Volltext Seite (XML)
2190 Hannover, '3. Novembrr. (D. Pr. Z.) Nach ^incm gestern erlassenen Befehle des Kommandos der B ü r g, rw eh r ist die Wachtzcit derselben auf die Abendstunden von 7 — 11 Uhr beschränkt. Dieser Befehl ist dem gestern wachthaden- den Officier eröffnet, und hat infolge davon das Wacht- personal um 11 Uhr AbendS daS Local verlassen. Gotha, 1. November. (Lpj. Z.) Eine von der Geistlich keit unseres Hcrzogthums gegen die überhandnehmende Sonntagsentheiligung gerichtete Petition hat den Erfolg gehabt, daß von der hiesigen Landesregierung die Unlerbehürden und Beamten, mit Bezugnahme auf die wegen der Sonntagsfeier bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, angewiesen worden sind, die Contravenienten zur Untersuchung und unnachsichtlichen Strafe zu ziehen. Ratzeburg, 1. November. DaS „ofsicielle Wochenblatt" enthält eine Bekanntmachung, durch welche auf Grund des BundeöbeschlusseS vom 23. August die,,Deutschen Grund rechte" für aufgehoben erklärt werden. Frankfurt, 3. November. (O.P.A.Z.) In der heutigen Eröffnungssitzung der gesetzgebenden Versammlung wurde Senator vr. Heffenberg zum Präsidenten gewählt. " Parts, 2. November. Man hört so häufig mit großer Bestimmtheit sagen: der Präsident dec Republik wird dieses lhun, der Präsident der Republik wird jenes thun; er wird die Nationalversammlung zu einem Staatsstreiche auf gemeinschaftliche Rechnung einladen und durch friedliche Mittel die Gewalt usurpiren; er wird mit Hilfe eines ihm ergebenen Generals einen neuen 18. Brumaire vollführen und sich von der Armee zum Diktator ausrufen lassen, er wird plötzlich abdanken und sich wieder wählen, d. h. durch die Nation selbst eine Revolution gegen die Verfassung ausführen lassen, und dergl. Diese und andere Prophe zeiungen, die auf weiter nichts als Börsengerüchten, un vorsichtigen Aeußerungen in der Umgebung des Präsidenten der Republik, mchr oder minder scharfsinnigen Schlußfolge rungen beruhen, werden dann auf einmal schnurstracks widerlegt und Niemand kümmert sich weiter darum, aus genommen vielleicht Neuigkeitskrämcr, um sie nach ein paar Wochen wieder aufs Tapet zu bringen. Vielleicht wäre cs leichter, zur Wahrheit zu gelangen, wenn man sich einmal fragte, was der Präsident der Republik ver nünftigerweise wollen und thun kann, statt in assertori scher Weise zu sagen, was er wollen und thun wird. Man nehme ihn einmal, wie er ist, nämlich von der Ucber- zeugung durchdrungen, daß Frankreich ihn will und daß Frankreich ihn braucht, eine Sache, die er, wenn er will, leichter wissen und über die er sich freilich auch leichter täuschen kann als jeder andere. Daß er dabei an sein Ver bleiben in der Regierung denkt, ist ganz begreiflich und verzeihlich. Man nehme aber ferner auch auf den Umstand Rücksicht, daß er einer Verfassung den Eid geleistet hat, zum großen Unterschiede von seinem Onkel, als derselbe sein Attentat gegen eine der bestehenden Staatsgewalten ausführte, und daß er sogar seinen Eid zum öftern frei willig wiederholt und bekräftigt; daß er dabei sehr religiös und nach der bekannten Aeußerung des Herrn Boulay (de la Meurthe) streng rechtschaffen ist; — so wird man einen unüberwindlichen Widerwillen fühlen, nur an die Möglich keit einer Verfassungsverletzung von seiner Seite zu denken, und deswegen die Schwierigkeiten der wirklichen Aus führung gar nicht einmal berücksichtigen. Was bleibt ihm dann aber übrig, wenn er auf der einen Seite sich in der Regierung erhalten, auf der andern Seite aber die Ver fassung nicht verletzen will? Er hat offenbar in seinem Kopfe zwei Auswege aus diesem Widerspruche: die gesetz liche Revision der Verfassung und, wenn diese scheitert, Abdanken, wodurch er wieder einfacher Bürger wird und sich der Verfassung