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^79. Sonntag, 18. Juni 1848. Dresdner Journal Herold für sächsische und deutsche Juteressen. Aedigirl von Karl Biedermann. Pr«i< tür tza« Lrrrlellrhr Lhlr. 2n'krtlon«grdüh. ««n für dr»Rau» rincr gkspal»«»«» Zeil« >2 Ps. Ties«« Blau «rscheint rjglich Adenr« und ist durch alle Post« anstatt«': de« In« und Au-landr- zu brziehrn. Inhalt. Verhandlungen der Nazionalversammlung. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. — Tagesgeschichte: Dresden: Zehnte Sitzung der zweiten Kammer. Großenhain: Adresse des VaterlandöverrinS. Berlin. Stuttgart. Wiesbaden. Wien. Prag. Mailand. Turin. Neapel. Pans. London. — Feuilleton. — Geschäftskalender. — Ortskalender. — Angekommene Reisende. Berhimdlungen der Nazionalversammlung. VV Frankfurt, 14. Juni. Nachdem in der heutigen 16. Sitzung (von 11—^3 Uhr) da- Protokoll verlesen ward, sollte nach der Tagesordnung zuerst über daS Verhältniß der luxemburgischen Abgeordneten debattirt werden. Der Präsident eröffnete der Nationalversammlung aber, daß diese die Er klärung abgegeben hätten, vorläufig der Versammlung mit gleichen Rechten und Pflichten, wie die übrigen Abgeordneten, beiwohnen zu wollen, und trug daher daraufan, diese Frage noch bis auf weiteres zu vertagen, was auch genehmigt ward. Es begann darauf die Debatte über den von uns schon milgetheilten Antrag deS Abgeordneten v. Ru- dowitz, als Berichterstatter de- MarmeauSschuffeS, betreffend die Be willigung von 9 Millionen Thaler für den ersten Bau einer deutschen Flotte. — Der Abgeordnete Möhring aus Wien ergriff zuerst da- Wort, bezog sich auf das Beispiel Amerika'-, welches im Jahre 1842, wo ein Krieg mit England gedroht habe, auch zuerst den Versuch ge macht, kleine, leichte Handelsschiffe zu armiren, und führte da- genau angegebene Verhältniß eine- kleinen amerikanischen Dampfschiffes an, welches eine so große Manövrirfähigkeit besitze, daß es auch ein Ge fecht mit dem größten Schiffe eingehen könne. Darauf ging derselbe in eine sehr genaue technische Untersuchung der verschiedenen Geschütze «in, gab die von den Amerikanern erfundenen neuern Verbesserungen hinsichtlich der Schiffsgeschütze an, und welche furchtbaren Wirkungen dadurch erzielt würden. Er wünsche, daß Deutschland wohl Fregat ten , aber keine Korvetten anschaffe, weil diese durch die Dampfschiffe unnöthig würden; auch Dampfschiffe von 350 Pferdekraft seien zu groß, daher wünsche er, daß nur solche Schiffe von 250 Pferdekraft angeschafft würden, die viel wohlfeiler wären. Gegen die Anschaffung von Kanonenbooten erklärte sich der Redner gänzlich, dafür könne man kleine Dampfschiffe bauen, und verlangte überhaupt nur 4,500,000 Thaler für die Flotte, statt der geforderten 6,000,000 Thlr. Die ganze Rede war viel zu technisch gehalten und wäre in Hamburg in der Marinekommission, nicht aber in der Nazionalversammlung an ihrem Platze gewesen. — Abgeordneter Kerst aus Posen, Mitglied deS MarmeauSschuffeS, sprach darüber, daß der Ausschuß gerade keinen bestimmten Antrag über die Zahl und Gattung der Schiffe habe stel len, sondern nur zeigen wollen, wie man für 6 Millionen Thaler wohlj den Anfang einer Flotte, aber auch weiter Nichts Herstellen könne; hier ganz genau in das Detail einzugehen, halte er für nicht zweckmäßig, sondern müsse Die- einer andern Stelle Vorbehalten bleiben. — Ab geordneter Graf WartenSleben auS Pommern verbreitete sich über das Elend der Küstenländer, die jetzt in Folge der dänischen Blokade so sehr litten, aber dennoch keine besondern Klagen darüber erhoben wissen wollten. Zum ersten Mal sei der Nazionalversammlung