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nur einm Scherz machen wollen. Flat he erstattete nun Bericht über die in voriger Sitzung dem Au-schusse übertragenen Adressen und ging alsdann zur Besprechung der WaffenstillstandSfrage über, in wel cher er die rechte Seite der Nationalversammlung scharf mitnahm und die Hoffnung aussprach, daß die Linke in kürzester Zeit die Majorität für sich haben werde. In dieser Richtung sprachen auch Schreck, Stark, vr. Bertling und Kohner. Schreck stellte einen schar fen Antrag auf ein Mißtrauensvotum gegen die Rechte, Kohn er einen solchen auf ein Vertrauensvotum für die Linke. Jacobi machte darauf aufmerksam, man werde in Inkonsequenz verfallen, wenn man der Majorität, deren Beschlüssen man sich früher wiederholt unbedingt zu unterwerfen bereit erklärt habe, ein Mißtrauensvotum gebe. Er selbst sei vor 14 Tagen aufs Tiefste entrüstet gewesen über den Waffen stillstand ; allein man möge es sich von Seiten Deutschlands gestehen, die Schuld liege am Mangel einer Flotte, diese solle man zu schaffen sich bestreben, dann werde e- mit der deutschen Sache auch flotter ge hen. Man möge sich nicht zu einem übereilten Beschlüsse jetzt, wo die Mehrzahl das Detail der Frankfurter Debatte noch nicht hinreichend kenne, «aS auch bei ihm der Fall sei, hinreißen lassen, bedenken, daß in der veränderten Stimmung de- größten TheileS der Nationalver sammlung schon ein Beweis liege, daß sich die Waffenstillstandsfrage nicht so verhalte, wie man vor kurzem noch allgemein geglaubt. Koh, «er kehrte durch eine dialektische Eskamotage jedoch die Inkonsequenz in Konsequenz um; Bertling unterstützte ihn, und da der Schluß der Debatte nach Anhörung dieser Redner schon festgesetzt und die Zeit weit vorgerückt war, so nahm die Versammlung gegen eine Mi norität von 5 Stimmen die Anträge von Schreck und Kohn er in der so lautenden Verbindung an, durch den Ausschuß der Rechten ein Mißtrauensvotum, der Linken eine Anerkennung ausdrücken zu lassen. -j- Großenhain. Da- Verbrüderung-fest in unserer Nachbar stadt Ortrand ist, wie zu erwarten, sehr gut vvtübergegangen; denn der klein« Unglück-fall, daß ein Mädchen durch ein unvorsichtiger Weise abgeschossene- Terzerol etwa- beschädigt wurde, kann dem Feste nicht zur Last gelegt werden. Viele Redner sprachen, und zwar größten- theilt sehr gut, unter Anderm auch der Obmann und Schriftführer «nsers Vaterland-vereine-, welcher au- dem bekannten Paragraphen streite de< Grundgesetze- neuvereint zum Unmuthe aller hiesigen Rückschrltt-männer hervorgegangen ist. Dieser Verein vertritt eigent lich hier ganz allein den politischen Fortschritt; denn außerhalb diese- Ver ein- läßt man Alle- gehen, wie'- gerade geht, wenn eS nicht Etwa- «iudriagt, nämlich Geld und Profit. In den städtischen Angelegen heiten ist von einem Fortschritte kaum der Anfang zu bemerken; das Jahr 1848 scheint für die damit Beschäftigten nicht zu existiren und di« gute alte Zeit, wo sich Niemand um die Lenkung de- hiesigen Staar-schiffe- bekümmerte, scheint ihnen die liebste zu sein. Der Stadtrath hat sich jetzt viel Mühe gegeben, Garnison für die Stadt zu erhalten, trotzdem, daß der Mehrzahl der Einwohner nicht viel daran gelegen ist, und nach der öffentlichen Aufforderung wegen Unter bringung der Garnison sich kaum so Viele gemeldet hatten, daß die Hälfte derselben ausgenommen werden könnte. Aber der Stadtrath versprach unverzin-liche Vorschüsse au- der Stadtkasse zum Baue von Ställen, wie- wiederholt auf den Nutzen einer Garnison hin, z. B. daß die Wohnungen und Häuser im Preise steigen würden rc., und so wird da- Projekt doch noch zu Stande kommen, wenn das Krieg-ministerium nicht »insieht, daß für eine Fabrikstadt mit mehrern Hundert Fabrikarbeitern eine Garnison gefährlich ist, da sie eine Vrr- theuerung von nothweudigen Bedürfnissen und Erhöhung der Mielh- zmse in der ohnehin schon gedrückten Zeit hervorbringen muß. Denn darin hat der Stadtrath ganz richtig spekulirt, daß die Wohnungen durch Soldaten theuerer werden, weil eben daran ein Mangel jetzt schon ist, aber daß die Mieth-leute auch Bürger sind — und zwar in der Regel viel bedürftiger, al- die größtentheil« wohlhabenden Grundbesitzer —, welche die Ain-erhöhung tragen müssen, Da- scheint dem Stadtrathe einerlei zu sein; freilich haben seine Mitglieder selbst Häuser. Mancher der hiesigen Einwohner hat auch Töchter, die auf die jungen hübschen Offiziere spekuliren, Weiber, welche die Uniformen gern sehen, und diese Umstände geben alle Ursachen ab, daß die Garnison von Einigen betrieben wird. Aber im Ganzen muß sie al- nachtheilig von allen VorurtheilSfreien, d. h. von allen Denen, welche nicht dabei auf irgend eine Art zu gewinnen hoffen, oder in die Idee ! einer Garnison sich festgebissen haben, trotzdem, daß schon einige thät- licke Exceffe an öffentlichen Orten zwischen Soldaten und Fabrik arbeitern vorgekommen sind, zurückgewiesen werden. Vielleicht gelingt e-, in oder außer dem Vaterlandsvereine einen städtischen Verein zu Stande zu bringen, der im Anschlüsse an den Dresdner hier viel dazu beitragen könnte, eine neue bessere Zukunft im Sonnenscheine der Freiheit und de- Fortschrittes herbeizuführen. 