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Nr. 88. Freitag. 8. Novbr. 1850. Dieses Blatt erscheint Dienstag« u. Freitag« und kostet vierteljähr lich Iv Ngr., wofür e« durch alle Postanstal ten und Buchhändlern gen zu brzlchcn ist. kißcritz-Zcitung. Inserate aller Art werden mit 6 Pfen nigen für die dreimal gespaltene Petitzeil« berechnet und in alle» Grpeditionen dieser Zeitung angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Redaction, Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Verordnung Die politischen Verhällnisse^MchM^_stch plötzlich verändert. Demnach wird eS möglich, den Ankauf einer größer» Anzahl von Pferden vor der Äaud eiimWtkv^Die Märkte, welche zum 6., 7., 8., 9., 10. und II. dieses MonatS angeordnei waren, werden nicht abgehalten. Der snHW^M^Completirung ter Reiterei angeordnele Nemonteeinkauf in Dresden und Borna dauert fort. Zur Beruhigung der Bethciligten wird ferner bekannt gemacht, bliß cH^luögllch '"irb, die Mehrzahl der Kriegs» reservisten gleich nach ihrem Eintreffen wieder in ihre Heimath zu entlassen. . Dresden, den 4. November 1850. U 1 < l g si ttt > tt k fl t klUNIr Rabenhorst. Ans dem Vaterlande. Dresden, 5. Novbr, Laut einer gestern Abend hier von Berlin eingegangenen Nachricht ist die Entlassung des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, Hrn. v. Rado» Witz, von Sr. Majestät dem Könige von Preußen ange» nommen worden. Auch Hal überhaupt das königlich preu ßische Eabinet dieser Nachricht zu Folge eine weil versöhnlichere Stellung eingenommen. Wie wir vernehmen, ist in einem noch gestern Abend hier abgehaltenen Minifterraihe auf diese Nachricht hin beschlossen worden, du Mobilmachung der sächsischen Armee nur in einem Umfange auSzufübren, der auch bei den jetzt veränderten Umständen durch die immer noch keineswegs vollständig gesicherte Lage Deutschlands unabweiSlich geboten ist. Dresden, 5. November. In der heutigen Sitzung der I. Kammer machte Herr Skaalöminister Behr der Kammer eine Millhcilung, die, wie er bemerkte, allerdings nicht ge eignet sei, einen angenehmen Eindruck zu machen, und ihn persönlich auf das Tiefste erschüttert habe. Es betraf diese Mittheilung das hier umgehende Gerücht von einem vor einigen Tagen in der Hauptstaats-Casse bekannt ge wordenen angeblich bedeutenden Deficit. Nach den Mittheilungen der stenographischen Niederschriften ist der erste Beamte der HauplstaaiScasse, ein über 60 Jahre alter, jetzt körperlich sehr geschwächter Manu, der länger als 40 Zabre Cassenbeamter ist, auf eine Anzeige beS ihm zunächst- stchenden Cassenbeamten gestern vernommen worden und ist nicht abredig gewesen, daß allerdings ein sehr bedeutendes Deficit in seiner Casse verbanden sein solle. Soviel ist jetzt' gewiß, baß der gedachte Ober-Beamte das Vorhandensein dieses angeblichen DeficitS seit dem Mai v. I., wo ein Theil der Gelder nach Neustadt transportirt worden sei, annehmen zu müssen glaube, und dem königl. Finanzministerium bis her keine Anzeige darüber gemacht habe. Deshalb sei der selbe gestern auch suSpendirt und bas weitere gegen ihn ein- zuleitcnbe Verfahren dem Criminalgericht überlassen worden. DaS Deficit sei auf einige und Neunzig Tausend Thaler geschätzt. Politische Weltschan. Berlin, 4. Nov. Hr. v. Radowitz ist aus dem Ministerium anögcschieven. Die vorgestrige Sitzung des MinisterraiheS soll eine überaus stürmische gewesen sein und die verschiedenartigen Gefühle der Anwesenden sollen sich auf ungewöhnlich eklatante Weise Luft gemacht haben. Hr. v. Ravowitz war endlich an der Grenze der Nachgiebigkeit angelangt, ein Schritt weiter, und neben dem staatsmän nischen Rufe war auch der Ruf der persönlichen Ehren haftigkeit eingebüßt. Außer dem König und dem Prinzen von Preußen wohnte auch der General v. Wränge! der Sitzung bei. Die Hauptforderung deS Herrn v. Radowitz bestand in dem Verlangen einer sofortigen Modilisirung der Armer. Der KriegSminister v. Stockhausen, der Graf Bran denburg und General v. Wrangel, welche den Gegenstand natürlich auch von dem militärischen Standpunkte beleuch teten, sprachen sich entschieden für den Frieden auS. Der König und der Prinz von Preußen waren, wie eS heißt, mehr auf Seiten des Hrn. v. Radowih. Die Anhänglich keit an die Leiter des Novemberministeriums hat indeß den Sieg über sonstige Sympathien für die Anschauungsweise des Begründers der Union davon getragen. Der letzte Schritt ist geschehen, um mit dem Projekte von 1849 zu brechen. Und wie wir seiner Zeit den Eintritt deS Hrn. v. Radowitz in 'das Ministerium als eine Demonstration gegen Oesterreich betrachteten, so sind wir auch berechtigt, seinen Austritt als ein Zeichen der Nachgiebigkeit gegen daS Wiener Cabinet anzusehen. Fortan hat die Partei im Mi nisterium die Oberhand, welche, von allen größer» Planen absehend, sich allein auf keu preußischen Standpunkt zurück ziehen, und die das preußische Interesse nicht anders ge wahrt sieht, als in einer Verständigung, selbst um hohen Preis, mit Oesterreich und Rußland. Hr. v. Manteuffel, ter Repräsentant dieser Politik, wird nunmehr die Verant wortlichkeit für die Wahrung des specisisch preußischen In teresse allein zu tragen haben. ES scheint gewiß, daß Hr. v. Bernstorff durch den Telegraphen herberufen worden und daß ihm das Portefeuille des Auswärtigen zugedacht ist. Berlin, 4. Nov. Der Preußische Staatsanzeiger ent- hält folgenden Erlaß: An daS Staatöministerium. Mit Bezug auf Meine Ordre, durch welche Ich den StaatSmi- nister v. Rabowitz auf seinen Antrag von der Leitung deS Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten entbinde, will Ich, bis zur Ernennung seines Nachfolgers, hierdurch dem Präsidenten deS Staatsministeriums, Grafen v. Branden burg, und während der Dauer der gegenwärtigen Krankheit