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758 IW, würde doppelt abhängig von der Regierung und daher gezwungen sein, ihr blindester Anhänger zu werden. Und wollte man hierin durch Gesetze vorbeugen, so giedt «S noch viel» andere Mittel für ein» Regierung, einen StaatSdiener/dessen Ein« tritt in die Kammer sie wünscht, für Nioderiegung seiner Stelle zu entschädigen, welche im voran« abzuschneiden unmöglich ist. Mlt Recht antworten die Freunde unbeschränkter Wahlfreiheit auf die Einwendungen der Gegner, welche au- dieser eine sehr miß liche Zusammensetzung der Kammer hervorgehen Hetzen: „Maa ver traue dem Laßt« de-Volke«; »S wird am besten wiffm, »er.fähig und geschickt ist, sein Interesse zu vertreten." Nun wohl, auch ich habe meine Stimme für unbeschränkte Wahlfreiheit gegeben, aber ich ver lange diese Freiheit für Alle, auch für die Staat-diener. Hier mehr, al- irgendwo, traue man doch dem Takte de- Volke-, welch,- noch dazu hier stet- Gelegenheit haben wird, die Charakter« der Kan didaten kennen zu lernen; es wird sehr wohl beurtheilen können, wer charakterfest und ehrlich genug ist, seine Ueberzeugnng auch gegen sei nen Vortheil zu vertreten. Zu Angriffen der Art, wie sie jetzt zu den täglichen Erscheinungen der Presse gehören, mögen die Staal-diener wohl schweigen; solche Leute, wie z. B. der Korrespondent der Vaterland-blätter, welcher vor einiger Zeil meinte, daß die Forstbeamten nur da seien, um die Bäume wachsen zu sehen, tragen nur ihre eigne Unwissenheit zu Markte; wenn man aber versucht, den StaatSdienern ihr, heiligsten Bürgerrechte zu entziehen, die man dem letzten Proletarier zugesteht, so ist ,S Zeit, zu rufen: GleichheitvordemGe seht,aber fürAlle,auch die Staat-diener. Und vor Allem nieder mit jederNach- äfferei de-Frauzofenthum«. . Tagesgeschichte. Dresden, 4. Juli. 20. Sitzung der zweiten Kammer. Unter den Eingängen auf der Registrande befand sich eine Ein gabe de« Fremdenverein- zu Dresden und betraf die beabsichtigte Aus weisung de- Oe. Gerber, welche der Abg. Tzschirner bevorwortete und dabei zugleich eine Jnterpellazion darüber ankündigte, ob eS in Dres den noch geheime Polizei gebe. Der erste Gegenstand der Tagesord nung war die Jnterpellazion de- Abgeordneten Helbig in Betreff der sich in Sachsen aufhaltenden Polen. Der Interpellant bemerkte un- gefähr Folgende«: Es fei ein im Völkerrecht allgemein anerkannter Grundsatz, daß jedem Fremden Durchreise und Aufenthalt zu gestat ten sei, so lange er die Gesetze de-Lande-, in dem er sich aufhält, achtet Und dessen Ruhe und Ordnung nicht stört. In diesem Sinne seien auch von der Regierung die Verordnungen erlassen worden, welche die in Sachsen sich aufhalteoden Polen beträfen. Die Polizeidirekzion zu Dre-den habe jedoch nicht allenthalben diesen Verordnungen gemäß gehandelt. Schon im Monat Mai seien Ausweisungen von derselben gegen Polen erfolgt, di, den genannten Anforderungen völlig nachge- kommen seien und zugleich genügend, Subsistenzmittel aufzuweisen ge habt hätten; und in neuerer Zeit sei Die- wieder vorgekommen. Die Polizeidirekzion habe eine indirekte Ausweisung dadurch zu bewerk stelligen gesucht, daß sie den Polen nur auf wenige Lage Aufenthalts karten zugetheill und ihre Pässe weiter visirt habe. Man könne hier von Simpathie für oder wider die Polen ganz absehen, e« handle sich hier um Aofrechthaltung de- völkerrechtlichen Grundsätze« de- freien Durchzug- und Gastrecht-, weil sonst alle Fremden darüber ungewiß «erden könnten, ob er in Sachsen solle unverletzt erhalten werden. Er richte da- Ansuchen an die Regierung, auf Beobachtung diese- Grund sätze- allenthalben zu dringen. Herr Staat-minister Oberländer: Bestimmte individuelle Beschwerden wegen de- Verfahren- von Un terbehörden gegen die Polen seien ihm nicht-zugekommen; nur vor wenigen Tagen sei beim Ministerium eine Eingabe einer Anzahl (ob alle, wisse er nicht) hiesiger Polen zugestellt worden, in welcher diese erklärte«,* e« sei ihnen zu Ohren gekommen, wie die hiesige Stadt- gemeiNd« tzie ihnen bisher zugestandene Ho-piralität aufzukündigen Willen- f»i, und worin sie um Vermittelung de-Ministerium- bitten. Er habe diese Eingabe der Polizeidirekzion zugestellt, da sie al- Unter behörd« di« erste Entscheidung habe; sollte sie aber gegen die Grund ¬ sätze, bk, der Abgeordnete Helbig angeführt, und welche da- Mi nisterium im Allgemeinen anerkenne, laufen, so werde eine re- formirende