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Diese- Blatt erscheint täglich Abend» und tft durch alle Poft« anüaltea dr«3»> »ad Auslandes j» beziehen. Dresdner Journal. Preis ft, das vtettrliah, LHLr. Zusertieusgeftth. re« ftr deuNa» einer gespaltene» Zeile » W. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für das AbendS erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Uebrr ländliche Kommunalgarden. —-Lage-grschichte: Dresden: Der tumultuarifche Auftritt in Chemnitz; Sitzung der ersten und zweiten Kammer; Nachtrag zur Stiftungsfeier der Kommunalgardr; Berichtigung; Bekanntmachung. Chemnitz: Weitere Nachrichten über dieSrcesse. Leipzig: Turnfest; Volksversammlung. Berlin. Stettin. Posen. Kiel. Rendsburg. Frankfurt. Mainz. München. Wim. Fiume. Mailand. VuS Oberitalien. Paris. — WissenschaftundKunst: Kritische Gänge durch unsere Kunstausstellung (Fortsetzung). — Geschäfts kalender. — OrtSkaleadrr. — Angekommeoe Reisende. Neber ländliche Kommunalgarden. Seit dem Erscheinen der hohen Verordnung vom 11. April d. I. in Nr. 106 der Leipziger Zeitung sind nunmehr bereit- Mo nat verflossen, und doch ist noch in vielen Orten keine Spur aufzu finden, daß nur im Geringsten Etwas gethan worden sei, die auf Bil dung ländlicher Kommunalgarden ertheilten Vorschriften und Anord nungen auszuführen, in anderen Orten aber sind die Veranstaltungen mit solcher Nachlässigkeit betrieben worden, daß noch keine Kompag nien gebildet, keine Hauptleute und Zugführer gewählt sind, und über die Wahl und Anschaffung der Waffen kein Beschluß gefaßt ist. Mit Recht muß sich derjenige über diese Saumseligkeit in der Aus führungeiner so zweckmäßigen, nothwendigen und zeitgemäßen Maaß- rege l wundern, der keine Gelegenheit gehabt hat, die wahre Ursache von dieser Erscheinung kennen zu lernen und sie deuten und beurthei- len zu können. Es ist Dies aber neben Indolenz und Nichtkenntniß des Zweckes, politischem JndifferentismuS und Neigung zu Wider spenstigkeit hauptsächlich eine auS dem alten unglückseligen System fortwuchernde Sünde der Büreaukratie, welche theilS aus eigener Be- quemlichkeitSliebe und dem eingebildeten wirklich zur fixen Idee ge wordenen Mangel an Zeit (ein stereotyper Entschuldigungsgrund vie ler Büreaukraten der alten Schule, welche am Spieltische, in Eoncerten und selbst auf der Jagd fortwährend über nicht zu bewältigende Ge schäftsüberhäufung lamentiren) theils weil die Büreaukraten, für die Person selbst noch ganz dem alten politischenHeidenthume angehörig, alle Neuerungen und alle durch die große Revolution von 1648 her vorgerufene und unvermeidlich gewordene volksthümliche Institutio nen, wodurch sie aus ihrem gewohnten Schlendrian und der bisheri gen Wohlhäbigkeit herausgeciffen werden, aus ganzer Seele hassen; weil die Büreaukratie in Verbindung mit der Adels- und Geldaristo kratie um jeden Preis das Rad der Aeitbewegung aufhalten, alle Ver hältnisse lieber auf den früheren vermoderten statu» guo zurückführen möchte und tausendmal lieber wie früher den finstersten Aberglau ben und selbst die russische Knute herrschen sehen, als dem Volke einige Rechte zugestehen will. Um sich «inen Begriff davon ma chen zu können, muß man wissen, welche Antworten und Weisungen auf Anfragen, welche sich auf die Einrichtung der Volkswehr beziehen, «rtheilt worden find; wie das Institut der Kommunalgarde als ein zweckloses, den Landmann in seinen