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diesem angehört. UebrigenS hat sich nun hier auch ein republika nischer Klub gebildet. Berlin, 20. September. Aus zuverlässiger Quelle wird die Nachricht von dem Beckerath'schen Programm bestätigt. Es ist noch hinzuzufügen, daß Beckerath die Reorganisation der Armee bis ins kleinste Detail hinein forderte, zudem die Ausführung des Be schlusses vom 7. September, die Bestätigung der Habens-Korpus- Akte und der Abschaffung der Todesstrafe und endlich auch Beseitigung aller Titel und Orden. Dies Programm hätte zur Versöhnung führen müssen und wäre eine aufrichtige Anerkennung der Freiheit von Seiten dec Regierung gewesen. Der König hat es verworfen. Beckerath und Mevissen sind wieder abqereist. Man will es mit einem interimistischen Ministerium Pfuel, Bonin, Eichmann, Dönhoff, Wentzel versuchen, welches ohne weiteres Princip blos die Verwaltung besorgt und sich nach Möglichkeit durch zuwinden sucht; dies Ministerium soll sogar schon ernannt sein, also völlig reaktionär. Das deutet an, daß andere Hände den eigentlichen Zügel führen wollen, denen ein Ministerium nur vorgeschoben wird. Wie gefährlich sich dadurch die Zustände gestalten, sieht Jeder, und der Armeebefehl Wrangel's, überhaupt die Ernennung dieser neuen Stelle eines Oberbefehlshabers in den Marken hat die Aufregung und Befürchtungen sehr gesteigert. — Gestern war die Erwartung verbreitet, die Garden aus Potsdam würden einrücken, denn es war Nachricht eingegangen, daß die dortigen sämmtlichen Truppen an gewiesen seien, sich marschfertig zu halten. — 2l. September. Philipps, Jonas, Waldeck und Unruh sind in der Nationalversammlung zu Vicepräsidenten gewählt. Gestern fand vor Wrangel große Parade statt; derselbe hat sein Hauptquartier in Charlottenburg aufgeschlagen. Er ist ein rüstiger Reitergeneral, mit strengen Zügen, imponirender Haltung, ein Mann, der bereit ist, das Schwert in die Wagschaale zu werfen. Man rüstet sich von beiden Seiten. — Ein Flugblatt des Lieutenant- de la Chevallerie, der mit in Holstein war, macht viel Aufsehen; der Verfasser bezeichnet die Reaktion als den Feind des Volks, sowie des Königs, und er behauptet Dies namentlich von den reaktionären Offizieren. Die Reaktion wolle die Abdankung des Königs. Von der schlesifch-pofeaschen Grenze, 18 September. Sorben langt die Nachricht an, daß da- fünfte Armeekorps (welches in Niederschlesien und Posen garnisonnt) von neuem mobil gemacht werden soll. Bis zum 27. September soll diese Mobilmachung be endet sein. Als Bestimmungsort des fünften Armeekorps bezeichnet man die polnisch-russische Grenze. (D. A. A.) Frankfurt, 20. September. In der heutigen 82. Sitzung der verfassunggebenden Reichsversammlung legte der Reichsjustizmini ster R. v. Mohl den Gesetzvorschlag zum Schutz der Nationalver sammlung und ihrer Mitglieder vor. Gewaltsamer Angriff auf die Nationalversammlung wird als Hochverrath bestraft, Zusammenrot tungen in der Nähe deS SitzungSlokalS werden an den Anstiftern mit einem Jahre, an den übrigen Theilnehmern mit drei Monaten, Thät- lichkeiten und Bedrohungen gegen einzelne Mitglieder mit Gefängniß, erstere bi- zu fünf Jahren, letztere von drei Monaten geahndet. Wäh rend der Dauer der ReichSvcrsammlung dürfen Volksversammlungen unter freiem Himmel auf fünf Meilen im Umkreis nicht stattfinden. Der Vorschlag wurde an den Gesetzgebungsausschuß verwiesen. — Im weiteren Verlauf der heutigen Sitzung wurden zwei Anträge: von Grävell auf Erlaß eines AufruhrgeseheS, und von Vogt rc auf Ab schaffung der körperlichen Züchtigung bei den ReichStruppen, einge bracht, von der Versammlung jedoch nicht zur sofortigen Berathung wegen Dringlichkeit zugelassen. Dagegen wurde ein Antrag von Briegleb, eine Ansprache an das deutsche Volk in Beziehung auf die Ereignisse der jüngsten Tage zu erlassen, sogleich berarhen und nach einigen Debatten angenommen; die Wahl der desfallsigen Kommission sollte nach der Sitzung in den Adtheilungen erfolgen. Vor dem Schluß der Sitzung (12^ Uhr) zeigte der Präsident der Versammlung an, daß die Beerdigung der im Kampfe gefallenen Offiziere und Soldaten morgen früh 9 Uhr stattfinden und der Zug vom Roßmarkt auSgehen werde. Mit Rücksicht auf diese Trauerfeierlichkeit wird morgen keine Sitzung der Nationalversammlung statlfinden. Frankfurt, 20. September. Bekanntmachung. In Folge der Erklärung deS