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Nr. 86. 1. N«»br. 1850. Freitag. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Redaction, Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Zum 31. October 1850 Diese» Blatt erscheint - . WZWnHeri--Znttmg gen zu beziehen ist. ' Inserate aller Art werden mit 6 Pfen nige» für die dreimal gespaltene Petitzelle berechnet und in allen Erpeditionen dieser Zeitung angenommen Ode an Luther, den deutschen Mann. Flamm' hell empor, du still gepflegtes Feuer, Und mache selbst den Himmel glüh'n; Ertönet laut, ihr Saiten meiner Leyer, Und schwingt die Töne hehr und kühn! Erhebet mich auf den melod'schen Schwingen Zu der Begeist'rung hoch und himmelan; Die Brust zersprengt der kühne Drang zum Singen; Ich muß besingen Dich, den deutschen Mann! — Erschalle, Lied, in allen deutschen Kreisen, Horch' auf! mein deutsches Vaterland! Ich sing' von einem Helden, einem Weisen, Der deiner Sclavenfessetn dich entband, Der deine Fürsten, die als feige Knechte Des Stuhls zu Rom in unbewußter Schmach Gerüttelt aus dem Schlaf der Hoheitsrechte, Der deiner Völker Geisteskerker brach. — O! Glaubens-Staat! Wie tief warst du gesunken, Herab zum Spott durch geiler Priester Tand, Von Völlerei und Pfaffenfalschheit trunken, Häuft'st du Verfolgung, Mord und Scheiterbrand. Der Ketzerrichter Wuth blieb ungestöret, Ob Alles auch in Wahnsinn sich verkehrt; Tod Jedem, der das Christuölicht begehret, Verderben Dem, der nicht wie's Papstthum lehrt. — Und alles Volk, in Stumpfsinn eingewieget, Schwieg furchtsam still, und Keiner wich; Ja selbst der Mächt'gen Jeder schmieget In Neu-Roms Fesseln gern und willig sich. Waö Großes einst Athen und Rom erfunden, Das lag mit Staub und Moder überdeckt; DeS Denkens Freiheit hielt der Knechte Knecht gebunden, Der Musenchor im Kloster blieb versteckt. — Da kamst du, Held, mit Kraft in Gott gestählet, Und stieß'st an Roms Subsellium, Du focht'st von deutschem Biedersinn beseelet, Dein fester Schild war's Evangelium! Die laut're Strömung quoll aus deinem Munde, Der Wahrheit Kraft aus Christi Wort, Und mancher Edle trat zu deinem Bunde, Und^ward des neuen Lichtes Hort. — Dich schreckten nicht die zeit'gen Erdengötter, Denn du warst stark durch Geistes Kraft, So wie die Eiche stark im Donnerwetter, Stark, wenn der Sturm sie furchtbar angerafft; Wenn ringsum alle schwachen Hölzer brechen, Stark, wenn der Blitz die dürren Aeste bricht, Standst du und lacht'st des Bann's des Frechen, Verachtetest sein Drohen und Gericht. — Und kühn erhöhtest du des Glaubens Flagge, Des Denkens Freiheit riefst du in den Streit, Das Lied, geweckt zu fördern Christi Sache, Macht'st du für'ö Kämpfen allbereit, Daß selbst die Feinde offen zugestanden: „Der Luther schadet mehr uns durch sein Lied, Mehr, als ein Heer beredter Prädicanten; Er singt zu kühn zum Volkögemüth!" — Du triebst mit Kraft der deutschen Worte Hinweg des Truges schlaue Macht; Kannt'st keine Furcht vor Roms Cohorte, Vor Bannstrahl und vor Reiches Acht. Ja! wär' die Welt voll arger Teufel, Du fürchtet'st dich, doch nicht so sehr, Und hatt'st gekämpfet ohne Zweifel Für Gottes Wort und Christi Lehr'. Du zogst die Weisheit aus dem Staube, Die Wahrheit bracht'st du auf die Bahn, Durch dich kam heim der schlichte Glaube, Durch dich erstarb des Pöbels Wahn. Wer wagt's, uns jetzt in Glaubensnacht zu senken? Wer, dem Beginnen keck zu widerstehn? Wenn wir es wagen, selbst zu denken. Mit eignen Augen selbst zu seh'n. Dank dir, mein Luther! Jeder danke. Den du so hoch, so wahr beglückt; Dein Name hebt uns über jede Schranke, Wenn And're Wahn und Fessel drückt. Drum Wehe dem, der dich verkennt, Der deinen Namen lassen kann! — Wer dich nicht stets mit Ehrfurcht nennt, Der ist kein freier deutscher Mann! Schäfer.