund gebung einer weitverbreiteten Gesinnung zugleich eine ob jektive Auffassung der einem Minister des königl. HauseS zugetheilten Aufgabe geknüpft, welche den wirklich bestehen den Verhältnissen nicht entspricht und welche wir umso weniger unbeachtet lassen mögen, als die etwas unklare Fassung der betreffenden Stelle für Deutungen Raum läßt, die vielleicht nicht einmal in den Absichten des Verfassers jenes Artikels liegen. In der Verfassungsurkunde deS Kö nigreichs Sachsen blieb ein Ministerium des königl. Hau se» unerwähnt. K. 41 derselben nennt sechs Ministerialdepar- tementS (der Justiz, der Finanzen, deS Innern, deS Kriegs, deS Cultus und der auswärtigen Angelegenheiten), deren Vorstände das Gesammlministerium als die oberste Staats behörde bilden. Bald nach Erlassung der Verfassungs urkunde und in Folge der dadurch einqetretenen Umgestaltun gen geschah die Errichtung eines Ministeriums des könig lichen HauseS, neben und unabhängig von den vorge- dachten sechs StaatSministerial - Departements. DaS be zügliche Allerhöchste Reskript bezeichnet das neuerrich tete Hausministerium als bestimmt für die persönlichen, Familien- und VermögenSangelegenheiten des königlichen HauseS, soweit dabei nicht die Eigenschaft des Regenten ali Staatsoberhaupt in Frage kommt, ferner für die Ver waltung der Civilliste, für das gesammte Hofwesen und für die Aufsicht über da» HauSfideirommiß, sofern diese nicht dem Ministerium de» Innern übertragen ist. Innerhalb der Grenzen dieser Bestimmung hat sich die Wirksam keit des Hausministeriums, dessen Leitung zuerst von de» Staat-Minister v. Könnerttz, später im Jahre 1833 von dem Staalsminister v. Minckwitz, endlich im Jahre 1835 von dem vormaligen Gesandten am Berliner Hofe, Generalleutnant v. Watzdorf, übernommen und seit dessen im Jahre 1848 erfolgtem Tode durch den Geheimen Hofrath Zenker interimistisch versehen wurde, jederzeit bewegt und es ist uns nicht bekannt, daß es die Allerhöchste Absicht sei, hierin eine Aenderung eintreten zu lassen. So wichtig daher auch die Dienste sind, welche in dem eben bezeichneten Wirkungskreise von einem Manne so ausgezeichneten und bewährten Rufes, wie Herr Minister v. Zeschau ist, er wartet werden dürfen, so liegt doch eine solche Aufgabe, wie sie der fragliche Artikel vermuthen läßt, ganz außerhalb der von ihm übernommenen Stellung. Ebensowenig als die Staats ministerien in die dem Hausministerium zugetheilte Verwal tung, so lange diese ihr Ressort nicht berührt, sich einzumischen haben, ebensowenig kann dies umgekehrt bei dem Mini sterium deS königl. Hauses gegenüber den Staatsministerien stattfinden. Daher kann auch von einer solchen ständigen Eontrole, wie der Artikel sie avfzufassen scheint, nicht wohl die Rebe sein, und ziemlich überraschend erscheint di« An empfehlung dieser Eontrole gegenüber einem Ministerium, welchem seine erbittertsten Feinde bisher nicht vorqeworfen haben, daß es sich „Uebergriffe auf Kosten der Krone" erlaube. Im Uebrigcn können wir ohne Gefahr eines De- menti's die Versicherung hinzufügen, daß dem zur Ueber- nahme der gedachten Stelle Berufenen eine Auffassung seines Berufs im Sinne de» mchrerwähnten Artikels sehr fern liegt und daß diese Auffassung umsomehr geeignet ist, ihm selbst sehr befremdlich zu erscheinen, als derselbe in frü hem Zeiten in der Lage gewesen ist, als Chef eines in vielfachen Beziehungen dem königl. HauS - Ministerium gegenüberstchenden Staatsdepartements die zwischen Beiden gelogenen Grenzen genau festzustellcn und innezuhalten. / Wie«, 13. November. Ueber dieZollfrage läßt sich /chie „Oester. Corr." folgendermaßen vernehmen: Die „Preu ßische Zeitung", bekanntlich das halbossicielle Organ der königl. preußischen Regierung, meldet, daß die Kündigung des Zollvereins