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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartman». V S5V 1851 Mittwoch, den 1 Oktober Diese« Blatt erscheint mit Ausnahme des Sonntags täglich Abend- und ist durch alle Postaustalten zu beziehen. Preis ftr da« Vierteljahr Thalrr. Insertion- - Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Nrugroschen. Amtlicher Theil. Dresden, 30. September. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Meckl enb u r g - S t rel i tz ist heute Mittag von Berlin hier eingetroffen und im Hotel zur Stadt Rom abgetreten. Dresden, 29. September. Se. Königliche Majestät haben den zeitherigen Justizbeamren deS Justizamts zu Zwickau, Heinrich Johann Wilhelm Gottlob NathusiuS, zum Director de« Landgerichts Wurzen zu ernennen Sich gnädiqst bewogen gefunden. Dresden, 26. September. Se. Königliche Majestät haben dem außerordentlichen Professor der Philosophie an der Universität zu Leipzig, 1)r. pllil. Gotthard Oswald Marbach, den Charakter eines Hofraths in der fünften blasse der Hofrangordnung taxfrei zu verleihen geruht. Dresden, 26.. September. Se. Königliche Majestät haben die erledigte Stelle eines Justizbeamten des Justiz amts Zwickau dem zeitherigen Justizbeamten des Justizamts Frankenberg mit Sachsenburg, Karl Alexander Gensel, zu übertragen, den zeitherigen Justitiar deS königlichen Ge richts zu Waldheim, Friedrich Gustav Edler, und den zeit- herigen Assessor des Landgerichts Eibenstock, Ernst Gustav Friedrich Lommatzsch, ebenfalls zu Justizbeamten, — erstern beim Justizamte Frankenberg mit Sachsenburg, letz ter» beim Justizamte Fraurnstein — zu ernennen, auch den zeitherigen Bürgermeister und Stadtrichter zu Hartha. Hugo AlexiuS Ferdinand Ri chter, als Justitiar deS könM Gerichts zu Waldheim und den Advokaten Paul Clemens Grohmann zu Dresden als Assessor deS Landgerichts Eiben stock anzustellen Sich gnädigst bewogen gefunden. TageSgefchichte. 0 Dresden, 29. September. Zu den am I. Oktober in Frankfurt beginnenden Berathungen einberufner Sach verständiger über handelspolitische Angelegenheiten ist von Seiten Sachsens heute der Geh. Rath ür. Weinlig und zu dem an demselben Tage in Wien zusammentretenden Congresse von Bevollmächtigten zur Regelung des Telegra- phenwesen» gestern der Geh. Rath v. Ehren stein und der Direktor der StaatStelegraphen, Preßler, von hier abge- gangen. * Zittau, 29. September. Bei der heute in Reibers dorf stattgefundrnen Landtagswahl für den 21. bäuer lichen W ah l bezirk wurde der bisherige Abgeordnete, Bauer- gutSbesitzer Riedel in Kleinschönau, zum Abgeordneten und der Gemeindevorstand und Bauergutsbesitzer Roscher zu MittelherbigSdorf zu dessen Stellvertreter gewählt. Wien, 26. September. Ihre kaiserl. Hoheit die durch lauchtigste Frau Erzherzogin Sophie ist nach Ischl abgereist. — 26. September. (Ll.) Se. M. der Kaiser hat während seiner Reise mehrere Sträflinge, welche in den verschiedenen Städten in Gefangenschaft waren, begnadigt. In Peschiera wurde die allerh. Gnade einem wegen Mu nitionsverheimlichung zur Festungsstrafe verurthcilten Indi viduum zu Theil. — Demnächst werden einige Abänderungen der Straf- proceßordnung ins Leben treten. Als die wichtigste derselben wird die Beseitigung der Geschwornen und die Ersetzung derselben durch ein Richtercollcgium, welches nach seiner Ueberzeugung zu urtheilen habe, bezeichnet. Die Motive sind: die Unmöglichkeit der Geschwornen bei poli tischen Uebertretungen, die Unzulänglichkeit des Instituts für einige Landestheile (z. B. Galizien, Dalmatien rc.), endlich die bisher wahrgenommenen zahlreichen Mängel des selben. Briefe eines Ungenannten an einen Unbekannten über Zustände und Erscheinungen in der Literatur. I Denn ich bin fest überzeugt, Herr Commerzirnraih, raß Sie Richter von Müller-Hansen und nicht Müller von Richter-Hausen heißen. Ach! k- geht mir immer verhängnißvoll