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Dir,»« Blatt Vver« für erschrint täglich »a« Bierteljahr ZM Dresdner Journal. -M dtli«hrn. z«U, «Vf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redlgirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für das AbendS erscheinende Blatt werden bis li Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Der Entwurf zu einem Preßgesetzr. — Dir Beschlüsse der Baterlandtvereine vom 3. September. — Tagetgeschicht«: Dresden: BaterlandSverein. Leipzig: deutscher Verein. Berlin. Kiel. Rendsburg. Frankfurt. Wien. Lemberg. Prsth. Mailand. Genna. No«. Bern. Paris. Straßburg. — Wissenschaft und Kunst: Hofthrater: „Krommwell'S Ende"; kritische Gänge durch unsereKunstauSstellung (Fortsetzung). — Geschäftskaleader.— OrtSkalendrr. — Angekommene Reisende. Der Entwurf zu einem PreKgesetze. Der vom Ministerium den Ständen "orgelegte Entwurf zu ei nem Preßg,setze stellt an seine Spitze die Aufhebung der Censur für immer, und den Grundsatz, daß erst nach Veröffentlichung d,S Preße» zeugnisseS die Verantwortlichkeit ftir die durch dessen Inhalt etwa be gangenen rechtswidrigen Handlungen beginne. Derselbe bestimmt ferner die Personen, welche für den Inhalt eines Preßerzeugnisse- ver antwortlich zu machen, sowie daß die durch die Press« verübten Ver- gehen nach dem Kriminalgesetzbuch unter Beobachtung eines durch ein besonderes Gesetz*) normirten Verfahren- zu bestrafen sind. Zur Heraus gabe einer Zeitschrift ist nach dem Entwürfe Anzeige bei der OrtSpoli- zeibehörde, sowie Großjährigkeit und Unbescholtenheit deS Redakteur- nöthig. Die §H. 8—12 enthalten eine Reihe Bestimmungen, welche bei Herausgabe von Druckschriften unter Androhung von Polizeistra fen zu beobachten sind, eine Angabe deS Verlegers, Redakteur- u. s. w. Zn H. 13 wird die Aufnahme von Insertionen allen Blättern frei- gegeben. Dieser Entwurf entspricht dem Programme deS Ministeriums vom 18. März, indem auch hier der Grundsatz der vollständigen Auf hebung der Censur und die Befreiung der Tage-preffe von Koncessionen und Kautionen aufrecht erhalten ist. Wenn wir Deutschen Jahre lang nach der überrheinischen Preßfreiheit mit neidischem Auge blickten, wenn wir mit tiefem Schmerze den oft gehörten Vorwurf ertragen mußten, daß wir in Gesellschaft von Russen, Italienern und Türken die einzigen in Europa seien, welche noch unter der Fessel der Censur schmachteten, so muß jetzt da- Gefühl unsere- Stolz,- um so größer sein, da wir in Besitz einer Preßfreiheit sind, gegen welche die französische unter Ludwig Philipp ein Zustand der Knechtschaft war. Während vor wenigen Wochen die Mehrzahl der Nationalversammlung der ftanzösischen Republik sich entschloß, die Kautionsstellung der Journale wieder einzuführen, verwarfen vor mehr al- fünf Monaten die sächsi schen Minister diese Einrichtung al- der Freiheit schädlich, und sind diesem Grundsätze, und mit ihnen da- zu Frankfurt vertretene deutsche Volk, di» znm heutigen Loge treu geblieben. Daß auch der in der provisorischen Verordnung über die Ange legenheiten der Presse vom 23. März d. I. noch aufrecht erhaltenen Z^settioa-zwang in dem Entwürfe aufgehoben worden, ist höchst er freulich und eine folgerechte Durchführung des Principe- der vollstän digen Preßfreiheit. Wenn auch dadurch, daß alle Anzeigen