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Dresdner Journal Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redtgirt von Karl Biedermau«. Diese» Pl-tt erscheint täglich Ldrnd» und ist durch alle Post« «nstulten de« Ja« »nd Ausland»« ju beziehen. Drei« für »«« Dieetrlja-, L-lr. 2asrrtiva«g»btH« re, für »en Ran» einer «espaltenen Zeile » »f. Inhalt. Ueber die Aufhebung der bäuerlichen Grundlasten. — Abmahnung. — TageSgeschichte: Dresden: Neunte und zehnte Sitzung der zweiten Kammer; Versammlung deS Vaterlandsvereins. Schöneck: Volksversammlung. Von der böhmischen Grenze: Eine Sage. Aus dem Obergebirge: Feuer in Lößnitz. Berlin. Posen. Saarlouis. Flensburg. Mainz. Stuttgart. Offenbach. Neustadt a. d. Haardt. Wien. Prag. Aus Orsterrrichisch Schlesien. Pesth. Rom. Paris. Gothenburg. Malmö. Larnopol. — Feuilleton. — SingesrndeteS. — OrtSkaleoder. — Angekommene Reisende. Ueber die Aufhebung der bäuerlichen Grundlasten. Die bäuerlichen Grundlasten und Abgaben, als Hand- und Spanndienste (Robote), Frucht- und Fleischzehnten, Hof-, Acker- und Wiesenzinse rc. sind in den frühem Jahrhunderten deS deutschen Reiches entstanden, von welchen wir nur geringe Kunde haben, weil man damals noch nicht so schreibfertig war als heutzutage, und weil die Buchdruckerei noch nicht existirte, nach deren Erfindung Nachrichten aller Art vervielfältigt und verewigt wurden. Wahrscheinlich sind jene Leistungen alle in den Zeiten nach Carl dem Großen und bis zu Ende deS FauftrechtS, also vom 9. bis 16. Jahrhundert, entstanden. Die Gründe ihrer Entstehung liegen aber ebenfalls im Dunkel und können wir nur muthmaßen, daß deren hauptsächlich drei waren, nämlich: Gewalt, Vertrag und Schenkung. — Die Gewalt hat ohne Zweifel die meisten der in Rede stehenden Lasten diktirt und den bäuerlichen Grundbesitzern sowohl Dienste, alS Zehnte und Zinsen aller Art aufgelegt, und diese Gewalt wurde von den Gewaltigen der Zeit, von Fürsten und Rittern, ja in einzelnen Fällen sogar von Kor- porazionen, Städten und Klöstern geübt. Dann aber hat auch freier Vertrag gewiß eine ziemlich große Menge der obgenannten Lasten und Abgaben begründet, indem Fürsten, Ritter und Korporazionen, die im Besitz von Grund und Boden waren, den Bauern, welche zum Theil keinen Grundbesitz hatten, davon überließen, unter derBedingung, daß sie dafür Dienste leisten oder Zehnten und Zinsen geben sollten. Endlich ist ein nicht geringer Theil derartiger bäuerlicher Grundlasten auch aus Bitte, Mildthätigkeit und Schenkung hervorge gangen, indem die bäuerlichen Besitzer von ihren Obern, oder von Korporazionen, Klöstern und Stiftern um Dienste, Zehnten und Zinsen angesprochen und letztere ihnen vom mildthätigen, gottes fürchtigen Sinne jener bewilligt wurden. — Dies geschah vielleicht nur auf gewisse Zeit, die Abgaben dauerten aber öfters fort, weil Bitte und Zugeständniß erneuert und diese Ursachen späterhin in Ver gessenheit gekommen waren, zumal wenn Schriften darüber fehlten. Eben DaS konnte sich auch bei wirklichen Verträgen ereignen. — Wenn nun hiernach der bei weitem größte Theil der heutigen soge nannten bäuerlichen Grundlaften kein rechtliches Fundament haben mag, weil er sich lediglich auf Gewalt und Obermacht stützt, und ein kleinerer Theil auf Stipulazion und Recht begründet ist, und der kleinste Theil auf Mildthätigkeit beruhet oder durch Bitte erschlichen ist: so lassen sich doch, wie schon angedeutet, die Gründe ihre- Ur sprünge- im speziellen Falle jetzt nicht mehr nachweisen und alle jene Lasten haben Jahrhunderte hindurch fortbestanden und schon dadurch nunmehr längst das Recht der Verjährung erlangt. Sie