Entscheidung vom Ministerium erfolgen. Die Ver anlassungen, au- denen da- Ministerium in Hinsicht der Polen habe wirken müssen, seien dreierlei gewesen. Einmal, nach den Berliner Ereignissen, wo die Polen au- dem Westen in ihr Vater land zurückgekehrt und fast täglich Trupp- von 20 — 30 Mann hier durchg,kommen seien, die sich meisten- in sehr armseliger Lage befun den hätten. Da- Ministerium habe Diesen damals freie Durchfahrt gestattet. Dann seien die Polen nach den Vorfällen in Posen wieder nach dem Westen zurückgekehrt und da- Ministerium habe seine Simpathien für die polnische Sache dadurch abermals an den Tag gelegt, daß eS ihnen kostenfreie Durchfahrt verschafft habe und zugleich freie Aufenthaltsgestattung Denen, welche Subsistenzmittel hätten und durch ihr Verhalten keineVeranlaffungzurAusweisung gäben, die Gesetze hielten und sich nicht in innereAngelegenheiten mischten. Jetzt gestalte sich dieSache aber ander-.nach den neuesten Vorgängen in Posen undPrag. Die Regierung müsse die von dort Zurückkehrenden als suspekt be trachten und könne ihnen den Aufenthalt nicht gestatten. Das schmerz liche Mitgefühl über daS durch die Schlechtigkeit der Diplomatie und Habsucht der Fürsten zu Grunde gegangene Polen dürfe uns aber nicht vergessen lassen, wa- wir al- Deutsche einer Deutschland feindlichen Bewegung gegenüber diesem schuldig seien, und wenn sich ein Verdacht gegen einen der sich in Sachsen aufhaltenden Polen in dieser Hinsicht zeige, werde da- Ministerium mit aller Strenge gegen denselben verfahren. WaS die Tzschirner'sche Frage anlange, so ant wortet er, daß es geheime Polizei in Sachsen nicht gebe, und wa- die ungereimte steckbriefliche Verfolgung eine- hochgeachteten deutschen Bürger-, de« vr. Gerber, anlange, so sei ihm der Aufenthalt hier den noch gestattet worden, da man sich privatim von dem Jrrthume de- MagistratS, der ihn verfolgt, überzeugt, und jetzt habe einer Erklärung desselben zufolge dieser e- auch selbst erkannt. Schließlich versicherte der Herr Minister, daß da-Ministerium ernstlich darnach streben werde, die Polizei volk-thümlicher zu organisiren. Der Erklärung de-Herrn Staat-minister- folgte eine Debatte, an der sich die Abgeordneten Harkort, Tzschirner (gegen die Polizei in Aivilkleidung),v. Nostitz, Helbig, Sachße betheiligten und theilweise Vorsicht bei der Aufent haltsgestattung anempfahlen, alle aber durch die Erklärung de- Herrn Staat-minister- Oberländer befriedigt zu sein erklärten, worauf die Kammer auf Antrag d,S Abg. Brockhaus einstimmig erklärte, „be friedigt von der ministeriellen Erklärung in Betreff der Polenfrage zur Tagesordnung Überzug,hen." (Schluß folgt.) G Leipzig, 30. Juni. Devtscher Verein: Petizion um direkte Wahlen, Kokardenangelegenheit u. s. w. Nachdem in der gestrigen ordentlichen Versammlung de- deutschen Verein- der Vorsitzende vr. Göschen die Mittheilung gemacht hatte, daß den nächsten Sonntag eine Versammlung der Deputirten aller sächsische« Vereine gleichen Namen- stattfinden werde, und nachdem die Einläufe, unter denen da- Programm verdeutschen Kriegerzeitung, die man dem Vereine dringend empfohlen harte, sich befand, angemeldet worden waren, sah sich Herr Professor Haupt, durch ein Schreiben de- konstituzionellen Verein- zu Prag dazu aufgefordert, veranlaßt, an di, Versammlung den Antrag zu richten, der hiesige deutsche Verein wolle an alle konstituzionellen Vereine in Böhmen einen Zuruf, ein Wort der Ermuthigung richten, damit sich die durch die letzten Er eignisse in Prag zersprengten Deutschen wieder daselbst sammelten und durch die fortgesetzten Wühlereien der kein,-weg- vernichteten Czechenpartei nicht abermals ihrer eigenen Haltlosigkeit halber so sehr gefährdet würden. Es wurde der Antrag einstimmig angenommen und der Ausschuß mit der Abfassung de- in Rede stehenden Zuruf beauftragt. Mit Beziehung auf einen in einer früher» Sitzung von Herrn AvenariuS gestellten und vom Vereine angenommenen Antrag, eine Ansprache an da- sächsische Volk zu richten und darin die groß« Masse über da» Wesen der konstituzionellen Monarchie und der Re publik aufzuhellen, la« Herr ArchidiakonuS vr. Fi sch er den von ihm redigirten Entwurf vor, der den Beifall der ganzen Versammlung fand. Hoffen wir, daß er die beabsichtigte gute Wirkung nicht ver fehle und der Bewegung-partei nicht Veranlassung zu neuen In vektiven gegen den deutschen Verein gebe, den man in der «verjüngst»»