0 Crimmitschau, 19. September. (Hauptversamm lung des Bezirksvaterlandsvereins. Revision der Städteordnung. RepublikanischerKlub.) Am 17. d. M. herrschte sehr viel Leben in unserer Stadt. Es fanden zwei ver schiedene Bezirksversammlungen statt. Die Bezirksversammlung verschiedener Gesellenvereine, welche mit Musikchören in die Stadt einzogen und die Hauptversammlung des Bezirksvaterlandsvereins, welcher die Vatettandsverejne in den Amtsbezirken Zwickau, Werdau, Glauchau, Lichtenstein, Waldenburg und Remse in sich faßt, wurden hier abgehalten. Die Verhandlungen des letztem wurden der er schienenen großen Menschenmenge halber im Freien auf dem Tum- platze vorgenommen. Der zum Vorsitzenden ernannte Obmann deS hiesigen Vaterlandsvereins, Bürgermeister Fincke, erstattete Bericht über die Wirksamkeit des hiesigen Bezirksvaterlandsvereins seit seinem Bestehen. Hierauf beschloß man an die Linke in der Frank furter Nationalversammlung eine Ansprache zu erlassen, in welcher die vollkommene Beistimmung zu ihren Ansichten ausgesprochen und sie aufgefordert werden solle, auf der betretenen Bahn muthig weiter zu schreiten, von ihren Rechten Gebrauch zu machen und sich von jesuitischem Ränkespiel und diplomatischer Heuchelei nicht abhalten zu lassen, entschiedene Beschlüsse zu fassen. Bei der hierauf vorgenommenen Wahl eines leitenden Ausschusses des Bezirksvereins für das nächste Vierteljahr wurde dieses Amt dem Crimmitschauer Ausschuß einstimmig wieder übertragen. Sodann wurde beschlossen, rücksichtlich der Verwerfung des neuen Wahlgesetzentwurfs, des PreßgesetzeS, der Auflösung des jetzigen Ministeriums und Bildung eines neuen durch den Staat-Minister Oberländer, sowie Einberufung einer konstituirenden Versammlung, den in der jüngsten Hauptversammlung der Vaterlandsvereine ge faßten Beschlüsse beizutreten. Advokat Schubert aus Werdau, der nun das Wort ergriff, schlug vor, an die Nationalversammlung zu Frankfurt den Antrag zu stellen, daß diese dahin wirke, daß die preußische und österreichische Sonderbündelei in den deutschen Staaten und die Sonderinteressen der Regierungen aufhörrn zu bestehen und die genannten beiden Staaten in deutsche Pro vinzen verwandelt werden. Dieser Antrag wurde von der Ver sammlung einstimmig angenommen. Zum Schluß wurde von Frenzel aus Werdau noch der Antrag gestellt, daß eine Petition an die Kammer gerichtet werden möchte, um eine Verordnung zu er zielen, welche, wie in Preußen, die Offiziere ermahne, sich reaktionären Bestrebungen ferner nicht hinzugeben, oder falls sie damit sich nicht einverstanden erklären könnten, ihre Stellen niederzulegen, indem Thatsachen genug vorhanden seien, daß der Erlaß einer ähnlichen Be stimmung auch in Sachsen wünschenswerth sei. Ueber diesen Gegen stand entspann sich eine längere Diskussion. Wenn man auch zugestehen mußte, daß in Preußen die Reaktion unter den Offizieren mehr heimisch sei, als bei uns, so konnte man doch deren gänzliche Abwesenheit nicht leugnen und man war dafür, daß jedes Nebel im Anfang leichter aus- zurotten sei, als wenn eS zu tief eingewurzelt wäre. Man stimmte dem Anträge vollkommen bei, konnte sich jedoch nicht entschließen, denselben an die jetzige Kammer gelangen zu lassen, weil man mit dieser Nichts mehr zu schaffen habe und ihr nicht zum länger« Bleiben Veranlassung geben wolle, da eS allgemeiner Wunsch de- Volkes sei, sie so bald als möglich aufgelöst zu sehen. — Der hiesige Stadtrach unternimmt eine Revision der Städteordnung und die Bearbeitung von Vorschlägen zu deren Verbesserung. Ein Gleiche- beabsichtigt der „konstitutionelle Verein". Der Stadtrath hatte di« Stadt verordneten zur Konkurrenz dabei aufgefordert. Diese haben jedoch eine Betheiligung an dieser Arbeit abgelehnt, weil sie außerdem schon zu sehr mit Geschäften überhäuft seien. Wahrscheinlich betheiligea sie sich indeß bei der Sache im Kreise des konstitutionellen Verein-, da die Mehrheit der Mitglieder des Stadtverordnetettkollegiums