gegenüber nicht mehr gebunden glaubt. Vielleicht sucht er mit seinem Gewissen durch das Raison- nement ins Reine zu kommen, daß er daS Unmögliche nicht beschworen haben könne, daß er als oberster Staatsbeamter zwar die Verfassung habe respectiren müssen, daß er aber als Privatmann keinen Beruf habe, dieselbe gegen die ganze Nation aufrecht zu erhalten, wenn diese in ihrer großen Mehrheit sic wirklich nicht mehr wollen sollte. Wir sind keine Easuisten von Profession und haben also kein Urtbeil über die Richtigkeit des RaisonnemcntS zu fällen. Wir haben aber zeigen wollen, welchen Ausweg L. N. Bo naparte möglicherweise in seinem Innern aus der Alter native einer heroischen Entsagung und eines Meineides ge funden haben kann. Zwischen dem Nichts und einem Treu bruch glaubt er vielleicht eine Revolution, durch das allge meine Stimmrecht bewerkstelligt, als Ausweg entdeckt zu haben. Man frage nicht, waS unter dieser Hypothese die Tagisbefehle und Circulare de- Generals Saint Arnaud be deuten sollen. Können sie nicht ebenso gut zur Absicht haben, einer solchen Revolution durch da- allgemein, Stimm recht überall und namentlich iü Paris Autorität zu ver schaffen, al- einen 18. Brumaire auszuführenk — Die „Revolution" enthält heute einen Artikel über die politische Lage, dessen Schluß das Programm der demokra tischen Partei folgendermaßen zusammenfaßt: „Von zwei Sachen eine, entweder die Abschaffung de- Gesetzes vom 31. Mai, die vollkommene Wiederherstellung des allgemeinen Stimmrecht- ohne Bedingungen, ohne Concesstonen, ohne Zugeständnisse, d h. ohne Revision dcs Grundgesetzes, da sich da- Volk vorbehält, dieses Gesetz nach seinem Gutdünken zu revidlren, wenn die Wiederherstellung aller Freiheiten dem allgemeinen Stimmrecht seinen ganzen Charakter, seine ganze Macht, seine ganze Tragweite wieder gegeben hat; — oder die Aufrechthaltung deS Gesetzes vom 31. Mai, und alsdann die Explosion der Höllenmaschine, wie Sie jeden Morgen sagen, Sie Herr Veron und Ihre elyseeischen Freunde. — Wählt daher, kein Mittelweg, diese ist die wahrhafte Alternative! Zwischen diesen beiden Gegen sätzen der Alternative giebl eS heute keinen Raum für die Schwatzereien der Vorzimmer noch für die Jntriguen der Coterien." — Ein Extrablatt deS „Moniteur" meldet heute die Er nennung des Generalprocurators von Rouen, Daviel, zum Justizminister an Stelle des Generalprocurators Corbin, der nicht acceptirt. — Einem Gerücht zufolge sollen folgende 5 Departe ments in Belagerungszustand erklärt werden: Herault, Loiret, Allier, Dar und Saone-et-Loire. — Die Pariser Garnison ist um zwei neue Regimenter verstärkt worden. — Der russische Admiral, Fürst Menzikoff, ist in einer besondern Audienz von dem Präsidenten der Republik empfangen worden. London, 1. November. Der Maler Selous fertigt ein großes Gemälde, die „Einweihung der Industrieausstel lung" an. Die Königin und Prinz Albert haben bereits dem Maler zu diesem Bilde gesessen. — Kossuth wiid mit seiner Familie am 13. November von Southampton an Bord deS amerikanischen Postdampf- bootes „Washington" nach den Vereinigten Staaten abreisen. — Aus Hutt ist eine Petition der Einwohner an Prinz Albert und die königliche Commission angelangt, die dar auf anträgt, den Überschuß der Ausstellungseinnahmen zur Gründung einer Universität der Künste und Wissenschaften zu verwenden. Madrid, 28. Oktober. Ernst Barsche, Sohn deS ehe maligen französischen Ministers, befindet sich gegenwärtig im Auftrage der französischen Regierung in Madrid, um einen Vertrag in Bezug auf das literarische Eigenthum abzuschließen. Kopenhagen, 1. November. (Pr. Z.) In der heutigen Sitzung deS Vvlksthinqcs stand der Antrag des Abge ordneten Kampmann zur Verhandlung, daß der Thing den Beschluß