Geschäften nur störendes vorge stellt worden ist ; man muß da- Urtheil aus einer Burg mit angehört haben, daß alle- Unglück der jetzigen Zeit an der Einrichtung der Volks schulen liege; der Bauer brauche weiter Nicht- zu lernen, als lesen und schreiben, und nur damals, als er weiter Nicht- gewußt, habe er sich wohl befunden. Uebrigens ist allerdings nicht zu verkennen und nicht unerwähnt zu lassen, daß eS an einer übersichtlichen Zusammenstellung der auf di- Kommunalgarde bezüglichen Gesetze und Verordnungen mangelt und darin ein Uebelstand, eine Schwierigkeit für die Gemeinderärhe und selbst für die Gemeindeobrigkeiten vorhanden ist. Am Schluffe der oben angezogenen Verordnung vom 11. April sind zwar die vor handenen Gesetze, Verordnungen, da-DiSciplinarregulativ. ergangene Generalkommandoordres rc. dem Datum nach bezeichnet, mit Be merkung der Stellen in der Gesetzsammlung rc., wo sie aufzufinden sind, allein eS kommt jetzt darauf an, diejenigen Bestimmungen, wel che auf die erste Organisation Bezug haben, herauSzufinden und sich einen Ueberblick darüber zu verschaffen, wa- von einem gewöhnlichen Landmanne zuviel verlangt ist und wozu selbst di« Unterobrigkeiten jetzt nicht allemal die erforderliche Zeit haben. Es wird daher keine überflüssige und unzweckdienliche Arbeit sein, wenn der Geschäfts gang bei der Organisation ländlicher Kommunalgarden mit Hinweis auf die einschlagenden Bestimmungen hier dargestellt wird. Zu berücksichtigen sind dabei 1) das Mandat vom 29. Novem ber 1830, Gesetzsammlung Seite 107 und da- demselben beigefügte Regulativ für Errichtung der Kommunalgarden, 2) da- Gesetz vom 25. Juni 1840, die Abänderung und Erläuterung einiger Anord nungen über die Kommunalgarden betreffend, Gesetz- und Verord nungsblatt Seite 133, nebst der Ausführungsverordnung dazu vom 8. Oktober 1840, Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 236,3) Ver ordnung vom 11. April 1840, die Verstärkung und erweiterte Be stimmung der Kommunalgarde betreffend, Gesetz- und Verordnungs blatt Seite 28 und Leipziger Zeitung Nr. 106 vom 15. April, ferner 4) Generalordre des Generalkommandos vom 26. Mai 1848 an sämmtliche Kommunalgardenausschüffe und OrganisatiouSkommis- sionen, Leipziger Zeitung Nr. 151 vom 30. Mai. Nach §. 4 des Mandats vom 29. November 1830 waren da mals besondere Organisationskommissionen zu bilden, deren Präses von dem Generalkommando ernannt wurde. Jetzt sind durch K. 6 der Verordnung vom 11. April 1848 in den Städten, in welchen di« allgemeine Städteordnung eingeführt ist, die Stadträthe, in den üb rigen Städten aber und auf dem Land« die Gemeinderäthe unter Lei tung der Gemeindeobrigkeiten, mit Bildung der zu errichtenden Kom munalgarden beauftragt. Diese Behörden haben zunächst alle diejenigen Einwohner des Orts zu verzeichnen, welche zum Eintritt« in die Kommunalgarde ge setzlich verpflichtet sind, oder freiwillig in dieselbe eintreren wollen. Die Verpflichtung zum Beitritte ist zu beurtheilen nach dem Gesetze vom 25. Juni 1840. Abth. äi. §. 1—6 und nach der Ver ordnung vom 8. Oktober 1840 H. 1 und 2, erstreckt sich aber vermöge §. 2 der Verordnung vom 11. April 1848 bis zum erfüllten 50. Le bensjahre. Die Zusammensetzung der Kommunalgarden erfolgt nach Vor schrift §. 12 und 13 des Regulativs vom 29. November 1830. Die Wahl der Hauptleute und Zugführer nach h. 16. Ist diese Wahl erfolgt, so hat die Organisationskommission