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Freitag, 21. Juni 1848. Dieser Platt erscheint räglich Adend« und ik durch alte Pest anstalten LeSZn» »nd Ausländer zu beziehen. Dresdner Journal, Preis für das P,ertel>ahe »7» Tblr. Znsertren«gebüh. ren fstr den Sian» einer grsraltenr» AeUe 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Die Aufhebung der sächsischen Klöster. — Tagesgeschichte: Dresden: Depesche des sächsischen BundrstagSgefandrenj neunte Sitzung der ersten Kammer; zwölfte Sitzung der zweiten Kammer. Leipzig: Generalversammlung sächsischer Arbeiter und Gesellen. Crimmitschau: Versammlung des allgemeinen deutschen Vaterlandsvereins; Erörterungen. Werdau: Folgen des Pietismus. Berlin. BreSlau. Königsberg. Frankfurt. Stuttgart. Wien. Pest. Triest. Lombardei. Venedig. Rom. Neapel. Paris. — Kirchliche Umschau. — Feuilleton. — Geschäftskalender. — OrtSkalen der. — Angekommene Reisende. Die Aufhebung der sächsischen Klöster. Der Dresdner Vaterlandsverein hat bei und der Abgeordnete Lzschirner in der sächsischen Ständeversammlung die Aufhebung der sächsischen Domstifter und Klöster beantragt. So einfach und klar nun auch das Recht des Staates sein mag, dem erstem Ver langen zu willfahren, so schwierig und zweifelhaft erscheint das Verhältniß unserer Staatsgewalt den beiden Klöstern gegenüber. Hüten wir uns daher, diese wichtige Frage, welche von ebenso viel politischem als rechtlichem Momente ist, nur oberflächlich oder wohl gar mit parteilicher Leidenschaft und Ungeduld zu betrachten. Der Antrag auf Aufhebung der Klöster kann nicht eher ge stellt werden, bis eine Aenderung der Verfassungsurkunde beliebt worden ist. Denn h 60 derselben verbietet sowohl ausdrücklich das Einziehen der Stiftungen zum Staatsvermögen, als deren Verwendung für andere, als stiftungsmäßige Zwecke, und gestat tet die Letztere zu ähnlichen Zwecken nur in dem Falle, wenn der stiftungsmäßige Zweck nicht mehr zu erreichen steht. Den Klosterfeinden, zu welchen wir uns auch bekennen müs sen, würde es nun aber schwer werden, zu beweisen, daß der letztere Fall bei den sächsischen Klöstern bereits eingetreten sei. Noch sind dieselben leider stark besetzt, noch werden jährlich mehrere neue Nonnen ausgenommen. Ob die Letztem zum größem Theile vom Auslande stammen oder nicht, ist gleichgiltig; die Stiftung ist von katholischen Christen für katholische Christen gegründet, und es ha, den daher die nicht-katholischen Einwohner Sachsens weder einen direkten Nutzen, noch direkten Schaden davon, daß die Besihthü- mer Vieser Klöster zufällig in Sachsen liegen. Daß uns aber ein indirekter Vortheil würde, wenn die Säkularisazion vor sich gehen könnte, darf uns nicht dazu verleiten, widerrechtlich zu verfahren. Unsere Zeit drängt mächtig nach der Sonne der Freiheit hin: ein Hauptstrahl dieses mächtig leuchtenden Gestirns ist aber die Denk- und Glaubensfreiheit. Zu Gunsten der Letztem verlangt man, und mit vollem Rechte, völlige Trennung der Kirche vom Staate. Diese Trennung kann aber füglich nicht damit begon nen werden, daß der Staat in die privatrechtlichen Verhältnisse -er Kirche eingreift und ihr Eigenthum zu Zwecken verwendet, welche nach der Meinung Andersgläubiger besser sind, als die von jener selbst verfolgten. Die Frage würde einen weit löslichem Eharakler haben, wenn Sachsen ein katholischer Staat, d.h. wenn "die Mehrzahl seiner Bewohner Angehörige der römischen Kirche waren. So aber kann die schwächere Kirche mit Grund über Verletzung ihres formellen Rechtes und über Unterdrückung ihrer Glaubensfreiheit klagen. Gefährlich aber ist es, in unserer Zeit gegen die höchsten Prinzipien des Privatrechts zu verfahren; höchst bedenklich, durch Nichtachtung letztwilliger Verfügungen die Eriftenz des Erbrechts selbst in Frage zu stellen. Sollte aber die Statthaftigkeit der sofortigen Klösteraufhe- bung von anderer Seite her wirklich bewiesen werden können, so würde das dadurch lebendig gemachte Vermögen doch zunächst nur zu Zwecken der römisch-katholischen Kirche, zu rein-kirchlichen oder zu Schulzwecken und für Anstalten der Mildthätigkeit verwendet werden können. Wie man dessen Verwendung zur Hebung oder Minderung des allgemeinen Nothstandes rechtfertigen und sich dabei gegen den Vorwurf einer Spoliazion verwahren will, vcr- ! mögen wir nicht einzusehen. Höchstens ließe sich der etwaige Ueberschuß zum Besten der Bildungs-, Heil- und Versorg anstalten des Landes, als ähnlicher (oder eigentlich besserer) In stitute, vertheilen. Ueberhaupt aber steht zu erwarten, daß diese Frage nächstens auf ganz natürlichem Wege ihre Erledigung finden werde. So bald der Gang der Revoluzion die politische Neugeburt Deutsch lands geschaffen haben wird, wird und muß eine Kirchenreforma- zion von der tiefsten Gründlichkeit eintreten. Es wird dann in den Verhältnissen sämmtlicher Kirchen eine Art von Zersetzungs prozeß stattfinden, welcher alles Naturwidrige ausschciden und die einfachen Grundelemente abgeklärt und gesondert hinstellen wird. Sollte aber die politische Macht Deutschlands diese Glau- bensrevoluzion nicht abwarten wollen und Italien selbst die mor schen Beine des päpstlichen Großvaterstuhls nicht vollends hin wegziehen, so würde Erstere nicht nur befugt, sondern auch ge müßigt sein, endlich einmal die moralische Abhängigkeit Deutsch lands von Rom aufzuheben und feierlich zu dekretiren, daß der römische Bischof aufgehört habe in Deutschland zu regieren. Wie könnte sonst die junge deutsche Freiheit und Einheit hoffen dürfen, vom Strahle des Bannes der transalpinischen Heiligkeit immer dar verschont zu bleiben? Wie könnte sich das deutsche Volk ge sichert fühlen vor den Zerwürfnissen, welche die Jntriguen jenes Autokraten seit Jahrhunderten her in seiner Mitte bervorgerufen haben? Gewiß, die römische Kirche wird in Deutschland zu Grabe getragen werden und, wenn auch nicht eine deutsch-, doch winde-