mit jenen seltenen Namen, so daß ich mich oft selbst nicht besinnen kann, wie ich eigentlich heiße. Ich gsdenke dabei eine- unglücklichen Freunde-, und da- Beispiel steckt an wie Gespensterfurcht. Und füg« eS nicht außerdem der Zufall, der die bravsten Menschen zu ruiniren strebt und sich immer vor ihnen wie rin verführerischer Dämon auf die Hinterfüße setzt, Ustig mit den Ohren wackelt und ihnen sein«, Jahrmarkt-plunder mit selbstgefälligiger Osten- tation präsentirt, fügt e« dieser böse Dämon nicht soeben, daß ich eine Spener'sche Zeitung auf meinem Tische erblicken muß? Doch ich muß Ihnen gleich ein Stück vom Lebenöschicksale meine armen Freunde- erzählen, um diese Näthsel aufzuklären. Dirse- Echlcksal charakterifirt zugleich die mörderischen Wirkungen von einem Theilr der deutschen Literatur, von der Tage-kritik, und noch dazu von der bessern, gründlichen, die an- dem unverstandenen Verstände eine- großen Philosophen und eigener verständiger Un verständigkeit hervorgegangen ist. Doch ich lass« den tief Verwundeten hier selbst reden. Er erzählte mir, nachdem er sich von seinem Schlage erholt: „Sie wissen, mein früherer Aufenthalt in Berlin Ist nicht ganz unbekannt. Ich nahm den innigsten Anthril an der Literatur, dir Freund» hielten mich für einen Mann von meiner — 28. September. Die „L. Z. C." vernimmt, daß im Laufe der nächsten Monate aus unseren zur Disposition stehenden Kriegsschiffen ein kleines Geschwader gebildet wird, welches die Bestimmung erhält, im mittelländischen Meere zu kreuzen. Wien, 28. September. Die Oesterr. Corresp. schreibt: Was die geringer ausgefallenen Subskriptionen des Aus landes auf das neue An lehrn beteifft, so hat sich ge zeigt, daß fremde Plätze eS vorziehen, sich durch effektive Käufe statt durch Subskription dabei zu betheiligen, Ivie unter andern der Coursstand beweist, da Staatsschuldver schreibungen der Serie L. mit 1 Procent über den ur sprünglichen Emissionspreis in verflossener Woche gesucht worden sind. — Der heutige „Soldatenfreund" schreibt: In der Mehrzahl der Exemplare der letzten Nummer war die vor eilige Ernennung Sr. Durchlaucht des FcldmarschallS Für sten Windischgrätz zum Gouverneur von Böhmen ent halten, die wir als nicht erfolgt hiermit berichtigen. — (06) Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Mestre nach Treviso soll am 1. Oktober erfolgen. — Den „Pr. Nov." zufolge traf Ihre Majestät die Kaiserin Maria Anna der Unfall, in dem Schloßgar ten zu Reichstadt bei einem Falle sich den Fuß zu beschä digen, so daß Allechöchstdieselben davongetragen werden muß ten. Es ist jedoch Hoffnung vorhanden, daß die verehrte Kaiserin in Bälde wieder vollkommen hergestellt sein wird. — Die „Fr. S. A." meldet aus Wien: Die Preise der Lokomotiven, welche vom Semmering ihre Wett fahrten machten, sind zuerkannt, aber noch nicht vertheilt worden. Ein sonderbarer unerwarteter Zwischenfall stellte sich dabei ein. Ein hiesiger pcnflonirter Hauptmann, wel cher sich seit Jahren mit Erfindungen in der Mechanik be schäftigt, und ein Schweizer, Namens Bodmer, schritten nämlich, sich auf k. k. Privilegien stützend, beim Handels ministerium gegen die Maffei'schen, Günther'schen und Cockerill'schen Fabrikate insofern ein, al« sie ihnen daS Er forderniß der Neuheit bestreiten und darzuthun suchen, daß sie nach Principien (aus zusammengekoppelten Rädern bei der Maffei'schen und Günther'schen, und auS dem Dampf- kylinder am Untergestelle bet der Eockerill'schen) gebaut seien, die .ihre Erfindung, und ihnen durch ihre Privile gien gesichert sei. Der HandelSminister hat die genaue Un- tecsuchung der Sache anbefohlen, bis zu deren Erledigung die Sache ausgesetzt bleibt. Den ersten Preis mit 20,000 Dukaten hat die Maschine aus München, den zweiten mit 10,000 jene aus Neustadt, und den dritten und vierten mit 9000 und 8000 Dukaten die auS Seraing und Gloggnitz