sind jetzt rechtSbeständig, mögen sie sich auf das Recht gründen oder nicht. Weil die Grundlasten aber nun einmal rechtSbeständig sind, so können sie auch einseitig nicht aufgehoben, wenigstens von den Pflich tigen nicht verweigert werden. Die Pflichtigen müssen sich noth- rvendig mit den Berechtigten vereinbaren und diese entschädigen, wenn sie ihrer Lasten enthoben oder ledig sein wollen. Nachdem die erste französische Revoluzion der Welt gelehrt hatte, daß unter Umständen Rechte oder Berechtigungen, welche das Volk für erschlichene und für Mißbräuche der Gewalt erklärte, auch ohne gerichtliche Befugniß und ohne weiteres aufgehoben und abgeschafft werden können, wurden die bäuerlichen Grundlasten in manchen an dern Ländern in nähere Betrachtung genommen, und da man endlich erkannte, daß sie meist dem Hähern Aufschwünge der ländlichen Kultur im Wege standen, so nahm man auf ihre Beseitigung verschiedentlich Bedacht. Im Hannoverschen wurde zwar schon vor fast 50 Jahren der Anfang damit gemacht, die Sache dann aber wieder liegen ge lassen. Darauf ging Preußen im Jahr 1811 mit seiner berühmten agrarischen Gesetzgebung voran und verfügte die Ablösung aller bäuer lichen Grundlasten, l.die Theilung der Gemeindegrundstücke, Ver koppelung und überhaupt die Regulirung der bäuerlichen und gutS- herrlichen Verhältnisse, und eS war dabei in den preußischen Staaten schon viel geleistet, als 20 Jahre darauf wiederum Hannover, dann Sachsen, Braunschweig und einige andere deutsche Staaten da- Werk angriffen. In Braunschweig kam man mit den Ablösungen der Dienste, Zehnten und Zinsen in 12 Jahren fast zu Ende, weil die Verpflichteten, die bäuerlichen Grundbesitzer willig und meisten- ziem lich wohlhabend waren, und weil sie in dem Kreditinstitute deS Lande-, dem herzoglichen Leihhause, die nöthige Geldunterstützung fanden. Die betreffenden Kommissionen können sich nunmehr dem schwierigen Geschäft der Separazionen und Verkoppelungen hingeben. Im Hannoverschen waren die Fortschritte weniger schnell, in Sachsen ward in wenigen Jahren viel gelhan und erledigt. Preußen schritt zwar ohne Aufenthalt fort, doch traf da- Geschäft Hemmnisse in der Armuth mancher Provinzen und wurde auch durch einen hohen Betrag der Sporteln und Kosten aller Art verleidet und aufgehalten. Gleich wohl ist während der ruhigen Zeit deS Frieden- zur Beseitigung aller Feudalitäten und Befreiung deS Grundbesitze- sehr viel geschehen. Desto mehr ist man im ganzen Süden von Deutschland zurück, wo für die gemeinnützige Angelegenheit sehr wenig, fast gar Nicht- geschah, wie wir erst jetzt mit Leidwesen gewahr werden. Zwar wurde in Baden, Würtemberg und Baiern, wir auch in den österrei chischen Provinzen die Aufhebung der bäuerlichen Grundlasten von Zeit zu Zeit in Anregung gebracht, in den Ständeversammlungen und Vereinen wiesen Mitglieder darauf hin, oder Pflichtige beantragten dieselbe und Andere machten darüber ihre Bemerkungen und Vorschläge; die Berechtigten, insbesondere der besitzende Adel, widersprachen aber aller Orten und widersetzten sich den wohlgemeinten Vorschlägen und Maßnahmen der Regierungen. Man sollte e- kaum glauben. So blieben die Verhältnisse beim Alten, mit Ausnahme sehr weniger Fälle, wo freie- Uebereinkommen dieselben löste. Da- letzte Jahr aber er innerte daran bei der polnischen Revoluzion in Galizien und andern österreichischen Provinzen und die jetzige europäische Aufregung mahnt in West und Süd unser- Vaterlandes noch ernstlicher. Da- abso lute Regiment deS starrköpfigen Metternich hat zur Aufhebung aller Feudallasten im österreichischen Staate wohl noch seinen Konsens ge-