von Seiten Preußens, aus formellen, durch den Septembervertrag geborenen Rücksichten erfolgen werde, um mit entsprechenden Modifikationen, falls solche gewünscht werden, in die neue Vereinsperiode überzugehen und um für den Beginn gemeinsamer Verhandlungen über die Fort dauer des Vereins den rechten Weg zu eröffnen. Seit dem Abschlüsse des Vertrages mit dem norddeutschen Steuer vereine mußte einem solchen Schritte der königl. preußischen Regierung mit Bestimmtheit entgcgengesehen werden. Fürs erste muß jetzt festg,stellt werden, ob der Beitritt Hanno vers zum deutschen Zollvereine den übrigen Contrahenten desselben und zwar unter den zwischen Preußen und Han nover vereinbarten Bestimmungen genehm erscheint, — und fürs zweite ist zu berücksichtigen, daß durch den Beitritt Hannovers und anderer norddeutscher Secuferstaaten das Princip, auf welchem der Bestand des Zollvereins bis jetzt wesentlich beruhte, nämlich das Princip des Schutzes der Industrie und deS heimischen Gewerbfleißes eine fühlbare ! Modifikation erlitten Hal. Es ist allbekannt, daß die See- uferstaaten in demselben Maße zum freihändlerischen Glau bensbekenntnisse hinneigen, als andere binnenländische Mächte Deutschlands und selbst einige preußische Provinzen vielmehr einen erhöhten Schutz für ihre Industrie in Anspruch neh men. In diesen Beziehungen wird daher eine genaue Aus einandersetzung und Begleichung der zum Grunde liegenden Verhältnisse zu erfolgen haben, bevor der deutsche Zollver ein auf erneuerter Grundlage wieder fcstgestellt werden kann. Ein Theil der deutschen Presse hat sich neuerlich große Mühe i gegeben, das Benehmen Oesterreichs zu verleumden und dasselbe des Ehrgeizes und deS Streben», den Zollverein zu untcrwühlen, anzuklagen. Die österreichische Regierung geht ! solchen falschen Anklagen gegenüber offen und redlich ihren eigenen Weg. Die Idee aber, von welcher sie sich in der handelspolitischen Frage unwandelbar leiten läßt, ist nicht ! die Trennung und die Absonderung, sondern die Vereini- ! gung, nicht der Particularismus, sondern die große Ge meinsamkeit der materiellen Interessen Deutschlands und Oesterreichs. Die Beweise hierfür liegen aller Welt vor. — Gestern gab Se. Maj. der Kaiser wieder die erste öffentliche Audienz nach Allerhöchstseiner Rückkehr in die k. k. Hofburg. — Aus Böhmen wird der „Ostd. P." berichtet, die Moldau habe eine solche Höhe erreicht, daß die Schifffahrt i zum Theil eingestellt werden mußte, um möglichen Unglücks fällen vorzubeugen. — (Oest. R.) In wohl unterrichteten Kreisen wird versichert, daß die Pforte durch einen eigenen Courier eine Note nach London gesendet habe, in welcher Lord Palmerston auf seine Zusage aufmerksam gemacht wird, dafür zu sorgen, daß Kossuth, ohne den „Missisipvi" zu verlassen, direkt nach Amerika schiffen werde. Zugleich Hal das Cabinet der Pforte über die zu Gunsten des als Aufwiegler verfebmten Kossuth vorgefallenen Demonstrationen, die geeignet sind, unangenebme Verwickelungen herbeizuführen, bitter geklagt. D Tölen, 13. November. Daß bei den gegenwärtigen, sich immer noch nicht fest gestaltenden politischen Verhält- nissen auch die Presse mannichfachen Schwankungen unter liegt, ist natürlich; sie ist ja ihrer eiqenthümlichen Natur nach eben nur ein Abklatsch unserS politischen Werdens. Einige Angaben über unsere Prefiverhältnisse dürften daker ! für Sie nicht ohne Interesse sein. Dieselben glücklich nennen, wäre ohne Zweifel eine allzu sanguinische Auffas sung, aber so schwarz, wie manche deutsche Blätter sic dar- zustellen belieben, sind sie eben auch keineswegs. Von Be deutung ist für Oesterreich eigentlich nur die Presse der Hauptstadt. Das „Constitutionclle Blatt aus Böhmen", welche» in Prag erscheint, ist ein tüchtiges Blatt ohne