jetzt Gelegen-l heit gegeben, das Prinzip der VolkSsouveränetät auszusprechen, indemj man die geforderte Summe bewillige, und man solle Die- nicht ver säumen und auch durch die That zeigen, waS man vermöge. Er hoffe daher, daß e- bei dieser Frage kein, Rechte noch Linke gebe, sondern daß alle Abgeordneten einmüthig sich erhöben, um den Antrag zu ge nehmigen. Der Redner sprach sehr gut und warm und erntete auch allgemeinen Beifall. — Abgeordneter WieSner auS Oesterreich: Heute zum ersten Mal solle die Nazionalversammlung dem Volke eine Steuer auflegen, und obgleich dieselbe nur 6 Millionen betrage, so sei Die- ein entscheidender Augenblick. Er finde, daß der Ausschuß wohl etwa- leicht über die ganze Sache weggegangm wäre. Deutschland seufze nach Verminderung seiner Steuern, und wieder neue Abgaben zu for dern, sei mißlich, besonder- da der Marineausschuß sich selbst wider streite und einzelne Mitglieder nicht mit den Kanonenbooten zufrieden seien. Auch er finde die vielen Kanonenboote unnöthig, man solle da für lieber große Schiffe bauen. Gerade jetzt, wo eine Organisazion unser- LandheereS hoffentlich im Werke sei und große Sum men dadurch erspart werden sollten, solle man so lange warten, bi- DieS geschehen sei, und diese Ersparnisse dann zum Bau einer Flotte verwenden. Auch vermisse er sehr, da- in dem Ausschußberichte gar nicht der doch nicht ganz unbedeutenden österreichischen Flotte Erwäh nung geschehen sei, von deren Organisazion man doch so Viele- noch lernen könne. Er beantrage daher, den Bericht dem Ausschuß wieder zurückzugeben und einen neuen, verbesserten zu fordern. — Abgeordne ter Tellkampf erkennt, daß es bedenklich sei, jetzt neue Abgaben zu ver langen, allein die allgemeine Stimme von Deutschland habe die Noth- wendigkeit einer Flotte anerkannt. Er wünscht daher, daß man na mentlich in Nordamerika Erkundigungen einziehe, wie eine Flotte am wohlfeilsten zu bekommen sei, und verbreitete sich dann überden Nutzen einer Flotte auch im Frieden, namentlich bei Handelsverträgen, Schutz der Schifffahrt u. s. w., und wie man also jegliche Industrie durch den Bau einer Flotte begünstige, wie dann auch geistige Interessen dadurch gehoben würden, und in Bezug auf die- Alle- sei der Antrag der Kommission vollkommen begründet und vollständig zu gewähren. — Abgeordneter Teichel, Major auS Berlin, Mitglied des Ausschusses, vertheidigt denselben gegen den von WieSner gemachten Vorwurf, der selbe habe sich nicht nach allen Seiten umgesehen, und erklärt, wohl sei Die- von demselben so viel alS möglich geschehen. Die frei willigen Beiträge, so erfreulich dieselben auch wären, reichten doch nicht vollkommen auS, eine Flotte zu bauen, man müsse daher auchZwangS- steuern haben. Er verbreitet sich darauf mit vieler Sachkenntniß über den Nutzen der Kanonenboote in der Ostsee, und geht dann in daS genauere Technische deS GefchützwesenS ein, sagt auch, der Kom missionsantrag habe hauptsächlich Ein- im Auge gehabt, zu beweisen, wie wenig man für 6 Millionen erhalten könne, habe aber sonst nicht in da-Detail eingehen können und wollen, da Die-theilweise nicht veröf fentlicht werden könne. WaS die Ersparnisse beim Militäretat betreffe, so sei hieran augenblicklich, wo uns so nahe Kriegsgefahr drohe, nicht zu den ken, und man könne unmöglich mit dem Bau einer Flotte so lange auS- setzen, bi- Die- geschehe. (Eine gute, nur etwas zu detaillirte Rede.) Abg. Schlöffet aus Schlesien wünscht die Marine, da sie aus dem Volkswillen hervorgehe, die 6 Millionen seien wohl zu finden in § Deutschland, wenn man sie nur am rechten Otte suche, und geht dann