an ein Blatt gebunden waren, dem Publikum eine Bequemlichkeit geboten wurde, so wird der Werth dieser doch bei Weitem dadurch aufgehoben, daß dasselbe bei der eröffneten Konkurrenz aller Zeitschriften in Zukunft schneller und billiger bedient werden wird, und eine grobe Unbilligkeit *) Der Entwurf diese« Gesetzt« ist gleichzeitig den Ständen vorgelegt Morden. gegen andere Journale, welche in jener Einrichtung lag, nunmehr aufgehoben ist. Neben diesen Vorzügen des Gesetze- enthält dasselbe einige wich tige Punkte, mit denen wir un- theil- wegen ihrer Fassung, theil- aber auch wegen ihre- Inhalte- durchaus nicht einverstanden erklären können. In §. 3 wird ausgesprochen, daß die Verantwortlichkeit für Preß erzeugnisse zuerst den Urheber oder Verfasser in jedem Falle, außerdem aber Jeden, der wissentlich zur Herstellung oder Verbreitung de- gesetz widrigen PreßerzeugnisseS mitgewirkt hat, nach den Grundsätzen über die Theilnahme an Verbrechen treffe. Ohne Rücksicht auf die Bekanntschaft mit dem recht-widrigen Inhalte de-Preßerzeug« niffe- wird verantwortlich gemacht der Verleger, wenn der Verfasser nicht vor Gericht gestellt «erden kann, sodann der Kommissionär sowie der Drucker, wenn weder der Verfasser noch der Verleger vor Gericht gestellt werden kann, und endlich der Sortiment-buchhändler und jeder andere Verbreiter, wenn weder ein inländischer Verfasser oder Verleger auf dem Preßerzeugniffe angegeben ist, noch der auswärtige Verfasser oder Verleger vor Gericht gestellt werden kann. — Bei der Bestim mung über die wissentliche Mitwirkung an der Herstellung und Ver breitung eines gesetzwidrigen PreßerzeugnisseS würde e- angemessener gewesen sein, statt ganz im Allg-meinen auf die strafrechtlichen Grund- sätze über die Theilnahme an Verbrechen hinzuweisen, gewisse Personen, welche nach allgemeinen Grundsätzen al- Theilnehmer anzusehen wä ren, von der Bestrafung au-zunehmen. Wir glauben nämlich, daß gewisse Dienstverhältnisse unbedingt zu berücksichtigen seien. Der Setzer in der Druckerei, welcher auf Befehl seine- Prinzipale- eia« Schrift setzen soll, welche ein Preßvergehen enthält, hat nach dieser Bestimmung nur die Wahl, entweder seinem Principal den Gehorsam aufzukündigen und hierdurch wahrscheinlich seine Stelle zu verlieren, oder sich al- Theilnehmer an einem Preßvergehen bestrafen zu lasse». In ganz gleichem Falle ist der Kommi- de- Buchhändler-, der zufällig den strafwürdigen Inhalt einer zum Verkauf au-gelegten Schrift kennt. Noch mehr ist aber der Absatz 3 de- K. 3, welcher von der Ver antwortlichkeit ohne Rücksicht auf die Bekanntschaft mit dem rechts widrigen Inhalt handelt, einer nochmaligen Prüfling zu unterwerfen. Zunächst ist wenigsten- in jetziger Zeit der Au-druck „vor Gericht stel len" nicht bestimmt genug. Ist hierunter ein sächsische- oder ein deutsche- Gericht zu verstehen? Wäre da- erstere der Kall (und für diese Auslegung spricht der bisherige Sprachgebrauch der sächsischen Gesetzgebung), so würde die Lage de- subsidiarisch verpflichteten Ver leger- und Verbreiter- eine sehr harte, insbesondere wenn man bedenkt, daß Leipzig die Werke so vieler nichtsächsischer Schriftsteller verlegt. Eine solche Bestimmung würde aber auch mit. der entschieden deutschen Richtung uuftrer Politik in Widerspruch stehen und durch die Roch