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Dienstag, ^81. 20. Juni 1848' Dieses Blatt erscheint tätlich Abends und ist durch aste Psst. «nstaltrn drs Zn- »nd Auslandes zu beziehen. S-reis für Dresdner Journal, bas Viertelt ah» I'.t r-lr. Znsertronsgrdäh- re« für denSia«» ei»er gesralte««» Zeit« N Vf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redtgirt von Karl Biedermann. Inhalt. Dir Grundrechte dtS deutschen Volkes. — Vortrag über die Verwaltung der ArmenversorgungSbehdrde. — An Herrn Fr. Georg Wieck. — TageSgeschichre: Dresden: Das Kriegsministerium. Leipzig: Ostmarkenverein. Altenburg. Weimar. Berlin. Posen. Wreschen. Köln. Hannover. Lübeck. Frankfurt. Mainz. Vom baierischen Main. Wien. Trplitz. Jnfpruck. Agram. Lombardei. Mailand. Pari«. — Geschäft skatender. — OrtSkalen der. — Angekommene Reisende. Die Grundrechte des deutschen Volkes. Der Entwurf deutscher Volk-rechte, welcher einem ReichStagS- ausschusse zur Bearbeitung vorliegt, hat sich nach den Beschlüssen br- letztem nunmehr in folgender Weise gestaltet: Dem deutschen Volke werden nachstehende Grundrechte, welche der Verfassung jedes einzelnen deutschen Staate- zur Norm dienen sollen, gewährleistet: 1) Freiheit de-Bekenntnisses, vorbehaltlich der Bestrafung der Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit began gen werden, sowie vorbehaltlich aller staatsbürgerlichen Pflichten. Einer Anerkennung des Bekenntnisse- durch den Staat bedarf es nicht. Für die Bekenner aller Religionen Gleichheit vor dem Gesetze. E« ist ausdrücklich die Bildung neuer Religionsgesellschaften gestattet. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit ge zwungen werden. Die Zivilehe ist ausdrücklich aufzunehmen. 2) Die Wahl des Berufes, sowie der Bildung dazu im In- und AuSlande ist frei. Unentgeltlicher Unterricht auf allen öffentlichen Schulen mit Ausnahme der gelehrten Bildungsanstalten. 3) Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre. Jeder darf Unter richt ertheilen und Unterrichtsanstalten gründen. 4) Freiheit der Meinungsäußerung durch Wort und Schrift. Die Preßfreiheit darf nicht mehr durch Zensur, Konzessionen und Kauzionen beschränkt werden. Aburtheilung der Preßvergehen durch Schwurgerichte. 5) Unverbrüchlichkeit des Briefgeheimnisse- unter gesetzlicher Normirung der bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegs fällen nothwendigen Beschränkungen. 6) Jeder Deutsche ist in Aufenthalt, Niederlassung, Erwerbung von Grundeigenthum, Gewerbebetrieb, Ausübung von Kunst und Wissenschaft, Gemeindebürgerrecht an jedem Orte außerhalb seine- Staate- den Angehörigen eines andern Orts in dem betreffenden Staat gleichgestellt, bis demnächst durch die Reichsgesetzgebung ein gleichmäßige- (allgemein deutsche-) Prinzip für diese Rechte aufgestellt werden wird. Jeder Deutsche ist Staatsbürger in Deutschland; al- solcher kann er die politischen Rechte in jedem deutschen Einzel« paate, wo er seine feste Wohnung hat, ausüben. Die Aufnahme in den Staat-verband eines deutschen Lande-darf keinem unbescholtenen Deutschen geweigert werden. 7) Abzug-freie- Auswanderung-recht. 8) Sicherstellung der Person gegen willkürliche Verhaftung. E- pnd hier die wesentlichen Punkte einer Nsdoss-eorpus Akte speziell anzuführen. 9) Da- Recht der freien Bitte sowohl der Einzelnen, al- Meh rerer im Vereine und der Körperschaften. 1V) Da- Recht der Beschwerde zuerst bei den zuständigen Stellen, weiter bei den Landständen, und endlich bei der Reich-ver- sammlung 11) Da- Recht, sich ohne vorgängige Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Volksversammlungen unter freiem Himmel können wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. 12) Jeder Deutsche hat da- Recht, Vereine zu bilden; diese- Recht darf keinen vorbeugenden Maßregeln unterworfen sein. 13) Gleichheit vor dem Gesetz. (Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetz.) Ein persönlich privilegirter Gerichtsstand soll nicht mehr bestehen. Gleichheit in Bezug auf die Fähigkeit zu allen öffentlichen Aemtern. Gleichheit in Bezug auf Wehrpflicht. Gleichheit der Be steuerung sowohl für Personen als für Sachen. Kein Stand als solcher kann politische Vorrechte besitzen. Die im Privatrecht be gründeten Vorrechte einzelner Stände hören auf. 14) Ablösbarkeit aller gutS- und schutzherrlichen Grundlasten, wenn der Pflichtige eS verlangt. Aufhebung de- JagdrechteS auf fremdem Grund und Boden, soweit es ein Ausfluß deS Regale- oder einer dinglichen Berechtigung ist. Da- Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden mit Vorbehalt eine- eigenen Gesetze- darüber. 15) Allgemeine Bürgerwehr mit Verweisung auf ein allgemeine- Reichsgesetz. 16) Trennung der GerichtSpflege und Verwaltung. Aus übung der Gerichtsbarkeit durch den Staat; Aufhebung der Patri- monialgerichte. Unabhängigkeit der Gerichte, Unabsetzbarkeit der Richter außer durch Urtheil und Recht, Schutz gegen Versetzung wi der Willen des Richters. Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ge richtsverfahrens; Anklageverfahren und Schwurgericht, jedenfalls in schwerer» Strafsachen und bei allen politischen Vergehen. Her beiziehung von Volksgenossen in den dazu geeigneten Fällen (HandelS- und Fabrikgerichte. Gericht über landwirthschaftliche Verhältnisse rc.). Vollziehbarkeit der rechtskräftigen Erkenntnisse deutscher Gerichte in je dem andern deutschen Gebiete gleich den Erkenntnissen der Gerichte de- eigenen Staate-. Die Administrativjustiz ist aufzuheben, sie wird fortan nur durch die ordentlichen Gerichte au-geübt. Um öffentliche Beamten für Handlungen ihrer Verwaltung gerichtlich zu verfolgen, ist keine vorgängige Erlaubniß nöthig, mit Vorbehalt der Anordnun gen in Betreff der Minister. 17) Freie Gemeindeverfassung mit Grundlage der Wahl der Gemeindevorsteher und Vertreter und der selbstständigen Verwal tung der Gemeindeangelegenheiten mit der erforderlichen Oeffent lichkeit. , 18) Verfassung mit Volksvertretung in allen deutschen Staa ten, mit entscheidender Stimme bei der Gesetzgebung und der Be steuerung und mit Verantwortlichkeit der Minister gegen die Volks vertreter. Oeffentlichkeit der Ständeversammlungen. 19) Recht der nichtdeutschen Volksstämme Deutschlands zu volkSthümlicher Entwickelung rc. 20) Beseitigung der Lehen durch die Partikulargesetzgebung. Die Vergrößerung bestehender, so wie die Einrichtung neuer Familien- Fideicommisse ist untersagt ; die bestehenden können durch Familien beschluß aufgehoben und abgeändert werden.