Frage; seine Correspondenzen sind für das In land von um so größtem Gewicht, weil sie vor allen an dern verläßlich sind. Aber dennoch hat das Blatt keine politische Bedeutung; eS gehört keiner Partei, vertritt keine, will keine für sich bilden. Nicht ohne Grund vergleicht man jene Zeitung mit der in Augsburg erscheinenden „All gemeinen", die, bei ihrer „hohen" Politik, manchen „po litischen" Sturm unangefochten an sich hat vorbeigehen sehen. Ein zweites im Südew der Monarchie erscheinendes Blatt, die „Triester Aeitiunq", begann unter vielsagenden Auspicien; sie hatte dir Mission, das Freihandelssystem für Oesterreich zu plaidir«n. Man sagt, die Triester Kaufleute hätten nun die Absicht, dem Blatte die bisher ihm zu Theil gewordene Unterstützung zu entziehen, der Tarif ist bestätigt, das neulich angekündigte Blatt der Prohibitivisten, welches hier entstehen sollte, bat sich nicht auf den Kampf platz gewagt, — man scheint in Wien wie in Triest die Ueberzeugung erlangt zu haben, daß unsere Gewerbs- und Handelsverhältnisse nach mancher Richtung hin zu zarter Natur sind, um ihre Lösung vor der Oeffentlichkeit finden zu können, — die „Triester Zeitung" dürfte den Verhält nissen erliegen. Das unselige Jahr 1848 hatte in Oester reich eine Spaltung hervorgerufcn, welche durch die Presse geweckt, genährt, zuletzt zu den unglücklichen Kämpfen die eigentliche Veranlassung wurde. Jede Nationalität ver- ! langte Gleichstellung, aber allen fehlte das Maß, die gleiche Stellung zu bemessen. Die Organe der Slaven in Prag, in Kroatien, die ungarischen Blätter und alle übrigen, die von der Nationalität ;«brt,n, konnten der Umgestaltung, . welche die letzten beiden Jahre im Kaiserreiche schufen, nicht entgehen, sie sind von keinem Gewichte mehr. Die Re gierung hat, wenn eS nöthig war, mit Strenge, öfter noch durch rechtzeitige Concurrenz sie geschlagen. Doch wenden wir uns der Presse der Hauptstadt zu. Wien befindet sich im Belagerungszustände, die Presse ebenso. Der Fremde, welcher die Kaistrstadt heute zum ersten Male sich besieht, fragt verwundert, wo er die Maßnahmen, welche der AuS- nahmszusiand mit sich führt, zu suchen habet Mit Recht wirft er jene Frage auf; die Regierung geht in diesen schwierigen Verhältnissen mit einer Schonung und Umsicht . vor, welchen die Anerkennung nicht versagt werden kann. Auch die Presse hat Anthcil an diesen Rücksichten, es ist i ihr möglich geblieben, eine bestimmte Färbung, wenn auch ! nur in festen Grenzen, sich zu bewahren. Das am meisten verbreitete Blatt der Residenz ist die „Presse". Sie ist zugleich die größte und billigste Zeitung. In ihrer poli' tischen Haltung konservativ, hat sic sich besonders die Be sprechung der materiellen Fragen, des Handels, der Gewerbe Vorbehalten. Der „Lloyd", welcher einige Zeit hindurch Fortgang zu nehmen schien, hat in letzter Zeit sich dann und wann einer Parteirichtung nicht ganz fern gehalten, Schiefertafelbilder zu dcnlschen Kinderliedern von Arnim, l Brentano und Simrock. Leipzig, Romberg's Verlag*). Die Zeit ist erfinderisch und wird eS in Betreff der Literatur immer mehr. Ganz besonders spekulativ find die letzten sechs Jahre in Erzeugung von Kinderschriften gewesen, und vorzüglich ist es der in unserer Schriflstellerwelt immer mehr überhand nehmende Dilettantismus auf der einen und buchhändlerische Grübelsinn auf der andern Seile, welcher sich das Fabrikat der Jugendwerkchen angelegen sein läßt. Denn praktisch abgesaßte Kinderbücher bilden in der merrantillschen Gangbarkeit einen Pendant zum „Tantenfrennd", zum „Fenstergarien" und zu den jenigen Schriften, welche ,daS Ganze deS FischangelnS", diese verzweifelte Gigantenarbeit, als eine leicht ausführbare Kleinigkeit darstellen und sogar angeben, wie cs em wohlgeborner Müßig