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760 IN, Berichte deS Adv. Kaim über die Versammlung in Außig und des vr Bict. Jacobi über diejenige auf dem großen Winterberg, am 18. und 19. v. M. Oie Reden, welche auf dem zweiten Punkte ge- halten wurden, werden auf Verlangen der Theilnehmer au- Böhmen unter Aufsicht des deutschen Verein- in Königstein nächsten- im Druck erscheinen. Endlich muß ich noch anzeigen, daß gestern ein definitiver Vorstand an Stelle de- bisherigen provisorischen gewählt wurde. Der- selbe besteht au- den Herren Professoren Wuttke, Haupt und Wach-muth, vr. Fürst und Adv. Kaim. Auf Antrag des 0r. Fürst wurde vr. Kühne, welcher sich der Sache vom Anfang an mit größtem Eifer angenommen hatte, der Dank der Versamm- lung ausgesprochen. Es wäre übrigen- ebenso gerecht wie klug ge wesen, vr. Kühne in den definitiven Vorstand zu wählen, da seine weiten Verbindungen, sein Eifer und seine Zeitschrift „Europa ' der Sache de- Ostmarkenverein- nur nützlich gewesen sind. Hoffentlich wird sich Herr Kühne durch eine Wahl, bei welcher fast ebenso viele Vorgeschlagene al- Wähler zum Vorschein kamen, von seinem Eifer nicht abbringen lassen. r Atttau, 26. Juni. Am verflossenen Johannistage trat hier eine zweite allgemeine Lehrerversammlung zusammen, um die am 31. Mai begonnenen Verhandlungen, (über welche in diesem Blatt bereit- berichtet ward,) fortzusetzen. Der Referent deS pädagogischen Verein- fuhr im Vortrage feine- Referate- fort, und legte zunächst die Ansicht de- pädagogischen Verein- über da- Verhältniß der Schule zum Staate, zur Kirche und zur Gemeinde vor. Ausgegangen ward davon, den Begriff de-Staate-festzustellen, und dabei erklärt, daß die bisherigen Definizionen de- Staate-, in welchen dieser mehr nur al- Recht-anstalt aufgefaßt sei, unserer Zeit wohl nicht mehr gnügen dürften; dafür erlaube sich der pädagogische Verein den Begriff des StaateS in folgender Weise aufzustellen: der Staat sei da- zur Er ziehung, Darstellung und Sicherung wahrer Humanität unter einer gemeinsamen Leitung vereinigte Volk. Daran knüpften sich nun einige Bemerkungen über da- Verhältniß der Schule zum Staate. Der Staat, behauptete man, bedürfe bei seiner neuen Gestaltung für die Zukunft höher gebildete Bürger, müsse daher an die Schule größere Ansprüche machen , al- bisher, dagegen freilich auch größere Pflichten der Schule gegenüber übernehmen, umso mehr, da die Erreichung de- erstgenannten Staat-zwecke-, Erziehung zur Humanität, zumeist an die Erfolge der Schule gewiesen sei. Bei Uebernahme dieser Pflich ten aber werde der Staat der Schule kein harte- Joch auflegen, son dern, dem Geiste der Zeit folgend, derselben die möglichste Freiheit der Entwickelung gestatten. Hinsichtlich des Verhältnisse- der Schule zur Kirche glaubte man behaupten zu können, der Zusammenhang zwischen beiden Jnstituzionen sei offenbar kein zufälliger, weil beide gemeinsam die Erziehung de- Volke- zu wahrer Humanität zu fördern haben; und wenn auch die moderne Schule einer Aufsicht der Kirche wohl entwachsen sei und ihre eigene Beaufsichtigung fordern dürfe, so könne doch die Kirche der Pflicht (denn dafür, nicht für ein Recht habe sie e- anzusehen) sich nicht entschlagen, dm Religionsunterricht der Schule zu überwachen. Man werde daher nicht für eine unbe dingte, sondern nur für eine bedingte Trennung zwischen Schule und Kirche sich mtscheiden dürfen. Hinsichtlich de- Kommunalprinzipes ward geltend gemacht, daß e- nicht wohlgethan sein werde, der Schul gemeinde alle Sorge für die Schule abzunehmen, daß vielmehr der Staat die Beschaffung der regelmäßigen Schulbedürftnffe, die Ge meinde dagegen die außerordentlichen, z. B. Schulbauten, zu über nehmen haben würde. — Eine Debatte über die angedeuteten Prinzip fragen ward zwar begonnen, doch beschlossen, für jetzt kein Resultat durch Abstimmung erreichen zu wollen, da man sich nicht entschließen konnte, über die wichtigsten Grundfragen nach kurzer Besprechung zu entscheiden. Hierauf wurde nach vorgetragenem Referate über die ersten Punkte de- Leipziger Programm- namentlich darüber gesprochen, wie die Oberleitung de- gesammten Schulwesen- und namentlich die Jnspekzion der einzelnen Schulen (vorzug-weise der Volksschulen) beschaffen sein und eingerichtet werden möge, wobei man hauptsäch lich auf die Schwierigkeit stieß, da-, wenn der Ort-geistliche die Jn- fpekzion de-Religion-unterricht- nicht aufgeben dürfe und die übrigen