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Diese» Blatt erscheint täglich Ldend« und ift »nrch alle Post- ckuftaltrn de« 3«» «md Lu«lande« zu beziehen. Dresdner Journal, Peri« für da« Vierteljahr Lhlr. 3nsertio»«gtbth- re» ftle de» Ran» «iner gespaltene» Zeil« I, Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redtgirt von Karl Biedermann. Inhalt» Die Frage über das Einkammersistem in der zweiten Kammer. — Dir definitive Präsidentenwahl der Razionalversammlung. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. — Tagesgeschichte: Dresden: Erklärung; die medizinischen Studenten Leipzigs. Zschopau: Brandstiftung. Berlin. Flensburg Frankfurt. AuS dem Badischen. Prag. Lombardei. Neapel. Paris. —Landwirthschaft, licheS: Einige Vorschläge über verbesserte Anlegung des ElbflußbettrS, sowie Reinigung und Vertiefung desselben, mit Hinsicht auf die Bodenkul tur von Dresden bis Meißen. — Feuilleton. — EingefrndeteS. — Geschäft Skatender. — OrtSkalrnder. — Angekommene Reisende. Die Krage über das Einkammersistem in der zweiten Kammer. Eine konstituzionelle Prinzipfrage ist früher, als Manche er- warteten, zur Erörterung in der Kammer gekommen. Das Mini sterium hat in Bezug auf den Punkt des Adreßentwurfi, welcher das Einkammersistem betraf, eine entschiedene und entscheidende Diskussion hervorgerufen, und es hat die Majorität der Kammer in Abwerfu.ig des Deputazionsantrages für sich gehabt. Es ist erklärlich, daß durch dieses Resultat die äußerste Linke sich bettof fen fühlt, erklärlich, daß sie in ihrem Hauptorgane, den Vater landsblättern, in diesem Sinne sich äußert; aber minder erklärlich, daß sie in diesem Kampfe mit Waffen ficht, deren Spitzen sich nur zu leicht gegen sie selbst kehren. Eine Korrespondenz aus Dresden in Nr. 60 der Vaterlands blätter — mit beliebten Verdächtigungen beginnend, indem sie in dem AuSgang der Adreßdebatte „Veranlassung zu Vermuthungen" erblickt, „die auf unsere Regierung selbst nicht das günstigste Licht werfen" — findet den Zusammenhang unbegreiflich, da auf der einen Seite daS Ministerium erkläre, es erwäge diese Frage und werde sie auch noch ferner in Erörterung ziehen (eine Erklärung, die Minister vr. Braun in edler Konsequenz auch nach Abwer- fung der ganzen Adresse wiederholte) und auf der andern Seite die Aufnahme derselben als Wunsch in die Adresse bekämpfe. Und dieses Urtheil wird von derselben politischen Partei gefällt, von welcher vor Eröffnung des sächsischen Landtag- sowohl als noch jetzt allenthalben und mit Recht darauf gedrungen wird, keine wesentliche Verfassungsänderung in den einzelnen Staaten vor zunehmen, bevor nicht das gesammte deutsche Staatswesen auf Grund der Beschlüsse der Razionalversammlung geordnet sei? Aber die Minister „sind ja dem offenen Ausdruck eine- längst be kannten Volkswunsches entgegengetreten"! Wie nun, wenn sie gerade deshalb jenem Adreßparagrafen sich entgegensetzten, weil sie die wahren Wünsche des wahren Volks nach reiflicher Erwä gung, und nachdem das deutsche Volk durch seine Abgeordneten in Frankfurt gleichfalls seine Wünsche kund gegeben, an sich gebracht wissen wollten? Heißt es nicht, ein Spiel mit dem großen, ge wichtigen Namen eines Volkswunsches treiben, wenn man hier etwas kraft dieses Namens sofort durchgesetzt verlangt, was einen andern, wohl noch etwas zweifellosern, Volkswunsch — den, durch die Razionalversammlung das deutsche Verfassungswerk ins Leben gerichtet, die Entscheidung der Majorität zu Frankfurt als daS Ultimatum des deutschen Volkswillens angesehen zu wissen — schlechthin durchkreuzen kann? Scheint es nicht, als segele man bald mit der Flagge: Volkswille, bald lavire man und sage: es sei der rechte Wind erst auS Frankfurt zu erwarten, nur um desto sicherer dem Ziel des Part ei willens zuzusteuern? Und was hätte bei einer entscheidenden Abstimmung über diese Frage nicht selbst dann auf dem Spiele gestanden, wenn die Re gierung für das Einkammersistem gewesen wäre? War die Ma jorität so sicher? Und war mit dieser Majorität, bei einem, dem ganzen Verfassungswerke so vorgreifenden Beschlüsse, ein so sicherer Grundstein für dessen Aufbau gelegt? — Das Ministerium hat unstreitig für das Wohl des Ganzen viel angemessener gehandelt, diese Prinzipfrage nicht durch antizipirte Entscheidung zum früh reifen Zankapfel der Parteien zu machen, sondern ihre Lösung eine Frucht deS großen deutschen Verfaffungswerkes werden zu lassen; es hat, — weit entfernt, sich, wie der Korrespondent der Vater landsblätter meint, „eine Schlappe" zugezogen zu haben — viel mehr seine Stellung zu uns mit der Majorität der zweiten Kam mer befestigt, und die Opposizion der äußersten Linken in ihrer Minorität ist nur ein Beleg dafür, daß der besonnene Liberalis mus, das Prinzip des Ministeriums, unfehlbar in der Majorität ist. Die definitive Präsidentenwahl der Nazional- versammlung. Frankfurt, 31. Mai. Die Razionalversammlung hat sich nun definitiv konstituirt, in dem sie nach der neuen Geschäftsordnung (welche vorgestern ohne ! Debatte in Bausch und Bogen angenommen ward) sich definitiv — jedoch nur auf 4 Wochen — einen Präsidenten und zwei Vizepräsi denten gewählt. Die Wahl de- Präsidenten war nicht zweifelhaft — zwar hieß es einmal, die Rechte gehe damit um, einen andern Kandi daten an Gagern's Statt aufzustellen, und man nannte al- solchen den Grafen Arnim, aber sei eS, daß Die- nur ein leere- Gerücht ge wesen, oder daß die Rechte sich von der gänzlichen Erfolglosigkeit dieser Bemühung überzeugt — bei der heutigen Wahl stimmte sie einhellig mit den Zentren und dem größten Theil, der Linken für Gagern, und von v. Arnim war nicht di, Rede. Da-Resultat der Wahl war folgen de-: Zahl der Wählenden 513, absolute Mehrheit 257, für Heinrich Gagern 494, Blum 12, Soiron 5, Zitz 1, Scheller 1. Gagem war sichtlich tief bewegt; er dankte der Versammlung in wenigen kräftigen Worten, wobei er zugleich erklärte, daß von jetzt ! an seine Kräfte und seine Stellung ausschließlich der Versamm-