fassen sollt«, das Ministerium aufzufordern, die in dem Schreiben de< Minister- des Auswärtigen zugesagte nähere Aufklärung über die politische Lage deS Landes dem Reichstage milzutheilen. — Der beantragte Beschluß wurde vom Thinge angenommen und der Minister des Auswärti gen nahm hiervon Veranlassung, es auszusprechen, daß die Regierung bereit sei, die gewünschten Aufklärungen in einer geheimen Sitzung zu geben, weil die Minister sich unum wunden aussprechen wollten; er überlasse eS daher dem Prä sidenten, diese Sitzung näher festzusetzen. Nach einer hier auf in dieser Angelegenheit erfolgenden Debatte bestimmte der Präsident, daß am künftigen Montage eine geheime Sitzung statlsinden solle, worin man alsdann die Frage ent scheiden werde, ob die Sitzung eine öffentliche oder ge heime sein solle, in welcher die Regierung die versprochene Aufklärung mittheilen will. Tt. Petersburg, 27. Oktober. Ihre kaiserlichen Hohei ten die Großfürsten Nikolaus unh Michael sind den 21. Oktober von ihrer Reise in das Innere des Reiches nach Zarskoje-Sclo zurückgekehrt. Konstantinopel. Die „Schlesische Zeitung" schreibt aus Wien vom 2. November: Die Veränderungen, welche in jüngster Zeit in der Besetzung der höher» Stetten des türkischen Reiches vorgenommen worden sind (vergl. Nr. 287), haben hier keine geringe Ueberraschung hervor gerufen, und zwar um so mehr, da man keinen Augenblick darüber in Zweifel war, daß die „Ersparnißrücksichlen", durch welche man der öffentlichen Meinung gegenüber dies« I Veränderungen motlviren wollte, nur ein ostensibler Grund seien. Die gestern Abend- auS Konstantinopel hier ein- qetroffenen Nachrichten bestätigen dies, Anschauungsweise vollkommen und lassen q.mz klar erkennen, daß die eigent liche Ursache in der Differenz liegt, welche zwischen dem Großvezier Reschid Pascha und dem Finanzminister Nafi» Pascha gegenwärtig herrscht. Der erstere gilt bekanntlich als daS Haupt der Fortschrittspartei, während der letztere der Führer der alttürkischen Partei ist. Man weiß gegen wärtig noch nicht, wie sich die Sach, entscheiden wird, obwohl man mit Sicherheit hofft, daß die Gunst deS Groß. Herrn, deren sich Reschid Pascha fortwährend in ungeschmä lertem Maße zu erfreuen hat, den letzter« gegen die grund losen Angriffe seiner Gegner schützen wird. Vor der Hand hat NafiS Pascha seine Pläne ducchgeführt, nämlich seine Anhänger zu den ersten Stellen erhöbet'. Local- und Provinzial Angelegenheiten. " Aus dem sächsischen Erzgebirge, 1 November. Mitten unter dem heftigsten Schneegestöber bin ich nach Hause zurückgekehrt. Ich öffne heute um so freudiger meine Reisemappe, um Ihnen einen Theil ihreS Inhaltes milzu theilen, da die Sonne unsere Gebirgslandschaften wenigsten- am Morgen wieder freundlich beleuchtet, und die weiße Decke ihren Strahlen völlig gewichen ist. — Jede Gemeinde ist ein Staat im Kleinen; sie bedarf einer geordneten und ge sunden Verwaltung, namentlich auch in finanzieller Beziehung, so gut wie der Staat. Und die Bedeutsamkeit derselben wächst natürlich um so mehr, je größer das ihr anvertraute Gut ist, d. h. je umfangreicher die Gemeinde und je größer die Zahl der Bürger ist, über deren Wohl und W.he sie walten soll. Thut sie das Gegentheik, so unterliegt sie mit Recht einer schweren Anklage. Schicken wir diese Be merkungen voraus: wir werden sie weiter unten brauchen können. Schon 1831 tauchte der Plan auf, den unglück seligen Reiheschank in Freiberg aufzuheben und durch Actienzeichnungen das Capital aufzubcingen, um einen Communbrauhof zu erbauen. Der Plan scheiterte an der Opposition der enthusiastischen Verehrer des Reiheschankes. Mittlerweile drangen zu allen Thoren fremde Biere, selbst von benachbarten Dorfdrauereien ein, und manches Tausend Thaler, das