Belagerungsstandes ist ein ständige- Kriegsgericht niedergeseht. Dasselbe hat in der Hauptwachr seinen Sitz; eß sind somit dahin alle etwaige Gefangene abzuliefern. Frankfurt, 19. Sep tember 1848. DaS Reichsministerium der Justiz: R. Mohl. Frankfurt, 19. September. Ueber die niederträchtige Er- morderung der Abgeordneten Lichnowsky und AuerSwald bringt die Leipziger Zeitung noch Folgende-. Sie sind abseit des KampfirlatzeS vor die Stadt hinauSg,ritten, um sich zu unterrichten, ob der an gekündigte große Zuzug für die Insurgenten von Hanau her wirklich anrücke; da ist aus den Büschen plötzlich auf sie geschossen worden. Sie reiten rasch weiter, sehen aber, daß ein Trupp gegen sie von der Seite hervorbricht, nach welcher sie eben ihre Richtung nehmen, und nun wenden sie ihre Pferde, sehen aber bald, daß auch in der neu ein geschlagenen Richtung ein Haufe kommt. Jetzt springen sie von den Pferden und retten sich in einen Garten. Dorthin von den Massen verfolgt, werden sie eingeholt und auf da- abscheulichste getödtet. Zu erst Auerswald. Mit Sensenhieben und Knüttelschlägen scheint er zerschmettert worden zu sein. LichnowSky ist durch einen Schuß in den Unterleib und Sensenhieben über Kopf und Arme niedergestreckt worden. ES wird erzählt, man habe wie nach der Scheibe auf ihn geschossen. ÄLien, 19. September. Der Reichstag hat die ungarische Reichstagsdeputation nicht in eorpore empfangen, sondern ihre Adresse entgegengenommen. — Aie Versammlung im Odeon hat beschlossen, bei außerordentlicher Gelegenheit durch das'Tragen weißer Bänder ihre Partei kennbar zu machen. — Wenn der Palatin Stephan sich im Ernst an der Spitze der Ungarn stellt, so würde Jellachich *als Rebell erscheinen; man hofft aber hier, der erstere würde sich nach Steyermark entfernen. Die Slaven werden von hier mit Geld und Waffen unterstützt. — Die gestern im Odeon stattgehabte Versammlung der mit der akademischen Legion sympathisirenden Garden, Bürger und Bewohner Wiens war von etwa 9000 Personen besucht. — Heute verlangte die ungarische Deputation, im Reichstage vorgelassen zu werden. Die Debatte, welche sich hierüber erhob, war ebenso interessant als lebhaft. DaS Ministerium hatte einstweilen jedem Deputaten einen Abdruck seiner Staatsschrift bezüglich der Verhältnisse Oesterreichs und Ungarn-, worin eS sich unumwunden für die strenge Aufrechterhaltung der pragmatischen Sanktton, und somit für die Ansprüche der Kroaten erklärt, überreichen lassen. — Eben (4^ Uhr) entwickelt Minister Bach die Politik des Ministeriums in den ungarischen An gelegenheiten. Die ungarische Deputation wird schwerlich vor gelassen werden. Pesth. BatthyanyS Bedingungen haben die Sanktton deS Kai ser- nicht erhalten, er hat daher erklärt, daß er zu außerordentlichen Maßregeln greifen müsse. Kossuth sprach dafür und ist die Seele die se- neuen Ministeriums; da- ganze Hau- gab ihm ein Vertrauens votum. ES herrscht die höchste Begeisterung und man zweifelt nicht, daß der Erzherzog Stephan als ungarischer Patriot handeln wird. Mailand. Die Turiner Opinione schreibt auS Mailand: „Unsere Stadt bietet den traurigsten Anblick; sie ist wie au-gestorben, und nur daS RathhauS» wo man Pässe ausstellt, ist von Menschen belebt; Alle- will abreisen. Bald wird Mailand nur von den Sol daten Oesterreichs und den 3000 Statuen, welche die Kathedrale um geben, bewohnt sein. Die schönsten Hotels sind militärisch besetzt, und die Kroaten geniren sich nicht, Alle- zu beschmutzen und zu Grunde zu richten. Auch sind die Truppen fortwährend in Bewegung; sie ziehen beständig hin und her, um numerisch stärker zu scheinen, alS es wirklich der Fall ist. Radetzky, der mächtiger ist alS der Kaiser, thut waS er will, ohne sich um die Depeschen auS Wien zu bekümmern; namentlich bleibt er seinem alten System treu, Nicht- zu bezahlen.— Ein Schreiben der Augsburger Zeitung auS Mailand vom 12. Sep tember spricht von der dort vorherrschenden düstern Stimmung und dem ungebrochenen Haffe der Lombarden, die nicht aufhören mit neuen Unruhen und dem Einrücken der Franzosen zu drohen." Von der italienischen Grenze, 13 September. Die Berichte auS Livorno bi« zum 9. diese- lauten ziemlich befriedigend. Die Ruhe war vollständig zurückgekehrt. Die provisorische Regie rung, Guerrazzi an der Spitze, besteht noch immer fort, ja sie hat sich erst in den letzten Tagen wieder neu organisirt und unter Ander« sich