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führten ausgedehnten Debatten erschwerten den Fortgang der Be- rathung sehr, so daß diese nur die ersten 11 Paragraphen umfassen konnte, welche mit einigen Abänderungen und Zusätzen genehmigt wurden. Die Versammlung gab durch mehrfache Aeußerungen die Ungeduld zu erkennen, welch' umfangreichen Gebrauch einzeln, Sprecher von der Redefreiheit machten. Im Interesse deS Vereins möchte eS allerdings wünschenswerth sein, daß die Diskussionen mit möglichster Vermeidung von Wiederholungen und Wortklaubereien geführt würden, namentlich bei Gegenständen, welche so wenig an ziehender Natur sind, wie Instruktionen und dergleichen mehr. — Ein Fragezettel gab dem Kommandanten Lenz Veranlassung zu der Mit theilung, daß der Gouvernemenrsadjutant Hauptmann v. Stieglitz das freundliche Anerbieten gemacht habe, die der Dresdner Kommunal garde überreichte königliche Fahne vom 18. bis Ende d. M. Nach mittags von 3 bis 4 Uhr im Neustädter Gouvernementsqebäude (Blockhaus) den Mitgliedern der Kommunalgarde und ihren Angehö rigen zu näherer Anschauung aufstellen zu lassen. Es wurde be schlossen, solches den Kompagnien durch den Schriftführer bekannt machen zu lassen. Ein anderer Fragezettel, welcher sich über Unord nungen bei der Fahnenüberreichung und bei dem kürzlich stattgehabten Feuer beschwerte, fand durch die Erläuterungen des Kommandanten, sowie durch Berichte mehrere Mitglieder die gebührende Widerlegung und Abweisung. Der letzte Zraqezettel, die Keppyangelegenheit be treffend, wurde, da DaS nicht Sache des Vereins, sondern lediglich der einzelnen Kompagnien ist, beigelezt. (D Dresden, 18. August. Städtischer Verein. Bür germeisterangelegenheit, Reorganisation der Polizei, das Vortreffliche der Düngerwagen (!) u. s. w. Der hiesige städtische Verein hat in der letzten Zeit, hauptsächlich aus Anlaß der Bürgermeiste'angelegenheit, mannichfache Anfechtungen und Ver unglimpfungen erfahren müssen; wenn man nun auch nicht ganz in Abrede stellen kann, daß er hierin vielleicht etwas behutsamer sich hätte gebahren können, und daß er namentlich unserm Stadtverordnetenkolle- gium gegenüber, das gewiß die redliche Absicht hat, die kommunlichen Interessen ernstlich zu vertreten, weniger rügend hätte aufzutreten brauchen, so ist doch andererseits nicht zu verkennen, daß die Absicht, welche genanntem Vereine zu Grunde liegt, nur eine wohlmeinende und heilsame genannt werden kann, und daß, wenn man auch einzelne Schritte desselben nicht zu billigen vermag, dennoch Vorsicht anzuwen den ist, damit man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet. Nicht« ist in der Thal gefährlicher und Nichts widerstreitet auch dem Interesse der Behörden selbst mehr, als wenn gegen die öffentlichen Angelegen heiten Gleichgiltigkeit und Widerwillen herrscht, denn alsdann erst ent steht jener Zustand, welcher Unzufriedenheit und bewußtlosen Tadel aufwuchern läßt, während die Behörden sich schmeicheln, Alles aufs beste eingerichtet zu haben. Die Zeiten sind, Gott Lob! vorbei, wo man die Stadträthe Hochweise nannte und insgeheim ihre Maß nahmen belächelte; die Zeiten sind vorbei, wo es ein Verbrechen war, an der Unfehlbarkeit der Behörden zu zweifeln, weil die Obrigkeit von Gott eingesetzt wäre. Diese wie alle andere Menschen können irren, und wenn man diesen Jrrthum, wozu man al« Betheiligter Fug und Recht hat, aufdeckt, so erweist man dem öffentlichen Wohle und der Gemeinde, der man angehört, unstreitig einen größern Dienst, als wenn man in Lobhudeleien sich ergeht, die die Menschen und die gute Sache Verderben. Und daß in unserer Gemeindeverwaltung arge Fehler be gangen worden sind, Das ist offenkundig und daran trägt wohl der grenzenlose JndifferentiSmus für kommunliche Angelegenheiten, wie er sich in den letzten Jahren gezeigt, die meiste Schuld. Die gestrige Versammlung deS städtischen Verein- gab mir einen abermaligen Be weis, wie vortheilhaft derselbe zu wirken vermag, wenn er seine Auf gabe versteht und sein Ziel fest im Auge behält. Er wird alsdann den gesehlichen Behörden und namentlich den Stadtverordneten schätzenSwerthe Unterlagen für Verbesserung und »ine nicht zu verach tende moralische Stühe geben. Zunächst legte Herr Braun Rechen schaft ab über die weitern Schritte deS Ausschusses in der Bürger meisterangelegenheit und demrrkle dabei, daß man eS für angemessen erachte, im Jntereffe der Stadt, und weil ihren Vorstellungen doch kein Gehör gegeben werden würde, von allem fernern Verfahren abzusehen. Herr Prof. Richter bemerkte rücksichtltch der schon mehrfach bekann ten Aeußerung des Herrn Staatsministers Oberländer, daß der Verein dieselbe nur in