die Freiberger zur Hebung ihres Wohlstandes und zur Widerlegung der Klagen über Mangel an gewerb. kicher Beschäftigung hätten benutzen können, ging Jahr auS Jahr ein für Freiberg verloren. Da brachte endlich daS Jahr 184V die Entscheidung, nachdem man allerdings einige Jahre mit den pciviligirten BrauhauSbesitzern prokessirt hatte — namentlich soll ein solcher Besitzer sehr hartnäckigen Widerstand geleistet haben; man nannte uns den Namen, doch ist er auf dem Papier unserer Rei'semappe so unleser lich geschrieben, daß wir Gefahr laufen, ihn falsch zu ent ziffern — und 1850 im September ward der sehr gut ge legene und eben so zweckmäßig eingerichtete Brauhof eingc- weiht. DaS erforderliche Capital von 30,000 Thalern war zur Erbauung desselben in folgender Weise aufgebracht worden. Der größere Theil der brauberechtigten Bürgerschaft zeichnet, mit Aktien circa 19,000 Thalern, während mit den noch fehlenden 11,000 Thaler sich da- Communvermögen be- theiligte. Die Brauberechtigten verpflichteten sich solidarisch nicht nur für die Aufbringung der Zinsen und Dividende, sondern auch für die Sicherheit deS CapitalS selbst. Die Verwaltung ward einem auS den brauberechtigten Bürgern gewählten Syndikate übergeben, unter denen sich jedoch kein eigentlicher Sachverständiger befand, und die bisherigen Brauer wurden unter ihre Aufsicht gestellt. Man übersah diese etwas bedenkliche Sache gern, weil man sich in der That allgemein über daS endliche Gelingen deS Unternehmens freute, mit Ausnahme einiger Schwärmer für den Reihe schank. Und diese Freude ward um so lauter und allge meiner, als der erste Gerstensaft ein Getränk war, an den der Graf Schwarzenberg gewiß noch einmal mit fröhlicher Re signation 10 Jahre seines Lebens gesetzt hält,. Auch Ihren sußrüstigen Correspondenten hatten mit vielen Fremden die öffentlichen Anzeigen herbeigelockt. Und er gesteht offen, daß sein klassisches „domo rum" bei der herzlichen Thcil- nahme an der allgemeinen Heiterkeit mit aller Energie an kämpfen mußte gegen die Wirkung der Erinnerung an das herrliche Liedchen deS Anakreon: „Es trinkt die schwarze Erde, es trinkt da- Meer die Ströme rc." Aber gleich als hätte man es freventlich versäumt, dem alten GambrinuS eine Libation zu bringen, damit er seinen Segen über da« neue Werk spreche — eS vcrficl sichtlich nach kurzer Zeit. Und wenn dem Gambrinus jetzt seine Priester 10 Krüge verschiede« karrikirtcn Holzschnittcn und ihren Witzen wird man in der Dorfbarbierweise nm daS letzte Stückchen Heiterkeit barbiert und rin guter Geschmack verbreitet sich epidemisch und nicht geruchlos. Der deutsche Pilger durch die Welt, Stuttgart bei ! Hallberger. Die genannte Handlung hat sich bereits durch menscheusreundliche allgemeine Nützlichkeit einen guten Ruf er- worben. Die beigefügteu Holzschnitte sind in der Komik tragisch und komisch im Einste. Ein bunter Sechseibilderbogen eröffnet daS Titelblatt. Dennoch enthält der „Pilger" neben vielem con- ! fusen Geschreibsel Beiträge von Spindler, JustinuS Kerner (?), Gaudh und Bechstein. Der Scherz von andern unbekannten Per« saffern dieses Kalender- schneidet Gesichter wie die alten Possen« reißer, welche sich oft auf Pferdemärkten und Kirchweihfesten produciren. Wir kommen jetzt zu einer bessern Kalenderliteratur. Pahne'S Miniaturalmanach, mit Novellen von Göiling und den beliebten Liedern von ZuliuS Pabst au-gestattet, bietet für einen wunderbar geringen Preis zwölf merkwürdige Stahlstich,. Eine reizende, schon seit mehrer» Jahren geachtete Gabe ist der Jugendkalender von Reinik und Bürckner mit gut gezeichneten, oft Heilern Illustrationen und gewandtem literarischen Texte. Für den häuslichen alltäglichen Gebrauch de- Bürgerftan- deS aber muß Weber s Volkskalender