erhalten. Prag, 26. September. (Fr. S. Z.) DaS dritte Armee korps wird in die FriedcnSgarnisonen von Oesterreich und Steiermark verlegt; in Prag und Böhmen überhaupt bleibt blos das erste Armeekorps, dessen Commandant Graf Clam ist, welcher zugleich provisorischer Landescommandanl bleibt bis zu einer andern allerhöchsten Verfügung. Aus Prag wird der Oesterr. Corresp. gemeldet, daß Se. kaiserliche Hoheit Erzherzog Albrecht sich in den nächsten Tagen auf seinen hohen Posten nach Ungarn be geben wird. — In Plaß, der Besitzung des Fürsten Metternich, erwartet man die Ankunft desselben. Berlin, 26. September. Der Prinz Karl von Preu ßen ist, von Moskau kommend, wieder hier eingetroffen. Berlin, 29. September. Gestern Abend 11 Uhr 58 Mi nuten verschied im hiesigen königl. Schlosse Se. König!. Hoheit der Senior des Hohen Königl. HauseS, Herr Fried rich Wilhelm Karl Prinzvon Preußen, General der Ca- valerie und Chef des zweiten Dragonerregiments. Der Feuilleton. Grüße und gaben etwa- auf mein Unheil. So leble ich denn thätig, heiter und guter Dinge. Da fiel eS zu meinem Unstern dem Professor Wackermann ein — er war der überzeugteste Hegelianer, da er den Meister am wenigsten verstanden hatte —, mir, nachdem wir gut gegessen, eine Theodor Rötscher'sche Abhandlung über die Rachel vorzulesen. Der würdige Schriftsteller hatte darin nach seiner beliebten Manier da- Unvernünftigste groß drucken lassen. Er ging so tief auf den Gegenstand ein, daß ich wie gewöhnlich nicht folgen konnte. Mir war entsetzlich zu Muthe; die Verdauung stockte, da- Blut floß stürmisch. Ich bat, ich beschwor Wacker mann, aufzuhören — er la- unerbittlich. Ich fühlte, daß ich kalt und heiß, bleich und rsth wurde, und in meinem Kopfe bewegte sich eine Mühle mit elf Gängen. Ich flehte nochmals, doch der Professor hielt sich tapfer. Da, als er endlich endete, halte ich daS Malheur In seiner ganzen Grüße: ich konnte mich nicht mehr besinnen, ob ich Meyer hieße oder Fischer. Eine un- beschreibliche Angst überkam mich. Aui Verlegenheit spielte ich mit dem Westenknopfe, eine hilfreiche Maßregel, der man sich nicht zu schämen hat, da sie selbst im Assessoreramen Dienste thut. Aber in meinem Kopfe verbanden sich nur wenige Begriffe: Rötscher'S Artikel, — furchtbare Wirkung, — Meyer oder Fischer, Meyer oder Fischer, wir heißt Du? Stillschweigend griff ich in die Tasche, um eine Visitenkarte mit meinem Namen zu erhaschen, aber ich fand keine. Da ertrug Ich die Marter nicht länger und mich ergriff rin verzweifelter Entschluß. Ich schlug mit der Faust auf den Tisch und sagte: Mrinr Herren, wie heißr Ich, Meyer oder Fischer? Prinz war brr jüngste Brudrr Sr. Majestät dr» Hochseligen Königs Friedrich Wilhelm Ul. und geboren am 3. Juli 1783. Er hatte im Sommer mit bestem Erfolge eine Badecur gebraucht und wollte in dieser Woche nach Italien reisen. Am gestrigen Nachmittag befand sich der Prinz etwas unpäßlich und legte Sich deshalb um 9 Uhr nieder. Gegen 11 Uhr wiederholte sich rin Schlaganfall, der eine halbe Stunde darauf sein Leben endete. Prinz Wilhelm war eS, der im Jahre 1812 jene unvergeßliche Sendung nach Paris unternahm; nicht minder glorreich sind seine Waffenthaten in dem Kampfe von 1813—1815. Er hin terläßt aus Seiner Ehe mit der Prinzessin Maria Anna, die am 14. April 1846 verschied, einen Sohn, den Prin zen Adalbert, und zwei Töchter, die Prinzessin Elisabeth, vermählte Prinzessin Karl zu Hessen und bei Rhein und die Königin Marie von Baiern. — Des verewigten Prinzen Wilhelm k. H. — schreibt die Pr A. — haben schriftlich den Wunsch ausgesprochen, daß Sein Leichcnbcgängniß ohne Prunk stattfinde. Es wird demnach, wie wir hören, ein Trauerzug von dem Schlosse nach dem Dome nicht stattfindcn, sondern die allerhöchsten und hohen Leidtragenden werden sich im Dome zum Traue'rgottesdienst versammeln. Dagegen dürften die militärischen Ehrenbezeugungen für