gänger und ehrbarer Bummlcr ter nützlichen Zhäügkeit anstellen muß, zu den Fischangeln erst vorher die dazugehörigen Grillen zu fangen. Gute Kiurerschriften find selten, seltener sogar als gelungene Werke für Erwachsene. ES find daran nnnachsichllich drei An forderungen zu stellen: Erstens vor Allem eine Befruchtung und Anregung der Phantasie, unbeschadet der moralischen Reinheit; zweiten» Belehrung und drittens ein faßlicher stufenwtiser Gang derselben. Diese Eigenschaften zu bieten erfordert jedoch nicht nur Talent, sondern hauptsächlich eine genaue Kenntniß der Kinderseele, wie sie eigentlich nur Pädagogen haben können. Diese würden drnn auch in der Regel die besten Jugend« *) Dresden, Arnold'sche Buchhandlung. Feuilleton. schriftsteller sein, wenn ihnen nicht fast immer jene andere Bedingung, daS Talent, abginge, ein Umstand, von dem eS noch nicht genug erwiesen ist, ob er mehr in der eigenen zopfigen, Sinne und Phantasie tödtenden Jugenderziehung der Pädagogen oder in der gedrückten Lebenslage seinen Grund hat, in welcher sie, Dank der allgemeinen Humanität! sich befinden, sich aber wohlbefänden, sich nicht darin zn befinden, wenn man die» für wohl fände, wohl zu befinden. Man kann den Eltern und Erziehern in Auswahl von Zugendschriften, die sich in der vorstehenden Weihnachtszeit un endlich mehren werden, nicht Vorsicht genug empfehlen. Das vorstehende Merkchen: „Schiefertafelbilder", erfüllt nur den einen der genannten Zwecke, aber diesen in anerkennenSwerther Weise: Befruchtung der Phantasie durch concretc stitenreine Darstellungen. Die Abbildungen stellen sich wie weiße Schieferstiftzeichnungen auf einer schwarzen Tafel dar und sind zum Theil mit reizender Lebendigkeit leicht und gewandt entworfen. Dir kurzen spruch- und fabelartigen Terte sind nur Begleiter der Illustrationen, al beren Zeichner sich auf dem letzten Bildchen Engelmann nennt. — k. Literatur. „Eine Biographie K arl L a ch IN a II n'S", von H. Hertz, einem Schüler deS Dahingeschiedenen, verfasst, giebl mit großer Pietät eine Ueberflcht der literarischen Thätigkeit dieses geschätzten Gelehrten sowohl in der klassischen, wieder altdeuischen Philologie, einen genauen Abriß seine- Leben» hinzufügend. — Friedrich v. Raumer'S „Historisches Taschenbuch ans 1852" (Leipzig, DrockhanS) bringt vier ziemlich umfangreiche, literarischen und historischen Forschungen und Darstellungen gewidmete Aufsätze. l)c. Weber giebt cin literarisch-publieistischeS Charakterbild, „John Milions prosaische Schriften"; Baribold eine Specialdarstellung der „Erweckten im protestantischen Deutschland im siebenzehnten bis achtzehnten Jahrhunderte". Von Neumann und l)e. Brandes finden sich geschichtliche Umrisse über die „Sikhs und ihr Reich" und „Neuseeland", Aufsätze, welche für die Betrachtung dieser Länder in ihren gegenwärtigen Ver hältnissen willkommenen historischen Anhalt und lleberstcht ab geben. Kunst. Das bereits als künstlerisch empfehlenSwerih bezeichnete Werk der Gebrüder Adam in München mit er klärendem Terte von Hackländer: „Erinnerungen an die Feld züge der k. k. Armee in Italien 1848 und 1849", ist jetzt mit der fünften und sechsten Lieferung beendigt. Theater. Die schon erwähnte Wahl der „Tnrandot" zur Aufführung am Burgihealer in Wien am GebnrlStagc Schiller'S, wenn schon a»S anerkennenSwerther Pietät für den Dichter hervorgegangcn, erwies sich in der Wirkung doch als ver fehlt und keineswegs für die Feier dieses Tage« irgend le- fri-digend. Obwohl man auf die Ausstattung dieses Adoptivkindes Schiller's vielleicht eine größere Summe verwandt hatte, als dem Dichter einst eine ganze Reih, seiner großen Schöpfungen eingebracht, nnv die Darsteller ihr Bestes zu leisten suchten, blieb die Auf nahme deS Publikums kalt und theilnahmloS.