als die fleißigste, reichhaltigste und solideste Unternehmung an empfohlen werden. Er verbindet in den verschiedensten Fächern für Völkerkunde, Natnrhistorie, Geschichte, Gewerbe ir. da- Unterhaltende auf eine geschickte Weise mit dem Belehrenden und seine zahlreichen Holzschnitte erwerben sich das Verdienst anschaulicher Genauigkeit. Indem wir mit diesem besten Kalender schließen, empfeh- ten wir noch den deutschen Unternehmern dieses einträglichen Faches die leichte Grazie, Gefälligkeit und frappante Charak teristik, welche in den Illustrationen der meisten französischen Kalender herrschend sind. Ein Blick auf den „älmrmsck llu massssin pittoeesquv" und dem „^Imansoli st'illustrstion" wird daS Publicum und die vaterländischen Entrepreneure von der Wahrheit des Gesagten überzeugen. 1. O Ein Seemann, der im Sommer 1850 die arktische Er- pedition zur Aufsuchung Sir I. Franklin'» mitmachte, erzählt (in der „8kipz>. 6»rette") von einem Unternehmen, da» er am 30. Januar 1850 wagte, als eben eine Menge Eisberge und darunter einer mit einem hohen offenen Bogen im Gesichte waren. Ihm kam der Gedanke, hindurchzuschiffen, und zwei waghalsige Matrosen schloffen sich ihm an; sie nahmen ein kleines Boot und redeten ab, daß während der Durchfahrt durch den Ei-tunnel Niemand ein Wort sprechen solle, damit nicht der Schall an der zerbrechlichen Masse eln Unheil anrichte. Wir ruderten — so er zählt er — langsam und schweigend in die Oeffnung hinein, wo sich uns ein» der großartigsten Schauspiele darbot, welche die Hand der Natur den menschlichen Augen offenbart. Sin un geheuerer Bogen von 80 Fuß Spannung, 50 Fuß Höhe und 100 Fuß Breite, so gebildet, al» wäre er au» der berechnenden Hand de» Architekten hervorgegangen, au» festem Eise von schönem Smaragdgrün gebildet und glätter al» der polirteste Alabaster bot sich dar. Al- ich aber auf halbem Wege durch war und in die Höhe blickte, sah ich, daß der ganze Eisberg durch die volle Breite deS BogenS, sowie in dcr Länge deS Berges gespalten war, so daß die Strahlen der arktischen Sonne hier und da durchfielen und die unregelmäßigen Flächen der beiden verti kalen Durchschnitte ein dunkle» tiefe» Blau zeigten. Alle» bot dem Auge ein Gemälde ätherischer Grüße, wie eS kein,» Malers Pinsel erreichen kann. Plötzlich aber ward ich auS meinen Träumereien aufgeschreckt; der Bruch schloß sich Plötzlich und öffnete sich dann langsam weiter. Die staunenSwerthe Ei-inaffe, Millionen Tonnen an Gewicht, stand augenscheinlich auf dem Punkte, daS Gleichgewicht zu verlieren, umzuschlagen, vielleicht in Stücke zu zerbrechen. Ich schloß die Augen, um den schauder haften Anblick nicht mehr zu haben, und athmete erst wieder auf, al» wir unter dem riesenhaften Bogen hervorgekommen waren. Wir ruderten dann nm den Berg in achtungsvoller Entfernung herum: er hatte etwa eine englische Meile im Umfange und 250 Fuß Höhe. Nm 2 Uhr waren wir durch den Berg hindurchgefahrcn, um 10 Uhr Nacht- zerborst er und setzte daS Meer auf Meilen weit umher in Bewegung. DaS Leben im RHeinz au ist seit tausend Jahren gleich sam in Wein getränkt, es ist „weingrün" geworden, wie die guten alten Fässer. Dies schafft ihm seine Originalität; denn eS giebt vielerlei Weinland in Deutschland, aber kein-, wo der Wein so Eins und Alle» wäre, wie im Rheingau. Der Wein ist allerwege da- GlaubenSbekenniniß de» RheingauerS, die Weinflasche sein Erkennungszeichen; denn ein tüchtiger „Brenner", wie man am Rhein den vollendeten Zecher nennt, trinkt alltäglich seine sieben Flaschen Wein, wird steinalt dabei, ist sehr selten betrunken und höchsten» durch eine rothe Nase gekennzeichnet. Den im Weine stet» neu erblühenden LebenSmuth de- Rhein gauerS hat der Dolk-mund gar ergötzlich in einer kleinen launigen