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Dresdner Journal Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann V 288 1851 Amtlicher Th eil nach kürff? Tage-geschichte. 0 Dresden, 4. November. Wie wir vernehmen, ist infolge Allerhöchsten Auftrags in voriger Woche feiten des Kriegsministeriums der Oberst v. Friederici in Begleitung deS Oberleutnants v. Branvenstein nach Verona abgeordert worden, um dem greisen Helden Feldmarschall Radetzky zu dessen 86. Geburtstage (2. November) unter Ueberbringung der Glückwünsche des königlichen Hauses den HauSorden der Rautenkrone zu überreichen. — Heute Vormittag passirle eine Abteilung k. k. öster reichischer Truppen, circa 100 Mann stark, dem Armeecorps in Holstein angehörig, unsere Stadt und ging per Eisen bahn nach Böhmen weiter. k Dresden, 4. November. Heule hat Hierselbst die Wahl eines Landtagsabgeordneten und dessen Stellvertreters für den 1. Bezirk des Handels- und Fabrikstandes stattge funden. Es waren 21 Wahlmänner anwesend und wurden von denselben in mehrmaliger Abstimmung Herr Fabrikant Wäntig in Zittau zum Abgeordneten und Herr Kaufmann Franz Ludwig Gehe in Dresden zu dessen Stellvertreter gewählt. Da dieselben jedoch beide aus Gründen, über deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit die Kammer zu entscheiden haben wird, erklärten, die auf sie gefallene Wahl ablebnen zu müssen, so wurde eventuell noch zu einer zweiten Wahl geschritten, welche auf die Herren Blumen- und Slrohhut- Politik entsprechenden AAeise zu beeinflussen und umzustim men, Bemühungen, rpttche sich jedoch, wie zu erwarten, eine- dem edlen Lord nicht genehm sein könnenden Erfolge» erfreuten. Was man aN der ganzen Sache merkwürdig findet ist, daß der «dse Lord überhaupt auf einen Erfolg btt. buartige» Schritten habe hoffen, daß er wirklich unter einer solchen Selbsttäuschung habe leben können. D Parts, 1. November. Dem neuen Ministerium oder vielmehr der Politik bes Präsidenten gegenüber ist der Farbenwechsel der vornehmlichen Organe derPariserPresse eigenthümlicher Art. Der „Messager" zieht gegen den „Con- stitutionnel" zu Felde, ebenso gegen die halbofficielle „Patrie". Letztere bringt am 28. v. M. bei der für die Provinzen be stimmten Mittagsausgabc den bekannten auffallenden Ar tikel des „Constitutionnel" von demselben Tage mit dem Bemerken, daß, wenn — wie man Grund habe, zu ver- muthen — der Artikel aus zuverlässiger Feder fließe, die daraus zu ziehenden Folgerungen die allgemeine Aufmerk samkeit in höchstem Grade in Anspruch nehmen müßten. Die „Patrie" bestätigt also gleichsam diesen Artikel deS „Constitutionnel" — eS übte derselbe auch einen nicht un bedeutenden Börseneinfluß aus — und dennoch wurde eben derselbe bei der Abendausgabe von der „Patrie" wiederum gänzlich niedergekämpftZ. Beides von einem Redakteur. Die „Patrie" sagt im Abendblatte vom 60. October hier über, daß sie am Morgen Ursache gehabt, Herrn Ve'con Glauben beizumessen, bis zum Abend aber andere Eröffnun gen erhalten und also nicht angestanden habe, die Leser da von in Kcnntniß zu setzen. Dies giebt sprechende- Zeug- niß dafür, wie wenig bei so wichtigen Mitteilungen sogar auf ein halbofficielles Blatt zu geben ist. Der „Constitu tionnel" giebt im Blatt vom 30. October auf mannich- fache Einwürfe mannichssrche Erklärungen, verbreitet sich aber hauptsächlich doch nur über Nebendinge. Das „Jour nal deS DebatS" scheint, ohne es eingestehen zu wollen, wie jedermann, gegen die politischen Auslassungen, für welche der „Constitutionnel" in di« Schranken tritt — er mag hierzu befugt sein oder nicht — mit Mißtrauen erfüllt; cs verurtheilt jeden, der zzrerst losbricht, jeden, der sich — — LUf.