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Zeit so vielfach verdächtigt und so ganz mißverstanden hat. Hierauf stellte Herr Advokat Volkman n mit Beziehung auf §.2 des Wahl gesetzentwurf- den Antrag, der deutsche Verein wolle an die hohe Ständeversammlung eine Petizion deS Inhalt- richten, man möge bei der Berarhung des Entwurf- dem Prinzipe der direkten Wahlen den Vorzug geben. E-müsse nämlich, meinte Herr V., bei Beurtbeilung eine- Wahlgesetze- gefragt werden, ob e- dem Rechte deS Volkes, sich an der Verwaltung zu betheiligen, entspreche und ob es den Zweck erreiche, den es sich stelle, nämlich den Ausdruck des VolkSwillens. Nach beiden Gesichtspunkten hin glaubte er den direkten Wahlen den Vorzug geben zu müssen. Herr l)r. Fischer ließ ,S sich hierauf an gelegen sein, die vorzüglichsten Einwürfe, welche man den Freunden der direkten Wahlen zu machen pflegt, in ihrer Haltlosigkeit darzu stellen und zurückzuweisen. 1) Die indirekten Wahlen könnten nicht deshalb, weil die Wahlmänner besser als der große Haufe verstünden die rechten Männer zu wählen, als treffender anzusehen sein, denn die Wahlmänner würden doch immer erst von dem Volke gewählt; 2) auch Da» wäre ein Jrrthum, wenn man glaube, bei indirekten Wahlen würde gewissenhafter verfahren; im Gegentheil wüßte Jeder auS eigner Erfahrung, daß man bei der Wahl eines Einzigen bedachtsamer zu Werke gehen könnte, als wenn man beispielsweise vielleicht 30 Namen aufzuschreiben hätte. 3) Der Vorwurf, die direkten Wahlen wären umständlicher, erwiese sich als ganz ungegründet, indem ja auf der Hand läge, daß bei ihnen die Stimmenzählung weniger Schwierig keiten und weniger Zeitaufwand habe, als Dies bei den indirekten Wahlen der Fall wäre. 4) Auch der Einwand, bei direkten Wahlen würde kein voller Ausdruck de- VolkswillenS erzielt, wäre nicht stich haltig, indem ja auch in einem Wahlmännerkollegio selten absolute Stimmenmehrheit erreicht würde. 5) Wenn man dann weiter gesagt hätte, direkte Wahlen wären zu aufregend und zu gefährlich, so müßte man Dies von den indirekten Wahlen noch mehr sagen, denn hier käme die nicht au-bleibende Aufregung sogar zwei Mal vor. 6) Auch Das wäre falsch, wenn man besorge, bei direkten Wahlen würde Um trieben und Einschüchterungen ein großer Spielraum gegeben, denn Bestechungen, Einflüsterungen und nach Befinden Einschüchterungen wären bei 50 oder 60 Wahlmännern viel eher möglich, al- bei vielen Tausenden. Wenn man endlich, schloß der Redner, auf da- Beispiel Baden-, wo ja auch indirekte Wahlen in Uebung wären, hingewiesen hätte, so müßte er seinerseits auf Altenburg Hinweisen, wo aus den direkten Wahlen gewiß in der Person v. Lindenau'- ein würdiger Ab geordneter für die Frankfurter Nazionalversammlung hervorgegangen wäre. Wenn die vorhergehenden Redner die Mangelhaftigkeit der indirekten Wahlen mit Rücksicht auf den bezweckten Ausdruck de- VolkSwillenS mehr auf psychologischen Wege zu begründen gesucht hatten, so zeigte Herr Professor Schlett er, daß Dies auch in numerischer Beziehung der Fall wäre, und führte zum Belege sehr schätzen-tverthe statistische Notizen an mit Rückblick auf die Wahl der Leipziger Abgeordneten zu der konstituirenden Versammlung in Frank furt. Herr vr. Fricke dagegen spricht sich für direkte Wahlen deshalb au-, weil mir ihnen dem Geiste der Zeit, welche im Gegensatz zum Alterthume die der Individualität wäre, am meisten entsprochen würde. Al- Herr vr. Fricke im Verlauf seiner Rede auf die Wahl Blum» — ein BeisM, von dem Herrn Vr. Klee wünschte, e- wäre nicht mit eingeflochten worden — zu sprechen kam und die etwa- ge wagte Aeußerung that, sie wäre mit Hülfe der Fäuste durchgesetzt wor den, so wie» Herr vr. Fischer, der mit unter den Wahlmännern ge wesen war, diese irrthümliche Ansicht zurück und detheuerte, daß sich da» Wahlkollegium durch keinerlei Einschüchterung in der Wahl be schränkt gesehen hätte. Für indirekte Wahlen hatte sich kein einziger Redner erhoben und so wurde die Petizion gegen 4 Stimmen be schlossen. Endlich stellte Herr vr. Fricke noch einen Antrag, der gewiß recht gut gemeint war, aber wohl besser unterlassen worden wäre, nämlich der deutsche Verein solle erklären, er mißbillige e», wenn der Verkauf republikanischer Kokarden auf ungesetzlichen Wege hinter ttieben werde, weil die Gesinnung-freiheit ebenso sehr wie die Rede freiheit gewahrt werde« müsse. Nun ist DaS a« sich ganz richtig und der deutsch« Verein damit ganz einverstanden; allein e» handelte sich hier um Personen, di« im Vereine nicht anwesend waren und sich nicht vertheidigen konnten, ebenso wenig möchte e» rathsam gewesen sein, daß der Verein sich ein Richter- und