dem jedem Unbefangenen naheliegenden Sinne aufgefaßt und verstanden habe, dergestalt, daß man sich dadurch bloS zum Gebrauch deS gesetzlichen Vereinsrechts aufgefordert gefühlt hätte. Er forderte deshalb den Verein auf, seine Zustimmung zu einem dar auf bezüglichen Schreiben an den Staatsminister zu geben, waS auch geschah. Hiernächst wurde ein Antwortschreiben des hohen Kultus ministeriums in Betreff der Kreuzschule mitgetheilt, woraus hervor ging, baß dasselbe nicht gewillt ist, auf eine Uebernahme dieser städti schen Anstalt einzugehen, wiewohl »s die erforderlichen Reformen mit Abgang des derzeitigen Rektors in Aussicht stellt. AlSdann war auch ein Antwortschreiben des StadtrathS eingegangen, in welchem die vom städtischen Vereine beantragte Vermehrung der Weißbäcker nach eingeholtem Gutachten' dieser Innung abgelehnt wird. DieseS Gutachten war dem Schreiben des StadtrathS beigelegt und setzte gründlich auseinander, weshalb die angeregte Vermehrung der Bäcke reien unthunlich wäre. Ein ähnliches Schicksal hatte bei dem Vereine der Grundbesitzer die vom diesseitigen Vereine gestellte Aufforderung, vereint bei dem Stadtrathe um Eintheilung der Stadt in Schorn steinfegerbezirke und Vermehrung der Meisterzahl gehabt, indem man in dem jenseitigen Vereine die Nothwendigkeit der Vermehrung der Schornsteinfegermeisterzahl nicht einsehen wollte. Der städtische Verein dagegen wirb diese Angelegenheit für sich allein weiter verfol gen. Herr Braun theilte hierauf der Versammlung eine inzwischen eingegangene Nachricht mit, nach welcher der Stadtrach bei dec Be grüßung des neuen Bürgermeisters sich ebenso ausgesprochen habe, wie der städtische Verein es gethan, und ihm gesagt, daß das StadtrathS- kollegium mir Hinblick auf seine öffentliche Erklärung ihn beim Wort nehmen werde, wenn ihm das Vertrauen der Bürgerschaft nicht ent gegen käme. Hierbei machte Herr Advokat Marschall die Be merkung, daß viele Stadkrachsmitglieder mit Beziehung auf sich selbst diesen Worten Geltung verschaffen möchten. Ebenderselbe bevorwok- tete alsdann einen „Aufruf an unsere wohlhabenden Mitbürger", durch den einer unnützen Furcht vor unruhigen Zeiten gesteuert und im In teresse der arbeitenden Klassen auf die Wiederbelebung deS Luxus auf merksam gemacht werden soll. Der Verein gab dem Entwürfe seine Zustimmung, ohne jedoch auf den Antrag eines Mitglieds einzugehen, einen Passus in Betreff der vielen städtischen Steuern und Abgaben in denselben mit aufzunehmen. Die auf der Tag^ordnung befind liche Polizeiangelegenheit, beziehendlich deren Reorganisation, beschäftigte die Versammlung eine geraume Zeit und hatte in dieser heiklichen Sache Herr Advokat Marschall ebenfalls das Referat. Dem Vereine lag zunächst der Entwurf eine-Schreibens vor andeuStaatS- minister Oberländer, worin nicht sowohl eine Mahnung ausgesprochen wurde, die in Rede stehende Sache sofort in Angriff zu nehmen, son dern daS vielmehr den Zweck hatte, die Zustimmung zu den Ansichten auszudrücken, welche der Minister über da- Polizeiwesen am 4. Juli bei der Polenangelegenheit geäußert hat, und dem Ministerium in einer Beilage nutzbare Materialen an die Hand zu geben. Herr Advokat Marschall gab bei dieser Gelegenheit recht schätzenSwerthe Auseinan dersetzungen über das Polizeiwesen und deren Theile überhaupt, alS insbesondere auch über die specifischen Unterschiede der französischen,' englischen und deutschen Polizei, welche ein trauriger Ueberrest der Na- poleon'schen und russischen Zwischenherrschaft wäre. Hieran knüpfte er einige unmaßgebliche Vorschläge über die Einrichtung des Institut- der Polizei und richtete er rücksichtlich der hierbei zu verwendenden Mannschaften sein Augenmerk auf Kommunalgardisten, die sich frei willig zur Handhabung der WohlfahrtSpolizei melden würden, welcher Vorschlag in dem Zusammenhang», in welchem er vorkam, den etwa bedenklichen Anstrich ganz und gar verlor. Wider Erwarten des AuSschasses, welcher gehofft hatte, daß man dem vorgetesenen Schrei ben im Allgemeinen beilreten würde, entspann sich eine Debatte über diesen Gegenstand, welche allerdings einige Senfkörner zum Vorschein brachte, indeß durch die Geschicklichkeit des Herrn Referenten, mit wel cher er dieser oder jener Aeußerung eine scherzhafte Seite abzugewin nen und die Spitze ihr abzubrechen verstand, kam man ohne sonder liche Gefährlichkeiten über die Sache hinweg, namentlich auch über die auftauchende Ansicht, alS sei eS heilsam, wenn die städtische Poli zei an den Staat abgetreten würde. Die Absendung de- fragliche» Schreiben- sollte aber noch 8 Tage aufg,schoben werden und mitt lerweile den Mitgliedern eS freistehen, Beispiele von Belästigungen