den hohen Verewigten nicht unterbleiben. Von dem zweiten Dragonerregiment, dessen Chef der verewigte Prinz war, sind ein Stabsoffizier, ein Rittmeister, ein Leutnant, ein Wachtmeister und ein Gemeiner hierher befohlen worden, um bei der feierlichen Beisetzung des hochverehrten RegimentSchefs zugegen zu sein. — Der Pr. St. Anz. enthält eine Uebersetzung der Aoditionalconvention vom 20. Mai 1851 zu dem Handels- und SchifffahrtSvertrage vom 23. Juni 1845 zwischen den Staaten de« Deutschen Zoll- und Handels vereins einerseits und Sardinien andererseits. München, 26. September. (N. M. Z.) Durch die mit telst RescriptS vom 18. September anbefohlene Formation der Armee stellt sich folgendes Gesammtergebniß fest: KrirqS- stand der Infanterie iucl. der 6 JägerdataiUone: 54,474 Mann; FriedenSstand: 53,378 Mann. Kriegsstand der Cavallerie an Mannschaft: 9984; an Pferden: ^480; Frie densstand der Mannschaft: 9816 ; an Pferden: 5320. Stärke der Artillerie im Kriege: 5390 Mann; im Frieden: 5308 Mann. Genieregiment im Kriege: 1039; im Frieden: 1007 Mann. Arbeiterkompagnie: 152. Jngeniercorps: 70 Mann. Generalstab: 21 Mann incl. sämmtlicher Chargen. Stärke der ganzen Armee im Kriege: 71,130 Mann ; im Frieden: 69,752 Mann (d. h. abgesehen von den Beur laubungen). Bayreuth, 26. Sept. (N. C.) Gestern ist die ministe rielle Genehmigung des Projekts einer Zweigbahn von Neuenmarkt hierher angekommen. Die Kosten wird die Stadtgemeinde größtentheils durch ein Anlehen aufbringen ; dieselben sind auf 1,100,000 fl. veranschlagt; den Betrieb wird sodann der Staat für 55,000 fl. verpachten. Hannover, 25. Sept. Die Regierung hat eine kleine, 29 Seite« starke Denkschrift über „die Befugniß der deut schen Bundesversammlung zur Einmischung in die provin zial-landschaftliche Angelegenheit deS Königreichs Han nover" als Manuskript drucken lassen und an verschie dene Regierungen und an die Bundestagsgesandten versandt. Hannover, 28. September. Ein besonderes Extrablatt der „Hann. Z." enthält Folgendes: „In der heutigen Mor genausgabe der Zeitung für Norddeutschland ist mit solcher Frechheit eine Erfindung über entstandene Schwierigkeiten Der Professor steckte die Spener'sche Zeitung eilig ein, rückte seine Brille zurecht und, nachdem er mich angesehen, fuhr er zurück, stand auf und sagte: „Ich wünsche Ihnen wohl gespeist zu haben, Herr Lehmann!" — Herr Lehmann? fragte ich. — „Ja, Herr Lehmann!" sagte er. Lehmann! rief ich mit der höchsten Desperation; daS ist nicht wahr, daS ist schändlich, man will sich einen Scherz mit mir erlauben. Ich heiße Meyer oder Fischer, und dabei bleibt'-; ich verlange nicht», gar nicht» weiter von Ihnen, meine Herren, al- nur die Entscheidung für einen dieser beiden Namen. Da trat ein Offizier, ein Freund, heran und sagte: „Lieber, ist Ihnen etwa-zugestoßen? Fassen Sie sich; Sie sind Herr Lehmann, ich aber heiße Fischer, Leutnant und Schriftsteller Fischer." „Und ich heiße Meyer, natürlich Schrift steller und Bankier Meyer," rief rin dicker Herr. „Und übrigen» verbitte ich ntir jede schlechte Anspielung auf meinen Namen. Wie wollen denn Sir da Meyer heißen, he?" Bei diesen Worten rüttelte man mich, und ich fühlte wohl, daß ich merklich in den Rücken geschlagen wurde, damit ich mich besünnr. Mir ward'» auch wie Licht vor der Seele, aber plötzlich fuhren mir wir ein unglückliche- Echo einige Worte durch» Haupt: „Wenn sich nun schon Im kntkörperten Nichtsein der analytische Begriff der Schön heit al» seiend" — sogleich wurde e- Nacht, ich besann mich nicht und gab dem Professor einen instinktmäßigen Stoß gegen die Tasche seine« Rocke-, worin sich dir Spener'sche Zeitung befand. Ich hatte mehr al» Peter Schlemihl an seinem Schatten, ich hatte mein bessere« Selbst, meinen Namen verloren. Voll Erbitterung stürzte ich an« dem Hanse und draußen im Freien kam ein tröstlicher Einfall. Du willst zur Polizei gehen,