^evoUttjomkeu Lddeü stellt; es mag mit evolution überhaupt gar nichts zu schaffen haben, selbst mit keiner ersprießlichen — wenn es je deren geben könnte. Es zollt dem Permanenzausschusse Beifall und faßt die politische Haltung der Nationalver sammlung in zwei Worte: 1) das Gesetz vom 31. Mai und 2) der Antrag auf Revision; es lasse sich durchaus kein gesetzlicher Schritt ohne die Nationalversammlung thun; sie allein gebe die Endentscheidung. ** Parts, 1. November. Seil gestern Abend ist das Gerücht verbreitet, die Botschaft des Präsidenten der Re publik werde durchaus versöhnlichen und konstitutionellen In halts sein. — Der Kriegsminister, General de Saint Arnaud, hat folgendes Rundschreiben an die commandirenden Generale der 17 Militärbezirke gerichtet, das auch im „Moniteur" abgedruckt ist: „Paris, den 28. Oktober 1851. Herr Generals Als der Präsident der Republik bas Kciegsministerium meiner Ergebenheit anvertrautc, wußte er, wo ich meine Stärke suchen würde: sie beruht auf dem Charakter der Manner, die ihre Erfahrung und der Glanz ihrer Dienste an die Spitze unserer Militärbezirke gestellt haben. Glücklich, unter Ihnen so viele Vorgesetzte anzutreffen, unter denen gedient zu haben ich mir zur Ehre anrechne, brauche ich in unfern neuen Beziehungen keine Gelegenheit zu suchen, Ihnen Regeln vorzuschreiben, wovon Ihr ganzes Leben ein Beispiel und eine Lehre gewesen ist; ich würde gleichwohl Ihrer Er wartung nicht entsprechen und hinter meinen Pflichten zurück- Verordnung, die Einführung eines gleichförmigen Buttermastes betreffend. Zur Beseitigung der Nachlheile, welche auS der An wendung verschiedener Bultermaße in den einzelnen LandeS- theilen für den Verkehr erwachsen, wird zur Erledigung der in dem Landtagsabschiede vom 12. April d. I. deshalb ertheilten Zusicherung hierdurch verordnet, wie folgt: § 1. Vom 1. Januar 1852 an haben alle Verkäufe von Butter entweder nach dem Gewichte oder nach dem Kannenmaße, und zwar so, daß die ganze Kanne zwei Pfund, die halbe Kanne ein Pfund, die Viertrlkanne (das Stückchen) 16 Loth wiegt, stattzufindcn. Der Verkauf in geformten Stücken ist lediglich nach der Kanne und deren Unterabtheilungen gestattet. §. 2. Wer Butter nach einem andern Maße verkauft oder zum Verkaufe stellt, als nach dem im §. 1 bezeichneten, ist mit einer Polizeistrafe von 10 Ngr. bis zu 20 Thlr. zu belegen. Die Butter selbst ist zu Gunsten des Armen fonds der Gemeinde, in deren Bezirke die Eontravention stattfand, zu cvnfisciren. §. 3. Als zum Verkaufe gestellt ist die Butter anzu sehen, welche zum Zwecke des Verkaufs in einem VerkaufS- locale oder auf dem Markte öffentlich auSgelegt oder in ein Haus gebracht wird. 8- 4. Die Polizeibehörden haben die pünktliche Aus führung dieser Verordnung zu überwachen. h. 5. Sämmtliche Herausgeber von Zeitschriften, auf welche der tz. 21 deS Gesetzes vom 14. März laufenden Jahre« Anwendung findet, haben diese Verordnung in ibren Blättern abzudrucken. Dresden, den 11. Oktober 1851. Ministerium des Innern. v. Artese«. Demurh. fabrikant Fried. Alex. Lincke in Dresden und Fabrikant und Kaufmann Erner in Zittau gefallen. 06 Wien, 2. November. Stz. kaiserl. Hoheit der Groß fürst Konstantin von Rußland, der gestern hier eintraf, wird dem Vernehmen nach einige Zeit »»rwrilen und sich hierauf nach den vorzüglichsten HäHu^vHeerekch« am asrk- arischen Meere, Triest, Venedig und Pola begeb,n, um di, österreichische Marine durch den Augenschein kennen zu lernen. Berlin, 3. November. (Pr. A.) Se. Majestät der Kö nig werden dem Vernebmen nach morgen Vormittag nach Berlin kommen und Allerhöchstselbst da» Haus- und Staats archiv besuchen. — Heute fand von Vormittags 11 Uhr bis Nachmittags nach 5 Uhr wieder eine Sitzung des StaatS- ministeriums statt, in welcher der StaatShauShallsetat pro 1852 berathen wurde. Koblenz, 1. November. (Pr. Z.) Ihre Königliche Ho heit die Frau Prinzessin von Preußen ist gestern Nach mittag gegen 4 Uhr von Berlin über Weimar und Frank furt a. M. kommend, hier