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Sonntag, ^S128 6. August 1848. Dresdner Journal Herold für sächsische und deutsche Interesse» Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für da-Abend-erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittag- angenommen. Dltse« Blatt erscheint täglich Abend- und ift dnrch alle Post, „kalten de-J«. »nd Auslände» z» beziehen. Drei« für da- Diertrlia-r IV, Lhlr. Iusertionsgedstb« ren für den Ran» «l«er gesralrrne» Seile « Pf. Inhalt, vr. Lheile, gegen die Trennung der Schule von der Kirche. — Verhandlungen *der Stadtverordneten in Dresden. — Tagest» geschichte:DresdenrAweiteallgemeinesächsischeLrhrerversammlung; Großenhain: Volksversammlung. Berlin. Lprnrad«. Schweidnitz. Frank furt. Karlsruhe. München. Wien. Prsth. Mailand. Verona. Neapel. — Feuilleton. — EiagrsendrtrS. — Geschäftstkaleuder. — Ortskalender. — L «gekommene Reisende. Bekanntmachung. Um einem vielfach geäußerten Wunsche des Publikums zu entsprechen, die militärische Feier am 6. August s. e. mehr in der Nähe Dresdens stattfinden zu lassen, ift Anordnung getroffen worden, daß dieselbe auf dem gewöhnlichen Jnfanterie-Ererzirplatze, rechts der Königsbrücker Straße abgehalten werde. Zu bemerken ift jedoch, daß, wegen des sehr beschränkten Raumes, Wagen und Retter auf dem erwähnten Platze nicht zuge« lassen werden können. Dresden, den 5. August 1848. Das General Commando der Nrmee. v. Cerrini. - Gegen die Trennung der Schule von der Kirche. Durch den politischen Umschwung der Gegenwart und durch die Art und Weise, in welcher sich jetzt die in Aussicht gestellte Selbst ständigkeit der Kirche gestalten zu wollen scheint, ift die von den säch sischen Lehrern in die Hand genommene und in diesen Tagen in Dres den von neuem zur Verhandlung gebrachte EmancipationSfrage auf einen wesentlichen andern Standpunkt gekommen. Wenn nun schon auf der Leipziger Versammlung im April die alte Anschauung, unter Kirche die Geistlich en und unter der Schule die Schullehrer zu verstehen, noch keineswegs überwunden war, vielmehr der Kampf für die angeblich« Selbstständigkeit der Schule überwiegend al- da- Bestreben erschien, möglichst ohne Vermittlung der Kirche und ihrer Organe dem StaatSregimente untergeord- netzuwerden.so wird jede- lebendige Glied der Kirche wenigsten- gegen alle und jede Feststellung der Verhältnisse der Schule um so entschiedener protestiren müssen, da einerseits wer der vom Staate in Aussicht gestellten kirchlichen Selbstständigkeit mit freudiger Hoffnung entgegensieht, nicht gemeint sein kann, sich gleichsam mit der andern Hand eine neue Knechtschaft auflegen zu lassen, und da andrer- seit- die Kirche als GanzrS noch einer vom Staate unabhängigen Vertretung ermangelt. Nachdem nun einmal die neue Zeit statt der verweigerten Refor men eine förmliche Revolution gebracht und auch Manche- auseinan der gerissen hat, wa- bei gegenseitiger Nachgiebigkeit unbedenklich und gern vereinigt geblieben wäre: so wird bei dem jetzigen Stande der Dinge die Frage: „Goll der Staat überhaupt ein religiö se-Bekenntniß al-Bedingung der Zugehörigkeit ver- langen?" leider nur verneint werden können. Da da- bloße „Be kennen" die Gtaat-zwecke gar nicht berührt, darüber aber, ob ein Bekenntniß für die Staat-bürgerpflicht wirklich oder genug reli giös sei, der Staat al- solcher ebensowenig ein« sichere Entscheidung hat, al- darüber, ob der einzelne Bekennende religiös genug sei oder nicht: so könnte eine ausdrücklich gestellte religiöse Anforderung nur den Ginn haben, daß jeder Staatsbürger sich irgend einer Religions gemeinschaft anschließen müsse. So richtig und wichtig nun eine solche Forderung wäre, weil eben der Staat kein „bloßer Polizeistaat", keine „geistlose" RechtSanstalt sein soll und weil eS namentlich auch für die Zwecke der Erziehung kein wirksamere- und erfolgreichere- Mittel giebt, al- die Association: so müßte doch ein die-fallsi-er Zwang nur zu weitern Spaltungen der Gesellschaft und unter Umständen gerade zu Dem führen, wa- der Staat vermeiden will. ES könnte dann zu Religionsgemeinschaften kommen, die ihre Religion ausdrück lich in die Religionslosigkeit setzten, während, wenn der Staat eine solche Forderung nicht stellt, sondern eS jedem Einzelnen frei läßt, sich in religiöser Hinsicht anzuschließen oder nicht, ein Nichtaaschluß aewiß nur sehr vereinzelt und blo- vorübergehend eintreten wird. Denn hoffentlich wird die freie Kirche sich wenigsten- insoweit von ihrer Theologie frei zu machen wissen, daß sie Stichworte, wie „un geän derte" augSburgische Konfession nicht mehr duldet und überhaupt dm Standpunkt von 1530 und 1580 nicht als maßgebend gelten läßt. Kann aber der Staat bestimmte religiös-konfessionelle Forderun gen um so weniger stellen, da er sich doch mit dem äußern Bekennt- niß begnügen müßte: so bleibt für ihn natürlich die Sch« le da- ein zige Mittel, um die Bildung und Erziehung zur Religion und Sitt lichkeit, ohne welche von wahrer und dauernder Wohlfahrt sowohl d«S Ganzen al- deS Einzelnen nicht die Rede sein kann, möglichst früh und tief und umfassend zu begründen und sicher zu stellen. Um fo näher liegt aber auch die Möglichkeit, daß er gerade die Schul« be nutze, um auf indirektem Wege die Gewalt über die Kirche wieder zu erhalten, welcher er sich direkt entäußern mußte. Ader ebenso ent- schieden, als er sich an der Schule gerade um so mehr betheiligen um-, je mehr er dm Kirchen freie Hand läßt, machen Recht und,Pflicht den letztem eine Nlchtbetheiligung unmöglich. Di« Krage: „Darf di« Kirche die Schule frei geben?" kann nm vemeiat werden. Dma gerade die Grundlegung und auch die Einheit der Erziehung und Bildung ist für da- gesammte kirchliche Wesen und Leben so sehr