Aensorenant in Dingen anmaßte, welche ihn gar nicht berührten; kurz, der Antrag wurde gegen eine freilich nicht unbedeutende Minorität abgeworfen. —e— Aetpztg, 2. Juli. Ostmarkenverein. Der gestrige Abend brachte eine Reibe interessanter Eingänge und eine tödt« lich unerquickliche Debatte. Da- erste Schreiben enthielt di, Anzeige vom Rektor der hiesigen Universität, daß der Lektor für slavtsche Sprachen I. P. Jordan von dem hohen Ministerium au- dieser Funkzion entfernt worden sei, nachdem er sich wegen seiner Bethrili- gung an der Aufforderung zum Zusammentritt de» slavischen Parla ment,- nicht zu rechtfertigen vermocht habe. Prof. Haupt erwähnte, daß Jordan in seiner Erwiderung an den Senat gesagt hab«: er bade e- sich niemal» zur Ehre gerechnet, ein Deutscher zu sein. (Einige Stimmen: Pfui!) — Ein Schreiben de» Pesth Ofener deutschen Vereins drückt seinen Dank über di, Thätigkeit und Wirksamkeit de» Ostmarkenverein- au- und berichtet die Herstellung einer vollständig«« Harmonie zwischen Magyaren und den Deutschen in Siebenbürgen, in dem für di, Wahrung der deutschen Nazionalität und Sprache jetzt vollkommen Bürgschaft gegeben sei. Von anderer zuverlässiger Seit» wurde jedoch bemerkt, daß dies» Harmonie nicht- weniger wie eine voll ständige und aufrichtige sei, daß sogar da» Schreiben unter dem Ein flüsse eine- starkm moralischen Zwange» abgefaßt sein möchte. — Der konstituzivnelle Verein in, Prag schildert in einem Schreiben die deut sche Sacke als durchaus noch nicht gesichert, indem die czechomanische Partei, wie Die- von der inkarnirten Jntriguen- und Konspiration»- sucht dieser fanatisch-fantastischen Menschen nicht ander» zu erwarten, noch lange nicht ihre Hoffnungen aufgebe, sondern vielmehr al» Ge genbeweis der Zulässigkeit ihrer Tendenzen noch eine weitere Vor lesung über deutsch,» Bunde-recht au» den Mörsern de» Professor» Windischgrätz wünschen-werth zu machen fortfahre. Uebrigen» ist bereits von hier ein Aufmunterung«- und ErmuthigungSschreiben neuerdings wieder an den Verein erlassen worden. Er betreibt eifrig seinen Plan, eine für die deutsche Sache wirkende Zeitung in Böhmm herau-zugeben. Jedoch fehlt e» zur Zeit noch an dem nöthigen Kapi tal dazu, und der Verein har zu dem Ende um zahlreiche Betheiligung an dem Akzienunternehmen gebeten, dessen Akzien auf 10 fl. K.-M. lauten. Möchte da» deutsche Volk sich von der Nothwendigkeit, hier recht demonstrativ sich zu zeigen, recht innig durchdrungen gemacht werden können! Möchte e« doch endlich recht lebhaft einsehen, wie nothwendig e» ist, wühlerischen Zwiespaltsparteien mit recht rastloser, aufopfernder Thätigkeit entgegenzutteten, damit der Reichsverweser von dem erhebenden Gefühle innig durchdrungen werden könne, daß ihm der hohe Beruf übertragen worden, wirklich ein kompakte», star ke», entschlossene» Volk zu vertreten und zu leiten! Möchte sich daher hier da» traurige Beispiel, welche» wir vor einigen Jahren in Bezug auf Nichtuuterstützung eine», fürAufrechthalmng der fiämischenNaziona» lität in Belgien berechneten Blatte» erlebten, nicht wiederholen. Der O stmarkenvereia wird mit Freuden die eingehenden Gelder in Empfang nehmen, nach Prag senden und öffentlich vnrechnen. Eine weite« Aufforderung wird in der deutsche« allgemeinen Zeitung erfolgen, und zuversichtlich werden sich alle ächtdeutschen Blätter der Sache ann«h- men. — Auch der deutsche Verein in Eger bezeugte seinen lebhaften Dank dem Ostmarkenverein für seine ermunternde Thätigkeit zur Kräftigung und Belebung der deutschen Sache in Böhmen. Ebenso wurden von dem deutschen Konnte in Posen und von dem deutschen Vereine in Dresden Dankadressen in demselben Ginne verles«. Run kam die erwähnte unerquickliche Debatte. Schon ftüher hatte Herr Avenariu» den Antrag gestellt, der Verein möge eine Ansprache an die französische Nazionalversammlung erlassen, in welcher die wahre Lage der Dinge in Posen darzulegeu sei, um dem französischen Volte die Augen über da» schändliche verräterische Getreide der Polen zu öffnen. Jndeß bei näherer Erwägung und Erkundigung hatte der Antragsteller einsehen müssen, daß da« blind, Vormtheil für die polni sche Sache in Frankreich zu stark sei, um hoffen zu können, die Natio nalversammlung werde der Ansprache eine andere, al» eine total nicht beachtende Aufmerksamkeit widmen, schon um der Schreipattei um jeden Preis keinen Anlaß zu Interpellationen zu geben. Gestern nun ward der Antrag von Herrn Kurze wieder ausgenommen und endlich beschlossen, zu versuchen, ob nicht durch Ver mittelung «ne» namhaften Mitglieds» der Pariser Presse dennoch ein Erfolg zu erzielen sei. — Den Beschluß der Sitzung machte» die