wieder eingetroffen. Dieselbe wird sich aber, sichern: Vernehmen «ach, bevor sie ihren bleibenden Wintcraufenthalt hier bezieht, j« einigen Tagen noch zum Gebrauche einer Nachcur auf 4 Wochen nach Ba den begeben, von wo aus Ihre Königliche Hoheit mit Ihrem Gemahl, dem Prinzen von Prcußm, hierher zurückkehren wird. Hannover, 3. November. (H. Z.) Seine Majestät der König haben eine leidlich« Nacht gehabt, im Uebrigrn ist der Zustand unverändert. Aus der Mitte des Rheingaus, 31. Oktober. (N. A. Z.) Die Auswanderungen aus Nassau und hauptsächlich aus dem Rhcingau sind in diesem Herbste wieder sehr be deutend. ÄLeimar, I. November. Da» heutige Regierungsblatt publicirl den Bundesdeschluß vom 23. August über Auf hebung der Grundrechte und mit demselben zugleich ein provisorisches Gesetz, wonach die durch die Grundrechte aufgehobenen, aus dem gut»- und schutzherrlichen Verbände fließenden persönliche Abgabe" und kkffkungei! tighin ohne Entschädigung aufgehoben bleiben. Altenburg, 29. October. (Fr. S. Z.) Gestern traf Se. Hoheit der regierende Herzog Georg vom Jagdschlösse Hummelshain wieder in Altenburg ein, nachdem bereits am vorhergehenden Tage Se. Hoheit der Herzog Joseph mit den Prinzessinnen Therese und Elisabeth und dem Bräu tigam der letztem, Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßher- zoge Peter von Oldenburg, hierher zurückgekehrt waren. — Im Januar künftigen Jahres wird der im Juli d. I. un terbrochene Landtag wieder eröffnet und demselben nament lich eine Vorlage über die an die Stelle des Eonsistoriums tretende neue Kirchen- und Schulbehörde gemacht werden. h Frankfurt, 1. November. Bereits habe ich in ei nem früheren Schreiben die Angabe als eine falsche erklärt, nach welcher die Bundesversammlung beschlossen hätte, Bun- dcscommissare nach Bremen abgehen zu lassen. Hinzufügen darf ich ferner, daß, wie ich vernehme, der betreffende Ausschuß zur Abfassung seines Vortrags noch ofsiciellen Eröffnungen über die Intentionen des Bremer Senats feiten desselben entgegensieht, deren Angabe zu bewerkstelligen der Bundes tagsgesandte für Bremen, Herr Smidt, angegangen wor den ist. — In politischen Kreisen hat man Kcnntniß von Bemühungen Lord Palmerstons, sich indirekt an den Ver handlungen der Bundesversammlung dadurch zu betheiligen, daß er sich bemühte, einige deutsche Regierungen in Be ziehung auf die Hamburger Verfassungsfrage in einer seiner - - . > > , " Diese- Blatt erscheint mit Ausnahme e. Prei- für da- Vierteljahr 1^ Thaler. des Sonntags täglich Abends und ist dtN 5. J'srrtion«-Gebühre« für den Raum durch alle Postanstalten zu beziehen. einer gespaltenen Zeil« I Neugroschen. Die Herzogin von Angoulemr. Das „Journal deS DebatS" widmet der Herzogin v. Angou- leme einen Nekrolog, dem wir Folgendes entnehmen: Marie Therese Charlotte von Frankreich, Tochter Ludwig'» XVI. und Marie Antoinette'», war am 19. December 1778 zu Versailles geboren, und folglich dreiundsiebenzig Jahre alt. ES sind fast auf den Tag sechSzig Jahre, daß ihre edle und unglückliche Mutter daS Schaffst deS TerroriSmuS bestieg. Die beiden JahreSiage können als einer gelten, denn das Leben der erlauchten Tochter Marie Antoinette'» ist nur ein langes und beständige« Märtyrer- thum gewesen. Selten ist im Verhängniffc öffentlicher Personen, waS die Herzen erweicht und daS Gefühl peinlich erreg». Es scheint, daß wir weniger bewegt und gerührt werden von diesen großen Mißgeschicken, dir mit der Allgemeinheit der Geschichte zusammenhängen, als von Privatleiden. Betrachtet man aber die unermeßliche Summe von Schmerz, die sich auf diese erlauchte Waise gehäuft, vir Größe und die Beharrlichkeit deS Unglück», daS ihr Leben zu einem fortwährenden Opferdienste gemacht hat, so kann man sich de« Eindrucks alles dessen, waS die Empfindung deS Mitleids Frommes und Ehrfurchtsvolles hat, nicht