Lehrgegenständ« von einem andern Schulinspektor beaufsichtigt würden, jeder Lehrer zwei Inspektoren haben würde, welcher Umstand von einigen Seiten her al< ein unerträglicher geschildert ward, während von anderer Seite her eingewendet ward, daß der gewissenhafte Lehrer diese doppelte Jnspekzion weder zu fürchten, noch al- etwa- so höchst Unbequeme- und Störendes zu erachten haben werde. — Besondere Beschlüsse wurden in dieser Versammlung nicht gefaßt. Dieselbe, 40 Theilnehmer zählend, mußte sich noch auf ein drittes Mal ver tagen, zumal ein sehr heftige-Gewitter, das ohnehin störend einwirkte, die zum Theil au- bedeutender Entfernung herbeigekommenen VolkS- schullehrer vom Lande nöthigte, früher, al-wünschenSwerth war, den Wanderstab zu ergreifen. Berlin, 2. Juli. Die Bürgerbezirk-vereine verbreiten jetzt hier ihre Wirksamkeit, und bei den Maßregeln, welche darin gegen Maßnahmen der Behörden ergriffen werden, betheiligen sich Männer al- leitend, welche au- den höchsten Kreisen der Beamtenschaft und der Aristokratie sind. Der Verein deS dritten Wahlbezirk- hat in Folge vorgenommener Haussuchungen erklärt, daß seine Mitglieder sich ferner dagegen durch den Gebrauch de- Hau-recht- schützen wer den.— Die Ausschußmitglieder de- Frankfurter DemokratenkongresseS Rau, Fröbel und Kriege sind hier angekommen, und ist ihrem Blei ben kein Hinderniß in den Weg gelegt. — Herr v. Arnim, der nur wenige Wochen Minister war, hat seine Mühwaltung durch einen halb jährigen Gehalt au- der Kasse de- Ministeriums deS Auswärtigen gedeckt. — Bei der Untersuchung der Zeughausereignisse hat sich her ausgestellt, daß der Hauptmann v.Natzmer durch ihm gebrachte falsche Nachrichten über Aufstand in Potsdam, Flucht de- Königs, Verkün dung der Republik und Uebertritt deS Militärs zum Aurückziehen seiner Kompagnie gebracht worden sei. Jena, 1. Juli. Gestern wurde das 300jährige Jubiläum der Universität von der Studentenschaft gefeiert. Frankfurt, 29. Juni. Die Bundesversammlung hat an den deutschen Reichsverweser Erzherzog Johann ein Verehrungsschreiben erlassen, au- dem hervorgeht, daß sie schon vor dem Schlüsse der Be- rathungen über die Bildung einer provisorischen Zentralgewalt von den verschiedenen Regierungen ermächtigt war, sich für die Wahl deS Erzherzog- Johann zu erklären. — 1. Juli. In der heutigen Sitzung der konstituirenden Ver sammlung wurde ein Bericht deS internazionalen Ausschusses erstattet, welcher darauf anträgt, daß die Streitkräfte an der östlichen Grenze Deutschlands den russischen entsprechend vermehrt, die Anerkennung der französischen Republik und die Absendung eines deutschen Ge sandten nach Pari- al- sich von selbst verstehend erklärt, über die An träge auf Schutz- und Truhbündnisse aber zur motivirten Tagesord nung übergegangen werde. Abg. Vogt verzichtete auf seine Jnter- pellazion in Betreff der Verhältnisse zu Frankreich, um sich da- Wort für die Berathung de- obigen Bericht- vorzubehalten. Ein Schrei ben de- badischen Ministeriums in Betreff der Wahl Hecker'- zu Thiengen wurde nebst der Erklärung Hecker's rc. an einen besonder», noch heute durch die Abtheilungen zu wählenden Ausschuß verwiesen, welchem die Befugnisse de- tz. 24 der Geschäftsordnung beigelegt wur den. Hierauf folgte die Berathung über die österreichisch-slavische Frage, worüber in diesem Augenblick (1L Uhr) die Abstimmung be ginnt. (Fr. Bl.) — In die heute von der Nazionalversammlung be stimmten Ausschüsse sind — soweit uns bekannt geworden — ge wählt: 1) Ausschuß wegen der Wahlen zu Constanz und Thiengen: Adam-, Dammer-, Freudentheil, Hollandt, Fürst Lichnowsky, Rei chensperger, Simson au- Königsberg, Riesser, v. Vincke, Wiedemann, v. Würth, Zachariä; 2) Ausschuß für einen Gesetzentwurf wegen Verantwortlichkeit der Minister: Bürger-, v. Hermann, v. Jtzstein, Neumann, Mittermaier, R. Modi, Schwarzenberg l., Rüder, Scheller, Tafel von Zweibrücken, Wippermann. Ulm, 31. Juni. Die wegen der hiesigen abscheulichen Exzesse de- Militärs gegen die Bürger nach Stuttgart abgegangene Depu- tazion ist mit dem erwünschten Erfolge zurückgekehrt. Die Unter suchung wird beginnen. 500 Gewehre für die Bürger werden ein treffen. Kassel, 28. Juni. Von Mund zu Mund geht hier da- Ge rücht, der Kurfürst habe die Regierung ganz und gar in die Hände der Minister gelegt und auf feine Aivilliste für ein Jahr verzichtet, sich dagegen die Angelegenheiten de- Militär- ausschließlich Vorbehalten. (Hannov. A.)