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4. Juni 1850 Nr 43 W Verleger: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dienstag. Dieses Blatt erscheint -ns«rate allerArt «ME »urch alle Postanstal- I, U»», I, I MD^ HR, U,R,AR, I UlM^ berechnet und in alle» geu zu beziehen ist. ^ Zeitung angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. . l)'..-, Redakteur: In Commission: vr. I. Schladebach in Dresden. H. H. Grimm L Comp. inDreSden. Aus dem Vaterlande. Dresden. Zn einer außcrordemlichen Beilage ver öffentlich das ministerielle Dresdner Journal folgende seit An fang der Woche vielseitig erwartete, inhallschwere Nachricht: WaS von vielen Seiten her schon länger er wartet worden ist und nach den lehren Vorgängen zwischen Negierung und Kammern, wie solche auS den geheimen Sitzungen der zweiten Kammer durch mehrere Blätter bekannt geworben sind, kaum noch überraschend erscheinen kann, ist ein getreten: Die Kammern find aufgelöst! In der für heute anberaumten Sitzung der zweiten Kammer erhob sich nach dem Vorrrage des Protokolls über bie letzte Sitzung der anwesende Vorsitzende deS Gesammt- ministeriumS, Staatsminister ör. ZschinSky, und zeigte der Kammer an, baß er beauftragt sei, derselben ein Aller, höchstes Decret mitzutheilen. ES war baS AuflösungS- decret und lautete wie folgt: Se. Königliche Majestät haben Sich bewogen ge funden, die dermalen versammelten Kammern des Kö- nigreichs nach K. 116 der Verfassungsurkunde und §. IX. des provisorischen Gesetzes vom IS. Nov. 1848, wie hiermit geschieht, aufzulösen. Gegeben zu Dresden, am 1. Juni 185«. Friedrich August. Ur. Ferdinand ZschinSky. Friedrich Ferdinand Freiherr v. Beust. Bernhard Rabenhorst. Richard Freiherr ». Friesen. Johann Heinrich August Behr. Auf Grund dieses DecretS erklärte sodann ter Staats- Minister vr. ZschinSky die Kammer für ausgclöst und bie Sitzung für geschloffen. Präsident Cuno: Nach dieser Erklärung deS Herrn SiaaiöministerS kann von einer Forts tzung der Sitzung nicht mehr die Rede sein; ich ersuche Sic, meine Herren, nur noch einen Augenblick versammelt zu bleiben, um ein kurzes Protokoll über die Sitzung aufzunehmen. Siaalsminister Or. ZschinSky verließ hierauf den Saal und begab sich in bie Sitzung der ersten Kammer, wo derselbe, ehe dort zur Tagesordnung übcrgegangen wurde, daö obige Königliche Decret ebenfalls vortrug und, in gleicher Weise wie oben, auch diese Kammer für auf- gelöst und bie Sitzung für geschlossen erklärte. Von Seilen der Kammern sowohl als auch von Seiten beS Publikums wurde während deS ganzen ActeS die tiefste Ruhe bewahrt. — Die Wachen in der Stadt waren ver doppelt; angeblich auch bie Truppen constgnirt. Diese Vor sichtsmaßregeln waren gewiß überflüssig, denn es ist auch nicht das entfernteste Anzeichen einer etwaigen Ruhestörung zu verspüren. Leipzig, 31. Mai. Die Neue Münchener Zeitung sagt: s Die könlgl. sächsische Regierung hat unterm 2». Mai ihren förmlichen Rücktritt vom Berliner Bündniß vom 26. Mai.1849 nach Berlin erklärt. Dresden. Dem Vernehmen nach sind neuerdings zum Tode veruriheilt worben: Handarbeiter Biedermann, Student Wolf, HanblungSdiener Lange, Stubenmaler Anders und HanblungSdiener Krahn von hier. Der ehemalige Abgeordnete und LanbtagSarchivar vr. Herz ist zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe veruriheilt. Chemnitz. In der hiesigen Hartmannschen Maschinen fabrik hatten die Arbeiter mehrere Beschwerden gegen die Verwaltung der Anstalt, namentlich fühlten sie sich dadurch sehr benachtheiligt, daß ihr Prinzipal französische Arbeiter vor den deutschen bevorzugte, während ihnen doch nicht unbekannt war, daß bei Gewährung bedeutender Vorschüsse, welche seine Anstalt auS Staatskassen erhalten hatte, dem selben zur Bedingung gemacht worben war, vorzugsweise deutsche Arbeiter zu beschäftigen oder bei Anstellungen zu berücksichtigen. Sie hatten in einer schriftlichen Eingabe ihre Wünsche und Beschwerden ihrem Prinzipale vorgelegr und um eine bestimmte Erklärung darüber gebeten. Im Falle einer abschläglichen Antwort wollten die Arbeiter ihre Beschwerden an den kiesigen Stadtralh und von da an die Regierung bringen und halten deshalb einen hiesigen Sach walter mit Führung dieser Angelegenheit vorkommenden- fallS beauftragt. Da sie anfangs gar keine oder nur eine unbestimmte Erklärung erhielten, so erregte dies Unzufrieden heit, und der Unwille verbreitete sich in andere Fabriken und Werkstätten. Dies mag die Veranlassung gewesen sein zu den entstandenen Gerüchten, als ob sie eine Verschwörung beabsichtigten oder sonst etwas Gefährliches im Schilde führten. Endlich gab Hartmann seine Erklärung in einer öffentlichen Versammlung der Arbeiter, anfangs zwar sehr schroff und abweisend, er drohte mit sofortiger Kündigung, und Entlassung fämmtlicher Arbeiter binnen acht Tagen, wenn sie üch nicht seinem Willen unbedingt fügen wollten, versöhnte sich aber endlich mit ihnen und bewilligte schließ lich zu ihrer Ergötzlichkeit und Beruhigung eine Ertrafahrt auf dem Dampfwagen nach Leipzig zur Industrieausstellung; ungefähr 309 Arbeiter haben an dieser wirklich veranstal teten Ertrafahrt auf der Eisenbahn von Altenburg au- nach Leipzig theilgenommen. Die Arbeiter aber verhielten sich bei den« ganzen Vorgänge, mehrfacher Aufreizungen ungeachtet, sehr brav und mit großer Mäßigung. W e l t f ch a,r. Berlin. Die Mobilmachung einer großen Milktair- macht ist Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit. Ob schon die öffentliche Meinung bie Rüstungen M gegen Oesterreich gerichtet ansieht, so fehlt eS doch auch nicht qn Stimmen, die unumwunden aussprechen, mit Oesterreich werde durch Rußlands Vermittelung eine Verständigung zu Stande komme», und nicht außer aller Berechnung liege der Fall, daß die mobilgemachten Truppen mit Oesterreich gemeinschaftlich nach dem Westen oprrirten. Möglichkeiten