erwehren. Wohl mag man bei der Tochter Lndwig'S XVl. und Marie Anioinetlr'S mit Bossuet staunen über dir Menge von Thränen, welch, die Augen der Königinnen enthalte» können. Ihr Leben läßt sich in einem einzigen Worte zusammensaffen: Sie war vom ersten bis zum letzten Tage unglücklich. Marie Therese von Frankreich war dreizehn Jahre alt, al- sie den Tempel betrat, um die Gefangenschaft ihre- VaterS, ihrer Mutter, ihieS Bruders und ihrer Muhme zu »heilen. Sir sah nach und nach Alle» fallen, waS Feuilleton. sie liebte: ihr Vater wurde gnillotinirt am 2l. Januar 1793, ihre ! Mutter am 16. Oktober, ihre Muhme, Madame Elisabeth, am 9. Mai 1794, ihr Bruder, Tag für Tag gemordet, starb in seinem Gefängnisse am 8. Juni 1795. Allein übrig geblieben von dieser Reihe von Opfern, erhielt die junge Prinzessin erst ihre Freiheit wieder im Monat December 1795, als sie gegen die Commissare eingewechselt wurde, welche Dumouriez den Oesterreichern über liefert hatte. Die Frau Herzogin v. Angoulvme machte alle Wechsel ihrer umherirrenven Familie auf dem Continent mit. Am 4. Mai 1814 kehrte sie mit Ludwig XVIIl. nach Paris zurück; von Neuem zur Auswanderung genöthigt, kam sic wieder am 28. Juli 1815 nach Paris. Fünfzehn Jahre nachher, in diesem selben Monat Juli, gab eine neue Revolution sie dem Exil zurück, und endlich vor einigen Tagen schloß sie ein Leben voll Tugenden, Schmerz, Gebet und Opfer. Die tragischen Katastrophen, in mitten deren die Gefangene deS Tempels ausgewachsen war, hatten in ihrem Gemüthe eine tiefe Verachtung deS Irdischen gelassen. Im Testamente Ludwig's XVl. finden wir diese einfachen und schönen Worte: „Ich empfehle meine Kinder meiner Frau. Ich empfehlt ihnen die Größen dieser Welt (wenn sie verurtheilt sind, sie zu kosten) als gefährliche und vergängliche Güter zu be trachten und ihre Blicke nach dem einzigen festen nnd dauerhasien Ruhme der Ewigkeit zu wenden." Die fromme Tochter Ludwig'S XVl. hatte diesem höchsten Wunsche gehorcht. Sie zeigte eben so viel heroischen Muth im Kampfe, als Ergebung in den Willen Gotte». Ihr Leben war eine lange nnd schmerz hafte Pilgerfahrt, man könnte sie den Weg des Kreuze- nennen. Literatur. Die dritte bedeutend vermehrte Auflage der „Chemische» Briefe" von JustuS Liebig bedarf bei der Hochschätzung, welche dem wissenschaftlichen Verdienste deS Ver fassers allgemein geworden, kaum noch einer netzen Anempfehlung. Die verborgenen Fäden zu kennen, an welche sich die dem Leben und der Wissenschaft zugewachsenen Erwerbungen knüpfen, ist dem gebildeten Menschen rin Bedürfniß, insofern diese Kenntniß die erste und wichtigste Bedingung der Entwickelung und Ver vollkommnung seines geistigen Lebens in sich schließt. Die chemischen Briese haben den Zweck, den Zustand, die Bedeutung und die Aufgaben der Chemie zu entwickeln unv den wichtigen Antheil zu lenken, den diese Wissenschaft in den Fortschritten der Industrie, Mechanik, Physik, Agrikultur nnd Physiologie genommen hat. Sie sind für jene gebildeten Leser geschrieben, welche von der Erörterung der wichtigsten und schwierigsten Fragen in der Wissenschaft, insofern sie einflußreich für den weitern Fortschritt nnd die Anwendungen sind, nicht zurück schrecken. Und die Naturforschung hat da- Eigene, daß alle ihre Resultate dem gesunden Menschenverstände des Laien eben so klar, einleuchtend und verständlich sind, wie dem Gelehrten, daß der letztere vor dem andern nichts voraus hat, als die Kenntniß der Mittel und Wege, durch welche sie erworben worden sind. Außer einigen neuen Briefen über den Ursprung und die Ent wickelung der Chemie sind unter Andern, auch die Umrisse der neuesten Untersuchungen im Gebiete der Thierchemie und Physio logie eine Vermehrung dieser Auflage. — Di» Ausarbeitung eine- umfassenden deutschen Wörter buche», mit welcher dir Gebrüder Jacob nnd Wilhelm Grimm