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Freitag, 147. 25. August 1848, Dies«» Blatt erscheint täglich Abend- und ift durch alle Poft, anftalten de- 3«. und Au-lande- zu beziehen. Dresdner Journal. Preis fftr da« Pierteliahr Thlr. Znsertion-gebüb» ren für den Raum einer gespaltene» Zeile » Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für daS Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Die Parteien in Sachsen. (Zweiter Artikel). —Tagrsgeschichte: Dresden: Deutscher Verein. Leipzig: Aufruf deS deutschen Vereins; Vaterlandsverein. Gera. Berlin. Frankfurt. Mannheim. Wien. Italien. Mailand. Pari«. — Wissenschaft und Kunst: Hof« theatcr: „Liphonia". — Geschäftskalender. — Ortskalender. — Angekommene Reisende. Die Parteien in Sachsen. Zweiter Artikel. Im Gegensatz zur äußersten Linken und dem linken Centrum, unter dem Gattungsbegriff der Linken zusammengefaßt als dem nega tiven Pol des organischen StaalslebenS, stellt sich die Rechte als der positive Pol desselben dar. Die Partei der Rechten, deshalb nicht eben die rechte, d. h. allein richtige Partei, zerfällt wieder in ein rechtes Centrum und eine äußerste Rechte. Das jetzige rechte Centrum ist, wie schon gedacht, die frühere zur Herrschaft gelangte Linke. Sein Stamm und Kern sind zunächst alle dir Ehrenmänner, die auch unter den ungünstigsten Verhältnissen und dem lähmendsten Drucke der abgetretenen Regierung, ja, ohne alle Sympathieen der damals willenslosen Volksmassen beharrlich und mit Selbstaufopferung der Freiheit edleS Ziel verfolgten. Sie erreichten es und setzten das Volk in seine unveräußerlichen Rechte ein. Wohl hätten sie den glänzenden Sieg so schnell, so entscheidend nicht errun gen, wenn nicht das jenseit des Rheines am 24. Februar aufgegan gene Morgenroth der Freiheit die schlummernden Völker Deutschlands geweckt hätte. Möglich auch, daß ihr Ziel ursprünglich nicht so weit gesteckt war, als sie von den Schwingungen der Zeit fortgetragen wur den ; aber unter allen Umständen gebührt ihnen der schöne Ruhm, daß sie, zur Herrschaft gelangt, dem Volke das ganze volle Maß der er strebten wahren Freiheit rasch und ohne Rückhalt gewährt haben. Die großen Errungenschaften deS freien Meinungsaustausches in Wort und Schrift durch das Recht der Association und Aufhebung des Censurzwanges, die Trennung der Kirche vom Staate unter völ liger Gleichstellung aller Kulte, die rein demokratische Vertretung des Volkes durch ein neues Wahlgesetz, die durchgreifende Reform der Rechtspflege durch Einführung der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit mit Geschwornengerichten, die volksthümliche Umbildung der bewaffne ten Macht und die möglichst gleiche Vertheilung der StaatSlasten sind die Palladien, welche, soweit wir sie in diesem Augenblicke noch nicht ganz besitzen, doch als die völlig gereiften Früchte von der Freiheit gold- nem Baume unS entgegen winken. In der konsequenten Durchführung dieser seiner Principien er blickt die Partei deS rechten CentrumS die wahr, Freiheit de-Volks für vollkommen gewährleistet gegen jeden U,bergriff, tritt daher sowohl den reaktionären Machinationen der äußersten Rechten, wie den Tenden zen der Linken entgegen und halt des Kampfes Preis namentlich durch Beibehaltung der monarchischen Slaatsverfassung nicht für gefährdet. Vielmehr will sie die Monarchie al- solche, will sie deshalb, weil sie in dem unverletzlichen Staatsoberhaupt« einen ebenso heilsamen al- noth- wendigen Kern- und Mittelpunkt deS Volke- und zugleich den sicher sten Schutz gegen den Terrorismus der Parteien erkennt, will aber die Monarchie von demokratischen Institutionen umgeben, welche einer seits jedem Mißbrauch der Herrschergewalt vorbeugen und andernseitS die vollständigste Durchführung der Principien wahrer Freiheit ge statten. Der festgezogene Krei- jener Grundrechte und Forderungen bil det zugleich die extensive Grenze des Strebens dieser Partei, welche die ungeheure Mehrheit deS Volkes für sich und in den deutschen Vereinen ihren Mittelpunkt hat. Auch ist principiell die Annahme wohl nicht unrichtig, daß einem mündigen und selbstbewußten Volke, welche- in Schrift und Wort seinen Willen jederzeit rein, offen und massenhaft aussprechen kann, eine vernünftige, von der Mehrheit getragene For derung von keiner Regierungsgewalt und in keiner Staat-Verfassung, daher auch in der monarchischen nicht dauernd verweigert werden kann. Und gewiß würde eine noch weit größere Zahl wahrer Patriot-A dem deutschen Vereine angehören, wenn seine Devise: „konstitutionelle Monarchie für immer" Vielen nicht etwas zu engherzig erschiene. Wohl ist es Pflicht einer monarchischen Regierung, zu erklä ren, daß sie mit der Monarchie stehe und falle; aber nicht ziemt eS nach meinem Bedünken der Partei, ihre Ueberzeugungen dadurch, daß sie jede andere Ansicht von vorn herein ausschließt, den kommenden Geschlechtern im voraus aufdrängen zu wollen und somit die eben jetzt als die beste erkannte Form der Staatsverfassung für all, Folgezeit versteinern zu wollen. Wohl mag man erklären, daß man die Monarchie zu erhalten, daß man mit Gut und Blut sie zu vertheidigen und zu schützen bereit sei, aber cs bekundet in der Thal wenig philosophischen Einblick in da staatliche Leben, wenn man irgend eine StaalSform al- die für alle Zeiten allein richtige hinstellt. Und was wird hiermit erreicht? NichlS alS der trügerische Glaube an die eigene Unfehlbarkeit. Daneben ist es ein arger Widerspruch, die Vollberechtigung des Volkswillrns in seinem freiesten Ausdrucke anzuerkennen und seine noch unbekannten künftigen Richtungen mit einer chinesischen Mauer umziehen zu wollen. Auch ich will die konstitutionelle Monarchie, denn ich erkenne in ihr mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und den Bildungsgrad de- säch sischen Volkes in seiner Grsammtheit nicht nur die beste, sondern zu gleich die einzig mögliche Form der Staatsverfassung. Ich will sie daher aus innerster Ueberzeugung und zwar nicht etwa Klos alS Ab wehr gegen die Republik, sondern deshalb will ich di, Monarchie, weil, und so lange will ich sie, als sie im Stande ist, die Be, dingungen des wahren Volkswohle- zu erfüllen. Und ich wünsche, daß sie noch recht lange den Forderungen der Zeit genügen möge, wünsche, daß unter ihrem friedlichen Oelzweige auch noch unsere Kinder und KindeSkinder sich ihrer Segnungen erfreuen mögen. Ich sage, ich wünsche Die-; ob aber die Monarchie den unbekanntm Bedürfnissen später Generationen noch volle Rechnung zu tragen im Stande sein wird, ob ihre Grenzen so weit, ihre Dehnbarkeit so groß, daß sie den rastlos fortschreitenden Zeitgeist noch Jahrhunderte zu begleiten ver mag — welcher Sterbliche vermöchte Die- wohl zu bestimmen?